Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung des Betriebsrats bei Umgruppierung aufgrund geänderter tariflicher Gehaltsstruktur

 

Leitsatz (redaktionell)

Die gleichen Rechtsprobleme wie in der Beschlußsache – 1 ABR

 

Normenkette

BetrVG § 99

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Beschluss vom 15.07.1992; Aktenzeichen 2 TaBV 49/92)

ArbG Düsseldorf (Beschluss vom 15.01.1992; Aktenzeichen 6 BV 117/91)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 15. Juli 1992 – 2 TaBV 49/92 – aufgehoben.

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 15. Januar 1992 – 6 BV 117/91 – abgeändert. Der Antrag des Arbeitgebers wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

A. Die Beteiligten streiten über die tarifgerechte Umgruppierung dreier Arbeitnehmer.

Der antragstellende Arbeitgeber ist ein bundesweit tätiges privates Versicherungsunternehmen. Weiterer Beteiligter ist der bei der Bezirksdirektion Düsseldorf des Arbeitgebers gewählte Betriebsrat.

Der Arbeitgeber wendet auf die Arbeitsverhältnisse der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer die tariflichen Bestimmungen des privaten Versicherungsgewerbes an. Die Beteiligten streiten über die tarifgerechte Umgruppierung der bei der Bezirksdirektion Düsseldorf im Fachgebiet „Leistung” als sog. Gruppenleiter beschäftigten Arbeitnehmer Bl., B. und V. Unter Geltung des bis zum 31. Dezember 1990 gültigen Manteltarifvertrages für das private Versicherungsgewerbe (MTV) waren sie in Gehaltsgruppe V eingestuft.

Das Fachgebiet „Leistung” ist bei dem Arbeitgeber – anders als bei anderen privaten Krankenversicherungsunternehmen – nicht inhaltlich in einzelne Arbeitsbereiche wie etwa Schadensregulierung, Krankentagegeld-Bearbeitung, schwierige/individuelle Korrespondenz, Rechtsmaßnahmen aufgegliedert. Sämtliche dieser Aufgaben werden vielmehr grundsätzlich von jedem der im Fachgebiet beschäftigten Sachbearbeiter erledigt.

Im Fachgebiet „Leistung” werden etwa 20 Sachbearbeiter mit der Bearbeitung von Leistungsanträgen beschäftigt. Jeweils ein Drittel bildet eine Gruppe mit einem Gruppenleiter. Diese sind mehrheitlich in Gehaltsgruppe V eingestuft. Vorgesetzter der Gruppenleiter ist der Fachgebietsleiter. Die von einem Gruppenleiter zu erfüllenden Aufgaben ergeben sich aus der vom Arbeitgeber vorgegebenen Stellenbeschreibung in der Fassung vom 1. Oktober 1986. Der Gruppenleiter vertritt laut Nr. 3.1 der Stellenbeschreibung den Fachgebietsleiter laut Stellenvertretungsplan nebenamtlich unbegrenzt. Der Gruppenleiter B. war vom Arbeitgeber darüber hinaus formell zum Stellvertreter des Fachgebiets „Leistung” ernannt worden. Gemäß Nr. 4.3 der „Arbeitsrichtlinien Leistung” hat der Gruppenleiter eine gegenüber den Sachbearbeitern auf das Doppelte erhöhte Regulierungskompetenz.

Am 25. Oktober 1990 wurde im privaten Versicherungsgewerbe ein neuer Tarifvertrag abgeschlossen, mittels dessen auch der zu diesem Zeitpunkt bestehende Manteltarifvertrag abgeändert wurde. Die vorgenommenen Änderungen betreffen die Neugestaltung der in § 4 MTV geregelten Gehaltsstruktur. Statt bisher sieben Gehaltsgruppen enthält die Neuregelung nunmehr acht Gruppen.

In einer Protokollnotiz vom 25. Oktober 1990 haben die Tarifvertragsparteien folgendes festgehalten:

„Zur Tarifvereinbarung zur Einführung einer neuen Gehaltsstruktur vom 25.10.1990

In mehrjährigen Verhandlungen haben sich die Tarifvertragsparteien auf eine Neufassung der Gehaltsstruktur geeinigt. Dabei ist die Zahl der Gehaltsgruppen durch die Schaffung einer Zwischengruppe zwischen den bisherigen Gehaltsgruppen V und VI (jetzt VII) von 7 auf 8 erhöht worden. Durch die Einführung der Gehaltsgruppe VI (neu) wollen die Tarifparteien der Tatsache Rechnung tragen, daß der Abstand zwischen den bisherigen Gruppen V und VI unverhältnismäßig groß war, was eine der konkreten Tätigkeit entsprechende Eingruppierung in diesem Bereich erschwerte. Der Gehaltsgruppe VI (neu) werden Tätigkeiten zugeordnet, die über die Anforderungen der Gruppe V hinausgehen, ohne diejenigen der Gruppe VII (bisher VI) zu erreichen.

Die Gehaltsgruppen I–V sowie VII und VIII (bisher VI und VII) wurden unter Beibehaltung ihrer Dotierung und ihres wesentlichen Inhalts präziser und aktueller definiert. Die Tätigkeitsbeispiele wurden nach Bezeichnung und Inhalt der heutigen Unternehmenspraxis angepaßt und in eine systematische Reihenfolge gebracht.

Die Neufassung der Gehaltsstruktur soll nach dem Willen der Tarifvertragsparteien kostenneutral sein. Das bedeutet, daß aus Anlaß dieser Gehaltsstrukturänderung weder eine Höhergruppierung noch eine Herabgruppierung von Arbeitnehmern, abgesehen von den durch die neue Gehaltsgruppe VI erfaßten Tätigkeiten, vorzunehmen ist. Dies unterstellt die richtige tarifliche Eingruppierung.”

Die Tarifvereinbarung vom 25. Oktober 1990 beinhaltet unter 5, eine Übergangsregelung, in der festgelegt ist, wie bei der Einstufung der Arbeitnehmer in die neue Gehaltsgruppe VI zu verfahren ist. Im einzelnen lautet die Übergangsregelung – soweit hier relevant – wie folgt:

„…

  1. Arbeitnehmer, die bisher in Gruppe V eingestuft sind und deren Tätigkeit die Voraussetzungen der Gruppe VI (neu) nicht erfüllt, bleiben der Gruppe V zugeordnet. …
  2. Arbeitnehmer, die bisher in Gruppe V eingestuft sind und deren Tätigkeit die Voraussetzungen der Gruppe VI (neu) erfüllt, sind in die Gruppe VI (neu) einzustufen. …”

Die Gehaltsgruppe V erfaßt nunmehr folgende Tätigkeiten:

„Tätigkeiten, die gründliche oder vielseitige Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie durch mehrjährige einschlägige Erfahrungen erworben werden, oder Tätigkeiten, die umfassende theoretische Fähigkeiten erfordern.”

Der neugeschaffenen Gehaltsgruppe VI wurden solche Tätigkeiten zugeordnet,

„die besonders gründliche oder besonders vielseitige Fachkenntnisse erfordern, oder Tätigkeiten, die den Anforderungen der Gehaltsgruppe V entsprechen und mit besonderer Entscheidungsbefugnis verbunden sind. Dem gleichzusetzen sind Tätigkeiten, die gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordern.”

Die Einstufung in die Gehaltsgruppe VII erfordert

„Tätigkeiten, die hohe Anforderungen an das fachliche Können stellen und mit erweiterter Fach- oder Führungsverantwortung verbunden sind.”

Im Anhang zu § 4 Ziff. 1 MTV sind Tätigkeitsbeispiele zu den Gehaltsgruppen aufgelistet, die nach der übereinstimmenden Auffassung der Tarifvertragsparteien typische Zuordnungen wiedergeben. Wörtlich heißt es weiter:

„Ist eine Tätigkeit als Beispiel zu einer Gehaltsgruppe genannt, ist grundsätzlich davon auszugehen, daß sie in diese Gehaltsgruppe einzustufen ist. Von diesem Grundsatz kann zuungunsten des Arbeitnehmers nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.”

Der Gehaltsgruppe VII wird dem Anhang zu § 4 MTV zufolge u.a. die

„Tätigkeit als Leiter/in eines kleineren oder als stv. Leiter/in eines größeren Arbeitsbereichs in den o.g. Arbeitsgebieten.”

zugeordnet.

In der bis zum 31. Dezember 1990 geltenden Fassung des MTV war als Tätigkeitsbeispiel für die Gehaltsgruppe VT aufgeführt:

„Bei kleineren Arbeitsbereichen die Tätigkeit als Leiter, bei größeren Arbeitsbereichen die Tätigkeit als stellvertretender Leiter (…) in Betriebs und Antragsabteilungen.”

§ 7 MTV regelt die Zahlung einer Verantwortungszulage an die Arbeitnehmer sowie deren Voraussetzungen. Im einzelnen lautet diese Tarifnorm wie folgt:

  1. „Arbeitnehmer der Gehaltsgruppen II–VIII, die ständig die Verantwortung für die Arbeitsleistung oder Ausbildung von mehreren zu einer Abteilung (in größeren Betrieben auch Arbeitsgruppe oder dgl.) zusammengefaßten Arbeitnehmern tragen, erhalten dafür die ihrer Gehaltsgruppe entsprechende Verantwortungszulage.
  2. Die ständig mit der Vertretung von Abteilungsleitern im Sinne von Ziff. 1 beauftragten Arbeitnehmer erhalten die Verantwortungszulage in halber Höhe.
  3. …”

Der Arbeitgeber hat am 3. Juli 1991 den Betriebsrat um Zustimmung zur Umgruppierung der Arbeitnehmer Bl., B. und V. von bisher Gehaltsgruppe V nach nunmehr Gehaltsgruppe VI gebeten. Der Betriebsrat hat am 5. Juli 1991 die Zustimmung mit der Begründung verweigert, die Gruppenleiter Bl., B. und V. nähmen Führungsaufgaben wahr, weshalb eine Umgruppierung nach Tarifgruppe VII richtig sei.

Der Arbeitgeber begehrt die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung. Er hat die Auffassung vertreten, ein Zustimmungsverweigerungsgrund sei nicht gegeben. Die beabsichtigte Umgruppierung der Gruppenleiter in Gehaltsgruppe VI sei tarifgerecht.

Die Tätigkeit eines Gruppenleiters stelle keine hohen Anforderungen an das fachliche Können. Dies zeige sich schon daran, daß die den Gruppenleitern unterstellten Sachbearbeiter lediglich vertiefte Fachkenntnisse im Sinne der Gehaltsgruppe IV benötigten, die Gruppenleiter aber im wesentlichen dieselben Aufgaben zu erfüllen hätten. Soweit einige ihrer Aufgaben darüber hinausgehende Fachkenntnisse voraussetzten, seien gründliche Fachkenntnisse der Gehaltsgruppe V ausreichend.

Die Eingruppierung in die Gehaltsgruppe VI lasse sich nur rechtfertigen unter dem Gesichtspunkt der besonderen Entscheidungsbefugnis, die als Vorstufe zu der erweiterten Fach- oder Führungsverantwortung zu verstehen sei.

Eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe VII scheitere auch daran, daß die Ausübung der Tätigkeit eines Gruppenleiters mit keiner erweiterten Fachverantwortung verbunden sei. Er übe keine für das Unternehmen besonders wichtigen Tätigkeiten aus, die ein besonders verantwortungsbewußtes Handeln erforderten.

Ebensowenig sei einem Gruppenleiter eine Führungsverantwortung in dem erforderlichen Umfang auferlegt. Dieses Merkmal sei lediglich dann erfüllt, wenn die Führungsverantwortung in erweiterter Form – und nicht etwa nur einfache Führungsverantwortung – vorliege. Dies ergebe sich auch aus der in § 7 MTV geregelten Verantwortungszulage, mit welcher die mit einer Führungstätigkeit verbundene Verantwortung im Regelfall abgegolten werde. Diese Zulage werde auch den Gruppenleitern „Leistung” gezahlt.

Eine über dieses „Normal”-Maß hinausgehende erweiterte Führungsverantwortung, wie im Rahmen der Gehaltsgruppe VII notwendig, sei dem Gruppenleiter aber nicht auferlegt. Dessen Tätigkeit erschöpfe sich im wesentlichen in einer reinen Verteilungsfunktion hinsichtlich der zu erledigenden Arbeiten und beinhalte gerade keine Entscheidungskompetenzen. In bezug auf die Eignung künftiger Mitarbeiter beschränke sich seine Tätigkeit auf einen Entscheidungsvorschlag. Die Urlaubspläne genehmige er in Abstimmung mit dem Vorgesetzten. Ebensowenig bestehe ein relevanter Entscheidungsspielraum im Hinblick auf die Gleitzeitregelung, die in einer Betriebsvereinbarung mit dem Gesamtbetriebsrat eine bis in die Einzelheiten gehende Regelung gefunden habe.

Die Gruppenleiter seien auch keine Leiter eines kleineren Arbeitsbereichs im Sinne des Tätigkeitsbeispiels zu Gehaltsgruppe VII. Unter einem Arbeitsbereich in diesem Sinne sei lediglich eine in sich geschlossene Fachabteilung wie das Fachgebiet „Leistung” zu verstehen. Die Unterteilung des Fachgebiets „Leistung” in Gruppen einschließlich eines Gruppenleiters diene lediglich dazu, das einheitliche Fachgebiet, das von einer großen Anzahl von Mitarbeitern bearbeitet werde, überschaubarer zu gestalten. Diese Gruppen seien aber in fachlicher Hinsicht nur ein unselbständiger Teil eines in sich abgeschlossenen Sachgebietes.

Zum anderen scheitere die Eingruppierung der Gruppenleiter in die Gehaltsgruppe VII aber auch daran, daß diese nicht als „Leiter” im Sinne des Tätigkeitsbeispiels anzusehen seien. Die innerbetriebliche Bezeichnung als Leiter reiche dafür nicht aus. Die Auslegung dieses Begriffs sei vielmehr anhand der Tarifsystematik und der abstrakten Beschreibung der Gehaltsgruppe VII vorzunehmen. Leiter sei danach nur ein Angestellter, dessen Tätigkeit gerade durch die Leitungsfunktion gekennzeichnet werde. Die Gruppenleiter hingegen seien in erster Linie Sachbearbeiter – wenn auch mit zusätzlichen Kompetenzen ausgestattet, wie sich etwa an der Regulierungskompetenz zeige – und übten vorwiegend Fachtätigkeit aus, was sowohl der Tätigkeitsbeschreibung als auch ihrer Ausbildung entspreche.

Schließlich ergebe sich aus der Protokollnotiz und der Übergangsregelung – insbesondere aus dem Hinweis auf die Kostenneutralität – eine Beschränkung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats gem. § 99 BetrVG auf die Frage, ob die Gruppenleiter Bl., B. und V. weiterhin in die Gehaltsgruppe V eingruppiert oder in die neue Gehaltsgruppe VI einzustufen seien. Ein darüber hinausgehendes Mitbestimmungsrecht laufe auf ein dem Betriebsrat bei Ein- und Umgruppierungen nicht zustehendes Initiativrecht hinaus.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung der bei dem Arbeitgeber tätigen Arbeitnehmer Bl., B. und V. in die Gehaltsgruppe VI des Manteltarifvertrages für das private Versicherungsgewerbe vom 25. Oktober 1990 zu ersetzen.

Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die Arbeitnehmer Bl., B. und V. erfüllten die Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe VII.

Schon der einfache Sachbearbeiter sei als „Allround”-Sachbearbeiter anzusehen und wegen des von ihm zu bearbeitenden komplexen Aufgabengebietes nicht wie bisher in die Gehaltsgruppe V, sondern in die Gruppe VI einzustufen.

Die von den Gruppenleitern ausgeübten Tätigkeiten stellten jedenfalls hohe Anforderungen an das fachliche Können. Diesbezüglich hat der Betriebsrat auf die in Nr. 5.1.4 (Kontrollmaßnahmen), 5.1.5 (Entscheidung über außergewöhnliche Fälle), 5.2 (Entscheidungsvorbereitungen), 5.3.3 (schwierige Verhandlungen), 5.3.4 (Schriftwechsel bei schwierigen Sachverhalten), 5.4 (Schulungs- und Ausbildungsaufgaben) der Stellenbeschreibung genannten Aufgaben des Gruppenleiters verwiesen. Die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten seien durch mehrjährige Berufspraxis allein nicht zu erwerben, was sich auch an der dreimonatigen Schulung der Gruppenleiter zeige.

Der Betriebsrat hat auch die von der Gehaltsgruppe VII geforderte Führungsverantwortung als gegeben angesehen. Insoweit hat er die Auffassung vertreten, diese Gehaltsgruppe setze alternativ zu der erweiterten Fachverantwortung lediglich Führungsverantwortung – und gerade keine erweiterte, wie vom Arbeitgeber angenommen – voraus.

Darüber hinaus entspreche die Tätigkeit der Gruppenleiter hinsichtlich der Führungsverantwortung dem Richtbeispiel „Tätigkeit als Leiter/in eines kleineren Arbeitsbereichs oder als stellvertetender Leiter/in eines größeren Arbeitsbereichs in den o.g. Arbeitsgebieten”. Dies gelte insbesondere angesichts der Hervorhebung der Führungsaufgaben des Gruppenleiters in der Stellenbeschreibung unter Punkt 4 als Ziel der Stelle.

Die Regelung des § 7 MTV führe zu keiner anderen Betrachtungsweise. Wenn die Verantwortungszulage die Führungstätigkeit bereits abdecke, erscheine die Aufnahme des Richtbeispiels „Tätigkeit als Leiter …” überflüssig. Der Zweck des § 7 MTV bestehe darin, die erhöhte Verantwortung eines Arbeitnehmers zu honorieren, dessen vorwiegende Arbeitspflicht gerade nicht in der Führungsleistung bestehe.

Der in der Protokollnotiz festgehaltene Gesichtspunkt der Kostenneutralität der Neustrukturierung der Gehaltsgruppen lasse keine abweichende Beurteilung zu. Er entbinde nicht von der Verpflichtung, für eine zutreffende Eingruppierung Sorge zu tragen. Bl., B. und V. seien fälschlicherweise in der früheren Gehaltsgruppe V eingruppiert gewesen. Das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG unterliege nicht der Disposition der Tarifvertragsparteien. Die Auffassung des Arbeitgebers würde dazu führen, daß die tarifliche Regelung als widersprüchlich und unpraktikabel anzusehen sei. Sie hätte zur Folge, daß neueinzustellende Gruppenleiter als Leiter eines kleineren Arbeitsbereichs in die Gehaltsgruppe VII einzustufen seien, wohingegen die bereits beschäftigten Gruppenleiter allein wegen der Übergangsregelung und der dadurch beschränkten Mitbestimmung nur in Gehaltsgruppe VI einzugruppieren wären.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Zurückweisungsantrag weiter, während der Arbeitgeber die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde beantragt.

 

Entscheidungsgründe

B. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.

Die Vorinstanzen haben zu Unrecht die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur beabsichtigten Umgruppierung der Arbeitnehmer Bl., B. und V. in die Gehaltsgruppe VI des Manteltarifvertrages für das private Versicherungsgewerbe vom 25. Oktober 1990 (MTV) ersetzt. Der Betriebsrat hat die Zustimmung wirksam verweigert, weil die beabsichtigte Umgruppierung gegen tarifliche Bestimmungen verstößt, § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.

I. Die Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrats ist form- und fristgerecht gem. § 99 Abs. 3 BetrVG erfolgt. Der Arbeitgeber hatte mit Schreiben vom 3. Juli 1991 die Zustimmung zur Umgruppierung der Arbeitnehmer Bl., B. und V. beantragt. Der Betriebsrat hat am 5. Juli 1991 die Zustimmung verweigert.

Diese Zustimmungsverweigerung ist beachtlich im Sinne des § 99 Abs. 3 BetrVG. Der Betriebsrat hat zur Begründung seiner Zustimmungsverweigerung darauf hingewiesen, daß seiner Auffassung nach Gruppenleiter wegen der von ihnen wahrgenommenen Führungsaufgaben in Gehaltsgruppe VII und nicht in Gehaltsgruppe VI des MTV einzugruppieren seien. Die Gehaltsgruppe VII sei nach dem Tarifvertrag die richtige Gehaltsgruppe. Der Betriebsrat hat damit seine Zustimmungsverweigerung an die abstrakte Tätigkeitsbeschreibung für die Gehaltsgruppe VII angeknüpft. Die Begründung läßt hinreichend deutlich erkennen, daß der Betriebsrat mit seiner Zustimmungsverweigerung einen Verstoß der beabsichtigten Umgruppierung gegen den einschlägigen MTV rügt. Er bezieht sich damit auf einen Zustimmungsverweigerungsgrund aus § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Der Betriebsrat mußte seine Zustimmungsverweigerung nicht weiter begründen, weil zwischen den Beteiligten die konkreten Tarifmerkmale und die genaue Tätigkeit der Gruppenleiter außer Streit waren. Für den Arbeitgeber bestand also kein Zweifel, worauf der Widerspruch des Betriebsrats sich stützte.

Die Frage, ob die Auffassung des Betriebsrats zutrifft, ist eine Frage der Begründetheit der Zustimmungsverweigerung, nicht aber eine der ausreichenden Begründung. Insoweit werden auch seitens des Arbeitgebers keine Einwendungen erhoben.

II. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Zustimmungsverweigerung sei nicht begründet, denn die beabsichtigte Eingruppierung der Arbeitnehmer Bl., B. und V. in die Gehaltsgruppe VI des vom Arbeitgeber im Betrieb angewandten Manteltarifvertrages für das private Versicherungsgewerbe in der Fassung vom 25. Oktober 1990 (MTV) ist nicht zutreffend. Diese Arbeitnehmer erfüllen die Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe VII.

Die beabsichtigte Eingruppierung verstößt damit gegen tarifliche Bestimmungen und berechtigt den Betriebsrat zur Verweigerung seiner Zustimmung. Das Widerspruchsrecht des Betriebsrats ist entgegen der Auffassung des Arbeitgebers nicht ausgeschlossen, weil dieser der früheren Eingruppierung der Arbeitnehmer in Gehaltsgruppe V MTV a.F. zugestimmt hatte. Ihm steht auch keine tarifliche Regelung entgegen, insbesondere nicht die Protokollnotiz vom 25. Oktober 1990.

1. Entgegen der Auffassung des Arbeitgebers steht der Zustimmungsverweigerung die früher erteilte Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Arbeitnehmer Bl., B. und V. in Gehaltsgruppe V a.F. nicht entgegen.

a) Der Arbeitgeber beruft sich für seine gegenteilige Auffassung zu Unrecht auf den Senatsbeschluß vom 3. Oktober 1989 (– 1 ABR 66/88 – AP Nr. 75 zu § 99 BetrVG 1972). In dieser Entscheidung hat der Senat eine Zustimmungsverweigerung für unbeachtlich angesehen, mit der der Betriebsrat sich gegen eine nach tariflicher Neuregelung nur einzelner Gehaltsgruppenkriterien – statt Lebensalter Tätigkeitsjahre in der Gehaltsgruppe – bei unveränderter Zahl der Gehaltsgruppen und unveränderten abstrakten Tätigkeitsmerkmalen beabsichtigten Umgruppierung allein mit der Begründung gewandt hatte, die Angestellten erfüllten (bei gleichbleibender Tätigkeit) die Voraussetzungen für die Höhergruppierung in eine andere Gehaltsgruppe. Der Senat hat festgestellt, der Betriebsrat habe der Eingruppierung in die einzelnen Gehaltsgruppen bereits unter dem Geltungsbereich des bisherigen Tarifvertrages zugestimmt; da sich weder die Zahl der Gehaltsgruppen noch die abstrakten Tätigkeitsmerkmale geändert hätten, bestehe kein Anlaß, aufgrund der Änderung des Tarifvertrages die Arbeitnehmer insoweit neu einzugruppieren (Senatsbeschluß vom 3. Oktober 1989, a.a.O.).

Ein vergleichbarer Sachverhalt ist hier schon deshalb nicht gegeben, weil sich die Gehaltsgruppen sowohl von der Zahl als auch von den Tätigkeitsmerkmalen her geändert haben. Die Gehaltsgruppenordnung erfaßt statt bisher sieben nunmehr acht Gruppen. Dabei ist gerade die im vorliegenden Fall streitige Gehaltsgruppe VI neu hinzugekommen. Schon deshalb ist jedenfalls für die bisher in Gehaltsgruppe V befindlichen Arbeitnehmer eine Umgruppierung erforderlich. Dem hat der Arbeitgeber durch die Einleitung des vorliegenden Verfahrens auch Rechnung getragen.

Es haben sich aber auch die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der jetzigen Gehaltsgruppe VII gegenüber der früheren Gehaltsgruppe VI jedenfalls dem Wortlaut nach geändert. Während Gehaltsgruppe VI a.F. in den abstrakten Tätigkeitsmerkmalen wie folgt lautete:

Hochwertige Arbeiten, die besondere Anforderungen an das fachliche Können stellen und mit erhöhter Verantwortung verbunden sind,

bestimmt die neue Gehaltsgruppe VII:

Tätigkeiten, die hohe Anforderungen an das fachliche Können stellen und mit erweiterter Fach- oder Führungsverantwortung verbunden sind.

Erheblich erweitert ist darüber hinaus der Katalog der Tätigkeitsbeispiele.

Schon deshalb liegt ein dem Senatsbeschluß vom 3. Oktober 1989 (a.a.O.) vergleichbarer Sachverhalt nicht vor.

b) Der Arbeitgeber beruft sich demgegenüber ohne Erfolg auf die Protokollnotiz der Tarifvertragsparteien vom 25. Oktober 1990. Aus dieser läßt sich nicht ableiten, daß nach ausdrücklicher tariflicher Regelung eine Eingruppierung der bisher in die Gehaltsgruppe V a.F. eingruppierten Arbeitnehmer nur entweder in die Gehaltsgruppe V n.F. oder aber die Gehaltsgruppe VI n.F. erfolgen kann, so daß eine Eingruppierung in Gehaltsgruppe VII n.F. in jedem Fall ausgeschlossen, der Widerspruch des Betriebsrats daher unbegründet wäre.

aa) Protokollnotizen der Tarifvertragsparteien können unterschiedliche Bedeutung haben. Sie können selbst eine tarifliche Regelung enthalten, ihnen kann die Bedeutung einer authentischen Interpretation des Tarifvertrages oder aber ein bloßer Hinweis auf den Willen der Tarifvertragsparteien zukommen. Welche Bedeutung im einzelnen anzunehmen ist, ist durch Auslegung der Protokollnotiz und des von ihr betroffenen Tarifvertrages zu entnehmen (vgl. Hagemeier/Kempen/Zachert/Zilius, TVG, 2. Aufl., § 1 Rz 234, 234 a; Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 1 Rz 422 ff., beide mit Nachweisen).

bb) Die Protokollnotiz vom 25. Oktober 1990 enthält keine eigenständige tarifliche Regelung. Abs. 1 und Abs. 2 erläutern im wesentlichen nur Anlaß und Ziel der Neufassung der Gehaltsstruktur. Sie geben an, warum die Tarifvertragsparteien eine Neuregelung für sinnvoll gehalten haben. Ein Hinweis auf die hier interessierende Frage läßt sich allenfalls der Feststellung in Abs. 2 entnehmen, die Gehaltsgruppen I bis V und VII und VIII (bisher VI und VII) seien unter Beibehaltung ihrer Dotierung und ihres wesentlichen Inhalts präziser und aktueller definiert worden; die Tätigkeitsbeispiele seien nach Bezeichnung und Inhalt der heutigen Unternehmenspraxis angepaßt und in eine systematische Reihenfolge gebracht worden. Dies läßt den Willen der Tarifvertragsparteien erkennen, das bisherige Tarifgruppensystem im wesentlichen unverändert fortzuschreiben. Entsprechendes zeigt auch Abs. 3 der Protokollnotiz, wonach die Neufassung der Gehaltsstruktur „nach dem Willen der Tarifvertragsparteien kostenneutral sein” soll. Die Tarifvertragsparteien stellen weiter fest, dies bedeute, daß aus Anlaß dieser Gehaltsstrukturänderung weder eine Höhergruppierung noch eine Herabgruppierung von Arbeitnehmern, abgesehen von den durch die neue Gehaltsgruppe VI erfaßten Tätigkeiten, vorzunehmen sei.

Auch insoweit enthält die Protokollnotiz keine eigenständige Regelung. Die ausdrückliche Kundgabe des Willens der Parteien spricht vielmehr für die Einordnung als authentisches Auslegungskriterium.

cc) Der Protokollnotiz ist jedenfalls – unabhängig von ihrer rechtlichen Einordnung – nicht zu entnehmen, daß die Tarifvertragsparteien davon ausgegangen wären, die neuen Tarifgruppen seien den bisherigen Tarifgruppen jeweils starr zuzuordnen in der Weise, daß die Arbeitnehmer automatisch in eine bestimmte Gruppe überführt würden – mit einem Spielraum nur für die bisher in Gehaltsgruppe V eingruppierten Arbeitnehmer insoweit, als diese entweder in Gehaltsgruppe V n.F. oder Gehaltsgruppe VI n.F., nicht aber darüber hinaus eingruppiert seien. Diese Annahme verbietet sich angesichts des letzten Satzes der Protokollnotiz, dies (nämlich Kostenneutralität bzw. weder Höhergruppierung noch Herabgruppierung) unterstelle die richtige tarifliche Eingruppierung. Hieraus wird deutlich, daß die Überführung der Arbeitnehmer in die neue Gehaltsstruktur nicht „mechanisch” und ohne Überprüfung der richtigen Eingruppierung erfolgen sollte. Es bleibt vielmehr bei dem tariflichen Grundsatz, daß die Eingruppierung, ausgehend von den ausgeübten Tätigkeiten, nach den tariflichen Tätigkeitsmerkmalen zu erfolgen hat. Dies entspricht auch der allgemeinen Regelung des § 4 Ziff. 2 a MTV.

dd) Die richtige tarifliche Eingruppierung ist auch nach den neuen Tätigkeitsmerkmalen zu überprüfen. Der Protokollnotiz kann nicht entnommen werden, eine Überprüfung solle ausschließlich anhand der bisherigen Tätigkeitsmerkmale erfolgen und nur wenn insoweit sich eine Eingruppierung als falsch erweise, habe die Überführung dann aus der richtigen (alten) Gehaltsgruppe wieder starr in die dieser zugeordneten neuen Gruppe zu erfolgen.

Dies widerspräche zum einen dem Grundsatz, daß die Eingruppierung eines Arbeitnehmers aus den jeweils geltenden Tätigkeitsmerkmalen folgt. Es könnte zum anderen zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern führen. Neueingestellte Arbeitnehmer wären in jedem Fall nach den jetzt geltenden tariflichen Tätigkeitsmerkmalen einzugruppieren. Sollten also alte und neue Tätigkeitsmerkmale voneinander abweichen, könnte es zu unterschiedlichen Eingruppierungen für die gleiche Tätigkeit kommen. Daß dieses Ergebnis von den Tarifvertragsparteien gewollt gewesen sein könnte, läßt sich der Protokollnotiz nicht entnehmen. Der Hinweis auf die unterstellte richtige tarifliche Eingruppierung zeigt vielmehr, daß auch die Tarifvertragsparteien den Grundsatz der tarifgerechten Eingruppierung nicht beschränken wollten.

ee) Dem steht nicht die Formulierung entgegen, die Änderung der Gehaltsstruktur solle kostenneutral sein bzw. aus Anlaß der Änderung sei keine Höhergruppierung oder Herabgruppierung vorzunehmen. Ihr ist nicht mehr zu entnehmen als eine gemeinsame Bekundung der Tarifvertragsparteien, sie gingen davon aus, die neue Gehaltsstruktur entspreche in ihrer Wertigkeit den bisherigen Gehaltsgruppen. Bei richtiger Eingruppierung in der Vergangenheit müßte also auch die Eingruppierung nach der neuen Gehaltsstruktur zum gleichen Ergebnis führen. Insoweit ist dann auch der Hinweis auf die Kostenneutralität richtig.

Schon gar nicht kann der Protokollnotiz entnommen werden, sie beschränke das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auf eine Umgruppierung – hier in Gehaltsgruppe V oder VI n.F. –, lasse aber das Individualrecht des Arbeitnehmers unberührt, eine höhere – tariflich richtige – Eingruppierung geltend zu machen. Selbst wenn dies die Absicht der Tarifvertragsparteien gewesen sein sollte – was nicht ersichtlich ist –, wäre eine solche Regelung unwirksam. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 99 BetrVG stehen nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien, sie können von diesen nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Bindend vorgegeben wird nur die Gehaltsstruktur, in welche die Eingruppierung zu erfolgen hat.

Die Auffassung des Betriebsrats, die Arbeitnehmer Bl., B. und V. seien in Gehaltsgruppe VII einzugruppieren, ist also nicht schon deshalb unbegründet, weil durch die Protokollnotiz tariflich bindend eine Umgruppierung aus der Vergütungsgruppe V a.F. nur in die Gehaltsgruppen V und VI n.F. in Betracht käme.

c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Übergangsregelung zur Einführung der neuen Gehaltsstruktur.

Danach bleiben Arbeitnehmer, die bisher in Gehaltsgruppe V eingestuft waren und deren Tätigkeiten die Voraussetzungen der Gehaltsgruppe VI n.F. nicht erfüllen, der Gehaltsgruppe V n.F. zugeordnet; Arbeitnehmer der bisherigen Gehaltsgruppe V, deren Tätigkeiten die Voraussetzungen der Gehaltsgruppe VI n.F. erfüllen, sind in diese Gruppe einzustufen.

Voraussetzung für die Einstufung in die neue Gehaltsgruppe VI ist also auch danach, daß die Tätigkeitsmerkmale dieser Gehaltsgruppe erfüllt sind. Daraus läßt sich wiederum nur folgern, daß Arbeitnehmer, die die Tätigkeitsmerkmale weder der Gehaltsgruppe V n.F. noch der Gehaltsgruppe VI n.F., sondern – wie hier – etwa der Gehaltsgruppe VII n.F. erfüllen, dann auch in diese einzugruppieren sind. Der Tarifvertrag trifft gerade keine Regelung etwa dahingehend, daß die bisher in Gruppe V eingestuften Arbeitnehmer, die nicht die Tätigkeitsmerkmale der Gruppe VI n.F. erfüllen, der Gruppe V zugeordnet bleiben, alle anderen – ohne weitere Prüfung der Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale – der Gruppe VI n.F. zuzuordnen sind.

Eine Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung der Arbeitnehmer Bl., B. und V. nach Gehaltsgruppe VI n.F. ist also auch von hier nicht ausgeschlossen.

2. Dem Betriebsrat wird mit der Zubilligung eines Widerspruchsrechts entgegen der Auffassung des Arbeitgebers kein unzulässiges Initiativrecht im Hinblick auf die Überprüfung einer bereits mitbestimmten Eingruppierungsentscheidung eingeräumt.

Der Arbeitgeber beruft sich zu Unrecht auf den Senatsbeschluß vom 18. Juni 1991 – 1 ABR 53/90 – (EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 100). Nach dieser Entscheidung kann ein Betriebsrat nicht verlangen, daß der Arbeitgeber eine erneute Eingruppierungsentscheidung unter seiner Beteiligung trifft, wenn der Betriebsrat eine mit seiner erklärten oder ersetzten Zustimmung erfolgte Eingruppierung nicht oder nicht mehr für zutreffend hält.

Dieser Fall liegt nicht vor. Nicht der Betriebsrat verlangt vom Arbeitgeber eine neue Eingruppierung, sondern der Arbeitgeber hat seinerseits die Zustimmung zur Umgruppierung beantragt, wozu er wegen geänderter Tarifstruktur auch veranlaßt war. Schon deshalb kann von der Geltendmachung eines Initiativrechts durch den Betriebsrat nicht die Rede sein.

Wie der Senat in der Entscheidung vom 18. Juni 1991 (a.a.O.) deutlich gemacht hat, ist der Arbeitgeber u.a. dann zur erneuten Entscheidung über die Eingruppierung verpflichtet, wenn sich die Vergütungsgruppenordnung geändert hat. Genau dieser Sachverhalt ist gegeben. Die bisherige Vergütungsgruppe V besteht nicht mehr, es ist in jedem Fall also eine neue Eingruppierung der Arbeitnehmer Bl., B. und V. erforderlich. Bei dieser erneuten Eingruppierung bzw. Umgruppierung ist der Betriebsrat wie bei jeder Umgruppierung zu beteiligen. Damit sind hier auch alle Möglichkeiten des Widerspruchs gem. § 99 BetrVG eröffnet. Der Zweck der Beteiligung des Betriebsrats bei der Eingruppierung bzw. Umgruppierung besteht gerade in einer Richtigkeitskontrolle. Gebunden an eine frühere Entscheidung ist der Betriebsrat auch nach dem Senatsbeschluß vom 18. Juni 1991 (a.a.O.) nur insoweit, als er bei unveränderten Verhältnissen keine Überprüfung der Eingruppierung durch ein neues Verfahren nach § 99 BetrVG verlangen kann. Hier ist er, wie der Senat ausgeführt hat, darauf beschränkt, über seine allgemeinen Überwachungsaufgaben nach § 80 Abs. 1 Satz 1 BetrVG beim Arbeitgeber die Einhaltung der seiner Ansicht nach nicht mehr zutreffend angewandten Gehalts- oder Lohngruppenordnung anzumahnen (Senatsbeschluß vom 18. Juni 1991, a.a.O., zu B II 4 der Gründe).

3. Nicht zu folgen ist schließlich dem Arbeitgeber auch in seinen vor allem auf die Auffassung von Kappes (DB 1991, 333) gestützten Bedenken, die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats mit dem Ziel einer Höhergruppierung um zwei Gruppen bei vom Arbeitgeber beabsichtigter Höhergruppierung um eine Gruppe führe nicht zu sachgerechten Ergebnissen. Der Arbeitgeber könne dann weder die von ihm für richtig gehaltene Höhergruppierung (um eine Gruppe) durchsetzen; der Betriebsrat sei andererseits nicht in der Lage, die von ihm für richtig gehaltene Tarifgruppe zu erreichen.

Diese Bedenken sind nicht gerechtfertigt. Die Ein- oder Umgruppierung in eine tarifliche Gehaltsstruktur vollzieht sich nicht durch einen konstitutiven Akt des Arbeitgebers, sondern kraft tariflicher Automatik. Der Arbeitnehmer wird nicht, er ist eingruppiert in die Vergütungsgruppe, deren Tätigkeitsmerkmalen seine Tätigkeit entspricht. Die Eingruppierung ist ein gedanklicher Vorgang, ein Akt der Rechtsanwendung bzw. die Kundgabe des bei dieser Rechtsanwendung gefundenen Ergebnisses (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt etwa Senatsbeschluß vom 18. Juni 1991 – 1 ABR 53/90 – EzA S 99 BetrVG 1972 Nr. 100; Senatsbeschluß vom 20. März 1990 – 1 ABR 20/89 – AP Nr. 79 zu § 99 BetrVG 1972, beide mit Nachweisen).

Der Zweck des Mitbestimmungsrechts bei diesem Vorgang besteht in einer Richtigkeitskontrolle. Aufgabe und Recht des Betriebsrats ist es, u.a. zu überwachen, ob die vom Arbeitgeber bekundete Rechtsansicht – die Eingruppierung – richtig ist (Senatsbeschluß vom 22. März 1983, BAGE 42, 121 = AP Nr. 6 zu § 101 BetrVG 1972; Senatsbeschluß vom 31. Mai 1983, BAGE 43, 35 = AP Nr. 27 zu § 118 BetrVG 1972).

Die Position des einzelnen Arbeitnehmers bleibt hiervon insoweit unberührt, als er an die von Arbeitgeber und Betriebsrat – sei es übereinstimmend, sei es nach ersetzter Zustimmung – für richtig befundene Eingruppierung nicht gebunden ist, sondern seine Rechte immer selbst geltend machen kann bzw. ggf. auch muß.

Bei dieser Ausgestaltung des Mitbestimmungsrechts ist nicht zu erkennen, warum dem Betriebsrat versagt sein soll, die richtige tarifliche Eingruppierung einzuwenden, wenn der Arbeitgeber die Umgruppierung zwar in eine höhere, nach Auffassung des Betriebsrats aber nicht tarifgerechte Gehaltsgruppe beabsichtigt. Es ist durchaus sachgerecht und entspricht dem Zweck der Mitbestimmung als Mitbeurteilungsrecht, diese Frage auch über die Zustimmungsverweigerung ggf. in einem Ersetzungsverfahren klären zu lassen. Daß der Betriebsrat auf diesem Wege nicht in der Lage sein soll, die von ihm für richtig gehaltene Tarifgruppe zu erreichen, wie Kappes (DB 1991, 334) meint, mag richtig sein. Dies liegt allerdings vorrangig daran, daß die Eingruppierung eben kein konstitutiver Akt ist, sondern sich automatisch vollzieht. Insoweit ist es auch ungenau, davon zu sprechen, eine beabsichtigte Höhergruppierung sei nicht durchzusetzen.

Erreicht werden kann aber der eigentliche Zweck der Mitbestimmung, nämlich die richtige Eingruppierung zu überprüfen. Diese Frage wird einer Klärung auch dann zugeführt, wenn der Antrag des Arbeitgebers „nur” zurückgewiesen wird. Immerhin ist damit eine Vorentscheidung auch für den Arbeitnehmer getroffen. Daß dieser „Leidtragender” sei, weil er seinerseits den Klageweg beschreiten müßte, wie Kappes (a.a.O.) meint, folgt – wie dargelegt – daraus, daß die Eingruppierung eben kein konstitutiver Akt wie etwa die Versetzung ist.

4. Der Senat hat dem Landesarbeitsgericht nicht in der Annahme folgen können, Bl., B. und V. seien in Gehaltsgruppe VI eingruppiert; sie nehmen vielmehr Leitungsaufgaben im Sinne des 16. Tätigkeitsbeispiels zur Gehaltsgruppe VII wahr.

a) Gem. § 4 Ziff. 2 a MTV ist für die Eingruppierung in die Gehaltsgruppen I bis VIII die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend. Gehaltsgruppe VII erfaßt nach ihren abstrakten Tätigkeitsmerkmalen Tätigkeiten, die hohe Anforderungen an das fachliche Können stellen und mit erweiterter Fach- oder Führungsverantwortung verbunden sind. Die Tarifvertragsparteien haben im Anhang zu § 4 MTV zu den jeweiligen Gehaltsgruppen zahlreiche Tätigkeitsbeispiele aufgelistet. Der Anhang enthält zu diesen Tätigkeitsbeispielen folgende allgemeine Aussage:

Ist eine Tätigkeit als Beispiel zu einer Gehaltsgruppe genannt, ist grundsätzlich davon auszugehen, daß sie in diese Gehaltsgruppe einzustufen ist. Von diesem Grundsatz kann zuungunsten des Arbeitnehmers nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

Dies entspricht dem allgemeinen Verständnis der Bedeutung von Tätigkeitsbeispielen für die Eingruppierung in ein tarifliches Gehaltssystem (BAG Urteil vom 21. Oktober 1987 – 4 AZR 49/87 – und Urteil vom 28. September 1988 – 4 AZR 326/88 – AP Nr. 19 und Nr. 22 zu § 1 TVG Tarifverträge: Druckindustrie).

Danach ist für die Eingruppierung vorrangig auszugehen von den Tätigkeitsbeispielen. Übt der Arbeitnehmer eine dort genannte Tätigkeit aus, ist er in diese Gruppe eingruppiert, ohne daß es im einzelnen einer Überprüfung der abstrakten Tätigkeitsmerkmale bedarf; diese sind als erfüllt anzusehen.

b) Von diesen Grundsätzen ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen. Es hat angenommen, die Gruppenleiter seien ihrer Bezeichnung nach zwar „Leiter”. Leiter im Sinne des Tätigkeitsbeispiels zu der Gehaltsgruppe VII könne aber unter Berücksichtigung der Regelung über Verantwortungszulagen in § 7 MTV nur ein Arbeitnehmer sein, der mehr als nur die Verantwortung für die Arbeitsleistung der Gruppe trage. Diese Voraussetzungen lägen indes bei den Gruppenleitern nicht vor, weil sie nur die Arbeit einzuteilen und eine Erfolgskontrolle wahrzunehmen hätten.

c) Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts hat der Senat im Ergebnis und in wesentlichen Teilen der Begründung nicht folgen können. Bl., B. und V. sind Leiter eines kleineren Arbeitsbereichs im Sinne des 16. Tätigkeitsbeispiels zur Gehaltsgruppe VII.

aa) Bei der dem Gruppenleiter nach der Stellenbeschreibung zugewiesenen Gruppe handelt es sich um einen „kleineren Arbeitsbereich” im Arbeitsgebiet „Leistung”. Ein Arbeitsbereich ist nach allgemeinem Sprachgebrauch der Aufgabenkreis, in dem jemand tätig ist. Die Leitung eines Arbeitsbereichs setzt voraus, daß es sich um einen von anderen Arbeitsbereichen abgrenzbaren Aufgabenkreis handelt. Die Abgrenzung kann unterschiedlich vollzogen sein, sie kann sich aus fachlichen oder organisatorischen – z.B. geschäftsplanmäßig festgelegten – Kriterien ergeben. Die von dem Gruppenleiter zu führende Gruppe ist ein Arbeitsbereich in diesem Sinne. Dem Gruppenleiter sind jeweils sechs Sachbearbeiter unterstellt. Diese bilden zusammen mit dem Gruppenleiter eine Gruppe. Bereits der vom Arbeitgeber verwandte Begriff „Gruppe” zeigt die Abgrenzbarkeit des „Bereichs” auf – für eine Gruppe typisch ist eine Gemeinsamkeit, die sie von anderen Gruppen unterscheidbar macht. Diese Gemeinsamkeit besteht hier in der vom Arbeitgeber gewählten Organisation.

Die Gruppenmitglieder sind unmittelbar dem Gruppenleiter unterstellt. Dieser hat ihnen gegenüber die in der Stellenbeschreibung im einzelnen aufgezählten „Führungsaufgaben”.

Deutlich wird das auch aus der Stellenbeschreibung für den Sachbearbeiter. Als Vorgesetzter ist dort genannt „Fachgebietsleiter (Gruppenleiter)”. Der Gruppenleiter nimmt also gegenüber seinen Gruppenmitgliedern eine herausgehobene Position ein. Unerheblich ist, daß er selbst wieder einem Vorgesetzten unterstellt ist. Eine mehrfach gestaffelte Vorgesetzten-/Leitungshierarchie ist im Arbeitsleben nicht nur nicht unüblich, sondern eher die Regel. Sie schließt die Annahme einer Vorgesetzten-/Leiterstellung auf einer unteren Ebene nicht aus.

Die von dem Gruppenleiter geführte Gruppe ist also als ein organisatorisch abgrenzbarer Arbeitsbereich im Sachgebiet Leistung anzusehen. Die Zahl von sechs Gruppenmitgliedern spricht ohne weiteres für die Bejahung eines „kleineren” Arbeitsbereichs.

bb) Der tariflichen Regelung ist nicht zu entnehmen, ein Arbeitsbereich sei nur dann gegeben, wenn die Abgrenzung sich aus der fachlichen Aufgabenstellung ergebe, nicht aber bei nur organisatorischer Selbständigkeit.

Der Arbeitgeber wendet zu Unrecht ein, die Gruppe könne schon deshalb nicht als Arbeitsbereich angesehen werden, weil alle Gruppen mit denselben Aufgaben betraut seien.

Das Tätigkeitsbeispiel selbst unterscheidet zwischen den Begriffen Arbeitsbereich und Arbeitsgebiet. Der Begriff des Arbeitsgebietes mag eher determiniert sein im Sinne von fachlichem Gebiet, in dem die Arbeit zu verrichten ist. Eine solche Beschränkung für den Begriff Arbeitsbereich ist aber weder nach allgemeinem Sprachgebrauch gegeben noch dem Tarifvertrag zu entnehmen. Zwar ist die Bildung von Arbeitsbereichen in der Weise denkbar, daß ein Arbeitsgebiet – hier Leistung – in mehrere fachlich getrennte Unter- oder Teilgebiete – wie z.B. Schadensregulierung, Krankentagegeld-Bearbeitung, schwierige/individuelle Korrespondenz oder Rechtsmaßnahmen – aufgeteilt wird. Wenn aber das gesamte Arbeitsgebiet „Leistung” nicht fachlich untergliedert wird, sondern jeder Sachbearbeiter grundsätzlich alle Aufgaben bearbeitet – wie dies beim Arbeitgeber im Unterschied zu anderen Versicherungsunternehmen praktiziert wird –, dafür aber organisatorisch abgrenzbare Einheiten mit „Gruppenleitern” und ihnen zugeordneten Sachbearbeitern geschaffen werden, spricht nichts dagegen, auch diese als Arbeitsbereiche in einem Arbeitsgebiet Leistung anzusehen.

Eine solche Auslegung ist auch sachgerecht. Es wäre wenig einleuchtend, wenn bei Aufteilung des Arbeitsgebietes in einzelne fachliche Untergebiete zwar die jeweiligen Leiter dieser „Arbeitsbereiche” nach Gehaltsgruppe VII einzustufen wären, nicht aber bei organisatorischer Aufteilung in der hier geschehenen Weise, obwohl der Gruppenleiter eine eher höherwertige Verantwortung deshalb trägt, weil der ihm unterstellte Bereich die gesamte fachliche Breite erfaßt.

d) Die Arbeitnehmer Bl., B. und V. sind als „Leiter” im Sinne des Tätigkeitsbeispiels anzusehen. Dafür spricht schon die vom Arbeitgeber selbst gewählte Bezeichnung als „Gruppenleiter”.

Nach der Stellenbeschreibung sind den Gruppenleitern typische Leitungsaufgaben zugewiesen. Diese Stellenbeschreibung ist für die Entscheidung maßgebend, nachdem der Arbeitgeber selbst vorgetragen hat, eine Abweichung von der Beschreibung bestehe bei der verrichteten Tätigkeit nicht.

Nach der Stellenbeschreibung ist unter Nr. 4 („Ziel der Stelle”) von der „Führungsaufgabe” des Stelleninhabers die Rede, die er so wahrzunehmen hat, daß u.a. ein störungsfreier Arbeitsablauf innerhalb der Gruppe gewährleistet ist. Schon diese allgemeine Vorgabe belegt die Leitungsfunktion des Gruppenleiters. Das hat das Landesarbeitsgericht übersehen.

Typische Leitungsaufgaben sind aber auch im einzelnen aufgelistet etwa wie folgt:

Der Stelleninhaber

5.1.1 entscheidet über die Arbeitsverteilung in der Gruppe im Rahmen der Arbeitsrichtlinien

5.1.5 entscheidet über außergewöhnliche Fälle der Mitarbeiter mit Ausnahme der Fälle der Mitarbeiter, die dem Vorgesetzten oder der Fachstelle vorzulegen sind

5.1.6 stellt die Eignung seiner künftigen Mitarbeiter (Bewerber) fest

5.1.7 genehmigt den Urlaubsplan seiner Mitarbeiter nach Abstimmung mit dem Vorgesetzten

5.1.8 genehmigt den Gleitzeitausgleich seiner Mitarbeiter

5.3.1 sichtet die tägliche Eilpost der Gruppe

5.3.2 prüft stichprobenweise die von der Gruppe bearbeiteten Vorgänge im Rahmen der Arbeitsrichtlinien

5.3.5 überwacht die Fehlpost, Wiedervorlage (Terminhaltung)

5.3.6 registriert die von seinen Mitarbeitern erstellten Regulierungsfälle und meldet die jeweilige Anzahl seinem Vorgesetzten

5.3.7 kontrolliert die Gleitzeit-Karten seiner Mitarbeiter.

In gleicher Weise zu werten sind die in Nr. 5.4 der Stellenbeschreibung erwähnten „sonstigen Aufgaben”, wie etwa die Führung von Lehrgesprächen mit Auszubildenden und neuen Mitarbeitern, die Auswahl von Mitarbeitern für die praktische Unterweisung von Auszubildenden oder neuen Mitarbeitern, die Überwachung der praktischen Ausbildung, die Unterstützung „seiner” Mitarbeiter bei vorübergehenden Engpässen, um hohe Rückstände zu vermeiden.

Alle diese Funktionen sind Funktionen, wie sie typischerweise dem Leiter eines Bereichs zustehen, in dem unterstellte Mitarbeiter arbeiten.

e) Dem Landesarbeitsgericht kann auch nicht in dem Ergebnis zugestimmt werden, die Gruppenleiter seien unter Berücksichtigung der in den abstrakten Tätigkeitsmerkmalen vorausgesetzten „erweiterten Fach- oder Führungsverantwortung” nicht Leiter im tariflichen Sinne.

Wie bereits dargelegt, sind die Erfordernisse einer Lohngruppe dann als erfüllt anzusehen, wenn ein Arbeitnehmer eine einem dieser Gruppe zugeordneten Richtbeispiel entsprechende Tätigkeit ausübt. Einer zusätzlichen Überprüfung der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale bedarf es dann nicht. Auf diese muß nur dann zurückgegriffen werden, wenn das Richtbeispiel selbst unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, die nicht aus sich heraus ausgelegt werden können (BAG Urteil vom 21. Oktober 1987 – 4 AZR 49/87 – und Urteil vom 28. September 1988 – 4 AZR 326/88 – AP Nr. 19 und Nr. 22 zu § 1 TVG Tarifverträge: Druckindustrie).

Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist der Begriff „Leiter eines kleineren Arbeitsbereichs” in diesem Sinne nicht auslegungsbedürftig. Leiter eines Arbeitsbereichs ist nach allgemeinem Sprachgebrauch derjenige, der unmittelbare Verantwortung für seinen Bereich trägt, da er die ihm unterstellten Mitarbeiter anleitet. Daß ein „Leiter” seinerseits einem übergeordneten Vorgesetzten unterstellt sein kann, wurde bereits dargelegt.

Eines Rückgriffs auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale bedarf es vorliegend nicht, weil das Tätigkeitsbeispiel „Leiter eines kleineren Arbeitsbereichs” aus sich heraus ausgelegt werden kann.

Am Ergebnis würde sich aber auch nichts bei einem Rückgriff auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe VII als Auslegungshilfe für die Bestimmung des Begriffs „Leiter” ändern. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob der Begriff „erweiterte” sich nur auf die Fachverantwortung bezieht, oder, wofür allerdings der Bindestrich spricht, in gleicher Weise auf die Führungsverantwortung. Auch wenn man von letzterem ausgeht, ist der Gruppenleiter entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts als Leiter anzusehen. Dem Begriff erweiterte Führungsverantwortung läßt sich entnehmen, daß mehr als nur eine eingeschränkte Führungsverantwortung vorliegen muß. Erweiterte Führungsverantwortung ist andererseits auch nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht die oberste Stufe. Dies wäre die volle oder umfassende Führungsverantwortung. Deutlich wird dies auch aus der Fassung der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe VIII, wenn diese Tätigkeiten erfaßt, die u.a. in der Führungsverantwortung über die Anforderungen der Gehaltsgruppe VII hinausgehen.

Hieran gemessen sind die mit der Tätigkeit des Gruppenleiters nach der Stellenbeschreibung verbundenen Leitungsfunktionen so erheblich, daß sie auch unter Berücksichtigung des allgemeinen Tätigkeitsmerkmals „erweiterte Führungsverantwortung” der Einordnung als Leiter nicht entgegenstehen. Gerade Aufgaben wie stichprobenweise Prüfung der von der Gruppe bearbeiteten Vorgänge, Entscheidung über außergewöhnliche Fälle der Mitarbeiter, Eignungsfeststellung seiner künftigen Mitarbeiter, Überwachung der Ausbildung oder Unterstützung seiner Mitarbeiter zur Vermeidung von Engpässen belegen eine die Tätigkeit prägende Führungsverantwortung im materiellen Bereich, die – zusammen mit der formellen Verantwortung – zur Annahme einer erweiterten Führungsverantwortung führen.

Es kann nicht angenommen werden, daß – wie die Arbeitgeber meint – Leiter im hier streitbefangenen Sinne nur sein könne, wer „harte” Personalverantwortung trage, wie z.B. Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis. Beförderungsrecht oder Abmahnungsrecht. Dies ist mit dem Begriff eines Leiters nicht zwingend verbunden und kann erst recht nicht zwingender Inhalt der Leitung eines kleineren Arbeitsbereichs sein.

Deshalb ist es viel zu hoch gegriffen, wenn der Arbeitgeber Tätigkeiten verlangt, die von „besonderer Bedeutung für das Unternehmen” seien oder meint, es müsse sich um eine „heraus ragende Führungstätigkeit” handeln. Schließlich geht es nur um die Frage, ob die Arbeitnehmer „Leiter” eines kleineren Arbeitsbereichs sind, nicht aber darum, ob sie „leitende Angestellte” sind. Das zeigt auch ein Vergleich mit den anderen Tätigkeitsbeispielen der Gehaltsgruppe VII. Wenn dort etwa erfaßt sind besonders qualifizierte bzw. qualifizierte Sachbearbeiter in verschiedenen Sparten, qualifizierte Technikertätigkeiten, Systemprogrammierer mit erhöhten Anforderungen, sind dies alles verdienstvolle Aufgabenbereiche, die für das Unternehmen wichtig sind. Daß man ihnen aber eine Bedeutung beimessen könnte, die es rechtfertigte, sie auf eine Stufe zu stellen mit „Führungsaufgaben von besonderer Bedeutung für das Unternehmen” oder „her aus ragende Führungstätigkeit”, kann nicht gesagt werden. Der Vergleich des Tätigkeitsbeispiels „Leiter eines kleineren Arbeitsbereichs” mit den weiteren in dieser Gehaltsgruppe genannten Tätigkeitsbeispielen spricht also gleichfalls dafür, daß die Anforderungen an die „Führungsverantwortung” eines solchen Leiters nicht überzogen werden dürfen.

Die Rückkoppelung des Begriffs „Leiter” auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale führt demnach nicht zu der Annahme, daß die Gruppenleiter zwar „Leiter” nach allgemeinem Sprachgebrauch, nicht aber Leiter in einem gesteigerten tariflichen Sinne wären. Sie sind vielmehr als Leiter im Sinne des Tätigkeitsbeispiels anzusehen.

f) Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, § 7 MTV schließe eine Umgruppierung nach Gehaltsgruppe VII aus. Danach erhalten Arbeitnehmer der Gehaltsgruppen II bis VIII, die ständig die Verantwortung für die Arbeitsleistung oder Ausbildung von mehreren zu einer Abteilung (in größeren Betrieben auch Arbeitsgruppe oder dergleichen) zusammengefaßten Arbeitnehmern tragen, eine sog. „Verantwortungszulage”. Hieraus läßt sich kein zwingender Rückschluß auf die Auslegung des Tätigkeitsbeispiels „Leitung” ziehen in dem Sinne, daß ein Leiter nur derjenige ist, dessen Führungsverantwortung hinausgeht über die ständige Verantwortung für die Arbeitsleistung oder Ausbildung einer Gruppe von Mitarbeitern.

Festzustellen ist zum einen, daß die Verantwortungszulage für alle Gehaltsgruppen einschließlich der Gruppen VII und VIII vorgesehen ist und nicht nur für die Gruppen II bis VI. Wäre letzteres der Fall, läge die Annahme eines graduellen Aufbaues in der Weise näher, daß die in § 7 MTV angesprochene Verantwortung als sozusagen schwächere Verantwortung gegenüber der Führungsverantwortung der Gehaltsgruppen VII und VIII anzusehen wäre.

§ 7 MTV enthält weiter keine Anrechnungsvorschrift für „Leitertätigkeiten” nach Gehaltsgruppe VII und Gehaltsgruppe VIII, obwohl diese begrifflich nicht denkbar sind, ohne die Übernahme der Verantwortung für die Arbeitsleistung der unterstellten Mitarbeiter. Nach dem Wortlaut des Tarifvertrages wird Verantwortung also dann unter Umständen doppelt berücksichtigt, nämlich einmal als Zulagenfaktor und zum anderen als Eingruppierungskriterium. Dementsprechend gewährt der Arbeitgeber dem von ihm als „Leiter” im tariflichen Sinne angesehenen Fachgebietsleiter auch zusätzlich die Verantwortungszulage. Das hat das Landesarbeitsgericht übersehen. Ein zwingender Schluß etwa dahin, wer „nur” die Verantwortung für die Arbeitsleistung von mehreren Arbeitnehmern übernehme – § 7 Ziff. 2 spricht von Abteilungsleitern im Sinne von Ziff. 1 –, erhalte nur eine Verantwortungszulage und könne nicht Leiter eines kleineren Arbeitsbereichs im Sinne des Tätigkeitsbeispiels der Gehaltsgruppe VII sein, läßt sich schon angesichts dieser Überschneidungen nicht ziehen. Es bleibt nur festzustellen, daß die Übernahme von Verantwortung für andere die Verantwortungszulage rechtfertigen, aber auch eingruppierungsrelevant sein kann, wenn es sich um einen Arbeitsbereich in einem privilegierten Sachgebiet handelt, für das die Gehaltsstruktur die eingruppierungsmäßige Berücksichtigung der Verantwortung vorsieht. Die Verantwortung etwa für das Arbeitsergebnis einer Gruppe von Arbeitnehmern, die mit Schreibarbeiten (Gehaltsgruppe III) befaßt sind, löst danach nur eine Verantwortungszulage nach § 7 MTV aus, findet aber keinen eingruppierungsrechtlichen Niederschlag.

Festzustellen bleibt aber auch, daß die Zulage gewährt wird für die Übernahme von Verantwortung für die Arbeitsleistung oder die Ausbildung. Wer nur für die Ausbildung von mehreren Arbeitnehmern verantwortlich ist, ist noch nicht der Leiter dieser Gruppe. Die Stellenbeschreibung des Gruppenleiters enthält aber Verantwortungszuweisungen sowohl hinsichtlich des Bereichs Arbeitsleistung wie auch des Bereichs Ausbildung (s. dazu etwa 5.4 der Stellenbeschreibung). Die in der Stellenbeschreibung aufgeführten Führungsaufgaben betreffen auch sonst nicht nur die Verantwortung für die Arbeitsleistung der in der Gruppe beschäftigten Arbeitnehmer. Die Feststellung etwa der Eignung von Bewerbern (Nr. 5.1.6) oder die Auswahl von geeigneten Sachbearbeitern für die praktische Unterweisung von Auszubildenden/neuen Mitarbeitern (Nr. 5.4.1.2) gehen hierüber hinaus. Insoweit ist der Verantwortungsbereich ohnehin weiter als der mit einer Verantwortungszulage erfaßte Bereich.

Die Regelung des § 7 MTV steht demnach der Annahme nicht entgegen, die Gruppenleiter erfüllten das Tätigkeitsbeispiel „Leiter eines kleineren Arbeitsbereichs”.

g) Hiervon ausgehend kommt es entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht auf die zeitliche Gewichtung zwischen eigentlicher Leitungstätigkeit und eigener Sachbearbeitung an. Wenn die Tarifvertragsparteien ein spezielles Tätigkeitsbeispiel „Leiter” vorsehen, bringen sie damit in der Regel zum Ausdruck, daß sie die gesamte Tätigkeit eines solchen Arbeitnehmers einheitlich tariflich bewerten wollen (vgl. für eine ähnliche Eingruppierungsproblematik im öffentlichen Dienst BAG Urteil vom 15. Februar 1984 – 4 AZR 264/82 – AP Nr. 86 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Die eigene Mitarbeit im Arbeitsbereich ist für den Leiter gerade eines kleineren Arbeitsbereichs üblich. Die Tätigkeit des Gruppenleiters ist also nicht aufzuspalten in Leitungstätigkeit und Sachbearbeitung, bei der dann die Leitungstätigkeit überwiegen oder doch der Gesamttätigkeit das Gepräge geben müßte im Sinne von § 4 Ziff. 2 a Satz 2 und 3 MTV. Vielmehr liegt eine einheitliche Tätigkeit „Leiter eines kleineren Arbeitsbereichs im Arbeitsgebiet Leistungssachbearbeitung” vor.

Da diese Tätigkeit in der Gehaltsgruppe VII als Beispiel genannt ist, ist sie auch in diese Gehaltsgruppe einzustufen. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines begründeten Ausnahmefalles, der eine Abweichung zuungunsten des Arbeitnehmers rechtfertigte, sind nicht ersichtlich.

Hat demnach der Betriebsrat die Zustimmung zur Umgruppierung der Arbeitnehmer Bl., B. und V. in die Gehaltsgruppe VI zu Recht verweigert, war auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats der Beschluß des Landesarbeitsgerichts aufzuheben, auf die Beschwerde der Beschluß des Arbeitsgerichts abzuändern und der Antrag des Arbeitgebers abzuweisen.

 

Unterschriften

Dr. Kissel, Dr. Weller, Dr. Rost, Schneider, Weinmann

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1083480

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