Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfall des Zeugnisanspruchs
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses fällt nicht unter die Ausschlußfrist des § 13 Nr 2 Manteltarifvertrag für Angestellte im Groß- und Außenhandel vom 25. Juli 1986.
2. Die Formulierung des Zeugnisses ist Sache des Arbeitgebers. Die Wahl bestimmter Ausdrücke kann der Arbeitnehmer nicht vorschreiben. Weder Wortwahl noch Satzstellung noch Auslassungen dürfen jedoch dazu führen, daß bei Dritten der Wahrheit nicht entsprechende Vorstellungen erweckt werden. Wird in einem Zeugnis formuliert, daß der Arbeitnehmer sich "bemüht" habe, die vorgegebenen Aufgaben mit Verantwortungsbewußtsein, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit zu lösen, so heißt dies im Klartext, daß seine Leistungen mangelhaft waren.
3. Daß der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für seine Reisetätigkeit einen firmeneigenen Pkw überlassen hat, gehört nicht in das Zeugnis. Es ist nicht zu erkennen, warum es für einen künftigen Arbeitgeber von Bedeutung sein könnte, ob der Arbeitnehmer die Verkaufsberatertour mit eigenem Pkw oder mit einem Firmenfahrzeug abgefahren ist.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Berichtigung eines Zeugnisses.
Die Beklagte ist ein Großhandelsunternehmen. Bei ihr war der Kläger vom 01.01.1987 bis 30.04.1988 als Außendienstmitarbeiter beschäftigt.
In dem schriftlichen Anstellungsvertrag vom 10.11.1986 war unter anderem folgendes vereinbart:
§ 12 (Anwendung tarifvertraglicher gesetzlicher Bestimmungen)
In Ergänzung der vorstehenden Vertragsvereinbarungen gelten insbesondere hinsichtlich des Urlaubs, des Urlaubsgeldes, der vermögenswirksamen Leistungen, der Leistung von Überstunden, der Fälligkeit und des Erlöschens von Ansprüchen aus dem Anstellungsverhältnis die Bestimmungen des jeweils gültigen Manteltarifvertrages, des Gehaltsrahmenabkommens, des Gehalts- und Urlaubsgeldabkommens sowie des Tarifvertrages über vermögenswirksame Leistungen im Groß- und Außenhandel des Arbeitgeberverbandes des Groß- und Außenhandels in ¼ Ist einer der Tarifverträge z.Z. des Abschlusses des Anstellungsvertrages abgelaufen, so finden bis zum Inkrafttreten eines neuen Tarifvertrages die Bestimmungen des beendeten Tarifvertrages Anwendung. Im übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen, etwaige Betriebsvereinbarungen und Arbeitsordnungen.
Unter dem 29.04.1988 erteilte die Beklagte dem Kläger nachfolgendes Zeugnis:
Z e u g n i s
Herr A. P., geboren am 01. Februar 1962 in Bremen, wohnhaft in 5912 H.-D., M.-Str. 22, stand vom 01. Januar 1987 bis zum 30. April 1988 in unseren Diensten.
Wir beauftragten Herrn P. nach einer Einarbeitungszeit mit den vielschichtigen Aufgaben eines Verkaufsberaters, einen festen Kundenstamm in einem von uns vorgegebenen, regelmäßigen Turnus aufzusuchen und zu betreuen. So war er als Berater und Förderer eines umfangreichen Lebensmittel-, Frische- und Non-food-Sortiments in einer Weise tätig, die den neuzeitlichen Ansprüchen und Vorstellungen entsprechen.
Herr P. war bemüht, die vorgegebenen Aufgaben mit Verantwortungsbewußtsein, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit zu lösen, so daß ihm das Vertrauen der Anschlußkunden so sicher war wie das unsrige.
Durch den Einsatz modernster mobiler Datentechnik bei Warenbestellaufnahmen hat er den ihm anvertrauten Kunden zur Seite gestanden und sie beraten.
Über Ehrlichkeit, Fleiß und ein einwandfreies Betragen im Verhältnis zu Kunden, Kollegen und Vorgesetzten wissen wir nur Gutes zu sagen.
Für seine Reisetätigkeit überließen wir Herrn P. einen firmeneigenen PKW.
Herr P. verläßt unser Unternehmen auf eigenen Wunsch zum 30. April 1988.
Wir wünschen ihm für die Zukunft im Beruflichen sowie im Privaten alles Gute.
Mit Schreiben vom 02.05.1988 teilte der Kläger der Beklagten folgendes mit:
Beiliegend erhalten Sie das mir ausgehändigte Zeugnis zurück, da einige Abschnitte im Wortlaut nicht meinen Vorstellungen und Arbeitsleistungen entsprechen.
Wie Sie in unserem gemeinsamen letzten Gespräch mir gegenüber erwähnten, waren Sie mit meinen erbrachten Leistungen stets voll zufrieden. Jedoch kann ich diese getroffene Aussage von Ihnen nicht deutlich aus dem Zeugnis herauslesen.
Weiterhin ist über Arbeitsinteresse, die Einsatzbereitschaft, die Kontaktfähigkeit sowie die Selbständigkeit in diesem Zeugnis nichts erwähnt.
Ich möchte Sie daher höflichst bitten, das Zeugnis entsprechend der von mir vorgefertigten Fassung neu auszustellen.
Für Ihre Bemühungen bedanke ich mich im voraus recht herzlich.
Die Beklagte antwortete ihm mit Schreiben vom 06.05.1988 wie folgt:
Wir bestätigen den Eingang Ihres Schreibens vom 02. Mai 1988. Das von uns erstellte Zeugnis entspricht dem tatsächlichen Leistungs- und Führungsbild während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses.
Wir sehen keine Möglichkeit, ein anderes Zeugnis zu erstellen.
Mit seiner bei Gericht am 06.02.1989 eingegangenen Klage begehrt der Kläger Zeugnisberichtigung. Er rügt die Bewertung seiner Leistung. Er trägt vor, daß in dem von der Beklagten ausgeste...