Eine allgemeine gesetzliche Verpflichtung des Beschäftigten, sich vor der Einstellung oder während des Beschäftigungsverhältnisses einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, besteht nicht. Wohl aber bestehen einzelne gesetzliche Vorschriften, die derartige Untersuchungen vorsehen (z. B. ArbMedVV, JArbSchG) oder Regelungen zu ärztlichen Untersuchungen im Arbeitsverhältnis treffen (z. B. Freistellungsanspruch für Untersuchungen im Rahmen der Schwangerschaft nach dem MuSchG).
Der nachfolgende Abschnitt beschränkt sich auf eine Auswahl besonders relevanter Regelungen.
4.1 Arbeitsmedizinische Vorsorge
Die arbeitsmedizinische Vorsorge hat den Zweck, arbeitsplatzbedingte Erkrankungen sowie Berufskrankheiten frühzeitig zu erkennen und ihnen vorzubeugen. Die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) unterscheidet zwischen 3 Kategorien der Vorsorge:
- Pflichtvorsorge: Pflichtvorsorgeuntersuchungen i. S. v. § 4 ArbMedVV sind bei besonders gefährdenden Tätigkeiten, die im Anhang der ArbMedVV aufgeführt sind, verpflichtend für beide Seiten (z. B. Umgang mit Gefahrstoffen, physikalischen Einwirkungen wie extreme Hitze, Kälte oder Lärm). Die Pflichtvorsorge muss vor Aufnahme der Tätigkeit und anschließend in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden. Die Pflichtvorsorge stellt für den Beschäftigten eine Voraussetzung zur Aufnahme und Ausübung entsprechender Tätigkeiten dar, er ist insofern zur Teilnahme verpflichtet. Das Fehlen einer Unbedenklichkeitsbescheinigung führt regelmäßig zu einem Beschäftigungsverbot, welches der Arbeitgeber zur Vermeidung von Ordnungsmaßnahmen zu beachten hat.
- Angebotsvorsorge: Angebotsvorsorgeuntersuchungen i. S. v. § 5 ArbMedVV sind dem Beschäftigten bei bestimmten gefährdenden Tätigkeiten, die im Anhang der ArbMedVV aufgeführt sind, durch den Arbeitgeber anzubieten. Die Angebotsvorsorge stellt keine Tätigkeitsvoraussetzung dar, die Teilnahme durch die Beschäftigten ist daher freiwillig. Auch wenn Beschäftigte die Angebotsvorsorge nicht wahrnehmen, muss sie der Arbeitgeber in regelmäßigen Abständen erneut anbieten.
- Wunschvorsorge: Wunschvorsorgeuntersuchungen i. S. v. § 5a ArbMedVV sind bei Tätigkeiten, bei denen eine Gesundheitsgefährdung nicht ausgeschlossen werden kann, durch den Arbeitgeber zu ermöglichen. Die Wunschvorsorge steht grundsätzlich allen Beschäftigten zu, also auch bei Tätigkeiten, die im Anhang der ArbMedVV nicht genannt sind. Der gesetzliche Anspruch auf Wunschvorsorge entfällt im Einzelfall nur, wenn aufgrund der Gefährdungsbeurteilung und der getroffenen Schutzmaßnahmen mit einem Gesundheitsschaden nicht zu rechnen ist. Der Arbeitgeber ist im Streitfall darlegungs- und beweispflichtig. Der Arbeitgeber hat alle Beschäftigten über die Möglichkeit der Wunschvorsorge aufzuklären.
Grundlage zur Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge ist eine Gefährdungsbeurteilung (§ 3 Abs. 1 ArbMedVV). Der Arbeitgeber hat zur Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge einen Arzt nach § 7 ArbMedVV zu beauftragen. Dabei soll es sich vorrangig um den Betriebsarzt handeln (§ 3 Abs. 2 ArbMedVV).
Anders als bei der Pflichtvorsorge lösen ärztliche Bedenken bei einer freiwilligen Untersuchung im Rahmen der Angebotsvorsorge oder Wunschvorsorge kein Beschäftigungsverbot aus. Es ist die Entscheidung des Beschäftigten, ob er der Tätigkeit weiter nachgehen möchte. Sofern die ärztlichen Bedenken auf einer mangelhaften Beschaffenheit des Arbeitsplatzes beruhen, muss der Arbeitgeber die Mängel beheben.
Die Vorsorgeuntersuchungen der ArbMedVV sind streng abzugrenzen von Einstellungsuntersuchungen, bei denen die gesundheitliche Eignung für berufliche Anforderungen eines Bewerbers ermittelt werden soll. Nach der Begründung der ArbMedVV sind diese als Instrumente der Personalauswahl zu qualifizieren und unterliegen den dazu entsprechenden Regelungen (insbesondere Regelungen des Datenschutzes) – siehe Abschnitt 3. Die Trennung von Eignungsuntersuchungen und arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen i. S. d. ArbMedVV wird auch in den Regelungen § 2 Abs. 1 Nr. 5 ArbMedVV und in § 3 Abs. 3 Satz 2 ArbMedVV klar zum Ausdruck gebracht. Danach sollen arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen nicht zusammen mit Einstellungsuntersuchungen durchgeführt werden, es sei denn, betriebliche Gründe erfordern dies. In diesem Fall sind durch den Arzt die unterschiedlichen Zwecke von arbeitsmedizinischer Vorsorge und Eignungsuntersuchung gegenüber dem Bewerber offenzulegen.
Mit der ArbMedVV wurden die bisherigen in verschiedenen Verordnungen geregelten arbeitsmedizinischen Vorsorgemaßnahmen zusammengefasst. In den betreffenden Verordnungen wird nunmehr hinsichtlich der Vorsorgemaßnahmen auf die ArbMedVV verwiesen.
Bei den Verordnungen handelt es sich um die
- Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung
4.2 Jugendarbeitsschutz
Das Jugendarbeitsschutzgesetz sieht eine Reihe ärztlicher Untersuchungen für Jugendliche (15-17 Jahre) vor (§§ 32 f...