5.1 Einführung
Probleme im Zusammenhang mit der Zusatzversorgung sind nicht nur anlässlich einer Auslagerung/Privatisierung bedeutsam, sie sind häufig deren Hauptmotiv, häufig aber auch deren Haupt-Hindernis. Bei Unternehmens(anteils-)-käufen haben die Verhältnisse in Bezug auf die Zusatzversorgung im Allgemeinen (tarifvertragliche Fragen) und in Bezug auf die konkrete Kassen-Beteiligung/Mitgliedschaft (Fragen der konkreten Finanzierung der Zusatzversorgung) entscheidenden Einfluss auf die Kaufpreisfindung. Die beiden Fragen werden allerdings bisweilen miteinander vermischt.
Die Reform der Zusatzversorgung im Jahr 2001 hat in der Praxis weitgehend Anerkennung gefunden. Die Leistungen, die nach den Tarifverträgen ATV/ATV-K an die Arbeitnehmer ausgekehrt werden – vereinfacht ausgedrückt: 4 % des Bruttoeinkommens sowie der Ertrag hieraus – erscheinen den Arbeitgebern i. d. R. angemessen und im Hinblick auf "Konkurrenztarifverträge" (gerade noch) vertretbar. Für die Arbeitnehmer sind die Leistungen des ATV/ATV-K in aller Regel auch nach der Reform noch wesentlich besser, als dies bei Betriebsrenten der Tarifverträge der Wirtschaft der Fall ist, soweit dort eine betriebliche Altersvorsorge überhaupt vorgesehen ist. Die durch die Reform der Zusatzversorgung 2001 abgelöste sog. Gesamtversorgung auf dem Niveau von 91,75 % des Nettoeinkommens erscheint schon heute, nur drei Jahre nach der Reform, als Relikt der 70-er Jahre, als man meinte, auf alle Zeiten sowohl von einem erheblichem Wachstum der Vergütungen/Löhne als auch der Anzahl der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst ausgehen zu können. Aus heutiger Sicht waren diese Annahmen nicht seriös und mitursächlich für die Vertrauenskrise um die Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes.
Trotz Anerkennung der Reform der Zusatzversorgung verbleibt anhaltend die in den letzten Jahren gleichsam explosionsartig gestiegene Höhe der finanziellen Belastung der Arbeitgeber. Beispielsweise bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) hat sich der Umlagesatz von 3 v.H. im Jahr 1967 auf heute 6,45 v.H. zuzüglich durchschnittlich 2 v.H. sog. Sanierungsgelder entwickelt. Zusätzlich hat der Arbeitgeber die auf ihn entfallende Umlage bis zu einem Betrag von 92,03 EUR pauschal zu versteuern, solange die Pauschalversteuerung rechtlich möglich ist. Schließlich ist er auch noch mit den Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung auf die vom Arbeitnehmer zu versteuernde Eigenbeteiligung belastet.
Die Arbeitnehmer tragen bei einigen Zusatzversorgungseinrichtungen (ZVE) zusätzlich eine Eigenbeteiligung, z. B. von 1,41 % aus versteuertem Einkommen bei der VBL. Bei einem Teil der Zusatzversorgungskassen (ZVK) gibt es keine Eigenbeteiligung der Arbeitnehmer. Maßgebend ist Ziff. 4.1 Satz 3 des Altersvorsorgeplans 2001 (AVP), also die jeweilige Regelung der Eigenbeteiligung in den einzelnen Kassen zum Stichtag 1.11.2001.
Was liegt bei dieser finanziellen Gesamtbelastung näher als die Prüfung, ob nicht die gleichen Leistungen für die Arbeitnehmer durch Auslagerungen/Privatisierungen preisgünstiger finanziert werden könnten?
Eine besondere Dynamik hat die Entwicklung von Ausgründungen bei Arbeitgebern bekommen, die bei der VBL beteiligt sind. Dies hängt in erster Linie mit der dortigen besonders hohen finanziellen Belastung der Arbeitgeber zusammen. Bei der Abwicklung einer Ausgründung bei der VBL einerseits (hierzu Ausgründungen bei der VBL) und bei einer ZVK andererseits (hierzu Ausgründungen im Bereich einer Zusatzversorgungskasse (ZVK)) bestehen zudem einige weitere Unterschiede. Deswegen werden beide Bereiche getrennt dargestellt.
Wichtig sind im Hinblick auf die Haftung von Bürgermeistern, Landräten, Geschäftsführern und sonstigen Verantwortlichen bestimmte Grenzen, die bei einer Ausgründung zu beachten sind (hierzu Umgehung der Wesentlichkeitsgrenze? – Haftungsrisiken für Bürgermeister, Landräte, Geschäftsführer etc). Werden diese Grenzen überschritten, ist dies mit erheblichen – auch persönlichen – finanziellen Risiken verbunden.
5.2 Ausgründungen bei der VBL
5.2.1 Zentrale Bedeutung der Vorschrift des § 22 Abs. 3 der Satzung der VBL ("Wesentlichkeitsgrenze")
§ 22 Abs. 3 der Satzung der VBL (VBLS) regelt den Fall der Ausgliederung/Privatisierung, bei der eine gewisse Anzahl der Arbeitnehmer des Beteiligten auf einen Arbeitgeber übertragen werden, der seinerseits nicht bei der VBL beteiligt ist. Dieser Fall ist in der Praxis nicht selten, da häufig aus Kostengründen eine Fortsetzung des mit der VBL bestehenden Gruppenversicherungsvertrages ...