Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Versicherungsbeiträgen, Ratenzahlungsverpflichtungen und Mietzahlung als besondere Ausgaben - Entscheidung über die PKH nach Instanzende
Leitsatz (redaktionell)
1. Versicherungsbeiträge können eine besondere Belastung im Sinne der § 115 Abs 1 Satz 3 ZPO, § 76 Abs 2 Nr 3 BSHG darstellen, soweit sie gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind. Dies gilt auch für Lebensversicherungsbeiträge, sofern die Versicherung nicht ausschließlich der Kapitalbildung dient. Im einzelnen gilt:
a. Werden Beiträge für mehrere gleichartige Versicherungen (Lebensversicherungen) bezahlt, stellen allenfalls die Beiträge zu einer Versicherung eine besondere Belastung dar; die weiteren Lebensversicherungen sind dann allein zur Kapitalbildung abgeschlossen.
b. Werden Beiträge für die Lebensversicherung eines Ehegatten, der über kein eigenes Einkommen verfügt, entrichtet, sind diese nicht als besondere Belastung anzuerkennen; die Versicherung dient auch hier allein der Kapitalbildung.
c. Beiträge zu einer angemessenen Krankenhaustagegeldversicherung sind auch für die Versicherung des nicht verdienenden Ehegatten abzugsfähig.
2. Ratenverpflichtungen, die im Rahmen der Angemessenheit im Verhältnis zum Einkommen und in Unkenntnis eines zu erwartenden Rechtsstreits eingegangen worden sind, können als besondere Belastung vom Einkommen abgesetzt werden.
3. Mietzahlungen stellen nur insoweit eine besondere Belastung dar, als sie 18% des Nettoeinkommens übersteigen.
4. Gestiegene Unterhaltskosten stellen auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß im Eckwert der Tabelle zu § 114 ZPO der doppelte Regelsatz für einen Haushaltsvorstand nach dem Sozialhilferecht eingerechnet ist, der zwischenzeitlich mehrfach erhöht wurde, ohne daß dies zu einer Anpassung der Tabellenbeiträge geführt hat, keine besondere Belastung dar (gegen BFH, JurBüro 90, 229).
5. Über einen PKH-Antrag kann nach Beendigung der Instanz jedenfalls dann noch entschieden werden, wenn der Antragsteller bereits einen vollständigen Antrag eingereicht hatte, aber vor der Entscheidung hierüber erklärt, er stehe mittlerweile wieder in einem Arbeitsverhältnis, könne aber noch keine genauen Angaben über sein zu erwartendes Nettoeinkommen machen. Es ist dann ausreichend, wenn die fehlenden Angaben zeitnah nach Instanzbeendigung nachgereicht werden.
Normenkette
ZPO §§ 114-115; BHG § 76 Abs. 2
Fundstellen
Haufe-Index 445778 |
JurBüro 1990, 1303-1306 (LT1-5) |