Stefanie Hock, Stefan Seitz
1.4.1 Grundsatz
Die werktägliche Arbeitszeit beträgt 8 Stunden pro Tag. Damit ergibt sich unter Einbeziehung des Samstags als Werktag eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden. Die werktägliche Arbeitszeit muss nicht Tag für Tag eingehalten werden, sondern nur im Durchschnitt von 6 Monaten bzw. 24 Wochen (Ausgleichszeitraum). Unter dieser Bedingung ist es zulässig, die tägliche Arbeitszeit auf maximal 10 Stunden zu verlängern. Innerhalb des Ausgleichszeitraums beträgt die maximale zulässige Gesamtarbeitszeit 1.152 Stunden (24 Wochen × 8 Stunden am Tag × 6 Werktage). Die wöchentliche Obergrenze beträgt 60 Stunden, die tägliche 10. Urlaubs- und Krankentage werden mit je 8 Stunden gerechnet.
Der von § 3 gesetzte Rahmen ermöglicht insbesondere bei voller Ausschöpfung der möglichen Länge des Ausgleichszeitraums eine flexible Arbeitszeiteinteilung:
Variante 1: Zur Fertigstellung eines Auftrags mit Terminabsprachen arbeitet ein Arbeitnehmer von Montag bis Freitag je 10 Stunden und am Samstag 6 Stunden. Nach Erledigung des Auftrags arbeitet er 40 Stunden, sodass ein entsprechender Ausgleich unter Berücksichtigung der Anzahl der Wochen stattfinden kann.
Variante 2: Im Extremfall könnte auch eine Beschäftigung von Montag bis Samstag an 115 Werktagen à 10 Stunden und an einem Werktag à 2 Stunden erfolgen und die restlichen 28 Tage des Ausgleichszeitraums freigegeben werden.
Bei der Berechnung der Höchstarbeitszeit dürfen allerdings Urlaubstage – auch diejenigen, die über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehen – sowie gesetzliche Feiertage nicht als Ausgleichstage berücksichtigt werden.
Das europäische Arbeitszeitrecht sieht demgegenüber in der Richtlinie 2003/88/EG keinen generellen 8-Stunden-Arbeitstag oder überhaupt eine tägliche Höchstarbeitszeit vor. Vielmehr gilt nur eine Mindestruhezeit von 11 Stunden pro 24-Stunden-Zeitraum. Nur für Nachtarbeiter ist europarechtlich eine maximale Arbeitszeit von durchschnittlich 8 Stunden pro 24-Stunden-Zeitraum vorgeschrieben (Art. 8 I RL 2003/88/EG). Das bedeutet, dass europarechtlich keine Begrenzung der werktäglichen Arbeitszeit auf 8 bzw. 10 Stunden vorgesehen ist, sondern eben nur eine Mindestruhezeit von 11 zusammenhängenden Stunden für jeden Arbeitnehmer. Sonach könnten EU-rechtlich einschließlich der Pausen bis zu 13 Stunden pro 24-Stunden-Zeitraum gearbeitet werden. Durch die werktägliche Begrenzung nach § 3 ArbZG auf 8 bzw. 10 Stunden ist das aber nach deutschem Arbeitszeitrecht (noch) nicht möglich (nur bei gesondert geregelten abweichenden Bestimmungen in einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung, § 7 ArbZG).
Hinsichtlich der Höchstarbeitszeit bestimmt das europäische Arbeitszeitrecht, dass die durchschnittliche Arbeitszeit pro 7-Tage-Zeitraum 48 Stunden einschließlich der Überstunden (sowie der Bereitschaftsdienste und der Arbeitsbereitschaften bzw. Bereitschaftszeiten) nicht überschreiten darf (Art. 6 RL 2003/88/EG). Diese Grenze, wonach im Durchschnitt nur 48 Stunden in der Woche gearbeitet werden darf, wird durch § 3 ArbZG mittelbar vorgeschrieben (6 Werktage × 8 Arbeitsstunden = 48 Stunden). Damit stimmt das deutsche Arbeitszeitrecht zumindest im Ziel mit Art. 6 RL 2003/88/EG überein.
Bereitschaftsdienst ist reguläre Arbeitszeit i. S. v. § 3 ArbZG. Das ist die Folge aus den beiden eingangs erwähnten EuGH-Urteilen "SIMAP" und "Jaeger". Für Vollarbeit, Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereitschaft (Bereitschaftszeit im Geltungsbereich des TVöD) gilt EU-rechtlich eine Arbeitszeithöchstgrenze von 48 Stunden in einem 7-Tages-Zeitraum. Der EuGH bestätigt das in seiner aktuellen Arbeitszeit-Entscheidung vom 25.11.2010, C-429/09 ("Fuß") und geht gleichzeitig einen Schritt weiter: Liegt die Arbeitszeit bei Arbeitnehmern im öffentlichen Sektor in einem Zeitraum von 7 Tagen einschließlich Bereitschaftsdienst, Arbeitsbereitschaft und Überstunden im Schnitt über 48 Stunden, so kommt hierfür dem Grunde nach ein entsprechender Ersatzanspruch des Arbeitnehmers in Betracht. Damit hat der EuGH zu der bislang offenen Frage konkret Stellung genommen, ob Zusatzarbeit (Überstunden, Mehrarbeit, Bereitschaftsdienst) jenseits der 48-Stunden-Grenze in gleicher Weise zu vergüten ist, wie reguläre Arbeit. Der EuGH bejaht dies dem Grunde nach. Nicht entschieden wurde, ob der erforderliche Ausgleich durch Freizeit oder finanziell zu leisten ist. Das Unionsrecht enthält hierfür keine Regelung. Eine solche muss sich aus dem nationalen Recht ergeben. Es ist anzunehmen, dass im Geltungsbereich des TVöD zunächst Freizeit zu gewähren ist (vgl. § 43 TVöD BT-V). Ausnahmsweise ist ein finanzieller Ausgleich möglich. Das wird auch bestätigt durch mehrere aktuelle Urteile des Bundesverwaltungsgerichts. Danach können Beschäftigte (hier waren es Feuerwehrbeamte), die wöchentlich im Durchschnitt mehr als 48 Stunden arbeiten für die Dienst- bzw. Arbeitszeit, die über die Arbeitszeitgrenze von 48 Wochenstunden hinausgeht, einen vollen Fr...