Dr. Cornelia Feldmann, Dr. Dieter Bremecker
6.2.1 Die rechtlichen Folgen eines Betriebsübergangs
Nach der Rechtsprechung des BAG ist zu unterscheiden in die unmittelbar aus dem Betriebsübergang sich ergebenden Rechtsfolgen sowie die mittelbaren Folgen.
- Unmittelbare Rechtsfolgen
Das BAG fasst hierunter sämtliche in § 613 a Abs. 1 bis 4 BGB unmittelbar geregelten Folgen, auch abhebend auf die Begründung zum Gesetz. Die unmittelbaren rechtlichen Folgen betreffen
- den Eintritt des Betriebserwerbers in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis,
- die Gesamtschuldnerschaft von Veräußerer und Erwerber und
- die anteilige Haftung sowie
- die kündigungsrechtliche Situation,
- das Recht zum Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses.
Die Unterrichtung des Arbeitnehmers erfasst auch
- die Anwendbarkeit tariflicher Normen und
- die Frage, inwieweit bisher geltende Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durch beim Erwerber geltende Kollektivvereinbarungen abgelöst werden.
Eine detaillierte Bezeichnung einzelner Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen sei nicht nötig, da der Arbeitnehmer sich nach einer Grundinformation selbst näher erkundigen könne. Notwendig sei aber ein Hinweis darauf, ob die Normen kollektivrechtlich oder individualrechtlich fortwirkten.
Insbesondere die Auslegung einer individualvertraglichen Bezugnahmeklausel auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung des BAG gestaltet die Informationspflicht über die Wirkung z. B. des BAT/TVöD äußerst schwierig und wird manchen Arbeitgeber überfordern.
So muss hinsichtlich der statischen bzw. dynamischen Geltung des Tarifvertrags unterschieden werden zwischen Arbeitsverträgen, die vor dem 1.1.2002 geschlossen wurden, und Arbeitsverträgen, die ab diesem Zeitpunkt vereinbart wurden. Unter Ziffern 5.4 und 5.5 dieses Beitrags ist die komplexe Rechtslage detailliert geschildert. Es ist jedoch eine Herausforderung für den Arbeitgeber, diese Rechtslage für die betroffenen Arbeitnehmer verständlich darzustellen.
Das BAG hat aber betont, dass eine Information zumindest dann nicht fehlerhaft sei, wenn der Arbeitgeber bei angemessener Prüfung der Rechtslage, die gegebenenfalls Einholung von Rechtsrat über die höchstrichterliche Rechtsprechung beinhalte, rechtlich vertretbare Positionen schildere.
Als mittelbare rechtliche Folgen des Betriebsübergangs betrachtet das BAG eine nach der Ausübung des Widerspruchsrechts vom abgebenden Arbeitgeber drohende Kündigung und damit u. U. verbundene Abfindungsansprüche (Sozialplan), dies sei im Fall eines Widerspruchs für die Willensbildung des Arbeitnehmers von erheblicher Bedeutung.
6.2.2 Die sozialen Folgen eines Betriebsübergangs
Die sozialen Folgen eines Betriebsübergangs sind mögliche Änderungen der kündigungsschutzrechtlichen Grundlagen, z. B. der Wechsel in einen Kleinbetrieb, der nicht unter das Kündigungsschutzgesetz fällt.
Es bietet sich weiter an, als Auslegungshilfe die betriebsverfassungsrechtliche Mitbestimmung zu "sozialen Angelegenheiten" (Personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung zu "sonstigen Angelegenheiten") heranzuziehen: z. B. eine Neugestaltung
- der Arbeitszeit,
- der Urlaubsgrundsätze oder
- der Lohngestaltung,
die darauf beruhen mag, dass beim Erwerber ein abweichender Tarifvertrag Anwendung findet.
Auf der Grundlage dieses Begriffsverständnisses wäre auch zu informieren über den Wegfall oder den Gewinn von Sozialeinrichtungen beim Betriebserwerber, wie etwa Kantinen und Kindergärten.
6.2.3 Die wirtschaftlichen Folgen eines Betriebsübergangs
Gerade die Informationen über wirtschaftliche Folgen können für die vom Betriebsübergang Betroffenen von großem Interesse sein. Streitig ist diesbezüglich vor allem die Frage, ob Angaben zur Solvenz oder finanziellen Ausstattung des Erwerbers aufgenommen werden müssen.
- Teilweise wird eine Informationspflicht über die wirtschaftliche Lage des Erwerbers abgelehnt, da diese weder eine Folge des Betriebsübergangs sei noch zu den hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen zähle (§ 613 a V Nr. 4 BGB).
- Nach anderer Ansicht ist eine Information über die wirtschaftliche Lage des Erwerbers zumindest – und auch erst – dann erforderlich, wenn ein Insolvenzverfahren eingeleitet worden und damit die Realisierbarkeit der auf den Erwerber übergehenden Verpflichtungen bereits im Zeitpunkt der Unterrichtung konkret gefährdet ist. Nur in diesem Fall komme der Wirtschaftslage des Erwerbers aktuelle Relevanz für die Widerspruchsentscheidung im Unterrichtungszeitpunkt zu. Dieser Auffassung ist auch das LAG Düsseldorf in einer Entscheidung vom 6.10.2005 gefolgt.
- Nach anderer Ansicht ist weitergehend eine Informat...