Entscheidungsstichwort (Thema)
Beteiligungsrecht bei Entscheidung auf Weisung
Leitsatz (amtlich)
Bei Maßnahmen, für die an sich ein Beteiligungsrecht nach den Bestimmungen des für den Bereich der Stationierungsstreitkräfte modifizierten BPersVG besteht, sind diese Beteiligungsrechte nicht ausgeschlossen, wenn die Maßnahmen auf Anordnung einer im Entsendestaat ansässigen, der obersten Dienstbehörde in der Bundesrepublik Deutschland übergeordneten Dienststelle durchgeführt werden und den in der Bundesrepublik Deutschland befindlichen Dienststellen keinen eigenen Entscheidungsspielraum belassen.
Normenkette
Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut Art. 56 Abs. 9; Unterzeichnungsprotokoll zu Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut Abs. 1, 6; BPersVG § 53 Abs. 2, § 82 Abs. 1, 5, § 88 Nr. 3, § 75 Abs. 3 ES, Abs. 3 Nr. 13, § 78 Abs. 1 Nr. 2; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Beschluss vom 31.03.1992; Aktenzeichen 14 TaBV 16/91) |
ArbG Mannheim (Beschluss vom 24.07.1991; Aktenzeichen 10 BV 37/90) |
Tenor
- Auf die Rechtsbeschwerde der Hauptbetriebsvertretung USAREUR & 7th Army wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 31. März 1992 – 14 TaBV 16/91 – aufgehoben.
- Der Beschluß des Arbeitsgerichts Mannheim – Kammern Heidelberg – vom 24. Juli 1991 – 10 BV 37/90 H – wird auf die Beschwerde der Hauptbetriebsvertretung abgeändert.
- Es wird festgestellt, daß bei Maßnahmen, für die an sich ein Beteiligungsrecht nach den Bestimmungen des für den Bereich der Stationierungsstreitkräfte modifizierten Bundespersonalvertretungsgesetzes besteht, diese Beteiligungsrechte nicht ausgeschlossen sind, wenn die Maßnahme auf Anordnung einer in den USA ansässigen, der Dienststelle Headquarters USAREUR & 7th Army übergeordneten Dienststelle durchgeführt werden und den in der Bundesrepublik Deutschland befindlichen US-Dienststellen keinen eigenen Entscheidungsspielraum belassen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen die konkrete Maßnahme auf gesetzgeberischen Entscheidungen beruht.
Von Rechts wegen !
Tatbestand
A. Die Parteien streiten darüber, ob Beteiligungsrechte der antragstellenden Hauptbetriebsvertretung entfallen, wenn in der Bundesrepublik bestehende Dienststellen auf Anordnung außerhalb der Bundesrepublik ansässiger übergeordneter Dienststellen an sich beteiligungspflichtige Maßnahmen durchführen.
Die Antragstellerin ist die bei dem Hauptquartier der US-Streitkräfte in Europa (USAREUR & 7th Army) in Heidelberg bestehende Hauptbetriebsvertretung. Entsprechend dem dreistufigen Verwaltungsaufbau des Arbeitgebers sind Haupt-, Bezirksbetriebsvertretungen sowie örtliche Betriebsvertretungen gebildet. Die Betriebsvertretungen nehmen die Vertretung der zivilen Arbeitskräfte bei den amerikanischen Streitkräften nach den Bestimmungen des Zusatzabkommens zum Nato-Truppenstatut vom 3. August 1959 (BGBl. 1961 II S. 1183), dem Unterzeichnungsprotokoll zu Art. 56 Abs. 9 dieses Zusatzabkommens sowie des Bundespersonalvertretungsgesetzes wahr.
Nachdem sich die örtliche Betriebsvertretung sowie die Bezirksbetriebsvertretung gegen eine geplante Stellenstreichungsmaßnahme gewandt hatten und die Angelegenheit dem Hauptquartier vorgelegt worden war, unterrichtete das Hauptquartier die Hauptbetriebsvertretung mit Schreiben vom 5. und 9. Oktober 1990. Für die Sitzung der Hauptbetriebsvertretung mit Vertretern der obersten Dienstbehörde am 18. Oktober 1990 wurden die Anträge auf Entscheidung der Bezirksbetriebsvertretung in die Tagesordnung aufgenommen. In der Sitzung vom 18. Oktober 1990 brach das Hauptquartier die Erörterungen ab und begründete dieses Vorgehen in einem Schreiben vom 13. November 1990 damit, daß das Hauptquartier bezüglich der fraglichen Stellenstreichungsmaßnahmen nicht entscheidungsbefugt sei, sondern lediglich die Anordnungen des Heeres- und Verteidigungsministeriums der Vereinigten Staaten zu befolgen habe. Daher sei ein Mitwirkungsrecht der Betriebsvertretung nicht gegeben.
Mit einem weiteren Schreiben vom 16. Januar 1991 korrigierte sich das Hauptquartier und teilte der Hauptbetriebsvertretung mit, es sei bezüglich der Stellenstreichungen unzutreffend unterrichtet worden. Man sei davon ausgegangen, daß die Streichung der einzelnen Stellen ausdrücklich durch die übergeordnete Dienstbehörde U.S. Army Information Systems Command (USAISC) in Fort Huachucha, Arizona, angeordnet worden sei. Es habe sich aber herausgestellt, daß die übergeordnete Dienstbehörde haushaltsbedingte Einsparungen im Personalbereich angeordnet habe, die Bestimmung der zu streichenden Stellen im einzelnen jedoch den nachgeordneten Dienststellen überlassen worden sei. Es sei daher angeordnet worden, daß Kündigungen nicht ausgesprochen würden, bevor das Mitwirkungsverfahren abgeschlossen sei.
Am 18. September 1990 und am 12. April 1991 gab der Verteidigungsminister der Vereinigten Staaten die Schließung bzw. Teilschließung von militärischen Einrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland bekannt. In diesem Zusammenhang ordnete er die Schließung der Standorte B… und N… an. Diese Anordnung hatte den Wegfall sämtlicher Stellen der dortigen Arbeitskräfte zur Folge.
Am 21. Januar 1991 ordnete der Heeresminister der Vereinigten Staaten die Aufgabe von zwei Hotelbetrieben in der S… – Kaserne in G… zum 1. April 1991 an. Zudem ordnete er auch die vollständige Einstellung aller Aktivitäten des Armed Forces Recreation Center (AFRC) in Be… bis spätestens zum 1. April 1991 an.
Bereits Mitte des Jahres 1990 wurde aufgrund einer gesetzgeberischen Maßnahme des amerikanischen Kongresses die sogenannte “Defense Commissary Agency” eingerichtet. Es handelt sich dabei um eine US-Behörde mit Sitz in den Vereinigten Staaten, die ihrerseits dem Hauptquartier organisatorisch nicht nachgeordnet ist. Diese Behörde hat in der Folgezeit die Schließung bzw. Teilschließung einiger ihrer Dienststellen in der Bundesrepublik angeordnet. Durch diese Maßnahme sind etwa sechzig Arbeitsplätze ortsansässiger Arbeitnehmer ersatzlos weggefallen.
Die Hauptbetriebsvertretung hat die Auffassung vertreten, es sei in naher Zukunft mit weiteren erheblichen Stellenstreichungen im Bereich des Hauptquartiers zu rechnen. Die Auffassung des Hauptquartiers, die Durchführung des personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens sei im Falle der Schließung von Dienststellen auf Anordnung einer übergeordneten Dienststelle ausgeschlossen, sei unzutreffend. Grundsätzlich sei diejenige (Stufen-) Vertretung personalvertretungsrechtlich zu beteiligen, die auf der Ebene bestehe, auf der die beteiligungspflichtige Maßnahme angeordnet und entschieden werde. Die Entscheidungskompetenz liege entweder auf der örtlichen Ebene, auf der Ebene der Mittelbehörde oder aber auf der Ebene der obersten Dienstbehörde.
Auch für den Tätigkeitsbereich der Stationierungsstreitkräfte gelte der Grundsatz, daß personalvertretungsrechtlich jede Maßnahme, die nicht auf der örtlichen Ebene oder der Ebene der Mittelbehörde entschieden werde, der Entscheidungskompetenz der obersten Dienstbehörde zuzurechnen sei. Nach den Bestimmungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes könne es Fälle, in denen die Entscheidungskompetenz noch oberhalb der obersten Dienstbehörde liege, bereits begrifflich nicht geben.
Auch wenn die Entscheidungskompetenz für an sich beteiligungspflichtige Maßnahmen bei einer dem Hauptquartier übergeordneten Dienststelle außerhalb der Bundesrepublik liege und es daher an einer der Entscheidungsebene zugeordneten Stufenvertretung fehle, sei das jeweilige Hauptquartier als oberste Dienstbehörde und damit als zuständige Dienststelle anzusehen.
Es sei nicht streitig, daß ein Beteiligungsrecht dann nicht bestehe, wenn dem militärische Gründe entgegenstünden. Es gehe vorliegend aber darum, ob Beteiligungsrechte alleine deswegen entfielen, weil die die fraglichen Maßnahmen betreffende Entscheidungskompetenz bei einer dem Hauptquartier vorgesetzten, außerhalb der Bundesrepublik befindlichen US-Dienststelle liege.
Die Hauptbetriebsvertretung hat beantragt,
festzustellen, daß auch solche Maßnahmen nach den Bestimmungen des für den Bereich der Stationierungsstreitkräfte modifizierten Bundespersonalvertretungsgesetzes der personalvertretungsrechtlichen Beteiligung unterliegen, die auf Anordnung einer in den USA ansässigen, der Dienststelle Headquarters USAREUR & 7th Army übergeordneten Dienststelle durchgeführt werden und den in der Bundesrepublik Deutschland befindlichen US-Dienststellen keinen eigenen Entscheidungsspielraum belassen; ausgenommen die Fälle, in denen die konkrete Maßnahme auf gesetzgeberischen Entscheidungen beruht.
Das Hauptquartier hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Zur Begründung hat es vorgetragen, in den Vereinigten Staaten getroffene politische und militärische Entscheidungen könnten zu Maßnahmen führen, die der Beteiligung der Betriebsvertretung entzogen seien. Es sei anerkannt, daß Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats stets nur insoweit bestünden, als auch der Arbeitgeber selbst bestimmen könne. Nur eine entscheidungsbefugte Dienststelle sei im übrigen zur Beteiligung einer Personalvertretung verpflichtet.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Hauptbetriebsvertretung zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Hauptbetriebsvertretung ihren ursprünglichen Feststellungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde der Hauptbetriebsvertretung ist begründet.
I. Der Antrag der Hauptbetriebsvertretung ist zulässig.
1. Nachdem die Hauptbetriebsvertretung ihre in der ersten Instanz angekündigten Anträge, die sich auf konkrete Stellenstreichungsmaßnahmen bezogen, die Gegenstand einer Besprechung vom 18. Oktober 1990 waren, zurückgenommen hatte, ist seitdem Gegenstand des Verfahrens nur noch der Antrag, mit dem die Hauptbetriebsvertretung festgestellt haben will, daß ein an sich bestehendes Beteiligungsrecht nicht deshalb ausgeschlossen wird, weil die beteiligungspflichtige Maßnahme auf Weisung einer in den USA ansässigen Behörde erfolgt.
Diese mit dem Antrag zur Entscheidung gestellte Frage bedarf auch nach Auffassung des Hauptquartiers einer Klärung im Hinblick auf in naher Zukunft sicher zu erwartende weitere Weisungen von übergeordneten Dienststellen in den USA zu Maßnahmen, die mit Stellenstreichungen verbunden sind.
2. Die Hauptbetriebsvertretung hat die zutreffende Verfahrensart gewählt. Soweit das Gesetz eine Entscheidung vorsieht, entscheiden nach Abs. 9 des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut (BGBl. 1961 II S. 1183; Unterzeichnungsprotokoll zum ZA: BGBl. 1961 II S. 1313) die deutschen Gerichte für Arbeitssachen im Beschlußverfahren. Damit entscheiden die Gerichte für Arbeitssachen im Beschlußverfahren auch Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen oder Nichtbestehen von Beteiligungsrechten (vgl. hierzu Senatsbeschluß vom 22. Oktober 1991 – 1 ABR 6/91 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).
3. Die Beteiligten streiten im vorliegenden Falle nicht darüber, ob der Hauptbetriebsvertretung bei nicht näher bezeichneten unterschiedlichen Maßnahmen ein Beteiligungsrecht zusteht, sondern allein darüber, ob bei an sich beteiligungspflichtigen Maßnahmen ausnahmsweise das Beteiligungsrecht entfällt, wenn die Maßnahme auf Anordnung einer übergeordneten Dienststelle in den USA erfolgt und den in der Bundesrepublik bestehenden US-Dienststellen kein Entscheidungsspielraum mehr verbleibt. Dies verkennt das Landesarbeitsgericht und kommt deshalb in seinen weiteren Ausführungen zu unzutreffenden Schlußfolgerungen.
Der Antrag bezeichnet die Fallgestaltung, für die die Hauptbetriebsvertretung ein Beteiligungsrecht in Anspruch nimmt, exakt, und genügt deshalb den Bestimmtheitsanforderungen von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Die Hauptbetriebsvertretung verlangt die Feststellung eines Beteiligungsrechts und damit das Bestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO. Für diesen Antrag besteht auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse: Das Hauptquartier der US-Streitkräfte in Europa (USAREUR & 7th Army) ist der Auffassung, daß an sich bestehende Beteiligungsrechte entfallen, wenn es die Weisung zu bestimmten Maßnahmen von einer übergeordneten Dienststelle in den USA erhält und ihm kein Entscheidungsspielraum verbleibt. Ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung ist deshalb anzuerkennen, weil entsprechende Weisungen von übergeordneten Dienststellen zur Schließung von zwei Hotels und dem Armed Forces Recreation Center (AFRC) bereits ergangen sind und nach übereinstimmender Erklärung der Beteiligten die Anordnung zur Schließung weiterer Einrichtungen der US-Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar bevorsteht.
II. Der Antrag ist begründet.
1. Die Beteiligung der Repräsentativorgane der Beschäftigten im öffentlichen Dienst erfolgt nach dem BPersVG durch Stufenvertretungen. Es entspricht dem hierarchischen Aufbau der Verwaltung, daß nachgeordnete Dienststellen an Weisungen der vorgesetzten Dienststellen gebunden sind, und vor allem, daß übergeordnete Dienststellen sich bestimmte Entscheidungen vorbehalten, die nachgeordnete Dienststellen betreffen. Um eine wirksame Beteiligung der Repräsentanten der Beschäftigten an den sie unmittelbar betreffenden Entscheidungen zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber dem Verwaltungsaufbau entsprechend die Bildung von Stufenvertretungen vorgesehen (Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., Vorbem. zu § 53 Rz 1). Demgemäß wählen die zum Geschäftsbereich der Behörde der Mittelstufe gehörenden Beschäftigten Bezirkspersonalräte und die zum Geschäftsbereich der obersten Dienstbehörde gehörenden Beschäftigten einen Hauptpersonalrat (§ 53 Abs. 2 BPersVG).
a) Der Begriff der obersten Dienstbehörde ergibt sich aus § 3 BBG. Es ist die oberste Behörde des Dienstherrn, in dessen Bereich jemand ein Amt bekleidet bzw. als Arbeitnehmer beschäftigt wird. Das sind in der Regel die Bundesministerien. Es kann aber auch sein, daß die oberste Dienstbehörde nicht der Bundesminister ist. So gilt bei der Bundesanstalt für Arbeit deren Vorstand als oberste Dienstbehörde (§ 88 Nr. 3 BPersVG) und nicht der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung. Dies führt aber nicht dazu, daß bei einer denkbaren Weisung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung an den Vorstand der Bundesanstalt für Arbeit eine nach dem BPersVG vorgesehene Beteiligung der Stufenvertretung an einer Maßnahme wegen fehlenden Entscheidungsspielraums entfällt, sondern der Hauptpersonalrat wird bei dem Vorstand der Bundesanstalt für Arbeit gebildet, ebenso die Einigungsstelle, wenn die Beteiligten sich in einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit nicht einigen können (vgl. § 88 Nr. 3 in Verb. mit § 69 Abs. 3 und 4 sowie § 71 BPersVG).
b) Dem gesamten Aufbau der Stufenvertretungen nach dem BPersVG mit den Sonderregelungen für die Dienststellen, für die das System der Stufenvertretungen mit der Kompetenzverteilung nach § 82 Abs. 1 BPersVG nicht ganz paßt (§§ 85 bis 92), kann entnommen werden, daß in den Fällen, in denen das BPersVG ein Beteiligungsrecht vorsieht, dessen Ausübung in allen Teilen der Verwaltung sichergestellt sein soll.
Dem entspricht es, daß das Bundesverwaltungsgericht schon für das PersVG 1955 angenommen hatte, daß es einen personalvertretungsfreien Raum nicht gebe (BVerwG Beschluß vom 13. Juni 1969 – BVerwG VII P 15.68 – AP Nr. 4 zu § 74 PersVG). Aus diesem Grunde hat es entschieden, wenn im Geschäftsbereich einer mehrstufigen Verwaltung personelle oder soziale Maßnahmen von Dienststellen getroffen werden, die zwischen einer Behörde der Mittelstufe und den dieser nachgeordneten Dienststellen stehen (Zwischendienststellen) oder die zentral für einen Geschäftsbereich eingerichtet sind, ohne in die oberste Dienstbehörde eingegliedert zu sein (Zentraldienststellen), so sei, obwohl eigentlich weder Personalrat noch Stufenvertretung zuständig seien, die bei der Mittelbehörde bzw. im Falle der Zentraldienststelle die bei der obersten Dienstbehörde gebildete Stufenvertretung zu beteiligen, wenn an sich ein Mitwirkungs- oder Mitbestimmungsrecht gegeben sei (BVerwG Beschluß vom 13. Juni 1969, aaO). Die insofern nach dem PersVG 1955 bestehende Regelungslücke ist im BPersVG 1974 durch § 82 Abs. 5 im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geschlossen worden. Aus dieser Entwicklung des § 82 Abs. 5 BPersVG, der unmittelbar nicht regelt, was gelten soll, wenn die oberste Dienstbehörde an eine Weisung gebunden ist, kann in Verbindung mit den übrigen Vorschriften über die Stufenvertretung, insbesondere deren Kompetenzverteilung in § 82 Abs. 1 BPersVG entnommen werden, daß immer dann, wenn nach dem BPersVG bei einer Maßnahme die Beteiligung der Personalvertretung vorgesehen ist, diese unabhängig davon erfolgen soll, ob der Dienststelle, die zur Entscheidung mit Außenwirkung befugt ist, ein Entscheidungsspielraum verbleibt oder nicht.
Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist eine Entscheidung nicht denknotwendig ausgeschlossen, wenn es an einem Gestaltungsspielraum fehlt. Das BPersVG regelt in § 82 Abs. 1 die Kompetenzverteilung zwischen Personalrat und Stufenvertretung danach, wer zur Entscheidung befugt ist. Nach ganz herrschender Meinung ist maßgebend, welche Dienststelle zur Entscheidung mit Außenwirkung befugt ist. Keine Rolle spielt, ob die übergeordnete Dienststelle einer nachgeordneten Weisungen erteilt (BVerwGE 11, 307, 310; 27, 367, 368; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 7. Aufl., § 82 Rz 6; Dietz/Richardi, aaO, § 82 Rz 3, beide m.w.N.).
Ebenso wie bei der Kompetenzverteilung zwischen Personalrat und Stufenvertretungen der faktische Zwang aufgrund einer Weisung rechtlich irrelevant ist, kann nach dem Gesagten für die Frage, ob eine beteiligungspflichtige Maßnahme vorliegt, nicht entscheidend sein, daß die Dienststelle auf Weisung einer übergeordneten handelt. Eine Umgehung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats dadurch, daß die Bundes- oder eine Landesregierung eine Entscheidung an sich zieht, wird in einigen Landespersonalvertretungsgesetzen ausdrücklich ausgeschlossen: So in § 83 Abs. 3 PersVG Hessen, wonach in den Fällen, in denen die Landesregierung zur Entscheidung befugt ist, der Hauptpersonalrat bei der zuständigen obersten Landesbehörde die Aufgaben der Stufenvertretung wahrnimmt, ähnlich § 82 Abs. 2 Satz 2 Niedersächsisches PersVG und für den Fall, daß in einer Angelegenheit der Ministerpräsident entscheidet, § 85 Abs. 5 PersVG Baden-Württemberg. Nach Art. 49 Landesverfassung von Baden-Württemberg hat die Landesregierung selbst keine unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit in personalvertretungsrechtlich relevante Materien, deshalb hat sie auch nicht wirksam die Lage der Arbeitszeit der beim Land Baden-Württemberg beschäftigten Angestellten und Arbeiter ohne Beteiligung der Personalvertretungen festlegen können (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. Mai 1992 – 1 AZR 418/91 – EzA § 315 BGB Nr. 39).
Nach Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut finden die für die zivilen Bediensteten bei der Bundeswehr maßgebenden Vorschriften des deutschen Rechts über die Personalvertretung für die Betriebsvertretung der zivilen Arbeitskräfte bei einer Truppe und einem zivilen Gefolge Anwendung, soweit in dem auf diesen Artikel bezugnehmenden Abschnitt des Unterzeichnungsprotokolls nicht etwas anderes bestimmt ist. Grundsätzlich gilt damit das BPersVG auch für die bei den US-Streitkräften beschäftigten Arbeitnehmer. In Abs. 1 des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut wird auch das System der Stufenvertretungen übernommen und definiert, was als Dienststelle, Mittelbehörde und oberste Dienstbehörde im Sinne des BPersVG zu verstehen ist. Danach sind oberste Dienstbehörden die Hauptquartiere einer Truppe, wie sie von den entsprechenden Entsendestaaten näher bestimmt werden, und die die endgültige Entscheidung über Angelegenheiten, an denen die Betriebsvertretungen beteiligt sind, treffen. Die Auslegung von Abs. 1 Satz 3 des Unterzeichnungsprotokolls durch das Landesarbeitsgericht hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist das von dem Entsendestaat bestimmte Hauptquartier nur dann oberste Dienstbehörde, wenn es für die im konkreten Einzelfall zu treffende Entscheidung über die Angelegenheit, an der die Betriebsvertretung beteiligt ist, einen Entscheidungsspielraum hat. Das Landesarbeitsgericht übersieht, daß in dem Unterzeichnungsprotokoll das System der Stufenvertretungen aus dem BPersVG übertragen wird auf die Truppe. Dementsprechend war es erforderlich, die Dienststellen zu bestimmen, bei denen die jeweiligen Stufenvertretungen zu bilden sind. Nach der Auslegung des Landesarbeitsgerichts fehlt eine oberste Dienstbehörde immer dann, wenn im Einzelfalle das vom Entsendestaat als oberste Dienstbehörde bestimmte Hauptquartier auf Weisung einer Dienststelle in den USA handelt. Zu Recht hat die Rechtsbeschwerde darauf hingewiesen, daß eine solche Interpretation sowohl der Systematik des BPersVG als auch Abs. 1 des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut widerspricht. Nach § 82 Abs. 1 BPersVG ist zur Entscheidung befugt, wer mit Außenwirkung entscheidet. Das sind nach Abs. 1 des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut die vom Entsendestaat bestimmten Hauptquartiere, auch wenn sie im Einzelfall auf Weisung handeln.
2.a) Eine Einschränkung der an sich gegebenen Beteiligungsrechte der Personalvertretung sieht das BPersVG nur bei den Mitbestimmungsrechten in sozialen Angelegenheiten vor. Nach § 75 Abs. 3 Eingangssatz hat der Personalrat nur mitzubestimmen, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht. Diese Einschränkung entspricht der in § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG. Dem Landesarbeitsgericht ist darin zu folgen, daß der Gesetzesvorrang in § 75 Abs. 3 BPersVG weit auszulegen ist. Darunter fallen auch Verwaltungsakte (BAG Beschluß vom 26. Mai 1988, BAGE 58, 297 = AP Nr. 14 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes). Daran hat der Senat in seiner weiteren Rechtsprechung festgehalten (vgl. Beschluß vom 9. Juli 1991 – 1 ABR 57/90 – AP Nr. 19 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes).
b) Der Senat hat aber ebenso entschieden, daß das Mitbestimmungsrecht nicht schon deshalb ausgeschlossen wird, weil für den Arbeitgeber ein faktischer, z.B. finanzieller Zwang zugunsten einer bestimmten Entscheidung besteht (Senatsbeschluß vom 8. August 1989, BAGE 62, 322 = AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Initiativrecht = EzA § 87 BetrVG 1972 Initiativrecht Nr. 5). In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Falle hatte der Arbeitgeber sich aufgrund eines Bewilligungsbescheides verpflichtet, seinen Angestellten keine höhere Vergütung zu gewähren als den entsprechenden Angestellten im Bundes- oder Landesdienst. Eine ähnliche Situation besteht bei einer Weisung durch eine übergeordnete Behörde. Aufgrund der Weisung entsteht für die entscheidende Dienststelle eine Zwangslage, in einer bestimmten Weise zu entscheiden. Dadurch ändert sich aber nichts daran, daß ein an sich bestehendes Beteiligungsrecht der Betriebsvertretung auch ausgeübt werden kann. Nichts anderes kann dann gelten, wenn die oberste Dienstbehörde im Sinne des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut eine Weisung für eine bestimmte Maßnahme von einer übergeordneten Dienststelle aus dem Entsendestaat erhält. Auch in diesem Falle bleibt das Hauptquartier die oberste Dienstbehörde, die die Entscheidung zu treffen hat und an die das Beteiligungsrecht anknüpft.
Im übrigen handelt es sich bei diesen Weisungen von übergeordneten Dienststellen, die ihren Sitz im Entsendestaat haben, an die oberste Dienstbehörde in der Bundesrepublik nicht um eine Besonderheit des Nato-Truppen-Statuts, vielmehr sind vergleichbare Situationen im Zusammenhang mit Konzernzusammenschlüssen bekannt. Auch in diesen Fällen wird die Muttergesellschaft vielfach die Weisung an die Tochtergesellschaft zu einer Betriebsänderung geben. Dennoch wird im Geltungsbereich des BetrVG nicht die Auffassung vertreten, der Unternehmer, der auf Weisung sich zu einer Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG entschließt, müsse nicht die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111 bis 113 BetrVG beachten.
Das Ergebnis, daß bei Maßnahmen, für die an sich ein Beteiligungsrecht besteht, dieses nicht ausgeschlossen wird, wenn die Maßnahme auf Anordnung einer im Entsendestaat ansässigen und dem Hauptquartier der Truppe in der Bundesrepublik übergeordneten Dienstbehörde durchgeführt wird und den in der Bundesrepublik Deutschland befindlichen Dienststellen kein eigener Entscheidungsspielraum bleibt, ist auch sachgerecht. Entsprechend der Regelung von Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten besteht für die Stationierungsstreitkräfte durch Abs. 6 des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut nur in einigen wenigen und nicht sehr bedeutungsvollen Angelegenheiten ein Mitbestimmungsrecht, das darüber hinaus noch unter dem Vorbehalt steht, daß der Mitbestimmung im Einzelfall nicht zwingende Gründe der Erfüllung der Verteidigungspflichten der Truppe entgegenstehen; in allen anderen Fällen findet nur das Mitwirkungsverfahren statt. Dies bedeutet, daß in allen diesen Angelegenheiten, insbesondere bei Betriebsänderungen, die in diesem Verfahren Stellenstreichungsmaßnahmen genannt werden, der Dienststellenleiter nur verpflichtet ist, die beabsichtigte Maßnahme vor der Durchführung mit dem Ziel einer Verständigung rechtzeitig und eingehend mit ihm zu erörtern (§ 72 BPersVG). Der Dienststellenleiter kann auch gegen den Willen der Betriebsvertretung die Maßnahme letztendlich durchführen. Erhält der Dienststellenleiter der obersten Dienstbehörde von einer übergeordneten Dienststelle in den USA eine Weisung zu einer Maßnahme, so ist es dennoch sinnvoll, dieses Mitwirkungsverfahren durchzuführen. Die oberste Dienstbehörde kann die Argumente der Betriebsvertretung bei der Erörterung im Mitwirkungsverfahren der anweisenden Dienststelle mitteilen, falls er Bedenken der Betriebsvertretung gegen die Maßnahme für nachdenkenswert hält und selber aufgrund der Weisung sich nicht in der Lage sieht, die Einwendungen oder Vorschläge der Betriebsvertretung ohne Rücksprache zu berücksichtigen.
Ist der Antrag der Hauptbetriebsvertretung also zulässig und begründet, war auf die Rechtsbeschwerde der Hauptbetriebsvertretung der Beschluß des Landesarbeitsgerichts aufzuheben, auf die Beschwerde der Hauptbetriebsvertretung der Beschluß des Arbeitsgerichts abzuändern und festzustellen, daß bei Maßnahmen, für die an sich ein Beteiligungsrecht nach den Bestimmungen des für den Bereich der Stationierungsstreitkräfte modifizierten BPersVG besteht, diese Beteiligungsrechte nicht ausgeschlossen sind, wenn die Maßnahmen auf Anordnung einer in den USA ansässigen, der Dienststelle Headquarters USAREUR & 7th Army übergeordneten Dienststelle durchgeführt werden und den in der Bundesrepublik Deutschland befindlichen US-Dienststellen keinen eigenen Entscheidungsspielraum belassen.
Unterschriften
Dr. Kissel, Dr. Weller, Dr. Rost, Dr. Federlin, Peter Berg
Fundstellen
Haufe-Index 845817 |
BAGE, 211 |
NZA 1993, 906 |