Zusammenfassung
Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA) erweitert den Spielraum der tarifgebundenen Arbeitgeber, flexibel auf die Auswirkungen der Corona-Krise zu reagieren. Zum einen durch Verlängerung der Verfallfristen des Urlaubs und zum anderen durch die Möglichkeit einer bezahlten Freistellung zur häuslichen Kinderbetreuung.
Beachten Sie: Beide Möglichkeiten müssen allerdings vom jeweiligen kommunalen Arbeitgeberverband für seine Mitglieder freigeschaltet werden.
Hintergrund dieser Maßnahmen ist die Schließung von Betreuungseinrichtungen (z. B. Schulen und Kindertagesstätten) in sämtlichen Bundesländern als Reaktion auf die fortschreitende Ausbreitung des Corona-Virus. Hieraus ergeben sich erhebliche Probleme für die Beschäftigten, deren Kinder nunmehr zu Hause zu betreuen sind.
1 Bezahlte Freistellung zur häuslichen Kinderbetreuung
Als Lösungsmöglichkeit bietet sich hier an
- nach Möglichkeit Arbeit im Home-Office
- Abbau von Mehrarbeits-/Überstunden
- Urlaubsgewährung auf Antrag.
Im Übrigen besteht kein Anspruch auf Freistellung unter Fortzahlung des Entgelts. Dies beruht auf dem Grundsatz "Ohne Arbeit keinen Lohn" (§§ 326 Abs. 1 BGB, 275 BGB). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz enthält § 616 BGB, wonach in Ausnahmefällen ein Anspruch auf bezahlte Freistellung wohl bis zu fünf Tagen besteht. Dieser Grundsatz ist durch § 29 Abs. 1 TVöD tariflich abbedungen. Daher haben die Beschäftigten bei Geltung des TVöD keinen tariflichen Anspruch auf bezahlte Freistellung.
Lediglich unter Anwendung des § 29 Abs. 3 TVöD könnte der Arbeitgeber im Einzelfall im Rahmen seines freien Ermessens das Entgelt für eine Dauer von bis zu drei Arbeitstagen fortzahlen. Ein Anspruch der Beschäftigten hierauf besteht jedoch nicht.
Hier nun knüpft die neue außertarifliche freiwillige Maßnahme an.
Nunmehr besteht die Möglichkeit, Beschäftigten unter Beachtung der Aufrechterhaltung der Daseinsvorsorge und den nachfolgend genannten Voraussetzungen zum Zweck der Kinderbetreuung über den Wortlaut von § 29 Abs. 3 Satz 1 TVöD hinaus Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts nach § 21 TVöD zu gewähren:
- Tatsächliche Schließung einer Gemeinschaftseinrichtung (z. B. Kindertagesstätte, Schule) zur Eindämmung der Ausbreitung des Corona-Virus.
- Die von der Schließung betroffenen Kinder sind unter 12 Jahre alt.
- Eine alternative Betreuung des Kindes bzw. der Kinder kann ohne eine Arbeitsbefreiung der/des Beschäftigten nicht sichergestellt werden.
- Es stehen der Gewährung keine dienstlichen Gründe entgegen.
Vorrangig ist allerdings zu prüfen,
- ob die Möglichkeit der Telearbeit bzw. des mobilen Arbeitens besteht,
- ob die Möglichkeit besteht, bestehende positive Salden von Arbeitszeitkonten – insbesondere aufgrund von Gleitzeitguthaben, Überstunden bzw. Mehrarbeit zu nutzen,
- ob bestehende Urlaubsansprüche aus den Vorjahren bestehen.
Soweit solche Möglichkeiten bestehen, sollten diese vordringlich genutzt werden.
Auch ist es möglich, diese außertarifliche Leistung erst nach Einbringung eines angemessenen Anteils des Jahresurlaubs 2020 zu gewähren.
Tipp
Es empfiehlt sich mit Blick auf die ständig fortschreitenden Entwicklungen, von der bezahlten Befreiungsmöglichkeit nur für überschaubare Zeiten – z. B. jeweils für Wochenzeiträume – Gebrauch zu machen.
Entsprechendes gilt für die Geltungsbereiche
- des Tarifvertrags Versorgungsbetriebe (TV-V),
- des Tarifvertrags für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern (TV-Ärzte/VKA),
- des jeweiligen Bezirkstarifvertrags für kommunale Nahverkehrsbetriebe und
- des jeweiligen Bezirkstarifvertrags für die kommunalen Beschäftigten in der Waldarbeit.
Verhältnis dieser übertariflichen Leistung zur neu geschaffenen gesetzlichen Entschädigungsleistung nach § 56 Abs. 1a ISFG
Durch das im Eilverfahren verabschiedete und am 27. März 2020 im Bundesgesetzblatt verkündete "Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite" (BGBl. I, Seite 587) ist für Verdienstausfälle von Beschäftigten in der Zeit zwischen dem 30. März 2020 und dem 31. Dezember 2020 ein weiterer Tatbestand für eine Entschädigung wegen Verdienstausfall aufgrund Kinderbetreuung in einem neuen § 56 Abs. 1a IfSG hinzugetreten.
Die Entschädigungsregelung setzt voraus, dass Beschäftigte wegen der erforderlichen Kinderbetreuung einen Verdienstausfall erleiden, das heißt, sie müssen tatsächlich von einem Verdienstausfall betroffen sein. Werden sie von der Arbeit übertariflich bezahlt freigestellt, auch wenn sie darauf keinen Rechtsanspruch haben, ist die tatbestandliche Voraussetzung nicht erfüllt. In diesen Fällen steht dem Arbeitgeber keine (auch keine anteilige) Erstattung der geleisteten Entgeltfortzahlung zu. Anders dürfte es sich verhalten, wenn der Arbeitgeber lediglich Entschädigungsleistungen gemäß § 56 Abs. 1a IfSG auszahlt und darauf aus sozialen Gründen einen Zuschuss (vergleichbar mit einem Zuschuss zum Kurzarbeitergeld) gewährt.
2 Verlängerung der Verfallfrist von Urlaub
Viele Beschäftigte sind derzeit darauf angewiesen, Betreuungstage u. a. über Urlaubstage abzubilden. Hierzu haben sie die Möglichkeit, Resturlaubstage aus dem Jahr...