Bernhard Steuerer, Stefan Seitz
§ 158 SGB III zielt darauf ab, einen Doppelbezug von Arbeitslosengeld einerseits und Entlassungsentschädigungen, wie z. B. Abfindungen, andererseits zu vermeiden, wenn das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet worden ist. Der Gesetzgeber vermutet in diesen Fällen unwiderlegbar, dass ein Teil der Abfindung immer auch eine verdeckte Entgeltzahlung für die vorgezogene Beendigung des Arbeitsverhältnisses enthält. Insoweit erleidet der Arbeitslose durch die erhaltene Entlassungsentschädigung gar keinen Verdienstausfall, so dass er das Arbeitslosengeld als Lohnersatzleistung nicht benötigt.
Durch das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wird der Beginn der Zahlung des Arbeitslosengelds hinausgeschoben. Die Anspruchsdauer wird hierdurch nicht gekürzt.
Die Ruhenswirkung nach § 158 SGB III kann gleichzeitig durch andere Ruhenstatbestände (z. B. Sperrzeit) überlagert werden! (Vgl. Punkt 2.4 Sperrzeit nach § 159 SGB III; § 159 SGB III.) Sofern neben dem Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld gem. § 158 SGB III auch der Eintritt einer Sperrzeit festgestellt wird, vermindert sich die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen der Sperrzeit.
Die in § 158 SGB III enthaltenen Regelungen gelten u. a. auch für das Arbeitslosengeld II und Teilarbeitslosengeld (§ 162 Abs. 2 SGB III).
2.3.1 Voraussetzungen
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
- Der Arbeitnehmer muss wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Entlassungsentschädigung erhalten oder zu beanspruchen haben.
- Das Arbeitsverhältnis ist ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers beendet worden. Bei unkündbaren oder nur mit Entlassungsentschädigungen kündbaren Arbeitnehmern treten an die Stelle der ordentlichen Kündigungsfrist die in § 158 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB III und § 158 Abs. 1 Satz 4 SGB III genannten fiktiven Kündigungsfristen.
Eine Entlassungsentschädigung führt auch dann zu einem Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, wenn sie dem Arbeitnehmer nicht am Ende des Arbeitsverhältnisses, sondern ganz oder teilweise später ausgezahlt wird. Die Leistung wird also z. B. auch dann berücksichtigt, wenn sie in Teilbeträgen (z. B. in Monatsraten) bezahlt wird.
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen Zahlung einer Entlassungsentschädigung ruht aber nicht, wenn das Arbeitsverhältnis mit einer Frist beendet wurde, die der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entspricht. Er ruht außerdem nicht, wenn das Arbeitsverhältnis von vornherein befristet war und durch Ablauf der Frist endet oder wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen konnte.
2.3.1.1 Begriff der Entlassungsentschädigung
Entlassungsentschädigungen sind nach § 158 Abs. 1 SGB III alle Abfindungen, Entschädigungen oder ähnliche Leistungen, die ein Arbeitnehmer wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhält oder zu beanspruchen hat.
Zu den Entlassungsentschädigungen zählen:
- Abfindungen, die im Rahmen eines Sozialplans vereinbart werden oder die aufgrund eines arbeitsgerichtlichen Urteils (§ 9, § 10 KSchG) oder eines Prozessvergleichs gewährt werden.
- Abfindungsähnliche Leistungen, beispielsweise Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers nach § 628 Abs. 2 BGB wegen vertragswidriger Kündigung des Arbeitgebers. In diesen Fällen wird in Form des Schadensersatzes für entgangenen Lohn bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist eine Leistung gewährt, die anstelle des Arbeitsentgelts tritt und in gleicher Weise wie eine Abfindung Lohnersatzfunktion hat.
Die Entlassungsentschädigung unterscheidet sich vom Arbeitsentgelt dadurch, dass sie nicht als Gegenleistung für eine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbracht wird. Sie ist zeitlich nicht dem beendeten Beschäftigungsverhältnis zuzuordnen und unterliegt nicht als Arbeitsentgelt der Beitragspflicht zur Sozialversicherung. Anders verhält es sich mit der Zahlungsvereinbarung vom rückständigen Arbeitsentgelt in Form einer Abfindung in Auflösungsverträgen. Diese Abrede ist für das Sozialversicherungsrecht nach § 32 SGB I unwirksam, die "Scheinabfindung" ist in Höhe der eigentlichen Entgeltansprüche beitragspflichtig (vgl. Punkt 2.2.1 Arbeitsentgelt – Scheinabfindung).
Für den Ruhenstatbestand ist es ohne Bedeutung, wann die Entlassungsentschädigung fällig wird, ob sie als Einmalbetrag oder in Raten gezahlt wird oder ihrer Höhe nach noch unbestimmt ist. Voraussetzung ist aber, dass sie wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt wird. Zwischen der Beendigung der Vertragsbeziehung und dem Anspruch auf Entlassungsentschädigung muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen.
Keine Entlassungsentschädigungen sind:
- Arbeitgeberleistungen, für die der Arbeitnehmer im Laufe des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch erworben hat. Hierzu gehören: rückständiger Arbeitslohn, bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses aufgelaufenes anteiliges Weihnachtsgeld, Tantiemen und Gewinnausschüttungen, Jubiläumsgelder, Urlaubsabgeltungen (vgl. Abgeltung von Urlaubansprüchen).
- Leistungen, die zu...