1 Vom Arbeitsförderungsgesetz zur Hartz-Reform
Die Kündigung oder die Vereinbarung eines Aufhebungsvertrags mit älteren Arbeitnehmern wurde erstmals im Jahre 1981 zum finanziellen Risikospiel für den Arbeitgeber. Eingeführt wurde seinerzeit die Vorschrift des § 128 AFG, eine an Kompliziertheit kaum zu überbietende Vorschrift, die erstmals definierte, wann eine Rückerstattungspflicht für das Arbeitslosengeld ausgeschiedener älterer Mitarbeiter bestand. Im Jahre 1998 wurde die Rückerstattungsvorschrift aus dem damaligen Arbeitsförderungsgesetz in Teilen für verfassungswidrig erklärt. Gleichwohl hat der Gesetzgeber die Rückerstattungspflicht zum 1.4.1999 in der Form des § 147 a SGB III wieder aufleben lassen. Auch diese Norm regelt den Grundsatz, dass der Arbeitgeber der Bundesagentur für Arbeit gegenüber zur Erstattung des Arbeitslosengeldes einschließlich der darauf entfallenen Sozialversicherungsbeiträge für bis zu zwei Jahre verpflichtet ist, das ein zuvor langjährig bei ihm beschäftigter älterer Arbeitnehmer für die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres vom Arbeitsamt erhält.
Achtung Gesetzesänderung
Die Erstattungspflicht von Arbeitslosengeld soll ab dem 1.1.2006 entfallen. Bis dahin besteht die Regelung des § 147a SGB III aber nicht nur weiter, sie wird in ihren Anforderungen für zwei Jahre sogar noch verschärft.
Wenn jetzt der Gesetzgeber sich entschlossen hat, die Regelung ersatzlos ab dem 1.1.2006 zu streichen, liegt dies an der umfangreichen Änderung des Leistungsrechts in der Arbeitslosenversicherung durch die Hartz-Reformen. Spätestens ab 2006 haben danach Arbeitslose nur noch einen verkürzten Anspruch von max. 18 Monaten auf die Zahlung von Arbeitslosengeld. Danach besteht lediglich nur noch ein Anspruch auf das neue Arbeitslosengeld II, welches an die Stelle der bisherigen Arbeitslosenhilfe bzw. Sozialhilfe getreten ist.
2 Der neue "verschärfte" Grundtatbestand des § 147 a SGB III
2.1 Auswirkungen der Neuregelung
Zunächst hat der für das Jahr 2006 avisierte Wegfall der Erstattungspflicht eine gegenteilige Bedeutung. Für die Zeit zwischen 1.1.2004 und 31.12.2005 wird die Erstattungspflicht strengeren Regelungen unterworfen. Dies wirkt sich wie folgt aus:
Relevantes Lebensalter wird um ein Jahr vorgezogen
Die Erstattungspflicht für das Arbeitslosengeld greift nach der Neuregelung grundsätzlich für Zeiten des Arbeitslosengeldempfangs, die nach Vollendung des 57. Lebensjahres des Arbeitslosen liegen. Nach der Rechtslage, die bis zum 31.12.2003 maßgebend war, galt noch das 58. Lebensjahr als maßgebliche Grenze.
Erstattungszeitraum wird verlängert
Der Zeitraum, über den eine mögliche Erstattung an die Bundesagentur für Arbeit zu leisten ist, umfasst nach der neuen Rechtslage 32 Monate. Nach der bisherigen Rechtslage war Arbeitslosengeld maximal für 24 Monate zurückzuerstatten.
Karenzzeit wird verkürzt
Eine Erstattungspflicht tritt dann nicht ein, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem 55. Lebensjahr des Arbeitslosen beendet worden ist. Auch hier ist eine Verschärfung eingetreten. Nach der bisherigen Rechtslage konnte die Erstattungspflicht auch dann noch vermieden werden, wenn das Arbeitsverhältnis ein Jahr später, also rechtzeitig vor dem 55. Geburtstag des Arbeitnehmers, beendet wurde.
Kurzbeschäftigung neu definiert
Nach bisherigem Recht galt, dass bei 57-jährigen Arbeitslosen eine Rückzahlung dann nicht in Betracht kam, wenn sie innerhalb der letzten 18 Jahre weniger als 15 Jahre beim selben Arbeitgeber beschäftigt waren. Im Zeitraum vom 1.1.2004 bis 31.12.2005 greift die Ausnahme von der Erstattungspflicht wegen "Kurzbeschäftigung" nur noch dann, wenn der Arbeitslose innerhalb der letzten 12 Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit weniger als 10 Jahre beim Arbeitgeber beschäftigt war.
Achtung Vertrauensschutz
Ist die Kündigung oder der Aufhebungsvertrag mit einem älteren Arbeitnehmer bis zum 26. September 2003 erfolgt, so gilt das verschärfte Rückerstattungsrecht für die nächsten 2 Jahre nicht. Hier genießen die Arbeitgeber einen Vertrauensschutz in die alte Rechtslage, da erst an diesem Tag aufgrund eines Kabinettsbeschlusses bekannt gemacht wurde, dass mit einer verschärften Erstattungspflicht für die nächsten zwei Jahre zu rechnen ist.
2.2 Schwer durchschaubare Ausnahmeregelungen
Sieht man von den beschriebenen Verschärfungsaspekten ab, so gilt aber auch für die "Restlaufzeit" der Rückerstattungsvorschrift:
Die Erstattungspflicht wird als Regelfall gesetzlich definiert, es bestehen aber zahlreiche Ausnahmetatbestände, bei deren Vorliegen die Erstattungspflicht ausnahmsweise nicht eintritt. Die wichtigsten Bereiche dabei sind:
2.2.1 Anspruch auf eine andere Sozialleistung
Dies kommt nicht selten vor: Der Arbeitnehmer geht zwar zunächst davon aus, seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld auszuschöpfen. Aufgrund gesundheitlicher Mängel kann oder könnte er aber stattdessen eine andere Lohnersatzleistung, insbesondere eine gesetzliche Rente in Anspruch nehmen. In diesem Fall entfällt eine Erstattungspflicht, da der Anspruch auf eine "sonstige" Sozialleistung nach § 142 Abs. 1 Nrn. 2 bis 4 SGB III das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bewirkt. Wichtig dabei ist: Es kommt auf...