LAG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 23.12.2018, 5 Sa 7/17
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO.
Sachverhalt
Der Kläger des Falles kündigte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 30.6.2017. Während des Arbeitsverhältnisses wurde ihm am 2.10.2015 eine Abmahnung wegen einer streitigen Pflichtverletzung bzgl. Reisekostenerstattungen erteilt. Der Kläger wollte erreichen, dass die Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird und berief sich hierbei auf die datenschutzrechtlichen Vorschriften.
Die Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Das Gericht entschied, dass die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen ist. Der Anspruch auf Entfernung als Fall der Löschung ergebe sich aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO.
Das Gericht führte hierzu aus, dass nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO die betroffene Person das Recht habe, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass die personenbezogenen Daten unverzüglich gelöscht werden, wenn die personenbezogenen Daten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig seien.
Bei den Angaben in der Abmahnung handele es sich um personenbezogene Daten im Sinne der DSGVO. Auch sei der sachliche Anwendungsbereich eröffnet; denn auch in einer in Papierform geführten Personalakte würden personenbezogene Daten verarbeitet, die in einem Datensystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Im vorliegenden Fall seien die personenbezogenen Daten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, auch nicht mehr notwendig; denn es sei nicht ersichtlich, inwiefern die Beklagte noch ein Interesse an einem Beibehalt des Abmahnungsschreibens in der Personalakte des Klägers habe. Durch eine Abmahnung weise der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf dessen vertragliche Pflichten hin und mache ihn auf die Verletzung dieser Pflichten aufmerksam (Rüge- und Dokumentationsfunktion). Des Weiteren werde der Arbeitnehmer aufgefordert, sich in Zukunft vertragsgetreu zu verhalten und werde auf individualrechtliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung hingewiesen (Warnfunktion). Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei jedoch die Warnfunktion entfallen. Hinsichtlich der Rüge- und Dokumentationsfunktion könne sich nach Ansicht des Gerichts zwar noch ein Interesse am Erhalt der Abmahnung für den Arbeitgeber ergeben, soweit dies zur Abwehr von etwaigen Ansprüchen des Arbeitnehmers oder zur Begründung eigener Ansprüche gegen den Arbeitnehmer erforderlich erscheint. Im vorliegenden Fall waren solche Gründe jedoch offensichtlich nicht gegeben.
Auch sei das Recht auf Löschen weder durch § 35 BDSG eingeschränkt, insbesondere da die Entfernung der Abmahnung mit keinerlei Aufwand für die Beklagte verbunden sei, noch durch § 26 BDSG (Datenverarbeitung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses) ausgeschlossen oder beschränkt. Zuletzt setze Art. 17 DSGVO auch nicht voraus, dass es objektive Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Abmahnung dem Kläger noch schaden könne.