Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung zukünftiger Befristungen im Prozeßvergleich. Stundenzahl von Musiklehrern
Normenkette
BGB §§ 620, 779
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 06.12.1989; Aktenzeichen 7 Sa 708/89) |
ArbG Köln (Urteil vom 03.05.1989; Aktenzeichen 9 Ca 600/89) |
Tenor
Die Kosten der ersten und der zweiten Instanz tragen die Klägerin zu 1/5 und die Beklagte zu 4/5.
Die Kosten der Revisionsinstanz trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Die Parteien haben über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsvertrages und über den zeitlichen Umfang der Unterrichtsverpflichtung der Klägerin gestritten.
Die am 6. Oktober 1948 geborene Klägerin war bei der Jugendmusikschule der beklagten Stadt seit März 1972 als teilzeitbeschäftigte Klavierlehrerin auf der Grundlage von jeweils auf ein Jahr befristeten Arbeitsverträgen angestellt. Die Jugendmusikschule der Beklagten verfügt über zwei hauptamtliche Lehrkräfte und weitere 43 nebenamtliche und in befristeten Arbeitsverhältnissen tätige Musiklehrer/lehrerinnen.
Ein im Jahre 1981 u.a. auch von der Klägerin geführter Rechtsstreit gegen eine von der Beklagten beabsichtigte Herabsetzung des Stundensatzes und gegen die damalige Befristung des Arbeitsvertrages wurde am 12. Mai 1982 mit folgendem gerichtlichen Vergleich beendet:
„Die beklagte Stadt W. verpflichtet sich im Falle der 25 verbliebenen Kläger für die Zukunft, deren Besitzstand zu wahren. Hierzu gehört, daß keine Entgeltminderung bei gleicher Stundenzahl – bezogen auf die gezahlten Honorare des Jahres 1981 – eintreten darf. Die Stundenzahl wird nicht festgeschrieben.
Bei Anerkennung der Zulässigkeit der Befristung erklärt sich die Stadt W. bereit, allen Klägern dieses Verfahrens jeweils neue Arbeitsverträge anzubieten, soweit für ihren Einsatz ein Bedarf besteht, d.h., bei Abschluß eines neuen Vertrages genießen die Kläger dieses Verfahrens Vorrang gegenüber Mitbewerbern. Bei gleicher Qualifikation ist in jedem Fall ein Kläger dieses Verfahrens vorrangig zu behandeln.
Wird einem der Kläger in der Zukunft ein Angebot auf Abschluß eines neuen Vertrages nicht unterbreitet, trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß eine Fortsetzung des Vertrages unter Berücksichtigung dieses Vergleichs nicht möglich war.
- Im übrigen erkennen die Kläger die Zulässigkeit der Befristung der Arbeitsverträge an.
- …”
In dem für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1988 zwischen den Parteien befristet abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 4. Dezember 1987 war für die zu erteilenden Unterrichtsstunden ein voraussichtlicher Bedarf von 14 Wochenstunden zugrunde gelegt worden. Tatsächlich wurde die Klägerin ab September 1988 mit 14,5 Wochenstunden beschäftigt. Da seit dem 1. Januar 1988 der Geltungsbereich des BAT für Musiklehrer von bisher ab 15 Wochenstunden auf nunmehr ab 13,5 Wochenstunden zu je 45 Minuten neu testgelegt worden war, stellte die Klägerin bei der Beklagten den Antrag auf „Übernahme in den BAT”. Diesem Antrag entsprach die Beklagte für das Jahr 1988 und gewährte der Klägerin einschließlich der tarifvertraglichen Sonderzuwendungen eine Nachzahlung von 5.324,84 DM brutto.
Für das Jahr 1989 bot die Beklagte der Klägerin den Abschluß eines wiederum auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages, diesmal mit einem voraussichtlichen Bedarf von zwölf Wochenstunden, an. Die Klägerin nahm dieses Angebot unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der „gerichtlichen Klärung zur Feststellung der BAT-Ansprüche” an. Die Klägerin wurde im Jahr 1989 durchgehend mit 13 Wochenstunden beschäftigt.
Mit ihrer am 23. Januar 1989 eingereichten Klage hat sich die Klägerin auf die Unwirksamkeit der Befristungen berufen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Befristungen seien ungeachtet des Prozeßvergleichs vom 12. Mai 1982 mangels eines sachlichen Grundes unwirksam. Seit nunmehr 17 Jahren schließe die Beklagte mit ihr nur Jahresverträge ab, mit denen sie insbesondere das Kündigungsschutzgesetz umgehe. Von den befristet beschäftigten Musiklehrern würden Daueraufgaben der Beklagten wahrgenommen; es bestehe ein regelmäßiger Bedarf an Musiklehrern. Erst wenn aufgrund einer klaren Prognose der Wegfall der Arbeitsstelle für den Zeitpunkt des Vertragsablaufes zu erwarten sei, könne ein sachlicher Grund für eine Befristung vorliegen. Die Ungewißheit über die Fortdauer der Beschäftigungsmöglichkeit oder der Finanzierungsmittel gehöre zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers. Mangels sachlichen Befristungsgrundes stehe sie daher in einem unbefristeten Teilzeitarbeitsverhältnis, und zwar mit 14,5 Stunden die Woche. Die Beklagte sei keinesfalls berechtigt gewesen, in den Folgearbeitsverhältnissen die Wochenstundenzahl von 14,5 auf 12 Stunden zu verkürzen. Die Verkürzung sei sittenwidrig, weil die Beklagte damit einzig und allein den Zweck verfolge, die Geltung des BAT und seiner Zusatztarifverträge auszuschließen. Sachliche Gründe für diese Verkürzung gebe es nicht.
Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz zuletzt beantragt,
- festzustellen, daß die Befristung des Beschäftigungsverhältnisses bis zum 31. Dezember 1988 und 31. Dezember 1989 rechtsunwirksam ist und zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Dauer besteht;
- die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin über den 31. Dezember 1989 hinaus unverändert mit 14,5 Wochenstunden zu beschäftigen;
- hilfsweise festzustellen, daß eine Arbeitszeit von 14,5 Wochenstunden Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Befristungen seien bereits aufgrund des Prozeßvergleichs der Parteien vom 12. Mai 1982 rechtswirksam, da die Klägerin die Zulässigkeit ausdrücklich anerkannt habe. Im übrigen habe für die Befristungen ein sachlicher Grund bestanden. Die Jugendmusikschule als reine Angebotsschule habe einen ständig wechselnden Unterrichtsbedarf, der nicht einmal für das folgende Schuljahr absehbar sei. Mit den jeweils für ein Schuljahr befristet abgeschlossenen Verträgen werde diesen Schwankungen Rechnung getragen. Außerdem gebiete es die Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der kommunalen Haushaltswirtschaft, die Zahl der Lehrkräfte nur für das jeweils laufende Schuljahr festzulegen. Auf die Fortgeltung der im Vertrag für das Jahr 1988 erreichten Wochenstundenzahl habe die Klägerin keinen Anspruch. Die Wochenstundenzahl sei von den An- und Abmeldungen der Schüler abhängig und ändere sich sogar im laufenden Schuljahr. Schließlich entspreche die Festlegung der Wochenstundenzahl auf zwölf auch dem Prozeßvergleich vom 12. Mai 1982, wonach die Stundenzahl nicht festgeschrieben werde.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, die Klägerin über den 31. Dezember 1988 hinaus befristet bis zum 31. Dezember 1989 mit 14 Wochenstunden zu beschäftigen, und im übrigen die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht unter Abweisung der Klage im übrigen festgestellt, daß zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe und die vertragliche Arbeitszeit 14 Wochenstunden betrage. Die Kosten des Rechtsstreits hat das Landesarbeitsgericht der Beklagten zu 4/5 und der Klägerin zu 1/5 auferlegt.
Gegen dieses Urteil hat die beklagte Stadt die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision mit dem Antrag eingelegt, das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Nachdem die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis mit der beklagten Stadt zum 31. Oktober 1990 gekündigt hatte und zu diesem Zeitpunkt aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und verhandeln mit gegensätzlichen Kostenanträgen.
Entscheidungsgründe
B. Gemäß § 91 a ZPO hat der Senat über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluß zu entscheiden. Im Entscheidungsfall entspricht es billigem Ermessen, es für die erste und zweite Instanz bei der Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts zu belassen und die Kosten der Revisionsinstanz der Beklagten aufzuerlegen. Denn das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich jedenfalls im Ergebnis als richtig, so daß die Revision der Beklagten zurückzuweisen gewesen wäre.
I. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Landesarbeitsgericht zu Recht das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses festgestellt.
1. Die Klägerin hat den Arbeitsvertrag für das Jahr 1989 unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der „gerichtlichen Klärung zur Festlegung der BAT-Ansprüche” angenommen. Damit hat die Klägerin hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, daß der neue Vertrag fortan für ihre Rechtsbeziehungen zur Beklagten nur dann allein maßgebend sein solle, wenn sie nicht bereits aufgrund des Vertrages vom 4. Dezember 1987 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten steht. Diesen Vorbehalt hat die Beklagte dadurch stillschweigend akzeptiert, daß sie die Klägerin trotz des Vorbehalts weiterbeschäftigte. Nach Maßgabe der ständigen Senatsrechtsprechung (BAGE 57, 13, 16 = AP Nr. 8 zu § 119 BGB, zu I 1 der Gründe) ist damit die Befristung des Vertrages vom 4. Dezember 1987 auf ihre Rechtswirksamkeit hin zu überprüfen.
2. Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, daß die vereinbarte Befristung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist.
a) Die Würdigung des Berufungsgerichts, ob ein sachlicher Befristungsgrund vorliegt, unterliegt in der Revisionsinstanz nur einer eingeschränkten Nachprüfung. Bei dem Begriff der sachlichen Rechtfertigung einer Befristung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der vom Revisionsgericht nur beschränkt überprüft werden kann. Eine nachprüfbare Rechtsverletzung liegt insoweit nur vor, wenn der Rechtsbegriff selbst verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände bei der Bewertung übersehen worden sind (ständige Rechtsprechung, svgl. z.B. Senatsurteil vom 21. Januar 1907 – 7 AZR 265/85 – AP Nr. 4 zu § 620 BGB Hochschule, zu II 1 der Gründe).
b) Ein derartiger Rechtsfehler des Berufungsgerichts ist weder von der Revision aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich. Das Landesarbeitsgericht hat seiner Würdigung zutreffend die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Frage der Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge zugrunde gelegt (BAG – Großer Senat – Beschluß vom 12. Oktober 1960 – GS 1/59 – AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAGE 41, 110 = AP Nr. 72 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAGE 51, 319 = AP Nr. 103 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Danach ist im Grundsatz die Vereinbarung befristeter Arbeitsverhältnisse unter dem Gesichtspunkt der Vertragsfreiheit und gem. § 620 BGB zulässig. Ein schutzwertes Interesse für eine solche Vertragsgestaltung entfällt nur dann, wenn die Befristung nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Die Befristung ist unzulässig, wenn sie als rechtliche Gestaltungsmöglichkeit objektiv funktionswidrig verwendet wird. Dies ist dann anzunehmen, wenn der durch die Kündigungsschutzbestimmungen gewährleistete Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses vereitelt wird und dafür kein sachlicher Grund vorliegt. Die befristeten Verträge müssen ihre sachliche Rechtfertigung so in sich tragen, daß sie die Kündigungsschutzvorschriften nicht beeinträchtigen. Als sachlicher Grund kommen dabei solche arbeitsrechtlich relevanten Gründe in Betracht, die im Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrages vorliegen (BAGE 36, 229 = AP Nr. 61 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend angenommen, daß diese vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätze auch auf Teilzeitarbeitsverhältnisse der hier vorliegenden Art Anwendung finden (BAGE 37, 305, 313 = AP Nr. 65 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu B I 2 der Gründe; BAGE 56, 241, 248 = AP Nr. 5 zu § 620 BGB Hochschule, zu II 2 der Gründe).
c) Die Revision wendet sich nicht gegen die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, im Entscheidungsfall bestehe ein die Befristung rechtfertigender sachlicher Grund nicht darin, daß der Bedarf an Musiklehrern wegen der nicht vorhersehbaren Nachfrage auf Dauer nicht prognostiziert werden könne. Diese Würdigung entspricht überdies der Rechtsprechung des Senats. So hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 16. Oktober 1987 (BAGE 56, 241 = AP Nr. 5 zu § 620 BGB Hochschule) ausgeführt, daß ein nicht oder nur schwer voraussehbarer quantitativer Bedarf an bestimmten Arbeitskräften für sich allein keinen sachlichen Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrages darstellt. Sowohl im öffentlichen Dienst als auch in der privaten Wirtschaft gibt es zahlreiche Arbeitsplätze, die in ihrem Fortbestand von nicht oder nur schwer voraussehbaren Umständen (z.B. Auftragseingang, Wettbewerbssituation, Umfang der Inanspruchnahme von privaten oder von öffentlichen Dienstleistungen) abhängig sind. Derartige externe Faktoren gehören zu den typischen Beschäftigungsrisiken des Arbeitgebers, weil sie sich letztlich aus der jeweiligen arbeitstechnischen Zwecksetzung des Betriebes oder der jeweiligen Aufgabenstellung einer Verwaltung ergeben. Soweit derartige externe Faktoren zu einem Personalüberhang führen, ist der Arbeitgeber berechtigt, das Arbeitsverhältnis der betreffenden Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG ordentlich zu kündigen. Dabei muß er das Erfordernis einer sozialen Auswahl beachten, sofern nicht der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG eingreift. Der Abschluß von Zeitverträgen führt in den Fällen der hier vorliegenden Art zu einer objektiven Umgehung der für die betriebsbedingte Kündigung geltenden Vorschriften (§ 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG). Dies gilt insbesondere, wenn es sich wie hier um die Wahrnehmung von Dienstleistungen mit Dauercharakter handelt. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausführt, wird es, solange die Musikschule betrieben wird, einen Bedarf an Lehrkräften für das Fach Klavier geben.
Zwar darf nicht verkannt werden, daß bei der geübten Vertragspraxis die beklagte Stadt leichter und schneller auf Nachfrage Schwankungen im Musikunterricht reagieren kann, indem sie Zeitverträge ohne Anschlußverträge auslaufen läßt oder Anschlußverträge mit geändertem Arbeitszeitvolumen anbietet. Jedoch wird auch bei Bestehen unbefristeter und deshalb nur durch Kündigung lösbarer Arbeitsverträge eine flexible Reaktion auf von Schuljahr zu Schuljahr auftretende Nachfrageschwankungen weder unmöglich gemacht noch unzumutbar erschwert. Vielmehr besteht die Möglichkeit einer ordentlichen, betriebsbedingten Beendigungs- oder Änderungskündigung. Notfalls muß die Beklagte gegenüber ihren Schülern die An- bzw. Abmeldefristen im gebotenen Umfang anpassen. Ein zu großes Entgegenkommen gegenüber dem (potentiellen) Benutzerkreis darf nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmer praktiziert werden.
Allein die Ungewißheit über eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit kann eine Befristung nicht sachlich rechtfertigen. Eine Unsicherheit über die künftige Auslastung des Arbeitnehmers besteht häufig bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses. Ein vernünftiger, verantwortungsbewußt denkender Arbeitgeber schließt in einem solchen Fall ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit und kündigt es, wenn sich die Notwendigkeit ergibt, das Arbeitsverhältnis zu beenden (BAGE 37, 203, 297 = AP Nr. 64 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu B II 1 der Gründe).
Überdies ist im Entscheidungsfall zu beachten, daß die Klägerin bereits seit dem Jahre 1972, also über 17 Jahre ununterbrochen bei der Beklagten beschäftigt wurde. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts steigen mit zunehmender Dauer der Beschäftigung auch die Anforderungen an den Grund der Befristung (BAGE 44, 70 = AP Nr. 79 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; Senatsurteil vom 21. Januar 1987 – 7 AZR 265/85 – AP Nr. 4 zu § 620 BGB Hochschule; Senatsurteil vom 15. März 1989 – 7 AZR 397/88 –, n.v.). Mit zunehmender Dauer der Beschäftigung wächst die Abhängigkeit des Arbeitnehmers. Es wird für ihn schwerer, anderweitig Arbeit zu finden. Er ist mehr und mehr auf den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses angewiesen. Deshalb wird mit zunehmend längerer Betriebs Zugehörigkeit auch der Bestandsschutz eines Arbeitsverhältnisses immer ausgeprägter. Ebenso wächst die soziale Verantwortung des Arbeitgebers. Er muß nach langjähriger Beschäftigung bei einer ins Auge gefaßten weiteren Befristung besonders sorgfältig prüfen, ob nicht schutzwürdige Interessen des Arbeitnehmers jetzt eine Dauerbeschäftigung gebieten. Das Arbeitsverhältnis eines langjährigen, durch fortdauernd befristete Arbeitsverträge beschäftigten Arbeitnehmers kann nur nochmals aus demselben Grund befristet werden, wenn bei Abschluß des Vertrages hinreichend sichere konkrete Anhaltspunkte für einen endgültigen Wegfall des Befristungsgrundes mit Ablauf des Vertrages gegeben sind.
d) Entgegen den Angriffen der Revision hat das Landesarbeitsgericht auch rechtsfehlerfrei angenommen, daß eine sachliche Rechtfertigung der Befristung nicht aus dem Prozeßvergleich der Parteien vom 12. Mai 1982 folgt.
Zwar bedarf es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für den Fall, daß die Befristung des Arbeitsvertrages in einem gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich vereinbart wurde, keines weiteren sachlichen Grundes für die Befristung (BAGE 11, 236 = AP Nr. 19 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAGE 33, 27 = AP Nr. 53 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAGE 45, 160 = AP Nr. 80 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Wird der Feststellungsstreit über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses im Hinblick auf eine vertraglich vereinbarte Befristung durch Vergleich über einen zusätzlichen Zeitvertrag, d.h. durch gegenseitiges Nachgeben der Parteien beendet, wird eine vermittelnde Lösung gefunden, die die Ungewißheit über die Wirksamkeit des ersten Arbeitsvertrages beseitigt. Ebenso wie der Arbeitnehmer auf die von ihm eingenommene Rechtsposition verzichten kann, indem er es überhaupt unterläßt, zu Gericht zu gehen, kann er sich über diese Rechtsposition mit dem Arbeitgeber vergleichen. Das gegenseitige Nachgeben ist dann der sachliche Grund, der die Annahme einer Umgehung des zwingenden Kündigungsrechts ausschließt.
Diese Rechtsprechung betrifft jedoch nicht die Rechtswirksamkeit erst künftig zu vereinbarender Befristungen. In den bisher vom Bundesarbeitsgericht zu beurteilenden Fällen einer Befristung des Arbeitsvertrages durch Prozeßvergleich wurde der Streit über die Wirksamkeit der Befristung des gegenwärtigen Arbeitsvertrages durch gegenseitiges Nachgeben beendet. Nur die im Prozeßvergleich vereinbarte konkrete Befristung bedarf keines weiteren sachlichen Grundes. Im vorliegenden Fall wurde dagegen im Prozeßvergleich vom 12. Mai 1982 nicht nur die Beilegung des Rechtsstreites über die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrages für das Jahr 1981 vereinbart, sondern darüber hinaus auch die Zulässigkeit künftig erst noch zu vereinbarender Befristungen anerkannt. Dies geht weit über die Streitlosstellung einer bereits vereinbarten Befristung hinaus. Hierdurch würden die Arbeitsvertragsparteien für alle Zukunft die einzelvertragliche Rechtslage schaffen, daß eine gerichtliche Überprüfung der sachlichen Rechtfertigung der jeweiligen Befristung ihres Arbeitsvertrages nicht möglich sei. Dies ist der Sache nach mit einem vertraglichen Verzicht auf den gesetzlichen Kündigungsschutz für die Zukunft vergleichbar. Denn bei Fehlen eines sachlichen Grundes besteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, das nur unter Einhaltung der kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften vom Arbeitgeber beendet werden kann. Statthaft ist zwar, daß der Arbeitnehmer nachträglich auf seine Ansprüche aus dem Kündigungsschutzgesetz verzichtet (KR-Becker, 3. Aufl., § 1 KSchG Rz 14; BAG Urteil vom 6. April 1977 – 4 AZR 721/75 – AP Nr. 4 zu § 4 KSchG 1969 m.w.N.; BAGE 32, 6 = AP Nr. 6 zu § 4 KSchG 1969 m.w.N.). Einen diesbezüglichen nachträglichen Verzicht auf den Kündigungsschutz stellt auch ein Prozeßvergleich hinsichtlich der Zulässigkeit einer bereits vereinbarten konkreten Befristung dar. Der Arbeitnehmer verzichtet auf die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Befristung und damit auf die mögliche Feststellung des Bestehens eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses. Demgegenüber stellt sich ein Prozeßvergleich der vorliegenden Art, in dem der Arbeitnehmer nicht nur die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Termin, sondern auch die Zulässigkeit zukünftiger Befristungen anerkennt, als Abweichung von der zwingenden gesetzlichen Kündigungsschutzregelung dar. Auf den gesetzlichen Kündigungsschutz kann aber im voraus nicht verzichtet werden. Der allgemeine Kündigungsschutz ist seiner Rechtsnatur nach insofern zwingendes Recht, als vorherige abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Arbeitnehmers unwirksam sind. Unzulässig sind somit nicht nur der vorherige Ausschluß des allgemeiner. Kündigungsschutzes, sondern auch jegliche Form seiner Beschränkung (KR-Becker, 3. Aufl., § 1 KSchG Rz 12 m.w.N.; Palandt/Putzo, BGB, 50. Aufl., Vorbemerkungen vor § 620 Rz 61; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 134 Rz 2).
II. Im Ergebnis zutreffend ist auch die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, die vertragliche Arbeitszeit der Klägerin betrage 14 Wochenstunden.
1. Aufgrund des unbefristeten Fortbestandes des Arbeitsvertrages vom 4. Dezember 1907 ist auch der in diesem Vertrag festgelegte Umfang der Arbeitspflicht bis zu einer einvernehmlichen Änderung, die von keiner Seite behauptet wurde, weiterhin maßgeblicher Vertragsinhalt.
2. Der Umfang der Arbeitspflicht der Klägerin ist im Arbeitsvertrag vom 4. Dezember 1987 mit 14 Wochenstunden festgelegt worden. Zwar heißt es in diesem Vertrag nur, den zu erteilenden Wochenstunden werde ein voraussichtlicher Bedarf von 14 Wochenstunden zugrunde gelegt, während es z.B. in dem für das Jahr 1987 geschlossenen Arbeitsvertrag noch hieß, es werde eine wöchentliche Unterrichtsdauer von z.Z. 14 Wochenstunden vereinbart. Indessen ist kein ausreichender Anhaltspunkt dafür ersichtlich, daß die Parteien durch die neue Wortwahl davon absehen wollten, den Umfang der vertraglichen Hauptpflicht der Klägerin im Arbeitsvertrag zu regeln. Der Hinweis auf den „voraussichtlichen Bedarf von 14 Wochenstunden” ist daher nur so zu verstehen, daß die Parteien damit das Motiv für die Vereinbarung dieser Stundenzahl angeben wollten.
3. Dagegen ist eine noch höhere Unterrichtsverpflichtung der Klägerin als 14 Wochenstunden nicht Vertragsinhalt geworden. Zwar ist die Klägerin ab September 1988 mit 14,5 Wochenstunden beschäftigt worden. Auch kann davon ausgegangen werden, daß hierüber für den jeweiligen Beschäftigungszeitraum zwischen den Parteien Einvernehmen erzielt worden war. Die insoweit darlegungspflichtige Klägerin hat aber keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, daß hierdurch auch mit Wirkung über den jeweiligen Beschäftigungszeitraum hinaus eine Änderung des Arbeitsvertrages erfolgen sollte. Auch das Landesarbeitsgericht hat in dem Verhalten der Parteien keinen Anhaltspunkt dafür gesehen, daß die Parteien eine „grundsätzliche Änderung” der im Vertrag vom 4. Dezember 1987 vereinbarten Arbeitszeit hätten vereinbaren wollen. Auf die Kostenentscheidung für die Revisionsinstanz wirkt sich dies indessen nicht aus, da die Klägerin keine Revision eingelegt hat.
Unterschriften
Dr. Seidensticker, Schliemann, Dr. Steckhan, Dr. Johannsen, Dr. Zachert
Fundstellen