LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 20.12.2018, 17 Sa 11/18
Ein Arbeitnehmer hat gegenüber seinem Arbeitgeber einen erweiterten Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 Hs. 2 DSGVO sowie einen Anspruch auf Herausgabe einer Kopie der Daten nach Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO über seine beim Arbeitgeber verarbeitete personenbezogenen Daten. Die Anforderungen für den Arbeitgeber, ein Geheimhaltungsinteresse nachzuweisen und insoweit den Anspruch abzulehnen, sind hierbei sehr hoch.
Sachverhalt
Im vorliegenden Verfahren streiten die Parteien über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung. Im Berufungsverfahren machte der Kläger zudem einen Auskunftsanspruch hinsichtlich der von der Beklagten über ihn verarbeiteten und nicht in der Personalakte gespeicherten Leistungs- und Verhaltensdaten geltend. Er verlangte eine Kopie dieser Daten nach Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO.
Die Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Nach Auffassung des LAG steht dem Kläger der begehrte Anspruch aus Art. 15 DSGVO zu. Das Gericht begründete dies damit, dass die Beklagte personenbezogene Daten über den Kläger verarbeitete – was sich vorliegend schon aus der Vielzahl in dem Rechtsstreit vorgelegten E-Mails ergab, die der Kläger im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses geschrieben, gesendet und empfangen hatte –, weshalb dieser sowohl die erweiterte Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 Hs. 2 DSGVO als auch einen Anspruch auf Herausgabe einer Kopie der Daten nach Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO habe.
Die geltend gemachten Ansprüche waren auch nicht durch berechtigte Interessen Dritter beschränkt. Zwar bestehe, so das LAG, nach § 34 Abs. 1 i.V.m § 29 Abs. 1 Satz 2 BDSG das Recht auf Auskunft nicht, soweit hierdurch Informationen offenbart würden, die nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen. Auch wird das Recht auf Erhalt einer Kopie durch Rechte und Freiheiten anderer Personen beschränkt. Allerdings führe das Vorliegen eines Geheimhaltungsgrundes nicht zwangsläufig dazu, dass der Arbeitgeber zu Recht die geforderte Auskunft verweigern könne, sondern nur "soweit" durch die Auskunft Informationen offenbart würden, die geheim gehalten werden müssen. Somit sei hier eine Güterabwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse und dem Auskunftsinteresse geboten, d. h. es müsse in jedem Einzelfall das konkrete Interesse des Arbeitnehmers an der Auskunftserteilung ermittelt und gegen das betriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Auskunftsversagung bzw. den berechtigten Interessen Dritter abgewogen werden.
Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte jedoch nur pauschal auf das Schutzbedürfnis von Hinweisgebern verwiesen. Diese Erwägungen waren nach Auffassung des Gerichts jedoch zu allgemein gehalten und konnten somit den Auskunftsanspruch nicht gänzlich oder in einem bestimmten Umfang einschränken. Es hätte hierzu der Nennung eines konkreten Sachverhalts bedurft, anhand dessen geprüft werden könne, ob durch die Auskunftserteilung tatsächlich die Rechte und Freiheiten anderer Personen beschränkt werden würden.