Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Maßnahmen, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 Abs. 1 AGG genannten Grundes in besonderer Weise gegenüber anderen Personen (Vergleichsgruppen) benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Maßnahmen, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels erforderlich und angemessen.

 
Praxis-Beispiel

Zuwendungen in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen, die nur bei ununterbrochener Erwerbsbiografie gezahlt werden, können Frauen mittelbar benachteiligen.

Auch die Festlegung einer Mindestgröße als Einstellungsvoraussetzung kann eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts darstellen.

In einem Fall wurde die Bewerbung der Klägerin für den höheren Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei abgelehnt, weil sie mit 1,58 m nicht über die von der Bundespolizei vorausgesetzte Mindestkörpergröße von 1,63 m bei Frauen verfügt. Im Vergleich dazu müssen Männer mind. eine Körpergröße von 1,65 m haben. Das Gericht[1] entschied, dass die Regelung eine ungerechtfertigte Benachteiligung wegen des Geschlechts darstellt. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass für Männer nur eine unwesentlich (2 cm) höhere Mindestkörperlänge vorausgesetzt wird; denn da Männer im Durchschnitt deutlich größer als Frauen sind, hat dieser relativ geringe Unterschied zur Folge, dass sich prozentual deutlich mehr Männer als Frauen für den höheren Dienst der Bundespolizei bewerben können.

Ein gleich gelagerter Fall wurde vor dem LAG Köln[2] entschieden. Hierbei ging es um die Einstellungsvoraussetzung für die Pilotenausbildung. Die verlangte Mindestgröße der Bewerber von 1,65 m war nicht unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit des Flugverkehrs gerechtfertigt.

[1] VG Schleswig, Urteil v. 26.3.2015, 12 A 120/14 (nicht rechtskräftig); so auch das VG Düsseldorf, Urteil v. 8.8.2017, 2 K 7427/17, in einem vergleichbaren Fall. Das Gericht entschied hier, dass die durch Erlass des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen für die Einstellung in den Polizeidienst des Landes festgelegten Mindestgrößen rechtswidrig seien.

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