Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegepersonal im Sinne von § 1 Abs. 3 KrAZVO
Leitsatz (redaktionell)
Parallelsache von – 1 ABR 41/92 –
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 1 Eingangssatz; GewO § 105b Abs. 2, 5; KrAZVO § 1 Abs. 1, 3, § 3 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Hamm (Beschluss vom 10.03.1992; Aktenzeichen 13 TaBV 132/91) |
ArbG Minden (Beschluss vom 27.06.1991; Aktenzeichen 1 BV 43/90) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 10. März 1992 – 13 TaBV 132/91 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Die Betriebsparteien streiten darüber, ob der Arbeitgeber für die Beschäftigten der Therapieabteilung mit oder ohne Beteiligung des Betriebsrats Arbeit an Wochenfeiertagen anordnen kann.
Der Arbeitgeber betreibt in B. eine Klinik für innere Krankheiten, Herz, Kreislauf. Rheuma und Orthopädie mit über 100 Arbeitnehmern. Dort werden durchschnittlich über 200 Patienten in mehrwöchigen Rehabilitationskuren betreut, überwiegend zur Anschlußbehandlung nach Operationen. Auf die Arbeitsverträge der Arbeitnehmer finden die zwischen der DAG und der Klinikberatungs-KG, KBG Verwaltungs-GmbH & Co. abgeschlossenen Tarifverträge Anwendung.
Seit 1990 bestand zwischen den Beteiligten Streit über die Frage, ob der Arbeitgeber für die Mitarbeiter der Therapieabteilung Arbeit an Wochenfeiertagen anordnen darf. In dem Beschlußverfahren – 2 BV 8/90 – vor dem Arbeitsgericht Minden setzten die Beteiligten durch Vergleich vom 30. Juli 1990 eine Einigungsstelle ein „zur Regelung der Frage, ob und ggf. in welchem Umfang in den Therapieabteilungen an Feiertagen gearbeitet werden soll”. Am 13. März 1991 beschloß die Einigungsstelle mit Mehrheit einen Spruch, der für die Wochenfeiertage eine Art Notdienst in der Therapieabteilung vorsah und bis ins einzelne regelt, in welcher Reihenfolge Arbeitnehmer zu diesem „Notdienst” herangezogen werden durften.
Der Betriebsrat ist der Auffassung, die Einigungsstelle sei für die Regelung der Frage, ob und in welchem Umfang in der Therapieabteilung an Sonn- und Feiertagen gearbeitet werden solle, unzuständig gewesen. Es gelte das grundsätzliche Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit nach § 105 b Abs. 2 und 5 GewO. Infolge dieses gesetzlichen Verbots sei das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bei der Festlegung von Beginn und Ende der Arbeitszeit einschließlich der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage ausgeschlossen. Eine Ausnahme von dem Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit ergebe sich nicht aus der KrAZVO, da die Klinik keine Krankenpflegeanstalt im Sinne dieser Verordnung sei und die Mitarbeiter der Therapieabteilung kein Pflegepersonal im Sinne von § 1 Abs. 1 und Abs. 3 KrAZVO seien. Pflegepersonal seien die Mitarbeiter deshalb nicht, weil sich die Zeitpunkte der von ihnen verabreichten therapeutischen Maßnahmen (Einzel- und Gruppenkrankengymnastik, Ergometertraining, Gymnastik im Wasser, Bewegungsbad, Ergotherapie, psychologische Einzelgespräche, autogenes Training und Muskelentspannung, manuelle Massage und Lymphdrainage, Stangerbad mit Unterwassermassage, Bestrahlungen mit Kurz- und Mikrowelle, Reiz- und Interferenzstrom-Therapie, Kneipp'sche Güsse, Hauff'sche Bäder, Inhalationen) nicht nach den persönlichen Bedürfnissen der Patienten richteten, sondern nach den vorhandenen Kapazitäten an technischen Einrichtungen und Personal. Der die Eingangsuntersuchungen durchführende Arzt lege nur die Art und die Anzahl der Therapiemaßnahmen fest. Der Zeitpunkt der Therapiemaßnahme werde sodann durch den Computer kapazitätsorientiert festgelegt. Die Bedürfnisse der einzelnen Patienten würden bei der Festlegung des Zeitpunktes der Maßnahme nicht berücksichtigt.
Der Betriebsrat hat beantragt,
festzustellen, daß die unter dem Richter am Arbeitsgericht B. eingerichtete Einigungsstelle zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber für die Regelung der Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang in der „Klinik …” in den Therapieabteilungen an Feiertagen gearbeitet werden soll, unzuständig ist;
vorsorglich hilfsweise,
festzustellen, daß die Mitarbeiter der Therapieabteilung des Arbeitgebers, insbesondere Masseure, Bademeister, Ergotherapeuten und Krankengymnasten dem Verbot der Feiertagsarbeit der Gewerbeordnung unterliegen und damit ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Regelung der Arbeit an Wochenfeiertagen in der Therapieabteilung des Arbeitgebers nicht besteht und
- festzustellen, daß der Spruch der Einigungsstelle vom 13. März 1991 in der Angelegenheit „Regelung der Arbeit an Feiertagen in der Therapieabteilung” unwirksam ist.
Der Arbeitgeber hat beantragt, die Anträge abzuweisen.
Zur Begründung hat er vorgetragen, die KrAZVO finde schon deshalb Anwendung, weil die von ihm betriebene Krankenpflegeanstalt als gemeinnützige anerkannt sei. Er hat behauptet, die überwachenden Stationsärzte bestimmten kraft ihrer medizinischen Verantwortung den zeitlichen Einsatz der therapeutischen Maßnahmen, und der eingesetzte Computer diene allein dazu, die bisher manuell durchgeführte Arbeitszeitplanung der Therapieleistungen sicherer und genauer durchführen zu können, um Überschneidungen und Leerräume zu vermeiden.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Betriebsrats abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat die bisher gestellten Anträge weiter, während der Arbeitgeber bittet, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet.
I. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Hauptantrag zu 1) sei zulässig, obwohl die Einigungsstelle bereits einen Spruch gefällt hatte und dieser mit dem Hauptantrag zu 2) angefochten wird. Das erforderliche Rechtsschutzinteresse für den Feststellungsantrag zu 1) besteht weiter, auch nachdem der Betriebsrat den Spruch der Einigungsstelle angefochten hat, weil die Rechtskraft hinsichtlich der Anfechtung des Einigungsstellenspruchs sich auf die Wirksamkeit des Spruchs beschränkt, nicht aber auf die Gründe, die zur Unwirksamkeit des Spruchs führen. Würde die Unwirksamkeit des Spruchs festgestellt, so wäre damit die zwischen den Beteiligten in erster Linie streitige Zuständigkeitsfrage nicht rechtskräftig entschieden. Die Rechtskraft des Beschlusses über die Wirksamkeit des Einigungsstellenspruchs erfaßt nicht die Frage, ob ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht (vgl. Senatsbeschluß vom 20. April 1982 – 1 ABR 22/80 – DB 1982, 1674; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 17. Aufl., § 76 Rz 42 b).
II. Die Rechtsbeschwerde war aber zurückzuweisen, weil sie unbegründet ist, wie das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat.
1. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG hat der Betriebsrat bei der Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage mitzubestimmen. Dieses Mitbestimmungsrecht ist nach § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG ausgeschlossen, sofern eine gesetzliche Regelung besteht, in der inhaltlich und abschließend die betreffende Angelegenheit geregelt ist.
Nach § 105 b Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5 GewO dürfen Angestellte an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich nicht beschäftigt werden.
Damit ist § 105 b Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5 GewO ein Gesetz, das die Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen inhaltlich regelt und das Mitbestimmungsrecht grundsätzlich ausschließt, weil der Arbeitgeber danach an Sonn- und Feiertagen Arbeit nicht anweisen kann, deshalb auch kein Regelungsspielraum für ein Mitbestimmungsrecht besteht.
2. Das Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit nach § 105 b Abs. 2 und 5 GewO gilt allerdings nicht, soweit die Verordnung über die Arbeitszeit in Krankenpflegeanstalten vom 13. Februar 1924 (KrAZVO) anzuwenden ist.
a) Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß die KrAZVO nach Art. 123 Abs. 1, Art. 125 Nr. 1 in Verbindung mit Art. 74 Nr. 12 GG als Bundesrecht fortgilt (vgl. Senatsbeschluß vom 18. April 1989, BAGE 61, 305 = AP Nr. 34 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; von der Fortgeltung ist ohne Begründung auch ausgegangen der Sechste Senat im Urteil vom 5. Mai 1988, BAGE 58, 243 = AP Nr. 1 zu § 3 AZO Kr).
b) Dem Landesarbeitsgericht wird darin gefolgt, daß nach § 1 Abs. 1 KrAZVO in Krankenpflegeanstalten das Pflegepersonal auch an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden darf. Das ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 KrAZVO. wonach in Krankenpflegeanstalten das Pflegepersonal in der Woche – einschließlich der Sonn- und Feiertage – bis zu 60 Stunden, die Pausen nicht eingerechnet, beschäftigt werden darf. Ohne Rechtsfehler ist das Landesarbeitsgericht auch davon ausgegangen, daß es sich bei der vom Arbeitgeber betriebenen Klinik um eine Krankenpflegeanstalt im Sinne von § 1 Abs. 1 KrAZVO handelt und die Mitarbeiter der Therapieabteilung in dieser Klinik Pflegepersonal im Sinne der KrAZVO sind.
aa) Nach § 1 Abs. 2 KrAZVO gelten als Krankenpflegeanstalten öffentliche und private Anstalten, in denen Kranke oder Sieche versorgt werden, die ständiger ärztlicher Aufsicht oder fachkundiger Pflege bedürfen, ferner Entbindungsanstalten, Säuglingsheime und Irrenanstalten. Nach § 6 der Verordnung kann der Reichsarbeitsminister „Ausführungsbestimmungen zu dieser Verordnung erlassen, insbesondere Richtlinien darüber aufstellen, welche Anstalten unter die Verordnung fallen. …” Zum Erlaß derartiger Richtlinien ist es nicht gekommen. Allerdings hat der Reichsarbeitsminister am 17. Mai 1924 an die Regierungen der Länder „Grundsätze zur Durchführung der Verordnung” bekannt gegeben. Diese Grundsätze sollten bereits vor dem Erlaß verbindlicher Richtlinien „die notwendige Einheitlichkeit bei der Durchführung der Verordnung sichern”. In diesen Grundsätzen ist ausgeführt: „Die Verordnung bezieht sich auf Anstalten, in denen Kranke oder Sieche versorgt werden, die ständiger ärztlicher Aufsicht oder fachkundiger Pflege bedürfen. Hierunter sind außer den eigentlichen Krankenhäusern auch Siechenhäuser, Kliniken, Lungenheilstätten, Krüppelheilstätten, Beobachtungsstationen, Genesungsheime, Kindererholungsheime und -heilstätten, Sanatorien usw. zu verstehen. …” Der Senat hat diese Grundsätze als Auslegungshilfe berücksichtigt (Senatsbeschluß vom 18. April 1989, a.a.O.). Unmittelbar aus dem Verordnungstext ergibt sich, daß unter Krankenpflegeanstalt eine Einrichtung zu verstehen ist, in der Kranke versorgt werden, deren Zustand es erforderlich macht, daß sie in einer derartigen Einrichtung ständig unter ärztlicher Aufsicht gepflegt werden. Die Beispiele in den Grundsätzen des Reichsarbeitsministers, insbesondere die Aufführung von Genesungsheimen. Sanatorien usw. zeigen, daß unter Krankenpflegeanstalten neben den Krankenhäusern, in denen die Erstbehandlung von Kranken erfolgt, auch solche Einrichtungen zu zählen sind, in denen Patienten zur Fortbehandlung untergebracht werden. Dazu gehört auch die Klinik …, in der vor allem Patienten nach Operationen zur Weiterbehandlung aufgenommen werden. Es hat denn auch der Betriebsrat in der zweiten Instanz nicht mehr bestritten, daß es sich vorliegend um eine Krankenpflegeanstalt im Sinne von § 1 Abs. 2 KrAZVO handelt, weil in der Klinik … Kranke versorgt werden, die ständiger ärztlicher Pflege bedürfen.
bb) Streit zwischen den Beteiligten besteht aber nach wie vor in der Frage, ob es sich bei den Mitarbeitern der Therapieabteilung um Pflegepersonal im Sinne der KrAZVO handelt. Nach § 1 Abs. 3 KrAZVO gelten als Pflegepersonal im Sinne dieser Verordnung Personen, die in einer derartigen Anstalt aufgrund eines Arbeits- oder Lehrverhältnisses überwiegend pflegerische Arbeiten leisten oder Arbeiten häuslicher oder sonstiger Art verrichten, die unmittelbar der Versorgung der Kranken dienen. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß vorliegend die Mitarbeiter der Therapieabteilung, also insbesondere die Masseure, Bademeister, Ergotherapeuten und Krankengymnasten zum Pflegepersonal gehören. Als Auslegungshilfe dienen auch hier die bereits erwähnten Grundsätze zur Durchführung der Verordnung. Danach gehören zum Pflegepersonal im strengsten Sinne nur Dienste persönlicher Art, die den besonderen Bedürfnissen und Wünschen der Kranken angepaßt werden müssen und vom Pflege-, Wärter- und Hilfswärterpersonal ausgeübt werden. Im erweiterten Sinne gehören dazu aber auch die Dienstleistungen, die sich zeitlich nach den persönlichen Bedürfnissen der Kranken richten müssen, wie die der Masseure, Bademeister, des Küchenpersonals, der Laboranten, Apotheker und des zur Reinigung der Aufenthaltsräume der Kranken erforderlichen Personals. Dementsprechend wird in der Literatur überwiegend die Anwendbarkeit der KrAZVO auf die in den Grundsätzen erwähnten Mitarbeiter bejaht, dagegen nicht für das übrige Krankenhauspersonal (z.B. Büroangestellte, Heizer, Handwerker, Pförtner, Gärtner, Näherinnen und Wäscherinnen), für die die allgemeinen Arbeitszeitregelungen gelten (Denecke/Neumann, AZO, 11. Aufl., § 1 Rz 43; Meisel/Hiersemann, AZO, 2. Aufl., § 1 Rz 26; Bitter, AR-Blattei, Krankenpflege- und Heilhilfspersonal I, E I). Dabei unterscheiden Literatur und Rechtsprechung (Urteil des Zweiten Senats vom 25. Oktober 1989 – 2 AZR 633/88 – AP Nr. 36 zu § 611 BGB Direktionsrecht = EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 30) nicht danach, ob im konkreten Falle sich die zeitliche Lage der Tätigkeit der Arbeitnehmer nur nach den Bedürfnissen der Kranken richtet, also ob im Einzelfall nach dem jeweiligen Krankheitsbild des Patienten die Arbeit keinen Aufschub duldet, also z.B. an Sonn- und Feiertagen erbracht werden muß. Vielmehr wird ausschließlich darauf abgestellt, daß es sich bei Masseuren, Bademeistern, medizinisch-technischen Assistentinnen um Arbeitnehmer handelt, deren Tätigkeit typischerweise sich zeitlich nach den Bedürfnissen der Kranken zu richten hat. Anderer Ansicht ist allein der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats (vgl. Springer, BB 1992, 348 ff.), der die Auffassung vertritt, im Therapiebereich müsse die Frage, welches Personal unter die KrAZVO falle, „im Einzelfall anhand des Krankenbildes des Patientengutes” beantwortet werden. Pflegepersonal im erweiterten Sinne der KrAZVO seien nur die Bediensteten, deren Tätigkeit am Kranken keinen Aufschub dulde, ohne daß der Heilerfolg gefährdet sei. Dementsprechend ist, er auch im vorliegenden Rechtsstreit der Ansicht, bei den Mitarbeitern in der Therapieabteilung handele es sich nicht um Pflegepersonal im Sinne von § 1 Abs. 3 KrAZVO, weil den Ärzten für die Eingangsuntersuchungen der Patienten Therapiespiegel zur Verfügung gestellt werden, aus denen zu entnehmen ist, für welche Therapiemaßnahmen in der laufenden Woche noch Kapazität frei ist. Dementsprechend werde bei der Eingangsuntersuchung nur Art und Zahl der Therapiemaßnahmen festgelegt. Daran zeige sich schon, daß die Therapiemaßnahmen immer Aufschub duldeten.
Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht dieser Auffassung nicht gefolgt. Aus den Grundsätzen zur Durchführung der KrAZVO ergibt sich zunächst, daß zum Pflegepersonal im weiteren Sinne nur die Arbeitnehmer gehören, deren Dienstleistungen sich zeitlich nach den persönlichen Bedürfnissen der Kranken richten müssen. Dies ist der Ansatz für die Auffassung des Betriebsrats, die Mitarbeiter in der Therapieabteilung gehörten nicht zum Pflegepersonal. Hierbei übersieht der Betriebsrat jedoch, daß im gleichen Satz beispielhaft für Arbeitnehmer, die unter das Pflegepersonal einzuordnen sind, die Masseure, Bademeister, Laboranten u.a. aufgeführt werden. In den Auslegungsgrundsätzen wird also davon ausgegangen, daß nicht auf den Einzelfall, nicht auf das einzelne Krankheitsbild eines Patienten abzustellen ist, sondern daß es typischerweise Dienstleistungen in einer Krankenpflegeanstalt gibt, die sich zeitlich nach den persönlichen Bedürfnissen der Kranken richten müssen. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb sich die Tätigkeit von Masseuren, Bademeistern, Krankengymnasten heute nicht mehr zeitlich nach den persönlichen Bedürfnissen der Kranken richten müßte. Dagegen spricht nicht, daß im Einzelfall die Therapie sich nicht zeitlich an den Bedürfnissen des Patienten orientiert. Daß aus Kapazitätsgründen eine notwendige Operation verschoben werden muß, ist nichts außergewöhnliches. Umsomehr gilt dies für Therapiemaßnahmen, die sich zwar grundsätzlich nach den persönlichen Bedürfnissen der Kranken richten müssen, bei denen aber aus Kapazitätsgründen nicht immer dieser Zeitpunkt eingehalten werden kann. Jede therapeutische Behandlung von Patienten muß sich grundsätzlich nach den persönlichen Bedürfnissen der Patienten richten. Dennoch wird es immer einen Konflikt geben zwischen vorhandener Kapazität und dem, was medizinisch geboten ist. Wenn eine Krankenpflegeanstalt sich nach der vorhandenen Kapazität richtet, ob mit oder ohne Therapiespiegel, spricht dies nicht dagegen, daß Dienstleistungen sich nach den persönlichen Bedürfnissen der Patienten richten müssen, sondern nur dafür, daß aus Kapazitätsgründen das, was medizinisch geboten ist, im konkreten Fall nicht durchgeführt werden kann. Der Auffassung des Betriebsrats, daß die Therapiemaßnahmen grundsätzlich Aufschub duldeten, kann somit nicht gefolgt werden. Gerade bei der Rehabilitation im Anschluß an eine Operation kommt es darauf an, die Muskulatur unverzüglich wieder zu stärken, Sehnen beweglich zu machen usw. Generell kann gesagt werden, daß sich die oben genannten Therapiemaßnahmen nach den persönlichen Bedürfnissen der Patienten richten müssen. Weil dies so ist, verfallen auch die von Ärzten ausgeschriebenen Rezepte für Krankengymnastik, Massagen, Fango-Packungen usw., wenn die Therapie nicht innerhalb einer bestimmten Frist begonnen wurde, ebenso wenn sie für eine bestimmte Zeit unterbrochen wird. Nach allem hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, daß es sich bei den Mitarbeitern der Therapieabteilung um Pflegepersonal im Sinne von § 1 Abs. 3 KrAZVO handelt. Dementsprechend findet § 1 Abs. 1 KrAZVO Anwendung, so daß grundsätzlich für Sonn- und Feiertage Arbeit angeordnet werden darf. Bei der Festlegung von Beginn und Ende der Arbeitszeit an den Wochenfeiertagen hat der Betriebsrat daher nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG mitzubestimmen. Daß § 3 Abs. 1 KrAZVO das weitergehende Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nicht ausschließt, hat der Senat in der Entscheidung vom 6. November 1990 (– 1 ABR 88/89 – EzA § 87 BetrVG 1972 Nr. 15) entschieden und ausführlich begründet. Darauf wird Bezug genommen. Dementsprechend war die Einigungsstelle für die Regelung der umstrittenen Angelegenheit zuständig. Danach ist der Hauptantrag zu 1) unbegründet.
3. Über den Hilfsantrag des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht zu Recht nicht entschieden, weil dieser nur für den Fall der Unzulässigkeit des Hauptantrags zu 1) gestellt worden war. Mit diesem Hilfsantrag hat der Betriebsrat auch nur festgestellt haben wollen, daß ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Regelung der Arbeit an Wochenfeiertagen in der Therapieabteilung des Arbeitgebers nicht besteht und damit die Einigungsstelle unzuständig ist.
4. Das Landesarbeitsgericht hat auch zu Recht angenommen, daß der Hauptantrag zu 2) unbegründet sei, mit dem der Betriebsrat die Feststellung begehrt, daß der Spruch der Einigungsstelle vom 13. März 1991 in der Angelegenheit „Regelung der Arbeit an Feiertagen in der Therapieabteilung” unwirksam ist. Die Betriebsparteien haben nur über die Zuständigkeit der Einigungsstelle gestritten und dementsprechend hat der Betriebsrat nur Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben sollte, daß die Einigungsstelle nicht zuständig war. Andere Unwirksamkeitsgründe hat der Betriebsrat nicht geltend gemacht und auch in der Rechtsbeschwerdebegründung in keinerlei Hinsicht dargetan, inwiefern der Einigungsstellenspruch im übrigen rechts fehlerhaft oder ermessensfehlerhaft sein solle. Dem Landesarbeitsgericht ist auch darin zu folgen, daß der Einigungsstellenspruch weder einen Rechtsfehler enthält noch ermessensfehlerhaft ist. Es handelt sich vielmehr um die Regelung eines „Notdienstes” für Therapiemaßnahmen an Wochenfeiertagen, bei der sehr sorgfältig die Interessen der Belegschaft mit denen des Betriebs abgewogen worden sind und in der die Heranziehung der einzelnen Mitarbeiter in der Therapieabteilung wiederum unter Berücksichtigung der Interessen der einzelnen Mitarbeiter geregelt worden ist.
Dementsprechend ist auch der zweite Hauptantrag unbegründet. Aus diesem Grunde war die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Unterschriften
Dr. Kissel, Dr. Weller, Dr. Rost, Blanke, Dr. Feucht
Fundstellen