Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neueingruppierung unter Beteiligung des Betriebsrats bei struktureller Änderung der Gehaltsgruppenordnung
Leitsatz (amtlich)
Wird die im Betrieb Anwendung findende Gehaltsgruppenordnung durch eine tarifliche Neuregelung nicht nur redaktionell, sondern in der Struktur geändert, hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmer unter Beteiligung des Betriebsrats nach Maßgabe des § 99 BetrVG neu einzugruppieren. Die Neufassung der Gehaltsgruppenordnung gemäß § 4 MTV für das Versicherungsgewerbe durch Tarifvertrag vom 25. Oktober 1990 beinhaltet eine derartige strukturelle Änderung.
Normenkette
BetrVG § 99; MTV für das Versicherungsgewerbe i.d.F. vom 25. Oktober 1990 § 4
Verfahrensgang
LAG Hamburg (Beschluss vom 01.06.1992; Aktenzeichen 4 TaBV 1/92) |
ArbG Hamburg (Beschluss vom 16.12.1991; Aktenzeichen 16 BV 12/91) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 1. Juni 1992 – 4 TaBV 1/92 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen !
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, nach Inkrafttreten einer neuen tariflichen Gehaltsgruppenordnung die Mitarbeiter neu einzugruppieren.
Der Arbeitgeber ist ein bundesweit tätiges Unternehmen der Versicherungswirtschaft. Antragsteller ist der in der Bezirksdirektion Hamburg gebildete Betriebsrat. In der Bezirksdirektion Hamburg sind ca. 50 Arbeitnehmer beschäftigt. Der Arbeitgeber ist tarifgebunden. Auf die Arbeitsverhältnisse der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer finden die Tarifverträge für das Versicherungsgewerbe Anwendung. Alle Mitarbeiter des Arbeitgebers in der Bezirksdirektion Hamburg mit Ausnahme der leitenden Angestellten waren gem. § 4 des Manteltarifvertrages für das Versicherungsgewerbe mit Stand vom 1. April 1986 (MTV a.F.) nach Gehaltsgruppe III aufwärts eingruppiert. Am 25. Oktober 1990 schlossen die Tarifvertragsparteien einen neuen Tarifvertrag, mit dem u.a. § 4 MTV “Gehaltsgruppenmerkmale und Eingruppierung” sowie der Anhang zu § 4 MTV neugefaßt wurden. Die Neuregelung ist zum 1. Januar 1991 in Kraft getreten.
- § 4 MTV a.F. enthielt folgende sieben Gehaltsgruppen:
- Einfache Arbeiten, für die nur eine kurze Einarbeitung erforderlich ist.
- Arbeiten, die Kenntnisse oder Fertigkeiten voraussetzen, wie sie im allgemeinen durch eine Zweckausbildung, eine längere Einarbeitung oder eine abgeschlossene Ausbildung nach dem Berufsbild Bürogehilfin erworben werden.
- Arbeiten, die Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie im allgemeinen duch eine abgeschlossene Berufsausbildung (als Versicherungskaufmann oder in einem anderen gleichwertigen, auch gewerblichen Ausbildungsberuf) oder Fachschulausbildung erworben werden, oder Arbeiten, die neben den Anforderungen der Gruppe II eine einschlägige Erfahrung voraussetzen.
- Arbeiten, die vertiefte Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie über die Anforderungen der Gruppe III hinaus im allgemeinen durch zusätzliche Berufserfahrung, Fortbildung oder die Aneignung zusätzlicher Kenntnisse auf einem bestimmten Sachgebiet erworben werden.
- Schwierige Arbeiten, die gründliche Fachkenntnisse und mehrjährige einschlägige Erfahrungen oder umfassende theoretische Kenntnisse erfordern.
- Hochwertige Arbeiten, die besondere Anforderungen an das fachliche Können stellen und mit erhöhter Verantwortung verbunden sind.
- Arbeiten mit Erfordernissen, die über die Merkmale der Tarifgruppe VI hinausgehen und die im allgemeinen mit umfangreicheren Leitungsfunktionen verbunden sind.
- Demgegenüber führt § 4 MTV n.F. folgende acht Gehaltsgruppen auf:
- Tätigkeiten, die nur eine kurze Einweisung erfordern.
- Tätigkeiten, die Kenntnisse oder Fertigkeiten voraussetzen, wie sie im allgemeinen durch eine planmäßige Einarbeitung erworben werden.
- Tätigkeiten, die Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie im allgemeinen durch eine abgeschlossene Berufsausbildung oder durch einschlägige Erfahrung erworben werden.
- Tätigkeiten, die vertiefte Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie im allgemeinen durch zusätzliche Berufserfahrung nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung zum Versicherungskaufmann oder einer ihrer Art entsprechenden Berufsausbildung oder durch die Aneignung entsprechender Kenntnisse für den jeweiligen Tätigkeitsbereich erworben werden.
- Tätigkeiten, die gründliche oder vielseitige Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie durch mehrjährige einschlägige Erfahrungen erworben werden, oder Tätigkeiten, die umfassende theoretische Kenntnisse erfordern.
- Tätigkeiten, die besonders gründliche oder besonders vielseitige Fachkenntnisse erfordern, oder Tätigkeiten, die den Anforderungen der Gehaltsgruppe V entsprechen und mit besonderer Entscheidungsbefugnis verbunden sind. Dem gleichzusetzen sind Tätigkeiten, die gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordern.
- Tätigkeiten, die hohe Anforderungen an das fachliche Können stellen und mit erweiterter Fach- oder Führungsverantwortung verbunden sind.
- Tätigkeiten, die in den Anforderungen an das fachliche Können und in der Fach- oder Führungsverantwortung über diejenigen der Gehaltsgruppe VII hinausgehen.
Während es im Anhang zu § 4 Ziff. 1 MTV a.F. unter “Richtlinien für die Gehaltsgruppeneinteilung” hieß:
“Die Aufzeichnung der Tätigkeitsmerkmale in der nachstehenden Gehaltsgruppeneinteilung enthält nur Beispiele und ist nicht erschöpfend. Die Aufteilung soll nur eine Richtlinie sein. Je nach Umfang, Größe und Eigenart des Betriebes und der Versicherungsart werden Abweichungen erforderlich sein. Zusammenfassung verschiedener Abteilungen oder auf verschiedene Gruppen verteilte Arbeiten werden eine den Verhältnissen angepaßte Einstufung notwendig machen.
Tätigkeiten, die nach diesen Richtlinien als zu einer bestimmten Gehaltsgruppe gehörig aufgeführt sind, können auch in eine höhere oder niedrigere Gehaltsgruppe eingereiht werden, wenn es sich um schwierigere oder leichtere Verrichtungen, insbesondere nach der Art des Versicherungszweiges, handelt.”
bestimmt der Anhang zu § 4 Ziff. 1 MTV n.F. unter “Tätigkeitsbeispiele zu den Gehaltsgruppen” nunmehr:
“Die nachstehenden Tätigkeitsbeispiele sind nicht erschöpfend. Sie geben die übereinstimmende Auffassung der Tarifvertragsparteien für typische Zuordnungen wieder. Ist eine Tätigkeit als Beispiel zu einer Gehaltsgruppe genannt, ist grundsätzlich davon auszugehen, daß sie in diese Gehaltsgruppe einzustufen ist. Von diesem Grundsatz kann zuungunsten des Arbeitnehmers nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.
Der überwiegende Teil der Beispiele findet sich durchgehend in mehreren Gehaltsgruppen, wobei durch die Zusätze “einfach”, “mit erhöhten Anforderungen”, “qualifiziert” und “besonders qualifiziert” zum Ausdruck gebracht wird, daß es sich jeweils um unterschiedliche Schwierigkeitsgrade der betreffenden Tätigkeit handelt. Tätigkeitsbeispiele ohne Zusatz bedeuten, daß es sich um den normalen Schwierigkeitsgrad der betreffenden Tätigkeit handelt. Die differenzierenden Zusätze beziehen sich in keinem Fall auf die Mitarbeiter/innen und ihre persönliche Qualifikation, sondern ausschließlich auf die jeweiligen von ihnen ausgeübten Tätigkeiten. Das gilt auch für die Worte “qualifiziert” und “besonders qualifiziert”.”
Die den einzelnen Gehaltsgruppen zugeordneten Tätigkeitsbeispiele sind teilweise geändert und insgesamt teils wesentlich erweitert worden. Im einzelnen wird auf den jeweiligen Anhang zu § 4 MTV a.F. bzw. § 4 MTV n.F. verwiesen.
In einer von beiden Tarifvertragsparteien unterzeichneten Protokollnotiz vom 25. Oktober 1990 heißt es:
“Zur Tarifvereinbarung zur Einführung einer neuen Gehaltsstruktur vom 25.10.1990
In mehrjährigen Verhandlungen haben sich die Tarifvertragsparteien auf eine Neufassung der Gehaltsstruktur geeinigt. Dabei ist die Zahl der Gehaltsgruppen durch die Schaffung einer Zwischengruppe zwischen den bisherigen Gehaltsgruppen V und VI (jetzt VII) von 7 auf 8 erhöht worden. Durch die Einführung der Gehaltsgruppe VI (neu) wollten die Tarifparteien der Tatsache Rechnung tragen, daß der Abstand zwischen den bisherigen Gruppen V und VI unverhältnismäßig groß war, was eine der konkreten Tätigkeit entsprechende Eingruppierung in diesem Bereich erschwerte. Der Gehaltsgruppe VI (neu) werden Tätigkeiten zugeordnet, die über die Anforderungen der Gruppe V hinausgehen, ohne diejenigen der Gruppe VII (bisher VI) zu erreichen.
Die Gehaltsgruppen I – V sowie VII und VIII (bisher VI und VII) wurden unter Beibehaltung ihrer Dotierung und ihres wesentlichen Inhalts präziser und aktueller definiert. Die Tätigkeitsbeispiele wurden nach Bezeichnung und Inhalt der heutigen Unternehmenspraxis angepaßt und in eine systematische Reihenfolge gebracht.
Die Neufassung der Gehaltsstruktur soll nach dem Willen der Tarifvertragsparteien kostenneutral sein. Das bedeutet, daß aus Anlaß dieser Gehaltsstrukturänderung weder eine Höhergruppierung noch eine Herabgruppierung von Arbeitnehmern, abgesehen von den durch die neue Gehaltsgruppe VI erfaßten Tätigkeiten, vorzunehmen ist. Dies unterstellt die richtige tarifliche Eingruppierung.”
Der Betriebsrat hat die Neueingruppierung der bisher gem. § 4 MTV a.F. eingruppierten Arbeitnehmer gefordert. Der Arbeitgeber hat dies abgelehnt und sich nur zur Neueingruppierung von Gruppenleitern und Sekretärinnen bereit erklärt.
Der Betriebsrat ist der Ansicht, es habe eine Überprüfung sämtlicher Eingruppierungen und eine Neueingruppierung in den jetzt geltenden Tarifvertrag zu erfolgen. Die Vergütungsordnung habe gravierende Änderungen erfahren durch die Einführung sachlich anderer allgemeiner Tätigkeitsmerkmale sowie erheblich geänderter Tätigkeitsbeispiele und die Einführung einer neuen Vergütungsgruppe. Die Protokollnotiz stehe dem nicht entgegen. Sie enthalte keine eigenständige tarifliche Regelung, sondern lediglich eine Auslegungshilfe. Der Protokollnotiz könne insbesondere nicht entnommen werden, daß eine starre Überleitung der Eingruppierungen in die jeweils zugeordnete neue Gehaltsgruppe zu erfolgen habe.
Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,
- die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, alle bisher gemäß § 4 des Manteltarifvertrages für das Versicherungsgewerbe vom 1. April 1986 (abgeschlossen zwischen dem Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen in Deutschland und der Gewerkschaft HBV) eingruppierten Mitarbeiter der Bezirksdirektion Hamburg gemäß § 4 des MTV für das Versicherungsgewerbe vom 25. Oktober 1990 (abgeschlossen zwischen dem Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen in Deutschland und der Gewerkschaft HBV) neu einzugruppieren;
- die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, zu den gemäß Antrag zu 1) vorzunehmenden Eingruppierungen die Zustimmung des Beteiligten zu 1) einzuholen.
Er hat zweitinstanzlich den Antrag dahin beschränkt, daß zwei Gruppenleiter ausgenommen wurden, wegen deren Eingruppierung ein eigenes Verfahren anhängig war (vgl. Senatsbeschluß vom 12. Januar 1993 – 1 ABR 42/92 –).
Der Arbeitgeber hat beantragt, die Anträge abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, zu einer Neueingruppierung nicht verpflichtet zu sein. Aus der Protokollnotiz zur Tarifvereinbarung zur Einführung einer neuen Gehaltsstruktur vom 25. Oktober 1990 lasse sich entnehmen, daß grundsätzlich keine Neueingruppierung der dem Geltungsbereich des Tarifvertrages unterfallenden Arbeitnehmer erforderlich sein solle. Zwar könne, wie dem Begriff “wesentlich” in der Protokollnotiz zu entnehmen sei, in Randbereichen eine Neueingruppierung einzelner Arbeitnehmer in Betracht kommen; insoweit sei aber von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis auszugehen; die ungeprüfte Beibehaltung der Eingruppierung stelle die Regel, die Neueingruppierung eines Arbeitnehmers dagegen die Ausnahme dar.
Der Arbeitgeber hat weiter die Auffassung vertreten, die sprachliche Neufassung der für die einzelnen Gehaltsgruppen maßgeblichen Tätigkeitsmerkmale beinhalte keine grundsätzliche Veränderung. Diese seien unter Beibehaltung ihres wesentlichen Inhalts lediglich präziser und aktueller definiert worden. Der Betriebsrat könne sich für sein Verlangen auf neue Eingruppierung auch nicht darauf berufen, die in der Vergangenheit erfolgte Eingruppierung eines Arbeitnehmers sei zu Unrecht erfolgt.
Zur Eingruppierung der Sachbearbeiter hat der Arbeitgeber vorgetragen, diese seien an sich tariflich richtig in Gehaltsgruppe IV MTV einzugruppieren. Die – unstreitige – Eingruppierung in Gehaltsgruppe V MTV nach Absolvierung einer Einarbeitungszeit von sechs bis zwölf Monaten sei zurückzuführen auf eine entsprechende Betriebsvereinbarung.
Das Arbeitsgericht hat den Anträgen des Betriebsrats stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Arbeitgebers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Arbeitgeber sein Begehren der Abweisung der Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers war zurückzuweisen.
Das Landesarbeitsgericht hat in Begründung und Ergebnis zutreffend eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neueingruppierung aller nach dem bisher geltenden Tarifvertrag eingruppierten Arbeitnehmer bejaht.
I. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats zu Recht als zulässig angesehen.
1. Bei dem auf § 101 BetrVG gestützten Antrag des Betriebsrats, den Arbeitgeber zu verpflichten, die betroffenen Arbeitnehmer neu einzugruppieren, handelt es sich um einen Leistungsantrag, für den ein besonderes Rechtsschutzinteresse nicht erforderlich ist (Senatsbeschluß vom 18. Juni 1991 – 1 ABR 53/90 – EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 100, zu B I 3 der Gründe). Dies folgt bereits daraus, daß der Arbeitgeber dem Begehren des Betriebsrats bisher nicht nachgekommen ist, sondern die Auffassung vertritt, einer erneuten Eingruppierung unter Beteiligung des Betriebsrats bedürfe es nicht.
Soweit die Gruppenleiter H… und T… betroffen waren, hinsichtlich derer der Arbeitgeber eine Eingruppierung vorgenommen hat, ist der Antrag zweitinstanzlich beschränkt worden. Daß der Arbeitgeber weitere Neueingruppierungen unter Beteiligung des Betriebsrats vorgenommen hat, ist aus dem beiderseitigen Vorbringen der Beteiligten nicht ersichtlich. Die bloße Ankündigung des Arbeitgebers im Schreiben vom 17. Juli 1991, zur Neueingruppierung der Gruppenleiter und Sekretärinnen bereit zu sein, stellt nicht die Einleitung eines ordnungsgemäßen Beteiligungsverfahrens nach § 99 BetrVG dar. Im übrigen wäre dies keine Frage des Rechtsschutzbedürfnisses, sondern der Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs.
2. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag zu Recht als hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO angesehen. Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Rechtsbeschwerde sind nicht begründet.
Der Betriebsrat war nicht gehalten, die Namen sämtlicher betroffener Arbeitnehmer in dem Antrag aufzulisten. Der Antrag läßt auch in seiner hier gewählten Form keinen Zweifel, hinsichtlich welcher Arbeitnehmer der Betriebsrat eine Neueingruppierung begehrt. Erfaßt sind alle Arbeitnehmer der Bezirksdirektion Hamburg, die schon bisher nach der Gehaltsgruppenordnung gem. § 4 MTV a.F. eingruppiert waren. Damit ist der Kreis positiv dahin festgelegt, daß es sich nur um Mitarbeiter der Bezirksdirektion handelt, die schon während des Geltungszeitraums des alten Tarifvertrages beschäftigt und eingruppiert waren. Mitarbeiter, die erst unter der Geltung des neuen Tarifvertrags eingestellt worden sind, sind hingegen nicht erfaßt.
Diese Abgrenzung des betroffenen Personenkreises genügt den Bestimmtheitsanforderungen. Der Arbeitgeber hat auch in der Rechtsbeschwerde keinen konkreten Zweifelsfall genannt, hinsichtlich dessen es unklar sein könnte, ob er vom Antrag erfaßt ist oder nicht. Soweit er auf die Fälle H… und T… verweist, läßt sich daraus nichts gegen die Bestimmtheit des Antrags herleiten. Beide waren nach dem ursprünglichen Antrag ohne weiteres erfaßt als nach dem bisher geltenden Tarifvertrag eingruppierte Tarifangestellte. Deshalb war die Beschränkung des Antrags erforderlich. Wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung zu Recht anmerkt, handelt es sich insoweit nicht um eine Frage der Zulässigkeit des Antrags wegen mangelnder Bestimmtheit, sondern um eine solche der Begründetheit. Dies gilt auch dann, wenn man den Antrag als sog. Globalantrag ansähe. Die denkbar weite Fassung führt nicht zur Unbestimmtheit. Der Antrag wäre allenfalls insgesamt als unbegründet abzuweisen, wenn auch nur in einer der erfaßten Fallgestaltungen das geltend gemachte Beteiligungsrecht nicht bestünde (ständige Senatsrechtsprechung seit dem Senatsbeschluß vom 10. Juni 1986, BAGE 52, 160 = AP Nr. 18 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit).
Weitere Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrags sind nicht ersichtlich.
II. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag zu Recht als begründet angesehen.
1. Nach der ständigen Senatsrechtsprechung gelten für die Beteiligung des Betriebsrats bei Eingruppierungen oder Umgruppierungen die folgenden Grundsätze:
Eine bestehende Lohn- oder Gehaltsgruppenordnung begründet regelmäßig einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers selbst auf Vergütung entsprechend dieser Ordnung und damit auch einen Anspruch auf Eingruppierung in diese Ordnung. Die Eingruppierung ist dabei keine nach außen wirkende konstitutive Maßnahme, sondern ein gedanklicher Vorgang, ein Akt der Rechtsanwendung. Der Arbeitnehmer ist eingruppiert, er wird nicht eingruppiert. Es geht also um die Kundgabe des bei der Rechtsanwendung gefundenen Ergebnisses, welchen Tätigkeitsmerkmalen die vom Arbeitnehmer zu verrichtende Tätigkeit entspricht und aus welcher Vergütungsgruppe er dementsprechend zu vergüten ist.
Bei diesem dem Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer obliegenden Vorgang ist der Betriebsrat nach Maßgabe des § 99 BetrVG zu beteiligen. Da die Eingruppierung kein Gestaltungs-, sondern ein Beurteilungsakt ist, ist auch das Mitbestimmungsrecht hier nicht als Mitgestaltungs-, sondern als Mitbeurteilungsrecht zu verstehen. Die Beteiligung des Betriebsrats an diesem Akt der Rechtsanwendung soll sicherstellen, daß die angesichts der allgemein und weit gehaltenen Fassung der Tätigkeitsmerkmale oft schwierige Prüfung, welcher Vergütungsgruppe die Tätigkeit des Arbeitnehmers entspricht, möglichst zutreffend erfolgt. Es dient der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung der Lohn- und Gehaltsgruppenordnung in gleichen und vergleichbaren Fällen, damit aber auch der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit und Transparenz der im Betrieb vorgenommenen Eingruppierungen.
Der Arbeitgeber hat dementsprechend – wie bei den anderen Mitbestimmungstatbeständen des § 99 BetrVG auch – die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung einzuholen und bei Weigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren zu betreiben, will er seine Eingruppierung aufrechterhalten. Er kann die Schutzfunktion des Mitbestimmungsrechts nicht dadurch unterlaufen, daß er die gebotene Eingruppierung überhaupt oder bei Weigerung der Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten Eingruppierung die Durchführung des Ersetzungsverfahrens unterläßt und den Arbeitnehmer damit darauf verweist, seine zutreffende Eingruppierung selbst geltend zu machen. Der Betriebsrat kann zwar in diesem Fall nicht die “Aufhebung” der falschen Eingruppierung bzw. “Nichteingruppierung” verlangen, da ein aufzuhebender Gestaltungsakt nicht vorliegt. § 101 BetrVG ist aber seinem Sinn und Zweck entsprechend so auszulegen, daß sein Ziel auch bei Eingruppierungen erreicht wird. Das Verfahren nach § 101 BetrVG dient der Sicherung des Mitbestimmungsrechts bei personellen Einzelmaßnahmen. Diese Sicherung kann bei Eingruppierungen nur dadurch geschehen, daß der Arbeitgeber, sofern er die vorgenommene Eingruppierung weiterhin für richtig ansieht und an ihr festhält, vom Gericht angehalten wird, die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen bzw. – falls der Betriebsrat diese nicht erteilt – das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen (ständige Senatsrechtsprechung seit den Senatsbeschlüssen vom 22. März 1983 – BAGE 42, 121 = AP Nr. 6 zu § 101 BetrVG 1972 m. Anm. Löwisch und vom 31. Mai 1983 – BAGE 43, 35 = AP Nr. 27 zu § 118 BetrVG 1972 m. Anm. Misera; vgl. weiter etwa Senatsbeschluß vom 20. Dezember 1988 – BAGE 60, 330 = AP Nr. 62 zu § 99 BetrVG 1972 m. Anm. Misera; Senatsbeschluß vom 3. Oktober 1989 – 1 ABR 66/88 –, vom 20. März 1990 – 1 ABR 20/89 –, vom 20. September 1990 – 1 ABR 17/90 – AP Nr. 75, Nr. 79 und Nr. 83 zu § 99 BetrVG 1972; Senatsbeschluß vom 18. Juni 1991 – 1 ABR 53/90 – EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 100; zuletzt Senatsbeschluß vom 9. Februar 1993 – 1 ABR 51/92 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
Es kommt vorliegend also letztlich nicht darauf an, ob man – hier allerdings zutreffend – davon ausgeht, der Arbeitgeber habe überhaupt keine Eingruppierungsentscheidung getroffen, weil er der Auffassung war, eine solche sei wegen der automatischen Überleitung der nach dem bisherigen Tarifvertrag eingruppierten Arbeitnehmer in die jeweils zugeordnete neue Gehaltsgruppe nicht erforderlich, oder ob man in der vom Arbeitgeber vertretenen Auffassung, die Arbeitnehmer seien in die jeweils zugeordneten neuen Gehaltsgruppen eingruppiert, bereits die Eingruppierungsentscheidung im Sinne der Kundgabe einer rechtlichen Bewertung sieht – in beiden Fällen wäre die Rechtsanwendung ohne Beteiligung des Betriebsrats erfolgt und damit die Voraussetzungen für ein Verfahren nach § 101 BetrVG gegeben.
2. Diese Grundsätze gelten nicht nur bei der erstmaligen Eingruppierung, sondern auch dann, wenn der Arbeitgeber aufgrund veränderter Verhältnisse zu einer Neueingruppierung verpflichtet ist. Eine solche Entscheidung ist u.a. dann notwendig, wenn sich die anzuwendende Vergütungsgruppenordnung ändert. In diesem Fall ist – trotz unveränderter Tätigkeit des Arbeitnehmers – zu klären, welchen der neuen Tätigkeitsmerkmale die von dem Arbeitnehmer auszuübende Tätigkeit nunmehr entspricht. An dieser Entscheidung ist der Betriebsrat in gleicher Weise wie bei der erstmaligen Eingruppierung zu beteiligen (Senatsbeschluß vom 3. Oktober 1989 – 1 ABR 66/88 – AP Nr. 75 zu § 99 BetrVG 1972; Senatsbeschluß vom 18. Juni 1991 – 1 ABR 53/90 – EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 100).
Es geht dabei nicht um die Korrektur einer unter Wahrung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats einmal getroffenen, trotz unveränderter Verhältnisse aber nicht mehr für richtig gehaltenen Eingruppierungsentscheidung, hinsichtlich welcher dem Betriebsrat kein Initiativrecht auf Durchführung eines erneuten Eingruppierungsverfahrens nach § 99 BetrVG zusteht (vgl. Senatsbeschluß vom 18. Juni 1991, aaO).
3. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, bei der Neufassung der Gehaltsgruppenordnung durch den Tarifvertrag vom 25. Oktober 1990 handele es sich um eine wesentliche Änderung der Struktur dieser Ordnung im vorstehenden Sinne, die eine Verpflichtung zur Neueingruppierung auslöst. Dies ergibt sich sowohl aus der Änderung der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale wie auch der jeweils zugeordneten Tätigkeitsbeispiele. Der Annahme einer wesentlichen Änderung steht die Protokollnotiz nicht entgegen.
a) Die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale sind insgesamt neu gefaßt. Abgesehen von der Erweiterung von bisher sieben auf nunmehr acht Gehaltsgruppen gehen auch die Formulierungen im einzelnen über bloß redaktionelle Änderungen hinaus.
Gehaltsgruppe II a.F. etwa erfaßte Arbeiten, die Kenntnisse oder Fertigkeiten voraussetzen, wie sie im allgemeinen durch eine Zweckausbildung, eine längere Einarbeitung oder eine abgeschlossene Ausbildung nach dem Berufsbild Bürogehilfin erworben werden. Demgegenüber lautet Gehaltsgruppe II n.F.: Tätigkeiten, die Kenntnisse oder Fertigkeiten voraussetzen, wie sie im allgemeinen durch eine planmäßige Einarbeitung erworben werden. Der Begriff “längere Einarbeitung” ist nicht deckungsgleich mit dem jetzt verwandten Begriff “planmäßige Einarbeitung”. Es ist also durch- aus denkbar, daß ein Arbeitnehmer jetzt nach Gehaltsgruppe II eingruppiert ist, weil er eine planmäßige Einarbeitung durchläuft, die aber nicht als längere Einarbeitung im Sinne der bisherigen Tarifgruppe anzusehen war. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der Neuformulierung von Gehaltsgruppe I (früher: einfache Arbeiten, für die nur eine kurze Einarbeitung erforderlich ist, jetzt: Tätigkeiten, die nur eine kurze Einweisung erfordern).
Eine Änderung der Gehaltsgruppe II ist auch insoweit erfolgt, als die bisher hier aufgeführte “abgeschlossene Ausbildung nach dem Berufsbild Bürogehilfin” in Gehaltsgruppe II n.F. entfallen ist. Da die Bürogehilfin auch nicht unter den Tätigkeitsbeispielen aufgeführt ist, spricht dies – wie das Landesarbeitsgericht zu Recht feststellt – dafür, sie nunmehr in Gehaltsgruppe III n.F. einzugruppieren, welche Tätigkeiten erfaßt, die Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie im allgemeinen durch eine abgeschlossene Berufsausbildung oder durch einschlägige Erfahrung erworben werden.
Gehaltsgruppe III n.F. weicht ihrerseits wiederum ab von Gehaltsgruppe III a.F. Danach war die abgeschlossene Berufsausbildung durch einen Klammerzusatz definiert als eine solche als “Versicherungskaufmann oder in einem anderen gleichwertigen, auch gewerblichen Ausbildungsberuf”. Diese Beschränkung ist nunmehr erst in Gehaltsgruppe IV n.F. enthalten, wenn die dort verlangten vertieften Fachkenntnisse als solche bezeichnet werden, “wie sie im allgemeinen durch zusätzliche Berufserfahrung nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung zum Versicherungskaufmann oder einer ihrer Art entsprechenden Berufsausbildung oder durch die Aneignung entsprechender Kenntnisse für den jeweiligen Tätigkeitsbereich erworben werden”. Die bisher in Gehaltsgruppe III a.F. der Berufsausbildung gleichgestellte Fachschulausbildung wird weder in Gehaltsgruppe III n.F. noch in Gehaltsgruppe IV n.F. noch erwähnt.
Auch hier ist also denkbar, daß ein Arbeitnehmer mit abgeschlossener Berufsausbildung mangels Vergleichbarkeit mit dem Ausbildungsberuf Versicherungskaufmann bisher nicht in Gehaltsgruppe III a.F. eingruppiert werden konnte, nach Wegfall der Klammerdefinition aber doch.
Gehaltsgruppe V a.F. ist von den Tarifvertragsparteien durch die Gehaltsgruppen V n.F. und VI n.F. ersetzt worden. Insoweit sind neue Gehaltsgruppen geschaffen worden mit dem Erfordernis einer neuen Eingruppierung, was zwischen den Beteiligten letztlich nicht streitig ist. Der Arbeitgeber hat dem hinsichtlich der Arbeitnehmer H… und T… Rechnung getragen durch Einleitung entsprechender Verfahren nach § 99 BetrVG.
Auch die bisherigen Gehaltsgruppen VI und VII sind nicht nur neu beziffert worden als Gehaltsgruppen VII bzw. VIII n.F. Sie weisen in den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen gleichfalls Änderungen auf, die nicht mehr als nur redaktionell betrachtet werden können.
Während Gehaltsgruppe VI a.F. lautete: Hochwertige Arbeiten, die besondere Anforderungen an das fachliche Können stellen und mit erhöhter Verantwortung verbunden sind, verlangt Gehaltsgruppe VII n.F. Tätigkeiten, die hohe Anforderungen an das fachliche Können stellen und mit erweiterter Fach- oder Führungsverantwortung verbunden sind.
“Hochwertige Arbeiten, die besondere Anforderungen” stellen, sind nicht ohne weiteres gleichzusetzen mit “Tätigkeiten, die hohe Anforderungen stellen”. “Erhöhte Verantwortung” einerseits und “erweiterte Fach- oder Führungsverantwortung” andererseits sind gleichfalls nicht deckungsgleich.
Entsprechendes gilt für Gehaltsgruppe VII a.F.: “Arbeiten mit Erfordernissen, die über die Merkmale der Tarifgruppe VI hinausgehen und die im allgemeinen mit umfangreicheren Leitungsfunktionen verbunden sind” gegenüber Gehaltsgruppe VIII n.F.: “Tätigkeiten, die in den Anforderungen an das fachliche Können und in der Fach- oder Führungsverantwortung über diejenigen der Gehaltsgruppe VII hinausgehen.”
Der Begriff der “umfangreicheren Leitungsfunktion” ist fallengelassen worden; gefordert wird statt dessen eine über Gehaltsgruppe VII n.F. (erweiterte Fach- oder Führungsverantwortung) hinausgehende Verantwortung.
b) Sprechen also bereits diese Hinweise auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale dafür, daß sich die Struktur der Gehaltsgruppenordnung geändert hat, gilt dies erst recht unter Einbeziehung der tariflichen Tätigkeitsbeispiele.
Dies macht schon die von den Tarifvertragsparteien vorangestellte allgemeine Definition deutlich.
Während es bisher unter der Überschrift “Richtlinien für die Gehaltsgruppeneinteilung” hieß:
“Die Aufzeichnung der Tätigkeitsmerkmale in der nachstehenden Gehaltsgruppeneinteilung enthält nur Beispiele und ist nicht erschöpfend. Die Aufteilung soll nur eine Richtlinie sein. Je nach Umfang, Größe und Eigenart des Betriebes und der Versicherungsart werden Abweichungen erforderlich sein. …
Tätigkeiten, die nach diesen Richtlinien als zu einer bestimmten Gehaltsgruppe gehörig aufgeführt sind, können auch in eine höhere oder niedrigere Gehaltsgruppe eingereiht werden, wenn es sich um schwierigere oder leichtere Verrichtungen, insbesondere nach der Art des Versicherungszweiges, handelt.”
formuliert die Neufassung unter der Überschrift “Tätigkeitsbeispiele zu den Gehaltsgruppen” wie folgt:
“Die nachstehenden Tätigkeitsbeispiele sind nicht erschöpfend. Sie geben die übereinstimmende Auffassung der Tarifvertragsparteien für typische Zuordnungen wieder. Ist eine Tätigkeit als Beispiel zu einer Gehaltsgruppe genannt, ist grundsätzlich davon auszugehen, daß sie in diese Gehaltsgruppe einzustufen ist. Von diesem Grundsatz kann zuungunsten des Arbeitnehmers nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.”
Daraus ist allgemein schon eine strengere Anbindung an die Tätigkeitsbeispiele abzuleiten.
Aber auch die den jeweiligen Gehaltsgruppen zugeordneten Tätigkeitsbeispiele haben sich geändert. Dies wird allein aus der Zahl der einzelnen Beispiele deutlich. Gehaltsgruppe II a.F. waren 12 Tätigkeitsbeispiele zugeordnet gegenüber 8 Beispielen zu Gehaltsgruppe II n.F., Gehaltsgruppe III a.F. 17 Beispiele gegenüber 22 Beispielen zu Gehaltsgruppe III n.F., Gehaltsgruppe IV a.F. 12 Beispiele gegenüber 23 Beispielen zu Gehaltsgruppe IV n.F., Gehaltsgruppe VI a.F. 9 Tätigkeitsbeispiele gegenüber 20 Tätigkeitsbeispielen zu Gehaltsgruppe VII n.F. Die Tätigkeitsbeispiele zu den neu geschaffenen Gehaltsgruppen V n.F. und VI n.F. belaufen sich auf insgesamt 47 gegenüber 13 Beispielen zu der bisherigen Gehaltsgruppe V a.F.
Die schon durch diese Zahlen indizierten Änderungen lassen sich an einzelnen Beispielen verdeutlichen, in denen alte Tätigkeitsbeispiele teils entfallen bzw. neue Tätigkeitsbeispiele gebildet worden sind. Wenn Gehaltsgruppe I a.F. etwa das Tätigkeitsbeispiel einfache Boten-, Pförtner- und Wächtertätigkeiten zugeordnet war, Gehaltsgruppe II a.F. dagegen Boten-, Pförtnerund Wächtertätigkeiten, fehlen diese Tätigkeitsbeispiele in Gehaltsgruppe I n.F. ganz, Gehaltsgruppe II n.F. erfaßt nur noch Pförtner- und Wächtertätigkeiten. Die Unterscheidung zwischen einfachen und “normalen” Pförtner- und Wächtertätigkeiten ist also entfallen, die Eingruppierung erfolgt offensichtlich generell in Gehaltsgruppe II n.F. Der Bote wird überhaupt nicht mehr erwähnt, müßte also nach den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen eingruppiert werden.
In den Tätigkeitsbeispielen zu Gehaltsgruppe II a.F. waren aufgeführt einfache Schreib- und Rechenarbeiten bzw. einfache Arbeiten an Datenerfassungs- oder Prüfgeräten, an konventionellen Lochkarten- sowie peripheren Zusatzmaschinen. Demgegenüber lauten die entsprechenden Tätigkeitsbeispiele zu Gehaltsgruppe II n.F. Schreibarbeiten während der Einarbeitung bzw. Datenerfassungsarbeiten während der Einarbeitung. In Gehaltsgruppe III n.F. werden demgegenüber ohne Zusatz erfaßt Schreibarbeiten bzw. Datenerfassungsarbeiten, während es in den Tätigkeitsbeispielen zu Gehaltsgruppe III a.F. noch hieß Schreibarbeiten nach Stenogramm oder Diktiergerät bzw. Arbeiten an Datenerfassungs- oder Prüfgeräten …
Danach sind also Schreibarbeiten bzw. Datenerfassungsarbeiten jetzt nach der Einarbeitung generell in Gehaltsgruppe III eingruppiert, und zwar auch dann, wenn es sich um “einfache” Arbeiten handelt. Hierin liegt eine eindeutige strukturelle Änderung.
Das bisher der Gehaltsgruppe IV a.F. zugeordnete Tätigkeitsbeispiel “Regulierung im Außendienst” ist nunmehr Gehaltsgruppe V n.F. zugeordnet unter “Außenregulierung”.
Gehaltsgruppe IV n.F. sind eine Reihe von Tätigkeitsbeispielen zugeordnet, die bisher in dieser Form nicht genannt wurden, so z.B. Sachbearbeitung im Einkauf, Personalsachbearbeitung ID/AD, Sekretariatsarbeiten, Arbeiten mit elektronischen Sicherheits- und Überwachungsanlagen.
Gehaltsgruppe VII n.F. etwa enthält mit “qualifizierten Technikertätigkeiten” gleichfalls ein neues Tätigkeitsbeispiel.
Diese – nicht erschöpfende – Aufzählung unterstreicht, daß es sich angesichts der Änderungen der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale und der Änderungen der Tätigkeitsbeispiele nicht nur um redaktionelle Änderungen handelt, sondern um eine wesentliche strukturelle Änderung der Gehaltsgruppenordnung, die eine Neueingruppierung erforderlich macht.
c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Protokollnotiz vom 25. Oktober 1990. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, diese beschränke nicht den Eingruppierungsspielraum in der Weise, daß – abgesehen von der Neueingruppierung der bisher in Gehaltsgruppe V eingruppierten Arbeitnehmer – eine starre Zuordnung vorgegeben sei, so daß von einer Eingruppierung im Sinne einer wertenden Entscheidung nicht mehr die Rede sein könne. Dies hat der Senat schon in seinem zur Veröffentlichung vorgesehenen Beschluß vom 12. Januar 1993 – 1 ABR 42/92 – gleichfalls so gesehen.
Protokollnotizen der Tarifvertragsparteien können unterschiedliche Bedeutung haben. Sie können selbst eine tarifliche Regelung enthalten, ihnen kann die Bedeutung einer authentischen Interpretation des Tarifvertrages oder aber ein bloßer Hinweis auf den Willen der Tarifvertragsparteien zukommen. Welche Bedeutung im einzelnen anzunehmen ist, ist durch Auslegung der Protokollnotiz und des von ihr betroffenen Tarifvertrages zu entnehmen (vgl. Hagemeier/Kempen/Zachert/Zilius, TVG, 2. Aufl., § 1 Rz 234, 234a; Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 1 Rz 422 ff., beide mit Nachweisen).
Die Protokollnotiz vom 25. Oktober 1990 enthält keine eigenständige tarifliche Regelung. Abs. 1 und Abs. 2 erläutern im wesentlichen nur Anlaß und Ziel der Neufassung der Gehaltsstruktur. Sie geben an, warum die Tarifvertragsparteien eine Neuregelung für sinnvoll gehalten haben. Ein Hinweis auf die hier interessierende Frage läßt sich allenfalls der Feststellung in Abs. 2 entnehmen, die Gehaltsgruppen I bis V und VII und VIII (bisher VI und VII) seien unter Beibehaltung ihrer Dotierung und ihres wesentlichen Inhalts präziser und aktueller definiert worden; die Tätigkeitsbeispiele seien nach Bezeichnung und Inhalt der heutigen Unternehmenspraxis angepaßt und in eine systematische Reihenfolge gebracht worden. Dies läßt den Willen der Tarifvertragsparteien erkennen, das bisherige Tarifgruppensystem im wesentlichen unverändert fortzuschreiben. Entsprechendes zeigt auch Abs. 3 der Protokollnotiz, wonach die Neufassung der Gehaltsstruktur “nach dem Willen der Tarifvertragsparteien kostenneutral sein” soll. Die Tarifvertragsparteien stellen weiter fest, dies bedeute, daß aus Anlaß dieser Gehaltsstrukturänderung weder eine Höhergruppierung noch eine Herabgruppierung von Arbeitnehmern, abgesehen von den durch die neue Gehaltsgruppe VI erfaßten Tätigkeiten, vorzunehmen sei.
Auch insoweit enthält die Protokollnotiz keine eigenständige Regelung. Die ausdrückliche Kundgabe des Willens der Parteien spricht vielmehr für die Einordnung als authentisches Auslegungskriterium.
Der Protokollnotiz ist jedenfalls – unabhängig von ihrer rechtlichen Einordnung – nicht zu entnehmen, daß die Tarifvertragsparteien davon ausgegangen wären, die neuen Tarifgruppen seien den bisherigen Tarifgruppen jeweils starr zuzuordnen in der Weise, daß die Arbeitnehmer automatisch in eine bestimmte Gruppe überführt würden – mit einem Spielraum nur für die bisher in Gehaltsgruppe V eingruppierten Arbeitnehmer insoweit, als diese entweder in Gehaltsgruppe V n.F. oder Gehaltsgruppe VI n.F., nicht aber darüber hinaus eingruppiert seien. Diese Annahme verbietet sich angesichts des letzten Satzes der Protokollnotiz, dies (nämlich Kostenneutralität bzw. weder Höhergruppierung noch Herabgruppierung) unterstelle die richtige tarifliche Eingruppierung. Hieraus wird deutlich, daß die Überführung der Arbeitnehmer in die neue Gehaltsstruktur nicht “mechanisch” und ohne Überprüfung der richtigen Eingruppierung erfolgen sollte. Es bleibt vielmehr bei dem tariflichen Grundsatz, daß die Eingruppierung, ausgehend von den ausgeübten Tätigkeiten, nach den tariflichen Tätigkeitsmerkmalen zu erfolgen hat. Dies entspricht auch der allgemeinen Regelung des § 4 Ziff. 2a MTV.
Die richtige tarifliche Eingruppierung ist auch nach den neuen Tätigkeitsmerkmalen zu überprüfen. Der Protokollnotiz kann nicht entnommen werden, eine Überprüfung sei ausschließlich an den bisherigen Tätigkeitsmerkmalen vorzunehmen und nur wenn insoweit sich eine Eingruppierung als falsch erweise, habe die Überführung dann aus der richtigen (alten) Gehaltsgruppe wieder starr in die dieser zugeordnete neue Gruppe zu erfolgen.
Dies widerspräche zum einen dem Grundsatz, daß die Eingruppierung eines Arbeitnehmers aus den jeweils geltenden Tätigkeitsmerkmalen folgt. Es könnte zum anderen zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern führen. Neueingestellte Arbeitnehmer wären in jedem Fall nach den jetzt geltenden tariflichen Tätigkeitsmerkmalen einzugruppieren. Sollten also alte und neue Tätigkeitsmerkmale voneinander abweichen, könnte es zu unterschiedlichen Eingruppierungen für die gleiche Tätigkeit kommen. Daß dieses Ergebnis von den Tarifvertragsparteien gewollt gewesen sein könnte, läßt sich der Protokollnotiz nicht entnehmen. Der Hinweis auf die unterstellte richtige tarifliche Eingruppierung zeigt vielmehr, daß auch die Tarifvertragsparteien den Grundsatz der tarifgerechten Eingruppierung nicht beschränken wollten.
Dem steht nicht die Formulierung entgegen, die Änderung der Gehaltsstruktur solle kostenneutral sein bzw. aus Anlaß der Änderung sei keine Höhergruppierung oder Herabgruppierung vorzunehmen. Ihr ist nicht mehr zu entnehmen als eine gemeinsame Bekundung der Tarifvertragsparteien, sie gingen davon aus, die neue Gehaltsstruktur entspreche in ihrer Wertigkeit den bisherigen Gehaltsgruppen. Bei richtiger Eingruppierung in der Vergangenheit müßte also auch die Eingruppierung nach der neuen Gehaltsstruktur zum gleichen Ergebnis führen. Insoweit ist dann auch der Hinweis auf die Kostenneutralität richtig.
Schon gar nicht kann der Protokollnotiz entnommen werden, sie beschränke das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auf eine Umgruppierung in Gehaltsgruppe V oder VI n.F., lasse aber ansonsten das Individualrecht des Arbeitnehmers unberührt, eine höhere – tariflich richtige – Eingruppierung geltend zu machen. Selbst wenn dies die Absicht der Tarifvertragsparteien gewesen sein sollte – was nicht ersichtlich ist –, wäre eine solche Regelung unwirksam. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 99 BetrVG stehen nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien, sie können von diesen nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Bindend vorgegeben wird nur die Gehaltsstruktur, in welche die Eingruppierung zu erfolgen hat.
d) Das Erfordernis einer neuen Eingruppierung wird vom Arbeitgeber letztlich selbst bestätigt, wenn er einräumt, es könnten sich “allenfalls in Randbereichen der Gruppen Überprüfungspflichten” ergeben. Auch die Änderung im “Randbereich” macht deutlich, daß es nicht nur um redaktionelle Änderungen geht, sondern um eine echte Strukturveränderung. Dem Arbeitgeber mag zuzugeben sein, daß die Eingruppierung nach der neuen Gehaltsgruppenordnung “im wesentlichen” zu einem Verbleib in der “bisherigen” Gehaltsgruppe führt. Insoweit ist bei der Auslegung der neuen Tätigkeitsmerkmale durchaus auch die in der Protokollnotiz niedergelegte gemeinsame Überzeugung der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen. Dieses Ergebnis folgt aber nicht zwingend aus einer bloßen Umschreibung der Gehaltsgruppen. Gerade die Frage, ob einer der “Randbereiche” betroffen ist, verlangt die Überprüfung aller Eingruppierungen an der neuen Gehaltsgruppenordnung. Wenn der Arbeitgeber meint, es sei Sache des Betriebsrats, für jeden einzelnen Arbeitnehmer substantiiert vorzutragen, daß und warum dieser als in einem Randbereich angesiedelt neu einzugruppieren sei, widerspricht dies der grundsätzlichen Verteilung der Pflichten nach § 99 BetrVG. Es ist Aufgabe des Arbeitgebers, seine Eingruppierungsentscheidung dem Betriebsrat mitzuteilen und dessen Zustimmung einzuholen. Die Rechtsbeschwerde weist dem Betriebsrat hier eine nach dem Gesetz nicht vorgesehene Initiativlast zu, die sie ihm als Initiativrecht an anderer Stelle – im Grundsatz zu Recht – selbst abspricht.
e) Der Arbeitgeber kann sich bei der vorliegenden Fallgestaltung auch nicht darauf berufen, der Betriebsrat könne einer Eingruppierung der Arbeitnehmer in die jeweils den bisherigen Gehaltsgruppen zugeordneten neuen Gehaltsgruppen schon deshalb nicht widersprechen, weil er der früheren Eingruppierung zugestimmt habe. Richtig daran ist nur, daß der Betriebsrat bei unverändertem Sachverhalt eine erneute Eingruppierung nicht verlangen kann, wenn er die mit seiner Beteiligung getroffene Eingruppierung nicht mehr für richtig hält (Senatsbeschluß vom 18. Juni 1991 – 1 ABR 53/90 – EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 100). Insoweit steht ihm ein Initiativrecht nicht zu.
Hier liegt aber ein geänderter Sachverhalt vor. Die Gehaltsgruppenordnung hat eine strukturelle Änderung erfahren. Demzufolge hat der Arbeitgeber, wie dargelegt, eine neue Eingruppierung vorzunehmen.
f) Die Rechtsbeschwerde kann schließlich auch nicht gehört werden mit ihrem Einwand, eine erneute Eingruppierung entfalle jedenfalls für die Sachbearbeiter, da diese abweichend von den tariflichen Vorschriften kraft einer im Betrieb geschlossenen Betriebsvereinbarung einheitlich in Gehaltsgruppe V eingruppiert seien und nicht – wie tariflich an sich richtig – nur in Gehaltsgruppe IV. Der Wirksamkeit einer derartigen Betriebsvereinbarung – von den Beteiligten nicht vorgelegt – stünde der Tarifvorrang nach § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG – bei Annahme einer mitbestimmungspflichtigen Regelung etwa nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG – bzw. sonst des § 77 Abs. 3 BetrVG entgegen. Der Anspruch des Betriebsrats auf Beteiligung bei der erforderlichen Eingruppierung in die tarifliche Gehaltsgruppenordnung bleibt unberührt.
Das kann hier im übrigen auch schon deshalb gar nicht anders sein, weil für die Eingruppierung von Sachbearbeitern nicht nur die Gehaltsgruppen IV n.F. bzw. V n.F. in Betracht kommen, sondern grundsätzlich auch die Gehaltsgruppen VI n.F. bzw. VII n.F. (Tätigkeitsbeispiele qualifizierte bzw. besonders qualifizierte Sachbearbeitung).
4. Der Antrag ist schließlich auch nicht insgesamt deshalb als unbegründet abzuweisen, weil hinsichtlich auch nur eines von ihm erfaßten Arbeitnehmers eine erneute Eingruppierung nicht verlangt werden könnte. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem sehr weit, aber hinreichend bestimmt gefaßten Antrag (s. dazu B I der Gründe) um einen sog. Globalantrag im Sinne der ständigen Senatsrechtsprechung handelt (ständige Senatsrechtsprechung seit dem Senatsbeschluß vom 10. Juni 1986, BAGE 52, 160 = AP Nr. 18 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit). Selbst wenn man hiervon ausginge, hat der Arbeitgeber jedenfalls keinen Fall benannt, in dem eine Neueingruppierung nicht verlangt werden könnte. Soweit die Gruppenleiter H… und T… in Frage stehen, die vom Arbeitgeber neu eingruppiert worden sind, sind diese vom Antrag nicht mehr erfaßt. Der Arbeitgeber hat sich zwar in seinem Schreiben vom 17. Juli 1991 bereit erklärt, “die Gruppenleiter Antrag, Orga und Leistung, 1. OsB und die Sekretärinnen” in die neue Tarifgruppe VI einzugruppieren und entsprechende Anträge nach § 99 BetrVG zu stellen. Daß dies – abgesehen von H… und T… – tatsächlich geschehen ist, ist von den Beteiligten nicht vorgetragen worden, und zwar auch nicht, nachdem der Betriebsrat zweitinstanzlich seinen Antrag ausdrücklich bezüglich H… und T… beschränkt hat.
Die bloße Ankündigung einer “Eingruppierung” und der Durchführung des Beteiligungsverfahrens ist noch keine Einleitung eines ordnungsgemäßen Verfahrens nach § 99 BetrVG. Das Landesarbeitsgericht hat deshalb dem Antrag des Betriebsrats zu Recht auch ohne weitere Einschränkungen stattgegeben.
Unterschriften
Dr. Kissel, Dr. Weller, Dr. Rost, Dr. K. Feucht, H. Blanke
Fundstellen