Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg für Kündigungsschutzklage
Leitsatz (amtlich)
Für eine auf das Kündigungsschutzgesetz gestützte Klage ist der Rechtsweg vor den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet, ohne daß es einer Beweisaufnahme über die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers bedarf; dessen Behauptung, er sei Arbeitnehmer, reicht aus.
Normenkette
GVG §§ 17, 17a; ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3b, § 5 Abs. 1 S. 1; KSchG § 1
Verfahrensgang
Tenor
- Die weitere sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Köln vom 17. Mai 1996 - 6 Ta 70/96 - wird zurückgewiesen.
- Die Beklagte hat die Kosten der weiteren sofortigen Beschwerde zu tragen.
- Der Streitwert für die weitere sofortige Beschwerde beträgt 7.500,00 DM.
Tatbestand
I. Der Kläger führt gegen die Beklagte einen Kündigungsschutzprozeß mit dem angekündigten Antrag festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 23. Juni 1995, zugegangen am 24. Juni 1995, nicht aufgelöst worden ist, sondern unverändert fortbesteht. Er hält den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für gegeben mit der Begründung, er sei Arbeitnehmer.
Die Beklagte ist der Ansicht, der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen sei nicht eröffnet. Der Kläger sei nicht ihr Arbeitnehmer, sondern habe mit ihr einen freien Dienstvertrag geschlossen.
Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen als nicht gegeben erachtet und den Rechtsstreit an das Landgericht Köln verwiesen. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers hat das Landesarbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen als gegeben erachtet. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen weiteren sofortigen Beschwerde will die Beklagte erreichen, daß es bei der Verweisung des Rechtsstreits auf den ordentlichen Rechtsweg verbleibt.
Entscheidungsgründe
II. Die weitere sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen zu Recht als gegeben erachtet, ohne die unter den Parteien streitige Frage zu klären, ob der Kläger Arbeitnehmer ist. Der Kläger führt gegen die Beklagte einen Kündigungsschutzprozeß im Sinne des § 1 KSchG und damit einen bürgerlichen Rechtsstreit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3b ArbGG.
1. Kann die vor dem Arbeitsgericht in einer bürgerlich-rechtlichen Streitigkeit, erhobene Klage nur dann Erfolg haben, wenn der Kläger Arbeitnehmer ist (sogenannter sic-non-Fall), so genügt zur Bejahung des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen die Äußerung der Rechtsansicht des Klägers, Arbeitnehmer zu sein. Eine solche Konstellation liegt vor, wenn sich der Kläger gegen eine ordentliche Kündigung des Rechtsverhältnisses mit der Begründung zur Wehr setzt, die Kündigung betreffe sein Arbeitsverhältnis und sei aus Gründen unwirksam, die voraussetzen, daß er materiell-rechtlich Arbeitnehmer ist. In solchen Fällen bedarf es zur Bestimmung des Rechtswegs keiner Aufklärung oder Beweisaufnahme über die Tatsachen, aus denen die Arbeitnehmereigenschaft folgt. Stellt sich heraus, daß der Kläger nicht Arbeitnehmer der Beklagten ist, so ist die Klage als unbegründet abzuweisen. Eine Verweisung des Rechtsstreits an ein Gericht eines anderen Rechtswegs kommt dann nicht in Betracht (BAG Beschluß vom 24. April 1996 – 5 AZB 25/95 – AP Nr. 1 zu § 2 ArbGG 1979 Zuständigkeitsprüfung = EzA § 2 ArbGG 1979 Nr. 31).
2. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist vorliegend eröffnet. Der Kläger setzt sich gegen eine ihm gegenüber von der Beklagten erklärte ordentliche Kündigung seines Rechtsverhältnisses mit einer Klage zur Wehr, die nur Erfolg haben kann, wenn er materiell-rechtlich Arbeitnehmer ist. Denn er macht geltend, die Kündigung sei mangels sozialer Rechtfertigung nach § 1 KSchG unwirksam. Die Anwendung dieser Bestimmung setzt voraus, daß der Kläger im Arbeitsverhältnis zur Beklagten steht.
3. Für seine Sachentscheidung hat das Arbeitsgericht, ggf. auch nach Durchführung einer Beweisaufnahme, zu prüfen, ob das Rechtsverhältnis der Parteien, das die Beklagte gekündigt hat, ein Arbeitsverhältnis oder ein sonstiges Dienstverhältnis ist und dementsprechend, ob der Kläger Arbeitnehmer oder freier Dienstnehmer der Beklagten war. Verneint es das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses, so ist die Klage abzuweisen.
Unterschriften
Griebeling, Schliemann, Reinecke
Fundstellen
Haufe-Index 893685 |
NJW 1997, 542 |
NZA 1997, 175 |
SAE 1998, 120 |