Für die Fälle des Eintritts der Arbeitslosigkeit ab dem 1. April 1999 hat der Gesetzgeber durch § 147a SGB III wiederum eine mögliche Erstattungspflicht des Arbeitgebers bei der Entlassung älterer Arbeitnehmer eingeführt. § 147a SGB III wurde aufgrund umfangreicher Änderungen des Leistungsrechts in der Arbeitslosenversicherung durch die Hartz-Reformen neu gefasst. Nachdem spätestens ab 1.1.2006 Arbeitslose nur noch einen verkürzten Anspruch auf max. 18 Monaten auf die Zahlung von Arbeitslosengeld haben werden, soll ab diesem Zeitpunkt die Erstattungspflicht nach § 147a SGB III entfallen. Bis dahin besteht die Regelung des § 147a SGB III aber nicht nur weiter, sie wird in ihren Anforderungen für zwei Jahre sogar noch verschärft (vgl. Arbeitslosengeld, Erstattungspflicht).
3.5.1 Voraussetzungen der Erstattungspflicht
Ab 1.1.2004 gilt nach § 147a SGB III Folgendes:
- Bislang erstreckte sich die Erstattungspflicht auf die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres des Arbeitslosen und bestand längstens für 24 Monate. Nunmehr besteht die Erstattungspflicht bereits ab Vollendung des 57. Lebensjahres des Arbeitslosen und längstens für 32 Monate.
- Bislang war der Arbeitgeber von der Erstattungspflicht befreit, wenn das Arbeitsverhältnis vor Vollendung des 56. Lebensjahres des Arbeitslosen beendet worden ist und die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen vorgelegen haben. Nunmehr tritt die Erstattungspflicht nur dann nicht ein, wenn das Arbeitsverhältnis bereits vor Vollendung des 55. Lebensjahres des Arbeitslosen beendet worden ist.
- Die in § 147a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III geregelten Vorbeschäftigungszeiten, die nach dem Alter des Arbeitslosen differenzieren, werden vereinheitlicht. Nunmehr tritt die Erstattungspflicht nicht ein, wenn der Arbeitgeber vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 124 Abs. 1 SGB III die Rahmenfrist bestimmt wird, weniger als 10 Jahre zu ihm in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat.
- In dem Befreiungstatbestand nach § 147a Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SGB III, der auf den Anteil der Arbeitnehmer abstellt, die das 56. Lebensjahr vollendet haben, wird nunmehr auf den Anteil derjenigen Arbeitnehmer abgestellt, die das 55. Lebensjahr vollendet haben.
Hintergrund der Verschärfung ist die durch die Hartz-Reformen geregelte Kürzung des Arbeitslosengeldes. Es soll verhindert werden, dass Arbeitsverhältnisse mit älteren Arbeitnehmern noch vor dem Wirksamwerden der Verkürzung der Dauer des Anspruchs auf das Arbeitslosengeld beendet werden, um diese noch in den Genuss einer längeren Bezugsdauer gelangen zu lassen. Die Höchstdauer des Arbeitslosengeldes greift erst ab dem 1.2.2006. Im Gegenzug soll ab 1.1.2006 die Rückerstattungspflicht für das Arbeitslosengeld ersatzlos gestrichen werden.
3.5.2 Ausnahmen von der Erstattungspflicht
§ 147a SGB III enthält folgende Ausnahmetatbeständen zur Erstattungspflicht:
- die Möglichkeit eines anderweitigen Sozialleistungsbezugs wie z. B. die Möglichkeit einer – gegebenenfalls wegen einer vorzeitigen Renteninanspruchnahme geminderten – Altersrente
- Kleinunternehmensklausel
- Eigenkündigung des Arbeitnehmers ohne Gewährung einer Abfindung
- sozial gerechtfertigte Kündigung durch den Arbeitgeber
- Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung
Bedeutsam ist diese Ausnahmeregelung insbesondere bei einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Angesichts des erheblichen Prozessrisikos – nicht erst seit der Rechtsprechung zum leidensgerechten Arbeitsplatz – einer tarifvertraglich möglichen personenbedingten Kündigung nach § 55 Abs. 1 BAT empfiehlt es sich zu versuchen, einen Auflösungsvertrag zu schließen. In diesen Fällen sollten grundsätzlich zuerst seitens des Arbeitnehmers ärztliche Atteste und Stellungnahmen, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses nahe legen, beschafft werden.
Eine der wichtigsten Ausnahmen bei der Erstattungspflicht stellen Entlassungen dar, die nach der gesetzlichen Definition des § 147a Abs. 1 Satz 2 Nrn. 6 und 7 SGB III ein bestimmtes definiertes Maß überschreiten müssen. Die Voraussetzungen sind allerdings so komplex, dass davon abzuraten ist, ohne vorherige Abstimmung mit der Agentur für Arbeit derartige Personalreduzierungen in der Hoffnung, eine richtige Tatbestandsalternative greifen zu lassen, durchzuführen. Die Arbeitsverwaltung ist zur Beratung verpflichtet. Insbesondere sollte geklärt werden, ob ein i. S. des § 147a SGB III erheblicher Personalabbau, kurzfristiger drastischer Personalabbau oder eine unzumutbare Belastung des Arbeitgebers vorliegt. Nach § 147a Abs. 6 Satz 2 SGB III ist die Agentur für Arbeit verpflichtet, verbindlich darüber zu entscheiden, ob eine Erstattungspflicht nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 oder 7 nicht eintritt.
Im Fall der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses eines über 55 Jahre alten Mitarbeiters prüfen Sie stets eine etwaige Erstattungspflicht nach § 147a SGB III, auch wenn der Vorschlag der Beendigung vom Arbeitnehmer kommt. Die Regelung enthält eine Reihe von Ausnahmen, die Ihnen vielleicht helfen können. Sie haben nach § 147a Abs. 6 SGB III einen Anspruch auf Beratung durch di...