Stefanie Hock, Stefan Seitz
Überstunden sind diejenigen Arbeitsstunden, für die der Arbeitgeber einen Zeitzuschlag zu zahlen verpflichtet ist, dessen Höhe in § 8 Abs. 1 Buchst. a TVöD geregelt ist. Demgegenüber sind Mehrarbeitsstunden, also diejenigen Stunden, die ein Teilzeitbeschäftigter über die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit hinaus bis zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten leistet, zuschlagsfrei. Ein Anspruch auf einen Überstundenzuschlag kann bei Teilzeitbeschäftigten erst dann entstehen, wenn die Mehrarbeitsstunden über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten hinaus geleistet werden.
Nicht jede über 39 Stunden pro Woche (bzw. 40 Stunden im Tarifgebiet Ost) hinausgehende Arbeitsstunde ist eine Überstunde. Es müssen vielmehr zunächst die Voraussetzungen des Grundbegriffs der Überstunde vorliegen. Selbst wenn dies der Fall ist, können die Arbeitszeitmodelle des TVöD, die tägliche Rahmenzeit und der wöchentliche Arbeitszeitkorridor, die Rechtsfolge der Überstunde und damit der Zuschlagspflichtigkeit ausschließen.
Der Grundbegriff der Überstunde ist in § 7 Abs. 7 TVöD geregelt:
Zitat
Überstunden sind die auf Anordnung des Arbeitgebers geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen und nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen werden.
Der Grundbegriff der Überstunde setzt demnach die folgenden 3 Merkmale voraus (Ziff. 2.3.1 bis 2.3.3):
2.3.1 Anordnung des Arbeitgebers
Das 1. Merkmal des Grundbegriffs der Überstunde ist die Anordnung des Arbeitgebers. Freiwillig geleistete Arbeitsstunden sind damit grundsätzlich keine Überstunden. Die Anordnung von Überstunden kann durch den Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach billigem Ermessen und unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften – insbesondere des Arbeitszeitgesetzes – erfolgen. Eine Einschränkung dahingehend, dass Überstunden nur in dringenden Fällen angeordnet werden dürfen und möglichst gleichmäßig auf die Arbeitnehmer zu verteilen sind, besteht im Geltungsbereich des TVöD nicht.
Neben einer ausdrücklichen Anordnung des Arbeitgebers kann allerdings die Anordnung einer Überstunde auch durch eine stillschweigende (konkludente) Vereinbarung zustande kommen.
Nach der Rechtsprechung muss der Arbeitnehmer im Prozess darlegen, ob die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet oder zur Erledigung der ihm obliegenden Arbeit notwendig oder vom Arbeitgeber gebilligt oder geduldet worden sind.
In einem neuen Urteil hat das BAG klargestellt, dass die bisherigen entwickelten Grundsätze zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast für die Leistung von Überstunden durch die auf Unionsrecht beruhende Pflicht zur Einführung eines Systems zur Messung der vom Arbeitnehmer geleisteten täglichen Arbeitszeit (s. oben unter Ziff. 1.2.1) nicht verändert wird.
Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht Hamm dieses Erfordernis dahingehend präzisiert, dass die Entstehung eines Überstundenvergütungsanspruchs auch im Fall einer konkludenten Anordnung eine rechtsgeschäftliche Überstundenabrede voraussetzt.
Insbesondere bei Gleitzeitmodellen (zu deren Zulässigkeit nach dem TVöD vgl. Ziff. 2.4.1) wird es regelmäßig an einer Überstundenabrede fehlen. Der Arbeitgeber kann hier davon ausgehen, dass zusätzlich geleistete Arbeitsstunden innerhalb des Gleitzeitrahmens vom Beschäftigten ausgeglichen werden. Besteht hierzu wegen eines erhöhten Arbeitsanfalls allerdings keine Möglichkeit und weist die/der Beschäftigte den Arbeitgeber hierauf hin, so deutet dies auf das Zustandekommen einer Überstundenabrede. Die Darlegungs- und Beweislast trägt in diesem Zusammenhang die/der Beschäftigte.
Auch das Landesarbeitsgericht Köln hat entschieden, dass es sich bei einem mit Billigung des Vorgesetzten angewachsenen Zeitguthaben nicht um angeordnete oder gebilligte Überstunden handelt und deshalb kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung einer Barabgeltung für ein Gleitzeitguthaben besteht.
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat entschieden, dass Arbeitnehmer im Regelfall rechtsmissbräuchlich handeln, wenn sie Gleitzeitguthaben in nicht unerheblicher Höhe ansammeln, ohne den geringsten Versuch zu unternehmen, bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses für einen Zeitausgleich zu sorgen.
In seiner Entscheidung vom 10.4.2013 fasst das BAG seine Grundsätze zur Geltendmachung und Erfüllung von Überstunden noch einmal konkret zusammen. Der Anspruch auf Vergütung von Überstunden setzt danach neben deren Leistung voraus, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen sind. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt der Arbeitnehmer. Für eine ausdrückliche Anordnung von Überstunden muss der Arbeitnehmer vortragen, wer wann auf welche Weise wie viele Überstunden angeordnet hat. Für eine konkludente Anordnung von Überstunden ...