1.1 Begriffe
Eine einheitliche Beschreibung des Begriffs Alkoholismus zu finden, ist schwer, da es sich um ein komplexes Phänomen handelt und in höchst unterschiedlichen Ausprägungen existiert. Kurz umschrieben versteht man unter Alkoholismus jeglichen Gebrauch von alkoholischen Getränken, der einem Individuum oder der Gesellschaft oder beiden Schaden zufügt.
Alkoholabhängigkeit liegt vor, wenn der gewohnheitsmäßige, übermäßige Alkoholgenuss trotz besserer Einsicht nicht aufgegeben oder reduziert werden kann. Wesentliches Merkmal dieser Erkrankung ist die physische oder psychische Abhängigkeit vom Alkohol. Sie äußert sich vor allem im Verlust der Selbstkontrolle. Der Alkoholiker kann, wenn er zu trinken beginnt, den Alkoholkonsum nicht mehr kontrollieren, mit dem Trinken nicht mehr aufhören. Dazu kommt die Unfähigkeit zur Abstinenz; der Alkoholiker kann auf Alkohol nicht mehr verzichten. Alkoholiker brauchen Behandlung. Es handelt sich um eine chronische, grundsätzlich nicht selbstverschuldete Krankheit, die man als Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 SGB IX werten muss. Man differenziert nach verschiedenen Erscheinungsformen. Die sogenannten Alpha- und Beta-Trinker (Konflikt- und Gelegenheitstrinker) gelten nicht als krank, aber stark gefährdet. Hingegen sind krank im Sinne des Sozialgesetzbuchs die Gamma-, Delta- und Epsilon-Trinker. Letzteren ist gemeinsam, dass es zu zeitweisem Kontrollverlust und zur zumindest zeitweisen Unfähigkeit, alkoholfrei zu leben, kommt.
Seit den 60er-Jahren wird Alkoholismus weltweit als Krankheit anerkannt.
An den disziplinarischen Begriff der "Alkoholverfehlung" angelehnt, bezeichnet man als Alkoholmissbrauch jeden Alkoholgenuss, durch den – vorwerfbar – dienstliche Interessen gefährdet oder verletzt werden. Für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes besteht die arbeits- und tarifvertragliche Nebenverpflichtung, sich nicht durch den Genuss von Alkohol in einen Zustand zu versetzen, der die Erfüllung der Arbeitsleistung beeinträchtigen könnte. Zudem gelten die Vorschriften des betrieblichen Arbeitsschutzes, wie z. B. §§ 15 Abs. 1 und 16 ArbSchG, §§ 8, 9 BetriebssicherheitsVO und berufsgenossenschaftliche Unfallverhütungsvorschriften, wie § 15 Abs. 2 UVV BGV A 1: "… dass Versicherte sich durch Alkoholgenuss nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden könnten."
Bei größeren Verwaltungen bestehen Arbeitsordnungen oder Dienstvereinbarungen, die die o. a. Pflichten konkretisieren. All diese Pflichten können durch Alkoholgenuss des Arbeitnehmers verletzt werden und stellen begrifflich Alkoholmissbrauch dar.
1.2 Erkennen von Alkoholmissbrauch/Alkoholismus, Hintergrundinformationen
Die Entwicklung einer Alkoholerkrankung lässt sich wie folgt darstellen:
- Die Vorphase ist zunächst gekennzeichnet durch gelegentliches Erleichterungstrinken, was zu einer Erhöhung der Alkoholtoleranz und in der Folge durch Verringerung psychischer Belastbarkeit wiederum zu häufigerem Erleichterungstrinken führen kann.
- In der Anfangsphase kann man heimliches Trinken, häufiges Denken an Alkohol, gieriges Trinken, aufkommende Schuldgefühle, Vermeiden von Anspielungen auf Alkohol und zunehmende Häufigkeit von Gedächtnislücken feststellen.
- In der kritischen Phase kommt es zu Kontrollverlusten, Erklärungsversuchen für das Trinkverhalten, zunehmenden sozialen Belastungen, übertriebener Selbstsicherheit, auffällig aggressivem Verhalten, dauernden Schuldgefühlen, Perioden völliger Abstinenz, Änderungen des Trinksystems, Verlassen der Arbeit, Verlust aller äußeren Interessen, starkem Selbstmitleid, Sichern des Alkoholvorrats, Vernachlässigung der Ernährung, ersten organischen Alkoholbeschwerden und regelmäßigem morgendlichem Trinken.
- Schließlich werden in der chronischen Phase verlängerte tagelange Räusche, ein ethischer Abbau, Beeinträchtigung des Denkens, Alkoholpsychosen, Verlust der Alkoholtoleranz, undefinierbare Ängste, Zittern und psychomotorische Hemmungen, Zusammenbrüche und letztlich das Alkoholdelirium festgestellt.
Die Ursachen für die Entstehung einer Suchterkrankung sind vielfältig und bis heute nicht vollständig erklärbar. Diskutiert werden eine genetische Veranlagung, psychische Eigenschaften und das soziale Milieu in Familie und Beruf. Auf die Einzelheiten kann nicht näher eingegangen werden. Es ist auf die Fülle von Veröffentlichungen hinzuweisen. Auch Beratungsstellen helfen weiter.