BAG, Beschluss v. 2.8.2017, 7 ABR 51/15
Leiharbeitnehmer, die zu dem regelmäßigen Personalbestand des Betriebs zählen, sind für die nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG maßgebliche Beschäftigtenzahl für die Anzahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder mitzuzählen.
Sachverhalt
Die Arbeitgeberin und Antragsgegnerin, ein Unternehmen der Automobilzulieferindustrie, setzte in ihrem Betrieb zusätzlich zu ihren Arbeitnehmern über Jahre hinweg ca. 150 Leiharbeitnehmer ein. Unter Berücksichtigung dieser Leiharbeitnehmer betrug die durchschnittliche Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer 2012 758,17, 2013 661,5 und in der Zeit von Januar bis September 2014 634,17. Von Oktober 2014 bis Juni 2015 beschäftigte die Arbeitgeberin 433 Vertragsarbeitnehmer und mehr als 150 Leiharbeitnehmer. Ende Juni waren es 463 Vertragsarbeitnehmer und 165 Leiharbeitnehmer. Im Betrieb bestand ein Betriebsrat, der Antragsteller des vorliegenden Falls, mit einem freigestellten Betriebsratsmitglied. Da die Arbeitgeberin die Freistellung eines weiteren Mitglieds ablehnte, beantragte der Betriebsrat feststellen zu lassen, dass diese zur Freistellung eines 2. Betriebsratsmitglieds verpflichtet sei.
Die Entscheidung
Der Antrag hatte Erfolg. Der Betriebsrat kann nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Freistellung von 2 seiner Mitglieder verlangen.
Das Gericht führte hierzu aus, dass nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG in Betrieben mit i. d. R. 501 bis 900 Arbeitnehmern 2 Betriebsratsmitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellen sind. Bei der Beschäftigtenzahl sind Leiharbeitnehmer dabei mit zu berücksichtigen, wenn sie zu dem regelmäßigen Personalbestand des Betriebs zählen. Dies ergebe sich aus § 14 Abs. 2 Satz 4 AÜG in der seit dem 1.4.2017 geltenden Fassung, wonach Leiharbeitnehmer auch im Entleiherbetrieb zu berücksichtigen sind, wenn Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetztes eine bestimmte Anzahl an Arbeitnehmern voraussetzen.
Im vorliegenden Fall beschäftigte die Arbeitgeberin unter Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer i. d. R. mindestens 501 Arbeitnehmer. Für die Anzahl der i. d. R. Beschäftigten ist die normale Beschäftigtenanzahl maßgebend, die für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnend ist. Deren Feststellung erfordert sowohl eine rückblickende Betrachtung, wofür nach Ansicht des Gerichts ein Zeitraum zwischen 6 Monaten und 2 Jahren angemessen ist, als auch eine Prognose, bei der konkrete Unternehmensentscheidungen zu berücksichtigen sind. Werden Arbeitnehmer nicht ständig, sondern lediglich zeitweilig beschäftigt, kommt es für die Frage der regelmäßigen Beschäftigung darauf an, ob sie normalerweise während des größten Teils eines Jahres, d. h. länger als 6 Monate, beschäftigt werden. Und im vorliegenden Fall betrug nach den Feststellungen des Gerichts die Beschäftigtenzahl in der Vergangenheit und im Zeitpunkt der Entscheidung des LAG durchschnittlich mindestens 580.