1 Einleitung
Der Angestellte schuldet seinem Arbeitgeber aus der arbeitsvertraglichen Beziehung dauernd seine persönliche Arbeitsleistung. Mitunter ist er hieran durch äußere Umstände (objektive Unmöglichkeit) oder aus persönlichem Anlass (subjektive Unmöglichkeit) gehindert, wie etwa bei Geburt, Sterbefall, Musterung, Vorladungen bei Behörden und Gerichten, ehrenamtlicher Tätigkeit, Verkehrsstau, Hochzeit etc. Hat weder der Angestellte noch der Arbeitgeber die Verhinderung zu vertreten, so gilt zunächst der Grundsatz "ohne Arbeit keinen Lohn".
Dieser Grundsatz wird im allgemeinen Arbeitsrecht (§ 616 BGB) durchbrochen für die Fälle, in denen der Angestellte vorübergehend aus persönlichem Grund und ohne sein Verschulden an der Erbringung seiner Arbeitsleistung verhindert ist. Der persönliche Verhinderungsgrund muss die Arbeitsleistung nicht notwendig unmöglich machen; es genügt, wenn dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben die Arbeitsleistung nicht zumutbar ist, wie z.B. Geburt, Sterbefall oder Begräbnis in der Familie. Dieser Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung kann einzel- wie tarifvertraglich erweitert, eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Bestimmt demnach ein Tarifvertrag, unter welchen Voraussetzungen und aus welchen Anlässen ein Vergütungsanspruch zuerkannt ist, sind Ansprüche nach § 616 BGB ausgeschlossen. Eine solch abschließende spezielle Regelung ist § 52 BAT, was auch durch seine Bezugnahme auf § 616 BGB deutlich wird.
Damit hat die Grundregelung des § 616 BGB auf das BAT-Arbeitsverhältnis keine unmittelbare Bedeutung. Ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung bei persönlicher Arbeitsverhinderung über die Regelung des § 52 BAT hinaus, z.B. bei goldener Hochzeit der Eltern oder Hochzeit des Kindes, besteht nicht. Mittelbar kann jedoch § 616 BGB weiterhin Wirkung entfalten, da bei der Auslegung der speziellen Regelung des § 52 BAT in Zweifelsfällen auf Sinn und Zweck der Grundregelung des § 616 BGB zurückzugreifen ist.
Nicht tarifgebundene BAT-Anwender können § 52 BAT als auch den Vergütungsanspruch nach § 616 BGB zum Teil oder insgesamt ausschließen. Eine Formulierung im Vertrag könnte etwa lauten: "Vergütet wird nur die tatsächlich geleistete Arbeit. § 52 BAT sowie § 616 BGB sind ausgeschlossen."
2 Die Regelung des § 52 BAT
Die Regelung des § 52 BAT
Die einzelnen Freistellungsgründe können in sechs Gruppen zusammengefaßt werden:
- Verhinderung aus persönlichen Gründen (Abs. 1)
- Verhinderung zur Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten nach deutschem Recht (Abs. 2)
- Verhinderung aus sonstigen dringenden Gründen (Abs. 3 Unterabs. 1)
- Verhinderung in begründeten Fällen (Abs. 3 Unterabs. 2)
- Verhinderung zur Erfüllung gewerkschaftlicher Aufgaben und zur Teilnahme an Tarifverhandlungen (Abs. 4).
- Verhinderung wegen Tätigkeiten in Ausschüssen nach BBiG und in Organen von Sozialversicherungsträgern (Abs. 5).
Bei einer Verhinderung in den ersten beiden Gruppen hat der Angestellte einen Rechtsanspruch auf Arbeitsbefreiung.
Bei einer Verhinderung in den Gruppen 3–6 steht die Gewährung der Arbeitsbefreiung im pflichtgemäßen Ermessen des Arbeitgebers.
Ungeachtet des Anspruchs auf Arbeitsbefreiung bleibt es bei der Regelung des § 18 Abs. 2 BAT, wonach der Angestellte nur mit vorheriger Zustimmung des Arbeitgebers von der Arbeit fernbleiben darf. Die Arbeitsbefreiung muss daher so rechtzeitig beantragt werden, dass dem Arbeitgeber noch genügend Gelegenheit bleibt, die Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen (bei Abs. 1, 2) bzw. von seinem Ermessen pflichtgemäß Gebrauch zu machen (Abs. 3, 4). Ist ausnahmsweise ein vorheriger Antrag nicht möglich, ist die Zustimmung unter Angabe von Gründen unverzüglich zu beantragen. Der Arbeitgeber kann die Vorlage von Beweisen verlangen.
3 Verhinderung aus persönlichen Gründen
Mit der Regelung des § 52 Abs. 1 BAT erhält der Angestellte aus den dort aufgezählten Anlässen Arbeitsbefreiung nach Arbeitstagen. Bei Vorliegen eines derartigen Anlasses ist der Angestellte jedoch nicht frei in seiner Wahl, wann er den bzw. die Freistellungstage beanspruchen will. Vielmehr muss der Anlass- bzw. Ereignistag in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Arbeitsfreistellung stehen. Dadurch soll vermieden werden, dass durch die Freistellungsregelung die Zahl der Urlaubstage vermehrt wird.
Arbeitsbefreiung kann nur gewährt werden, wenn der Angestellte zur Ableistung seiner Arbeitsleistung verpflichtet ist. Aus diesem Grunde kann eine Arbeitsbefreiung während oder nach einem Urlaub, Sonderurlaub oder einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit für einen an sich gegebenen Befreiungstatbestand nach § 52 BAT nicht nachträglich geltend gemacht werden.
Der Angestellte beantragt drei Wochen Urlaub und erhält diesen antragsgemäß. Im Urlaub stirbt dessen Vater, und der Angestellte beantragt nun die Freistellung gemäß § 52 Abs. 1 Buchstabe b BAT. Dieser Antrag ist abzulehnen, da für den Zeitraum keine Arbeitspflicht bestand, von der der Angestellte freigestellt werden kann.
3.1 Niederkunft der Ehefrau (§ 52 Abs. 1 Buchst. a BAT)
Der Freistellungsanspruch beschränkt sich auf die Niederkunft der Ehefrau, mit der Folge, ...