Bei einem Arbeitsausfall i. S. d. § 615 BGB behält der Beschäftigte für die Zeit der Störung den Anspruch auf Entgelt. Dies ist kein eigenständiger gesetzlicher Anspruch, sondern es wird lediglich der Vergütungsanspruch aus § 611 Abs. 1 BGB trotz Nichtleistung der Arbeit aufrechterhalten.[1] Eine zeitliche Befristung ist nicht geregelt. Er ist auch nach Beseitigung der Störung nicht verpflichtet, den Arbeitsausfall nachzuarbeiten. Für den Entgeltanspruch genügt es, dass der Arbeitsausfall auf tatsächlichen Umständen beruht, die der Sphäre des Arbeitgebers zugerechnet werden können. § 615 BGB schließt jedoch keine weitergehenden arbeitsrechtlichen Maßnahmen des Arbeitgebers aus. So kann die Zerstörung der Betriebsmittel ein Grund für eine betriebsbedingte Kündigung sein. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die aufgrund der Störung sinnentleerten Arbeitsverhältnisse bis zum Wiederaufbau fortzuführen. Arbeitnehmer, die sich während der Zeit des Arbeitsausfalls im Urlaub befinden oder von der Arbeitsleistung befreit sind, haben keinen Anspruch auf eine weitergehende Arbeitsbefreiung.[2]

Für die Bestimmung des Anspruchs wird die vertragliche, dienstplanmäßige oder betriebsübliche Arbeitszeit zugrunde gelegt. Vereinbarungen, die nur eine durchschnittliche Arbeitszeit im Monat festlegen, sind aufgrund Verstoßes gegen das Transparenzgebot aus § 307 BGB unwirksam.[3] Mit einer Vereinbarung, die es dem Arbeitgeber gestattet, in Zeiten geringen Arbeitsanfalls den Beschäftigten auch entgeltwirksam mit weniger Stunden einzusetzen, wird in Abweichung von der gesetzlichen Regelung ein Teil des den Arbeitgeber treffenden Wirtschaftsrisikos auf den Beschäftigten verlagert. Der Beschäftigte kann danach weder mit einer monatlichen noch mit einer zumindest jährlichen festen Vergütung rechnen, die ein jeder Beschäftigter für die Planung seines privaten Lebens benötigt.[4]

Der Beschäftigte muss sich auch das anrechnen lassen, was er durch den Arbeitsausfall erspart oder durch anderweitige Beschäftigung erwirbt. Er ist sogar dazu verpflichtet, einem möglichen anderen Erwerb nachzugehen, ansonsten würde seinem Entgeltanspruch ein fiktiver Betrag abgezogen werden, wenn er die andere Beschäftigung böswillig unterlässt (§ 615 Satz 2 BGB) (Punkt 6).[5]

Für eine erforderliche Vergleichsberechnung (Gesamtberechnung) ist die Vergütung für die infolge des Arbeitsausfalls nicht geleistete Arbeit zu ermitteln. Von diesem Betrag ist dasjenige abzuziehen, was der Beschäftigte in der betreffenden Zeit anderweitig erworben hat oder hätte erwerben können.[6] Angerechnet wird jedoch nur der Verdienst, den der Beschäftigte in dem zeitlichen Umfang erworben hat, den er auch gegenüber seinem Arbeitgeber schuldete.[7]

 
Praxis-Beispiel

Eine Beschäftigte war in einem Teilzeitarbeitsverhältnis über 20 Std./Woche bei einem Verdienst von 1.500 EUR beschäftigt. Aufgrund eines Brandes konnte die Beschäftigte für einen Monat nicht arbeiten. In diesem Monat arbeitete sie in einem anderen Betrieb in Vollzeit (40 Std.) und erhielt dafür ein Entgelt i. H. v. 2.500 EUR. Da das Zwischenentgelt nur für die geschuldeten 20 Std./Woche angerechnet wird, also nur zur Hälfte i. H. v. 1.250 EUR, steht ihr noch ein Annahmeverzugslohn von 250 EUR zu.

Unregelmäßige höhere Verdienste werden zu einem Gesamtbetrag addiert.[8]

Der Arbeitgeber hat deshalb gegen den Beschäftigten in analoger Anwendung von § 74c HGB Anspruch auf Auskunft über die Höhe des in der Zeit des Arbeitsausfalls erworbenen Geldes oder der Umstände, die einen Erwerb verhindert haben. Erteilt der Beschäftigte die verlangte Auskunft nicht, kann der Arbeitgeber die Fortzahlung des Arbeitsentgelts verweigern.[9] Bei einer berechtigten Reduzierung der geschuldeten Stundenanzahl, wirkt sich dies auch auf Entgeltersatzansprüche aus.[10]

Die vorzunehmende Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers besteht darin, dem Arbeitnehmer überhaupt eine Arbeitsmöglichkeit zu eröffnen, den Arbeitsablauf fortlaufend zu planen und die Arbeitsmittel bereitzustellen. Aus § 296 BGB lässt sich aber keine Verpflichtung des Arbeitgebers herleiten, die von ihm zunächst wirksam konkretisierte Arbeitspflicht nach den Wünschen oder Belangen des Arbeitnehmers neu zu bestimmen. Unterlässt es der Arbeitgeber schuldhaft, dem Arbeitnehmer eine leidensgerechte und vertragsgemäße Arbeit zuzuweisen, kann dies jedoch einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Schadensersatz begründen.[11]

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