Bei fehlender Tarifbindung des Erwerbers werden die Rechtsnormen des bisherigen Tarifvertrages Inhalt der Arbeitsverhältnisse zwischen Erwerber und übernommenen Arbeitnehmern und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres zum Nachteil der Arbeitnehmer geändert werden, § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB.
3.5.1 Tarifgebundene Arbeitnehmer
Die Weitergeltung des Tarifvertrages setzt voraus, dass beim alten Arbeitgeber eine normative Tarifbindung bestanden hat, d. h. der alte Arbeitgeber im Arbeitgeberverband und der Arbeitnehmer in der Gewerkschaft waren.
Nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB gilt der alte Tarifvertrag für die bisher tarifgebundenen Arbeitnehmer nicht normativ weiter, sondern lediglich individualrechtlich, d. h. der Tarifvertrag wird schuldrechtlicher Bestandteil des Arbeitsvertrages mit der übernehmenden Einrichtung.
Dies gilt auch, wenn im abgebenden Betrieb ein "Firmentarifvertrag" Anwendung fand. Der Erwerber wird nicht "Partei" des Firmentarifvertrages.
Zudem gilt der Tarifvertrag lediglich weiter mit dem zur Zeit des Betriebsübergangs bestehenden Inhalt, sog. statische Weitergeltung. Ein Recht auf Teilhabe der betroffenen Arbeitnehmer an einer künftigen Weiterentwicklung der Normen – etwa einer Tariflohnerhöhung – wird hierdurch nicht begründet.
Wird in Arbeitsverträgen von tarifgebundenen Arbeitnehmern zusätzlich auf die jeweils gültige Fassung eines Tarifvertrages Bezug genommen, so hat dies nach der Rechtsprechung des BAG keine eigenständige Bedeutung. Es wird in diesen Fällen nur das bestätigt, was tarifvertraglich ohnehin schon gilt. Demnach bleibt es bei der statischen Weitergeltung.
Nach Ablauf der Jahresfrist bleiben die tarifvertraglichen Regelungen weiterhin Inhalt des individuellen Arbeitsvertrages, aber eingefroren auf den Stand des Übernahmezeitpunktes.
Der tarifvertragliche Rahmen, etwa bezüglich der Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit, des Urlaubsanspruchs, der Mehrarbeitszuschläge, der Kündigungsfristen usw., gilt damit auch über das eine Jahr hinaus weiter. Die Regelungen können in der Folge jedoch durch einverständliche Vertragsänderung oder Änderungskündigung umgestaltet oder abgeändert werden, auch zum Nachteil des Arbeitnehmers.
3.5.2 Nicht tarifgebundene Arbeitnehmer
Für Arbeitnehmer, die nicht Gewerkschaftsmitglied sind, galt bereits beim Betriebsveräußerer der Tarifvertrag nur schuldrechtlich, durch Bezugnahme im Arbeitsvertrag. Für diese Arbeitnehmer wirkt die einjährige Veränderungssperre nach § 613a Abs. 1 Satz 2 bis 4 BGB nicht.
Die einzelvertragliche Vereinbarung des Tarifvertrages entwickelt jedoch eine eigenständige Wirkung. Die vertragliche Verpflichtung des alten Arbeitgebers geht nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf den neuen Arbeitgeber über.
Regelmäßig wird in Arbeitsverträgen – um die nicht tarifgebundenen den tarifgebundenen Arbeitnehmern gleichzustellen – "auf die jeweils gültige Fassung des Tarifvertrages" verwiesen (sog. dynamische Verweisung).
Insbesondere in den Arbeitsverträgen des öffentlichen Dienstes und der BAT-Anwender wird verwiesen auf die "jeweils gültige Fassung des BAT".
Wird allgemein auf die Geltung des BAT verwiesen, ohne eine bestimmte Fassung zu bezeichnen, so ist daraus zu folgern, es sei eine dynamische Verweisung beabsichtigt.
Nach dem Wortlaut des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB müsste der Betriebserwerber den Tarifvertrag auch nach dem Betriebsübergang unter Zugrundelegung aller Änderungen, vor allem der regelmäßigen jährlichen Tariferhöhungen, anwenden – und zwar ohne die für die Gewerkschaftsmitglieder gültige Jahresbeschränkung.
In einem aktuellen Urteil hat das BAG eine solche Besserstellung der Nichtorganisierten jedoch abgelehnt.
Arbeitnehmer, die nicht Gewerkschaftsmitglied sind, können nach einem Betriebsübergang keine höheren Löhne beanspruchen als ihre organisierten Kollegen!
Ist der Betriebserwerber nicht selbst Mitglied im Arbeitgeberverband, so ist er nicht normativ an den Tarifvertrag gebunden. Der Tarifvertrag des abgebenden Betriebes gilt im Verhältnis zu den übernommenen Gewerkschaftsmitgliedern nur weiter mit dem Stand zum Zeitpunkt der Betriebsübernahme. Muss der Erwerber gegenüber den Gewerkschaftsmitgliedern künftige Änderungen des bisherigen Tarifvertrages nicht mehr beachten, so kann auch ein nichtorganisierter Arbeitnehmer keine weitergehenden Ansprüche geltend machen, wenn lediglich eine Gleichstellungsabrede vereinbart war.
Dieser Entscheidung ist zuzustimmen. Es wäre kaum zu begründen, dass Arbeitnehmer, die durch einen Tarifvertrag gerade besonders geschützt werden wollen und deshalb der Gewerkschaft beitreten, allein aufgrund ihrer Tarifgebundenheit schlechter stehen sollen als die nicht organisierten Arbeitnehmer.
Der Betriebsveräußerer vereinbart – für jeden Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar – die Bezugnahme auf den Tarifvertr...