Entscheidungsstichwort (Thema)
Verstoß gegen das Versammlungsgesetz
Tenor
I. Der Angeklagte … ist schuldig eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz.
II. Der Angeklagte wird zur
Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 80,00 Euro
verurteilt.
III. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.
Angewendete Vorschriften: §§ 26, 14 VersG
Tatbestand
I.
Der … Angeklagte hat die … besucht. Als … verdient der Angeklagte monatlich netto … Euro. Darüber hinaus erhält er als … eine …
Der Angeklagte ist bereits wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:
…
…
…
…
…
Entscheidungsgründe
II.
Auf Grundlage der durchgeführten Hauptverhandlung steht zur Überzeugung des Gerichts der nachfolgende Sachverhalt fest.
Der Angeklagte war in seiner Funktion als … verantwortlicher Leiter der Streikaktionen am … vor dem Bekleidungsgeschäft … in der …. Dieser Aktion lag die Forderung zugrunde, für die Mitarbeiter des bislang nicht tarifgebundenen Unternehmens … einen verbindlichen Tarifvertrag zu vereinbaren und damit auch Lohnerhöhungen durchzusetzen.
Hierzu wurden die Mitarbeiter des Unternehmens … durch den Angeklagten am … ab 7:30 Uhr unter Ausreichung eines Flugblattes zum Streik aufgerufen. Ca. 15 Beschäftigte beteiligten sich an der Arbeitsniederlegung und versammelten sich gegen 9 Uhr im Gewerkschaftshaus in der … Entsprechend dem im Flugblatt zum Streikaufruf vorgesehenen Ablaufplan zogen diese 15 streikenden Personen ausgestattet mit Transparenten und Streikwesten sodann gegen 11.35 Uhr vor das Ladenlokal der Firma … in der … Ohne Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebes wurde u. a. ein Transparent mit der Aufschrift „Verdi, Anerkennungstarifvertrag. … Zieh mit. Wir kämpfen bei … gegen befristete Arbeitsverträge. Für Tarifbindung und mehr Geld.” Sowie ein weiteres Transparent mit der Aufschrift „Unsere Geduld hat eine finale. Arbeitgeber hört auf unsere Signale”. Darüber hinaus wurden Plakate aufgestellt mit der Aufschrift: „Heute Streik”, „Gleiches Geld für gleiche Arbeit auch im Osten” sowie „Habe Arbeit, brauche Geld”. Darüber hinaus wurden an interessierte Passanten das Flugblatt zum Streikaufruf mit den Forderungen der Gewerkschaft verteilt. Die Aktion wurde durch den Angeklagten um 12.45 Uhr für beendet erklärt. Die Kundgebung wurde zuvor nicht vom Angeklagten beim zuständigen Kreisverwaltungsreferat angemeldet.
III.
Die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen im Wesentlichen auf den eigenen Einlassungen des Angeklagten sowie auf der Auskunft aus dem Bundeszentralregister …
Die Feststellungen zum Sachverhalt unter Ziffer II. gründen sich ebenfalls im Wesentlichen auf den eigenen Einlassungen des Angeklagten, soweit ihnen gefolgt werden konnte, darüber hinaus auch auf den glaubhaften Angaben der beiden Zeugen … und ….
Der äußere Sachverhalt wird durch den Angeklagten weitestgehend eingeräumt. Ergänzend äußert er jedoch, dass der genaue Ablauf der Aktion nicht vorbestimmt war, sondern sich nach der Beteiligung und dem Willen der streikenden Mitarbeiter richtet.
Der Angeklagte ist der Auffassung, dass er zur Anmeldung nicht verpflichtet war, da insoweit eine Anmeldepflicht die Tarifautonomie unverhältnismäßig beschränken würde und durch eine vorherige Anmeldung grundsätzlich auch die Gefahr von Gegenmaßnahmen seitens der Arbeitgeber bestünde. Der Angeklagte räumt jedoch freimütig ein, dass er den Vorschlag zu einer öffentlichkeitswirksamen Versammlung vor dem Ladenlokal der Firma … im Zuge des schriftlichen Streikaufrufs eingebracht hat. Weiter räumt der Angeklagte auch ein, dass es bei dieser Aktion um die Einbindung der Öffentlichkeit ging.
IV.
Der Angeklagte hat sich deshalb eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz gemäß den §§ 26 Nr. 2 i.V.m. § 14 VersG strafbar gemacht.
Für das Gericht war dabei die Aktion gegen 11.35 Uhr in der Fußgängerzone vor dem Ladenlokal der Firma … rechtlich als Versammlung im Sinne der §§ 1, 14 VersG zu qualifizieren. Nach dem Bayerischen Obersten Landesgericht in seinem Urteil vom 13.02.1979 (RRiG. 4 St 170/78) ist für eine Versammlung das Zusammenkommen von mindestens 3 Personen wesentlich, die sich an einem gemeinsamen Ort zu einem gemeinsamen nicht nur zufälligen, gleichartigen Zweck zusammenfinden, der entweder in der Erörterung öffentlicher Angelegenheiten oder in der Veranstaltung einer gemeinsamen Kundgebung zu öffentlichen Angelegenheiten unter Einwirkung auf die Öffentlichkeit besteht. Zuletzt hat auch noch einmal das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 22.08.2007 (NVWZ 207, Seite 1434 ff.) klargestellt, dass in Abgrenzung zu einer bloßen Veranstaltung es sich dann um eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes handelt, wenn diese einen Rahmen bietet, in denen Außenstehende zum Zwecke der kollektiven Teilnahme einer öffentlichen Meinungsbildung einbezogen werden soll, auch dann, wenn die Veranstaltung informative Elemente enthält. Dieser interaktive Charakter zwischen den streikenden Mitarbeiter...