Verfahrensgang
LAG Köln (Aktenzeichen 5 SLa 166/24) |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Streitwert: 3.204,78 EUR.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger eine Entschädigung wegen einer aus seiner Sicht erfolgten Diskriminierung als als Schwerbehinderter zu zahlen.
Der am ….2006 geborene und aufgrund seiner Diabetes mellitus Typ 1 Erkrankung mit einem Grad von 50 % schwerbehinderte Kläger bewarb sich unter Hinweis auf seine Schwerbehinderung im Januar 2023 auf eine von der Beklagten ausgeschriebene Ausbildungsstelle als Straßenwärter. Unter dem 05.06.2023 erhielt er von der Beklagten eine Einstellungszusage, die vorbehaltlich einer noch durchzuführenden ärztlichen Untersuchung sowie eines unbedenklichen polizeilichen Führungszeugnisses erfolgte. Der Berufsausbildungsvertrag, für den laut Ausschreibung einen Beginn mit dem Start des Ausbildungsjahres zum 01.08.2023 vorgesehen war, sollte ausweislich des erwähnten Schreibens abgeschlossen werden, sobald das Ergebnis der Einstellungsuntersuchung sowie das Führungszeugnis vorliegen. Im ersten Jahr der Ausbildung hätte der Kläger hier 1.068,26 EUR monatlich verdient. Die Einstellungsuntersuchung wurde am 25.07.2023 bei dem von der Beklagten angegebenen Arzt für Arbeitsmedizin durchgeführt. Hier legte der Kläger Selbstmessungsergebnisse seines Zuckerspiegels im Blut der letzten Wochen vor. Der Arzt kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger nicht für die vorgesehene Ausbildungsstelle geeignet sei. Daraufhin nahm die Beklagte mit Schreiben vom 27.07.2023 ihre Einstellungszusage zurück, da die Untersuchungsergebnisse ergeben hätten, dass ein nicht unerhebliches Risiko potentiell vital bedrohlicher Zwischenfälle bestehe, weshalb die gesundheitliche Eignung nicht bescheinigt werden könne. Die den Kläger behandelnden Ärzte sehen hingegen seine Eignung als gegeben an. Mit Schreiben vom 14.08.2023 wandte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers daher gegen die Rücknahme der Einstellungszusage und bat um Bestätigung, dass der Ausbildungsvertrag mit dem 01.08.2023 zustande gekommen sei, sowie um Übersendung des schriftlichen Ausbildungsvertragsexemplars. Die Beklagte kam dieser Aufforderung nicht nach, sondern verwies unter Hinweis auf eine Schweigepflichtentbindungserklärung vom 31.08.2023, auf eine detailliertere Auskunft des Arztes, in der es ausweislich eines Schreibens der Beklagten vom 01.09.2023 heißt:
„Sehr geehrter Herr M,
gerne gebe ich Auskunft bezüglich Ihrer Anfrage.
Natürlich unterstütze ich die von ihnen aufgeführte Rechtsauffassung hinsichtlich der Thematik „Diabetes und Arbeit'. In aktueller Angelegenheit ist der Kontext jedoch differenzierter zu betrachten.
Beweggrund für meine abschließende Einschätzung, in der ich Herrn Bo im Rahmen der Einstellungsuntersuchung für den Beruf als Straßenwärter als ungeeignet sehe, stellten sich für mich wie folgt dar:
Es wurde ein Medikamentenplan, ein Empfehlungsschreiben der A-Klinik, sowie Blutzucker-Selbstmessungsergebnisse vorgelegt.
Aus dem Schreiben der Klinikkollegen ging lediglich hervor, dass sie Herrn Bo für fähig und mündig halten, eine Kraftfahrerlaubnis zu erwerben. Er sei in der Lage Unterzuckerungen frühzeitig zu erkennen und wäre geschult im Umgang seiner Diabeteserkrankung.
Langzeitblutzuckerwerte (HbATc), welche den Glucosestoffwechsel über einen Zeitraum von ca. 2-3 Monaten reflektieren, oder andere Untersuchungsbefunde wurden dabei nicht aufgeführt.
Die Ergebnisse der jeweiligen Eigenmessungen zeigten stattdessen Werte (in der Regel 200-400 mg/dl), welche eine alles andere als gute und vor allem stabile medikamentöse Einstellung des bekannten Diabetes mellitus Typ I aufwiesen.
Gemäß den Vorgaben der berufsgenossenschaftlichen Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen (G25 Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten, sowie G41 Arbeiten mit Absturzgefahr) wurden meinerseits gegenüber dem Arbeitgeber dauernde gesundheitliche Bedenken geäußert, da im Rahmen der Tätigkeit als Straßenwärter von einer erhöhten gesundheitlichen Gefährdung Ihres Mandanten, aufgrund der Befundkonstellation bei der Einstellungsuntersuchung auszugehen ist.
Die generelle Problematik ergibt sich in diesem Fall weniger aufgrund potentieller Hypoglykämien (Unterzuckerungen), denn viel mehr aus der Gefahr von Hyperglykämien (Überzuckerungen), welche mit konsekutiven, vitalbedrohlichen Ketoazidosen einhergehen können.
Der Arbeitgeber, wie auch der beauftragte Arbeitsmediziner sind bekanntermaßen verantwortlich für die Arbeitssicherheit und die Vermeidung gesundheitlicher Schäden der Mitarbeiter in Hinblick auf ihren Tätigkeitsbereich. Aufgrund der in diesem Fall vorliegenden Ausgangssituation und der tätigkeitsbezogenen Gefährdungsbeurteilung, bei einer darüber hinaus minderjährigen Person, wäre jede andere Einschätzung, als grob fahrlässig zu bewerten!”
Seit August 2023 ist der Kläger im Besitz eines Glucose-Sensor-Messsystems, das dauerhaft s...