Verwaltungsanordnungen (Erlasse, Verfügungen, Rundschreiben, Richtlinien und dgl.) des Arbeitgebers sind keine Rechtsnormen. Es handelt sich hierbei vielmehr um Weisungen einer vorgesetzten Behörde gegenüber nachgeordneten Behörden bzw. mit ihrem Vollzug beauftragten Bediensteten. Als einseitige Verwaltungsanordnungen kommt ihnen keine unmittelbare zivil- und arbeitsrechtliche Bedeutung zu (BAG, Urt. v. 10.04.1985 - 7 AZR 36/83) . Sie können deshalb weder den Inhalt des Arbeitsverhältnisses gestalten noch für sich allein privatrechtliche Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer begründen.
Für das einzelne Arbeitsverhältnis können sie deshalb nur durch einzelvertragliche Bezugnahme Bedeutung gewinnen. Hierbei kommt dem Inhalt der Erlassregelung maßgebende Bedeutung zu. Betrifft die Regelung einen Gegenstand, der zu den Nebenabreden gehört, bedarf die einzelvertragliche Einbeziehung zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Betrifft hingegen die Erlassregelung Hauptrechte oder Hauptpflichten des Arbeitsverhältnisses, so genügt die mündliche Einbeziehung ggf. auch die Einbeziehung durch konkludentes Handeln.
Neben der einzelvertraglichen Bezugnahme kann ein Arbeitgebererlass auch infolge betrieblicher Übung Wirkung erlangen (vgl. Betriebliche Übung). Allerdings wird nach ständiger Rechtsprechung im öffentlichen Dienst eine betriebliche Übung nur ausnahmsweise angenommen. Dies beruht darauf, dass ein Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst regelmäßig davon ausgehen muss, sein Arbeitgeber wolle nur die Leistungen gewähren, zu denen er rechtlich verpflichtet ist. Auch bei langjähriger Gewährung von Vergünstigungen darf er daher in der Regel nicht darauf vertrauen, dass diese Vergünstigungen auf unbestimmte Zeit weiter gewährt werden. Denn der öffentliche Arbeitgeber ist durch Anweisung vorgesetzter Dienststellen, Verwaltungsrichtlinien, Verordnungen und gesetzliche Regelungen gebunden. Im Zweifel gilt Normvollzug. Diese einschränkenden Grundsätze gelten jedoch nur innerhalb des öffentlichen Dienstes. Bei BAT-Anwendern außerhalb des Kernbereichs des öffentlichen Dienstes (z.B. Sparkassenverband und erst recht bei privaten BAT-Anwendern gelten die Grundsätze über eine betriebliche Übung uneingeschränkt.
Stellt allerdings der Regelungsbereich der betrieblichen Übung eine Nebenabrede (§ 4 Abs. 2 BAT) dar, kann der Arbeitnehmer Rechte hieraus nur bei Wahrung der Schriftform herleiten. Eine nur mündliche oder stillschweigende Vereinbarung genügt nicht (BAG, Urt. v. 09.12.1981 - 4 AZR 312/79; BAG, Urt. v. 09.07.1985 – 1 AZR 631/80). Dies gilt allerdings nicht außerhalb des öffentlichen Dienstes. § 4 Abs. 2 BAT will die Einheitlichkeit der Arbeitsbedingungen des öffentlichen Dienstes sichern und verhindern, dass irreguläre, vom Normensystem abweichende Absprachen einer dienstaufsichtlichen Überprüfung verborgen bleiben. Wenn es eine derartige Dienstaufsicht gar nicht gibt ( z.B. bei privaten BAT-Anwendern) oder derartige Maßnahmen im konkreten Fall nicht in Rede stehen, ist trotz Nichteinhaltung der Form die betriebliche Übung rechtswirksam (BAG, Urt. v. 16.07.1996 - 3 AZR 352/95, bezüglich einer Versorgungszusage eines Sparkassenverbandes). Die Berufung auf die Nicht-Einhaltung der Form stellt grundsätzlich keine unzulässige Rechtsausübung dar. Eine derartige unzulässige Rechtsausübung kann nur in seltenen Ausnahmefällen bejaht werden, wenn z.B. der Arbeitgeber durch sein Verhalten den Angestellten davon abgehalten hätte, eine den Formerfordernissen entsprechende Vereinbarung abzuschließen (BAG, Urt. v. 09.02.1972 - 4 AZR 149/71). Einen derartigen Ausnahmefall hat das BAG z.B. in dem Fall angenommen, dass die Bundespost 16 Jahre lang auf der Grundlage eines ministeriellen Erlasses und in der Form eines geordneten Verwaltungsverfahrens im Gesamtbereich der Deutschen Bundespost eine außertarifliche Trennungsentschädigung gezahlt hat und darauf in früheren Grundsatzprozessenentscheidend abgestellt wurde (BAG, Urt. v. 07.09.1982 - 3 AZR 5/80).
Ist eine Erlassregelung wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogen worden und sieht die Vereinbarung vor, dass auch künftige Änderungen oder Ergänzungen der Erlassregelung zwischen den Arbeitsvertragsparteien gelten sollen, so ist der Erlass in seiner jeweils gültigen Fassung maßgebend. Insoweit besteht ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers, das allerdings einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliegt (BAG, Urt. v. 11.02.1987 - 4 AZR 145/86).