22.2.1 Maßgeblichkeit
Steuerrechtlich ist gem. § 5 Abs. 1 EStG die Handelsbilanz maßgeblich. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Aufstellung einer Steuerbilanz besteht deshalb nicht. § 60 Abs. 1 EStDV verlangt lediglich die Vorlage des Jahresabschlusses der handelsrechtlichen Buchführung. Die Handelsbilanz ist jedoch nach § 60 Abs. 2 EStDV den steuerlichen Vorschriften durch Zusätze oder Anmerkungen anzupassen. Wahlweise kann auch eine Steuerbilanz eingereicht werden.
Von der Maßgeblichkeit der Ansätze in der Handelsbilanz für das Steuerrecht gibt es Ausnahmen, insbesondere soweit das Handelsrecht Bilanzierungswahlrechte eröffnet. Für den Fall der Rückstellungen für Altersteilzeit ist also zu klären, inwieweit die handelsrechtlichen Rückstellungen verpflichtend sind oder im Ermessen des Unternehmens liegen.
§ 249 Abs. 1 HGB verpflichtet dazu, beim Aufstellen der Handelsbilanz Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilanzieren. Die handelsrechtliche Verpflichtung besteht dem Grunde nach, weshalb die Rückstellung auch im Steuerrecht anzuerkennen ist. Allerdings ist die handelsrechtlich gebildete Rückstellung der Höhe nach steuerrechtlich nicht unbedingt voll anzuerkennen. Steuerrechtlich werden die Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten nach Abschn. 31c Abs. 2 ff. Einkommensteuerrichtlinien (EStR) anerkannt, insbesondere unter der Voraussetzung, dass sie betrieblich veranlasst sind. Von einer betrieblichen Veranlassung kann ausgegangen werden, wenn die unter Wirtschaftliche Verursachung bis zum Bilanzstichtag geschilderten Voraussetzungen erfüllt sind. Zu den Fällen eines anerkannten Erfüllungsrückstandes zählen auch die Leistungen im Rahmen der Altersteilzeit. Vgl. dazu Abschn. 31c Hinweis zu Abs. 9 EStR sowie die nähere Regelung im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF-Schreiben) vom 11.11.1999.
22.2.2 Bewertungsdifferenzen zwischen Handels- und Steuerrecht
Zwischen Handels- und Steuerrecht entstehen Bewertungsdifferenzen bei den Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten, damit auch für Altersteilzeit, durch das generelle Abzinsungsgebot für Rückstellungen in der Steuerbilanz.
Handelsrechtlich dürfen Rückstellungen nur abgezinst werden, soweit die ihnen zugrunde liegenden Verbindlichkeiten einen Zinsanteil enthalten (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Die Höhe des Zinssatzes ist handelsgesetzlich nicht festgelegt und im Rahmen der Grundsätze ordentlicher Buchführung festzulegen. Steuerrechtlich dagegen sind Rückstellungen für Verpflichtungen mit einem Zinssatz von 5,5 vom Hundert abzuzinsen. Ausgenommen davon sind z.B. Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG).
22.2.3 Steuerrechtliche Einzelheiten
Das Bundesfinanzministerium unterscheidet zwischen
- Arbeitsfreistellung zum Ausgleich für vom Arbeitnehmer erbrachte Vorleistungen (Rd.Nr. 5 – 11 des BMF-Schreibens vom 11.11.1999)
- Arbeitsfreistellung ohne vom Arbeitnehmer erbrachte Vorleistungen (Rd.Nr. 12 – 14 des BMF-Schreibens)
- Vereinbarung von Altersteilzeit auf der Grundlage des Gesetzes vom 23. Juli 1996 – Altersteilzeitgesetz, BGBl. I S. 1078 (Rd.Nr. 15 – 21 des BMF-Schreibens).
22.2.3.1 Arbeitsbefreiung nach Vorleistungen
Im Falle der Nr. 1 sind nach dem Schreiben des BMF Rückstellungen zu bilden. Mit den Vorleistungen des Arbeitnehmers entstehen zeitgleich auf der Seite des Arbeitgebers Rückstände in der Erfüllung der Lohnzahlungen. Der Anspruch des Arbeitsnehmers auf die Lohnzahlung ist im Umfang der erbrachten Mehrarbeit innerhalb der Arbeitsperiode entstanden. Mit der Bildung einer Rückstellung berücksichtigt der Arbeitgeber die entstandenen Kosten im Zeitpunkt ihres Entstehens und macht sie gleichzeitig steuerlich als Betriebsausgabe geltend. Mit der angesammelten Rücklage kann er in künftigen Perioden seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Arbeitnehmer erfüllen.
22.2.3.2 Arbeitsbefreiung ohne Vorleistungen
Im Fall 2 anerkennt die Finanzverwaltung keine Rückstellungen. Hier fallen Arbeitsleistung und Lohnzahlung sowie Arbeitsfreistellung ohne Lohnzahlung jeweils zeitlich zusammen. Erfüllungsrückstände für Verpflichtungen des Arbeitgebers auf Lohnzahlungen können nicht entstehen. Betriebswirtschaftlich gesehen fallen Kosten und Ausgaben in dieselbe Periode.
22.2.3.3 Arbeitsfreistellung nach dem Altersteilzeitgesetz
Im Fall 3 unterscheidet das BMF zwischen Gleichverteilungs- und Blockmodell. Beim Gleichverteilungsmodell geht es für die steuerliche Anerkennung von der Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung aus, weshalb Rückstellungen nicht in Frage kommen.
Beim Blockmodell werden Rückstellungen steuerlich anerkannt. Die steuerliche Anerkennung betrifft den Erfüllungsrückstand während der Arbeitsphase sowie evt. Korrekturen am Ende dieser Phase als Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten.
Die generellen Voraussetzungen für die steuerrechtliche Beurteilung der Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten enthält Abschn. 31 c EStR:
- Es muss sich um eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten handeln
- Die Verpflichtung muss vor dem Bilanzstichtag verursacht worden sein
- Mit einer Inanspruchnahme muss ernsthaft zu rechnen sein.
Die Vo...