Leitsatz (amtlich)
Auch nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes gibt es keinen über den tarifvertraglichen Vergütungsanspruch hinausgehenden zusätzlichen gesetzlichen Vergütungsanspruch für Bereitschaftszeiten im Rettungsdienst. Die tarifvertraglichen Vergütungsregelungen im TVöD-V zu Bereitschaftszeiten im Rettungsdienst sind auch nach Inkrafttreten des MiLoG weiterhin gesetzeskonform.
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert wird festgesetzt auf 1.855,95 EUR.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche aus dem Mindestlohngesetz.
Die Beklagte betreibt den S. im L. I. Der am 04.11.1978 geborene Kläger ist seit ca. 2001 bei der Beklagten bzw. diversen Rechtsvorgängern als Mitarbeiter im Rettungsdienst im Arbeitsverhältnis beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die tarifvertraglichen Regelungen des TVöD-V Anwendung. Der Kläger erhält ein Grundgehalt der Entgeltgruppe 5 Stufe 6 in Höhe von 2.680,31 EUR, zuzüglich Zulagen. Die tarifliche Wochenarbeitszeit gemäß TVöD beträgt grundsätzlich 39 Wochenstunden. Hinsichtlich Tätigkeiten im Rettungsdienst enthält der Abschnitt B des Anhangs zu § 9 TVöD-V jedoch folgende Sonderregelung:
„B. Bereitschaftszeiten im Rettungsdienst und in Leitstellen
(1) Für Beschäftigte im Rettungsdienst und in den Leitstellen, in deren Tätigkeit regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang Bereitschaftszeiten fallen, gelten folgende besondere Regelungen zu § 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD:
Die Summe aus den faktorisierten Bereitschaftszeiten und der Vollarbeitszeit darf die Arbeitszeit nach § 6 Abs. 1 nicht überschreiten. Die Summe aus Vollarbeits- und Bereitschaftszeiten darf durchschnittlich 48 Stunden wöchentlich nicht überschreiten. Bereitschaftszeiten sind die Zeiten, in denen sich die/der Beschäftigte am Arbeitsplatz oder einer anderen vom Arbeitgeber bestimmten Stelle zur Verfügung halten muss, um im Bedarfsfall die Arbeit selbstständig, ggf. auch auf Anordnung, aufzunehmen und in denen die Zeiten ohne Arbeitsleistung überwiegen. Bereitschaftszeiten werden zur Hälfte als tarifliche Arbeitszeit gewertet (faktorisiert). Bereitschaftszeiten werden innerhalb von Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit nicht gesondert ausgewiesen.
(2) Die zulässige tägliche Höchstarbeitszeit beträgt zwölf Stunden zuzüglich der gesetzlichen Pausen.
(3) Die allgemeinen Regelungen des TVöD zur Arbeitszeit bleiben im Übrigen unberührt.”
Für die Tätigkeit des Klägers fallen regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang Bereitschaftszeiten an.
Der Kläger vertritt die Auffassung, aus den tarifvertraglichen Regelungen ergebe sich, dass er lediglich eine Arbeitszeit von 39 Stunden bezahlt bekäme und die Bereitschaftszeiten darüber hinausgehend nicht gezahlt würden. Der Kläger ist der Ansicht, die tariflichen Regelungen des TVöD zur Vergütung von Bereitschaftszeiten seien seit dem 01.01.2015 auf Grund des Inkrafttretens des Mindestlohngesetzes unzulässig geworden. Er ist der Ansicht, ihm stünde nunmehr ein gesetzlicher Anspruch auf Zahlung einer zusätzlichen Vergütung von 8,50 EUR pro Stunde für die Bereitschaftszeiten zu. Er vertritt unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19.11.2014, 5 AZR 1101/12, die Ansicht, Bereitschaftszeiten seien wie (Voll-) Arbeitszeit zu vergüten.
Der Kläger hat am 04. Februar 2015 die vorliegende Klage erhoben, die er mit Schriftsatz vom 06.03.2015 (Blatt 32 der Gerichtsakte) erweitert hat und mit der er nunmehr zusätzliche gesetzliche Vergütungsansprüche auf Grundlage des Mindestlohngesetzes, die er mit 618,65 Euro pro Monat beziffert, für die Monate Januar und Februar 2015 geltend macht.
Der Kläger beantragt zuletzt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.237,30 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 618,65 EUR ab dem 01.02.2015 und aus weiteren 618,65 EUR brutto ab dem 01.03.2015 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die tarifvertraglichen Regelungen zur Bereitschaftszeit im Rettungsdienst auch nach Inkrafttreten des Mindestlohns für gesetzeskonform. Sie ist der Ansicht, dass die Tarifvertragsparteien zulässigerweise einen fixen Bruttomonatslohn vereinbart hätten, mit dem nach dem Willen der Tarifvertragsparteien sowohl die Vollarbeitszeit als auch eine zusätzliche Bereitschaftszeit abgegolten sein soll. Die Ausführungen des BAG in der Entscheidung vom 24.09.2008, 10 AZR 669/07, zur Zulässigkeit eines solchen tarifvertraglichen Arbeitszeitmodells seien auch nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes nicht überholt. Die Beklagte verweist darauf, dass im vorliegenden Fall des Klägers die hohe tarifvertragliche Grundvergütung selbst dann oberhalb des neuen gesetzlichen Mindestlohnes läge, wenn man die Bereitschaftszeit vollumfänglich wie (Voll-) Arbeitszeit vergütungsrechtlich bewerten würde.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes w...