2.1 Auswirkungen der Neuregelung
Zunächst hat der für das Jahr 2006 avisierte Wegfall der Erstattungspflicht eine gegenteilige Bedeutung. Für die Zeit zwischen 1.1.2004 und 31.12.2005 wird die Erstattungspflicht strengeren Regelungen unterworfen. Dies wirkt sich wie folgt aus:
Relevantes Lebensalter wird um ein Jahr vorgezogen
Die Erstattungspflicht für das Arbeitslosengeld greift nach der Neuregelung grundsätzlich für Zeiten des Arbeitslosengeldempfangs, die nach Vollendung des 57. Lebensjahres des Arbeitslosen liegen. Nach der Rechtslage, die bis zum 31.12.2003 maßgebend war, galt noch das 58. Lebensjahr als maßgebliche Grenze.
Erstattungszeitraum wird verlängert
Der Zeitraum, über den eine mögliche Erstattung an die Bundesagentur für Arbeit zu leisten ist, umfasst nach der neuen Rechtslage 32 Monate. Nach der bisherigen Rechtslage war Arbeitslosengeld maximal für 24 Monate zurückzuerstatten.
Karenzzeit wird verkürzt
Eine Erstattungspflicht tritt dann nicht ein, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem 55. Lebensjahr des Arbeitslosen beendet worden ist. Auch hier ist eine Verschärfung eingetreten. Nach der bisherigen Rechtslage konnte die Erstattungspflicht auch dann noch vermieden werden, wenn das Arbeitsverhältnis ein Jahr später, also rechtzeitig vor dem 55. Geburtstag des Arbeitnehmers, beendet wurde.
Kurzbeschäftigung neu definiert
Nach bisherigem Recht galt, dass bei 57-jährigen Arbeitslosen eine Rückzahlung dann nicht in Betracht kam, wenn sie innerhalb der letzten 18 Jahre weniger als 15 Jahre beim selben Arbeitgeber beschäftigt waren. Im Zeitraum vom 1.1.2004 bis 31.12.2005 greift die Ausnahme von der Erstattungspflicht wegen "Kurzbeschäftigung" nur noch dann, wenn der Arbeitslose innerhalb der letzten 12 Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit weniger als 10 Jahre beim Arbeitgeber beschäftigt war.
Achtung Vertrauensschutz
Ist die Kündigung oder der Aufhebungsvertrag mit einem älteren Arbeitnehmer bis zum 26. September 2003 erfolgt, so gilt das verschärfte Rückerstattungsrecht für die nächsten 2 Jahre nicht. Hier genießen die Arbeitgeber einen Vertrauensschutz in die alte Rechtslage, da erst an diesem Tag aufgrund eines Kabinettsbeschlusses bekannt gemacht wurde, dass mit einer verschärften Erstattungspflicht für die nächsten zwei Jahre zu rechnen ist.
2.2 Schwer durchschaubare Ausnahmeregelungen
Sieht man von den beschriebenen Verschärfungsaspekten ab, so gilt aber auch für die "Restlaufzeit" der Rückerstattungsvorschrift:
Die Erstattungspflicht wird als Regelfall gesetzlich definiert, es bestehen aber zahlreiche Ausnahmetatbestände, bei deren Vorliegen die Erstattungspflicht ausnahmsweise nicht eintritt. Die wichtigsten Bereiche dabei sind:
2.2.1 Anspruch auf eine andere Sozialleistung
Dies kommt nicht selten vor: Der Arbeitnehmer geht zwar zunächst davon aus, seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld auszuschöpfen. Aufgrund gesundheitlicher Mängel kann oder könnte er aber stattdessen eine andere Lohnersatzleistung, insbesondere eine gesetzliche Rente in Anspruch nehmen. In diesem Fall entfällt eine Erstattungspflicht, da der Anspruch auf eine "sonstige" Sozialleistung nach § 142 Abs. 1 Nrn. 2 bis 4 SGB III das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bewirkt. Wichtig dabei ist: Es kommt auf die Voraussetzungen des anderen Anspruchs, nicht auf den tatsächlichen Bezug an. Auch ist unbeachtlich, in welchem Verhältnis sich ein Anspruch, beispielsweise eine Rente wegen Erwerbsminderung gegenüber dem zurücktretenden Arbeitslosenanspruch, auswirkt. Als sonstige Leistungen kommen neben Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung insbesondere Krankengeldansprüche in Betracht.
Achtung Ausnahme
Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung haben Entschädigungscharakter und können daher dem Eintritt der Erstattungspflicht ebenso wenig wie Leistungen aus einer privaten Lebensversicherung entgegengehalten werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn es sich um eine befreiende Lebensversicherung handelt, ohne die der Arbeitnehmer Ansprüche aus einer gesetzlichen Rente hätte.
Hatte ein ausgeschiedener Arbeitnehmer während der letzten Monate häufige Fehlzeiten, etwa weil er in den letzten Monaten vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis krankgeschrieben war, so ist es legitim, der Agentur für Arbeit den Einwand entgegenzuhalten, dass dem ehemaligen Mitarbeiter entweder ein Anspruch auf Krankengeld zusteht oder dieser sogar ein Fall der Frühverrentung ist.
2.2.2 Ausnahmeregelungen für Kleinunternehmen
Für Arbeitgeber mit in der Regel nicht mehr als 20 Beschäftigten gelten folgende Ausnahmevarianten:
Der Rückforderungsanspruch
- entsteht nicht
- oder vermindert sich
- oder entfällt nachträglich.
Bei der Feststellung der Anzahl der regelmäßig Beschäftigten zählen die zur Berufsausbildung beschäftigten Arbeitnehmer nicht mit. Ebensowenig Praktikanten oder Umschüler. Zur näheren Bestimmung wird auf § 10 des Lohnfortzahlungsgesetzes, geregelt ist dort das Umlageverfahren, Bezug genommen, in dem unter anderem die Einbeziehung von Teilzeitbeschäftigten in Abhängigkeit vom Umfang der Tätigkeit geregelt ist.
Als "Referenzjahr" gilt dabei das Kalend...