3.1 Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation
Rz. 4
Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation sind solche Maßnahmen, welche zur Abwendung einer Krankheit oder zur Förderung der Heilung im Anschluss an eine Krankheit durchgeführt werden. I. S. d. Sprachgebrauchs sind dies Kuren (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung). Der Anwendungsbereich von § 10 BUrlG ist jedoch nur dann eröffnet, wenn es sich bei der fraglichen Maßnahme um eine solche nach § 9 EFZG handelt. § 9 EFZG privilegiert nur solche Maßnahmen, welche ein öffentlich-rechtlicher Sozialleistungsträger vor Beginn bewilligt hat. Das Verbot der Anrechnung setzt weiter voraus, dass die Behandlung in einer Einrichtung der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation i. S. d. § 107 Abs. 2 SGB V erfolgt, sodass bei Einrichtungen, die nur der ambulanten Versorgung dienen, die Vorschrift nicht greift. Nicht erforderlich ist aber, dass der gesetzlich Versicherte in der entsprechenden Einrichtung untergebracht oder verpflegt wird.
Zahlreiche Erholungskuren, deren medizinische Wirksamkeit umstritten ist, lösen das Anrechnungsverbot des § 10 BUrlG deshalb nicht aus.
Rz. 5
Fehlt es an den entsprechenden Voraussetzungen (etwa weil der Arbeitnehmer eine nicht den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 EFZG unterfallende "Badekur" durchführen möchte), ist § 10 BUrlG nicht anzuwenden. Dem Arbeitnehmer bleibt dann nur die Möglichkeit, hierfür Urlaub beim Arbeitgeber zu beantragen, wobei der Urlaub dann noch vom Arbeitgeber bewilligt werden muss.
Rz. 6
Dem Wortlaut der Norm entsprechend ist auch eine nachträglich durch den Sozialleistungsträger bewilligte Maßnahme nicht geeignet, die Rechtsfolgen des § 10 BUrlG auszulösen. Zwingend erforderlich ist daher die Bewilligung vor Beginn der Durchführung der Maßnahme.
Rz. 7
Ist der Arbeitnehmer weder in der gesetzlichen Krankenversicherung noch in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert, ist der Anwendungsbereich gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 EFZG dann eröffnet, wenn ein durch den Arbeitnehmer frei wählbarer approbierter Arzt die Maßnahme verordnet. Ob die Maßnahme durch einen privaten Versicherungsträger oder etwa durch den Arbeitnehmer selbst finanziert wird, ist insoweit nicht von Bedeutung. Die Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation kann dann auch nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EZFG in einer den Einrichtungen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation "vergleichbaren Einrichtung" stattfinden.
3.2 Anspruch auf Entgeltfortzahlung
Rz. 8
Liegt eine privilegierte Maßnahme nach § 9 EFZG vor, gelten die Bestimmungen der §§ 3–4a und 6–8 EFZG (Vorschriften über die Entgeltfortzahlung) entsprechend. Voraussetzung eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung wegen Durchführung der Maßnahme ist gem. § 3 EFZG insbesondere, dass die Notwendigkeit der Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme unverschuldet herbeigeführt worden ist und die alleinige Ursache darstellt, weshalb der Arbeitnehmer nicht seiner Arbeitspflicht nachkommen kann. Nicht Voraussetzung des § 10 BUrlG ist es jedoch, dass der Arbeitnehmer Entgeltfortzahlung auch tatsächlich erhält. Denn häufig erhält der Arbeitnehmer deshalb keine Entgeltfortzahlung, weil der 6-Wochen-Zeitraum des § 1 Abs. 1 EFZG bereits abgelaufen ist. Es kommt in diesen Fällen nur darauf an, ob die Voraussetzungen des § 9 EFZG dem Grunde nach vorliegen.