5.1 Vertragsstörende Eigenschaft des Mitarbeiters
Zu den Eigenschaften oder Fähigkeiten, die die Eignung eines alkohollabilen Mitarbeiters für die ihm vertragsgemäß zugewiesene Tätigkeit ausschließen können, zählt unter anderem seine Alkoholabhängigkeit. Diese Krankheit kann trotz Therapie bzw. freiwilliger und bewusster jahrelanger Abstinenz jederzeit durch geringste Alkoholmengen wieder ausbrechen. Der alkoholabhängige Mitarbeiter kann die arbeitsnotwendige Gewähr nicht bieten, seine Arbeit nüchtern zu verrichten. Es ist dem Arbeitgeber nicht zumutbar, sich Schadensersatzansprüchen oder strafrechtlicher Verfolgung auszusetzen, indem er den alkoholabhängigen Mitarbeiter an seinem bisherigen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt. Es ist unerheblich, ob eine Entziehungskur durchgeführt wird, weil die Unmöglichkeit rechtlicher Vertragserfüllung durch eine solche Maßnahme nicht behoben werden kann. Im Übrgen gelten die Regeln der personenbedingten Kündigung wegen krankheitsbedingter Leistungsausfälle.
5.2 Negativprognose
Hier ist wie folgt zu differenzieren:
- Häufige alkoholbedingte Kurzerkrankungen. Grundlage der sog. ersten Prüfungsstufe (Prognose des weiteren Gesundheitszustandes) sind Häufigkeit und Dauer der krankheitsbedingten Ausfallzeiten des alkoholauffälligen Mitarbeiters. Die Ausfallzeiten sind nach Zahl und nach Datum aufgeschlüsselter Dauer und zeitlicher Abfolge zu präzisieren. Häufige und regelmäßige Erkrankungen mit steigender Tendenz in der Vergangenheit sprechen für die Annahme ähnlich hoher Krankheitszeiten in der Zukunft. Einem unheilbaren Grundleiden, z. B. der Alkoholabhängigkeit wird eine besondere indizielle Bedeutung für die negative Gesundheitsprognose zuerkannt. Lehnt der betroffene Mitarbeiter die Teilnahme an einer Alkoholentziehungskur oder gleichwertigen Therapien unmissverständlich ab oder beendet er sie vorzeitig und grundlos, gilt der weitere alkoholbedingte Arbeitsausfall als indiziert und die negative Prognose als dargetan . Erklärt sich der Mitarbeiter vor Zugang der Kündigung zur Teilnahme an einer Therapiemaßnahme bereit, muss der Arbeitgeber deren Ende im Regelfall abwarten. Es ist hierbei unerheblich, ob der alkohollabile Mitarbeiter zu einer Entziehungskur aufgefordert wurde oder nicht. Der nach Zugang der Kündigung gefasste Entschluss, sich einer Heilbehandlung zu unterziehen, ist auch dann unbeachtlich, wenn er vor Ablauf der Kündigungsfrist gefasst und durchgeführt wird.
- Andauernde alkoholbedingte Langzeiterkrankung. Grundlage der Prognose sind in diesem Fall die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit und die Art sowie Ursache der Erkrankung. Es geht letztlich um die Wahrscheinlichkeit der Ausheilung der konkreten chronischen Erkrankung. Die Abhängigkeit ist in diesen Fällen erst kündigungserheblich, wenn der Mitarbeiter infolge der Alkoholkrankheit auf lange Dauer nicht mehr in der Lage sein wird, seine Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen.
- Dauernde alkoholbedingte Unmöglichkeit, die Leistung zu erbringen/Leistungsminderung. Die Leistungshindernisse können rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein. Eine rechtliche Verhinderung liegt bspw. vor, wenn dem Mitarbeiter die zur Durchführung seiner vertraglichen Tätigkeit notwendige Fahrerlaubnis fehlt. Ein tatsächliches Hindernis zur ordnungsgemäßen Vertragserfüllung kann bei dauernden psychischen und physischen Mängeln des alkohollabilen Mitarbeiters vorliegen.
5.3 Beeinträchtigung betrieblicher Interessen
Wie bei der krankheitsbedingten Kündigung ist hier zu prüfen, ob durch den Alkoholismus betriebliche oder wirtschaftliche Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt werden. Eine Störung wirkt sich bspw. betrieblich aus, wenn der Mitarbeiter betriebsorganisatorisch unkalkulierbar wird. Zu denken ist an Nichtausführung von Arbeiten, kostenintensive Beschaffung einer Ersatzkraft, Betriebsablaufstörungen durch Umbesetzungen, Maschinen- und Produktionsausfall, Produktionsstau, Verärgerung der Kunden, Leistungsverdichtung bei Arbeitskollegen und zusätzliche Inanspruchnahme von Vorgesetzten. Gleiches gilt für erhebliche wirtschaftliche Belastungen durch außergewöhnlich hohe Entgeltfortzahlungskosten in Folge krankheitsbedingter Ausfallzeiten.
5.4 Interessenabwägung
Ist der alkoholkranke Mitarbeiter zur Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung nicht in der Lage, kann dem Arbeitgeber das Festhalten am Arbeitsverhältnis auf Dauer nicht zugemutet werden. Maßgebend ist im Einzelfall das Gewicht des Interesses, das der Arbeitgeber an der Wiedererlangung der Dispositionsfreiheit über den Arbeitsplatz geltend macht. Dieses Gewicht bestimmt sich zum einen nach den wirtschaftlichen Belastungen des Arbeitgebers und zum anderen nach dem Ausmaß, der voraussichtlichen Dauer sowie d...