Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung des Einigungsstellenbeisitzers
Normenkette
BetrVG 1972 § 76a; BGB § 315; ArbGG § 83 Abs. 3
Verfahrensgang
LAG Hamm (Beschluss vom 15.01.1991; Aktenzeichen 13 TaBV 126/90) |
ArbG Münster (Beschluss vom 19.07.1990; Aktenzeichen 2 BV 46/90) |
Tenor
Unter Zurückweisung der Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 15. Januar 1991 – 13 TaBV 126/90 – teilweise aufgehoben und insgesamt wie folgt neu gefaßt:
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Münster vom 19. Juli 1990 – 2 BV 46/90 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Der Antragsteller ist Gewerkschaftssekretär. Er war vom Betriebsrat des Betriebes M. der beteiligten Arbeitgeberin ohne Zusage eines bestimmten Honorars zum Beisitzer einer Einigungsstelle zur betrieblichen Umsetzung der 39-Stunden-Woche bestellt worden. Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Antragsteller für seine Einigungsstellentätigkeit zustehenden Vergütung.
Die Einigungsstelle tagte am 5. Februar 1990 und am 12. März 1990 insgesamt zehn Stunden (einschließlich angefangener Stunden). Der Vorsitzende der Einigungsstelle stellte der Arbeitgeberin ein Honorar in Höhe von 5.400,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung. Er hat diesen Betrag aus den dafür insgesamt auf gewandten 36 Stunden und einem Stundensatz in Höhe von 150,– DM errechnet. Die beteiligte Arbeitgeberin hat diese Forderung erfüllt.
Der Antragsteller hat von der beteiligten Arbeitgeberin mit Kostennote vom 29. März 1990 ein Honorar in Höhe von 7/10 des Vorsitzendenhonorars, also 3.780,– DM, zzgl. Mehrwertsteuer gefordert. Außerdem hat er den Ersatz von Fahrtkosten in Höhe von 188,– DM sowie Tagegeld in Höhe von 190,– DM gefordert. Die Arbeitgeberin hat sich geweigert, diese Forderungen zu erfüllen.
Der Antragsteller ist der Auffassung, die Forderung sei aus § 76 a Abs. 3, 4 BetrVG begründet. Die gesetzliche Neuregelung stimme im wesentlichen mit der bisherigen Rechtsprechung überein; lediglich für die – hier nicht relevanten – Aspekte der Bedeutung eines Verdienstausfalles und der Abrechnung in Analogie zur BRAGO habe sich die Rechtslage geändert. Wie in § 76 a Abs. 4 BetrVG vorgesehen sei, habe er seine Forderung nach dem Zeitaufwand der Tätigkeit errechnet. Das ergebe sich daraus, daß er sich auf die Kostennote des Vorsitzenden bezogen habe, der seinerseits nach Zeitaufwand abgerechnet habe. Außerdem habe er durch seine um 3/10 niedrigere Forderung den Anforderungen des § 76 a Abs. 4 Satz 4 BetrVG genügt. § 76 a Abs. 4 BetrVG erfordere nicht, daß er sein Honorar nach der von ihm konkret aufgewandten Zeit berechne; er sei berechtigt, wie geschehen, seinen Zeitaufwand pauschal in Ansatz zu bringen. Mögliche tatsächliche Unterschiede in der zeitlichen Inanspruchnahme zwischen ihm und dem Vorsitzenden und zwischen der Vorsitzenden- und der Beisitzertätigkeit seien durch den Abschlag von 3/10 im Verhältnis zum Honorar des Vorsitzenden bereits ausreichend berücksichtigt. Der von der beteiligten Arbeitgeberin vertretene Standpunkt, der Beisitzer könne nur die von ihm tatsächlich auf gewandte Zeit in Ansatz bringen, sei nicht haltbar. Zum einen würde das nur zu einem fruchtlosen Streit über den tatsächlichen Zeitaufwand führen; zum anderen würde damit jedem Beisitzer eine andere Vergütung zustehen, was zu einer Ungleichbehandlung führen würde. Ergänzend hat der Antragsteller behauptet, er sei jedenfalls nicht weniger als 36 Stunden für die Einigungsstelle tätig gewesen; neben den vorbereitenden Gesprächen mit dem Betriebsrat habe er u.a. das Verfahren durch einen Schriftsatz vorbereitet. Er ist ferner der Auffassung entgegengetreten, im Rahmen der Ermittlung des individuellen Zeitaufwandes komme es nicht auf die tatsächlich aufgewandte, sondern auf die von einem Gericht als erforderlich angesehene Zeit an. Es gebe keine Kriterien, nach denen sich bestimmen ließe, wieviel Zeit für die Vorbereitung der Sitzungen oder die Abfassung eines Schriftsatzes „zuzubilligen” sei. Schließlich sei auch zu beachten, daß das Gericht lediglich überprüfen könne, ob der Beisitzer mit seiner Honorarforderung den ihm zustehenden Ermessensspielraum überschritten habe; es dürfe jedoch nicht seinerseits das Honorar durch eine eigene Ermessensausübung festsetzen.
Der anhängig gemachte Betrag setzt sich rechnerisch unstreitig aus der Honorarforderung (3.780,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer) sowie entstandenen Fahrtkosten in Höhe von 188,– DM zusammen. Das ursprünglich geforderte Tagegeld hat der Antragsteller gerichtlich nicht mehr geltend gemacht.
Der Antragsteller hat beantragt,
die beteiligte Arbeitgeberin zu verpflichten, an den Antragsteller 4.497,20 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. April 1990 zu zahlen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Honorarforderung entspreche nicht den Voraussetzungen des § 76 a Abs. 3 und 4 BetrVG. Der der Forderung zugrunde gelegte Zeitaufwand sei ebenso überhöht wie der in Ansatz gebrachte Stundensatz. § 76 a Abs. 4 BetrVG erfordere, daß der Beisitzer sein Honorar nach der von ihm tatsächlich persönlich aufgewandten Zeit berechne und nur einen seiner eigenen Leistung entsprechenden Stundensatz zugrunde lege. Der Antragsteller habe dagegen sein Honorar allein aus dem Honorar des Vorsitzenden abgeleitet, was mit dem Gesetz nicht vereinbar sei. Der nach § 76 a Abs. 4 BetrVG maßgebliche „erforderliche Zeitaufwand” des Antragstellers sei hier mit 16 Stunden anzusetzen. Neben den zehn Sitzungsstunden seien für die Vorbereitung der Sitzung lediglich sechs Stunden erforderlich gewesen. Das ergebe sich daraus, daß der Antragsteller in die Materie eingearbeitet gewesen sei und auch die von der Arbeitgeberin bestellten Beisitzer sich nicht länger als sechs Stunden auf die Sitzungen vorbereitet hätten. Auch der für die einzelnen Stunden anzusetzende Betrag könne nicht pauschal in Anlehnung an den Stundensatz des Vorsitzenden ermittelt werden. Dafür seien die Tätigkeiten zu unterschiedlich. Im Gegensatz zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle trage der Beisitzer geringere Verantwortung und benötige weder juristische Kenntnisse noch eine besondere Sachkunde. Seine Stellung sei mit der eines ehrenamtlichen Richters der Arbeitsgerichtsbarkeit vergleichbar. Gerechtfertigt sei daher nur ein Satz in Anlehnung an die Entschädigung ehrenamtlicher Richter oder an das Gesetz zur Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen.
Das Arbeitsgericht hat nach dem Antrag erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat den Beschluß teilweise abgeändert und einen Betrag in Höhe von 3.060,80 DM zuerkannt, wobei es von einer Honorarforderung in Höhe von 2.520,– DM (= 24 Stunden à 105,– DM) ausgegangen ist; zusätzlich hat es darauf entfallende Mehrwertsteuer in Höhe von 352,80 DM sowie die Fahrtkosten in Höhe von 188,– DM zugesprochen. Im übrigen hat es die Beschwerde der beteiligten Arbeitgeberin zurückgewiesen.
Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt der Antragsteller die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses. Die Arbeitgeberin beantragt mit ihrer Rechtsbeschwerde, den Antrag des Antragstellers insgesamt zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist begründet. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts und zur Wiederherstellung des Beschlusses des Arbeitsgerichts. Denn die Forderung des Antragstellers besteht in der vom Arbeitsgericht zuerkannten Höhe. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin war daher zurückzuweisen.
I. Der Betriebsrat war nicht am Verfahren zu beteiligen, weil die Voraussetzungen des § 83 Abs. 3 ArbGG nicht vorliegen. Entgegen der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des § 76 a BetrVG ergibt sich nunmehr der Vergütungsanspruch des Vorsitzenden und der Beisitzer der Einigungsstelle, die nicht zu den in § 76 a Abs. 2 BetrVG genannten Personen gehören, unmittelbar aus § 76 a Abs. 3 BetrVG. Einer Honorarzusage des Betriebsrats an den von ihm benannten Beisitzer bedarf es nicht mehr. Damit wird nunmehr der Betriebsrat durch eine gerichtliche Entscheidung über den Vergütungsanspruch des Beisitzers nicht mehr in seiner materiellen Rechtsstellung betroffen. Für die neue, durch § 76 a BetrVG geschaffene Rechtslage hält daher der Senat an der bisherigen Rechtsprechung, nach der der Betriebsrat an Verfahren über die Vergütungshöhe von ihm bestellter Einigungsstellenbeisitzer zu beteiligen war (vgl. z.B. BAG Beschluß vom 15. Dezember 1978 – 6 ABR 64/77 – AP Nr. 5 zu § 76 BetrVG 1972), nicht fest.
II. Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, besteht der Vergütungsanspruch des Antragstellers in Höhe von 3.780,00 DM (70 % des Vorsitzendenhonorars von 5.400,00 DM) zuzüglich Mehrwertsteuer. In dieser Höhe hat der Antragsteller seine Vergütung einseitig aufgrund des ihm zustehenden Leistungsbestimmungsrechts (§ 315 Abs. 1 BGB) festgesetzt. Diese Festsetzung hält sich im Entscheidungsfall im Rahmen billigen Ermessens und der gem. § 76 a Abs. 3 Satz 2 BetrVG geltenden Grundsätze des § 76 a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG.
1. Auch das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß sich der Anspruch des Antragstellers allein auf § 76 a Abs. 3 und 4 BetrVG gründet. Zwar hatte die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den Honoraranspruch des vom Betriebsrat bestellten nicht betriebsangehörigen Einigungsstellenbeisitzers aus dem besonderen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis abgeleitet, das durch die Anrufung der Einigungsstelle entsteht (vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 20. Februar 1991 – 7 ABR 6/90 – EzA § 76 BetrVG 1972 Nr. 56, zu II 2 a der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt).
Durch die Schaffung der ausdrücklichen gesetzlichen Anspruchsgrundlage in § 76 a Abs. 3 BetrVG ist diese Begründung entbehrlich geworden. Das Entstehen des Honoraranspruchs des vom Betriebsrat bestellten nicht betriebsangehörigen Einigungsstellenmitglieds hängt deshalb nicht mehr – wie nach der früheren Rechtslage (vgl. dazu BAG Beschluß vom 1. Dezember 1983 – 6 ABR 6/81 – AP Nr. 13 zu § 76 BetrVG 1972, zu II 2 b der Gründe) – davon ab, ob der Betriebsrat dem Beisitzer ein Honorar wenigstens dem Grunde nach zugesagt hat.
Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Vergütungsanspruch liegen damit dem Grunde nach vor. Der Antragsteller ist ordnungsgemäß zum Mitglied der Einigungsstelle bestellt worden und ist dort auch tätig geworden.
2. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch zu Unrecht die Vorschrift des § 76 a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG, auf die § 76 a Abs. 3 Satz 2 BetrVG verweist, als gesetzliche Regelung des im Einzel fall geschuldeten Honorars verstanden und auf dieser Grundlage die Höhe des dem Antragsteller zustehenden Honorars selbst zu ermitteln versucht.
a) Das Landesarbeitsgericht hat hierzu im wesentlichen ausgeführt:
Eine Berechnung des Honorars – wie vom Antragsteller vorgenommen – in Anlehnung an das Honorar des Vorsitzenden der Einigungsstelle sei mit § 76 a Abs. 3, 4 BetrVG nicht zu vereinbaren. Vielmehr müsse das Honorar nach der individuellen Leistung des jeweiligen Beisitzers bemessen werden. Das Landesarbeitsgericht hat sodann den für die Tätigkeit in der Einigungsstelle erforderlichen Zeitaufwand ermittelt, den es für den Antragsteller mit 24 Stunden angesetzt hat. Die reine Sitzungszeit habe zehn Stunden betragen; weitere acht Stunden habe der Antragsteller für die Fahrten zu und von den Sitzungen benötigt. Als Vor- und Nachbereitungszeit könnten von den behaupteten 36 Stunden nur sechs als erforderlich im Sinne von § 76 a Abs. 4 Satz 3 BetrVG anerkannt werden. Da der Vorsitzende viele zeitaufwendige Tätigkeiten zu verrichten habe (Fertigung der Protokolle und der schriftlichen Begründung des Spruches), müsse der erforderliche Zeitaufwand des Beisitzers erheblich unter diesem Ansatz liegen. Da zudem die von der Arbeitgeberin bestellten Beisitzer ihre Vor- und Nachbereitungszeit mit sechs Stunden in Ansatz gebracht hätten und besondere Umstände, die eine andere Beurteilung bezüglich des Antragstellers nahelegen könnten, nicht ersichtlich seien, sei davon auszugehen, daß auch für ihn nur sechs Stunden zur Vor- und Nachbereitung erforderlich gewesen seien. Bei der Hohe des Stundensatzes seien die Schwierigkeit der Streitigkeit sowie ein Verdienstausfall zu berücksichtigen. Dabei könne auf den vom Vorsitzenden der Einigungsstelle in Ansatz gebrachten Stundensatz Bezug genommen werden? das Gesetz selbst gehe in § 76 a Abs. 4 Satz 4 BetrVG von einer Relation dieser beiden Größen aus. Angesichts der besonderen Verantwortung des Vorsitzenden sei ein Stundensatz in Höhe von 7/10 des Satzes des Vorsitzenden angemessen. Ein Verdienstausfall, der diese Relation ebenfalls beeinflussen könne, sei hier weder beim Vorsitzenden noch beim Antragsteller eingetreten. Dem Antragsteller stehe daher ein Stundensatz in Höhe von 7/10 mal 150,– DM = 105,– DM zu. Der daraus errechnete Honoraranspruch sei um die gesetzliche Mehrwertsteuer und die geltend gemachten Fahrtkosten zu erhöhen.
b) Dieser Würdigung kann sich der Senat nicht anschließen. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, daß eine richterliche Festsetzung der Höhe der Vergütung eines Einigungsstellenmitglieds erst dann in Betracht kommt, wenn die vom Einigungsstellenmitglied selbst bestimmte Höhe seiner Vergütung nicht der Billigkeit entspricht. Die Vorschrift des § 76 a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG gibt dem Gericht nicht die Befugnis, die Höhe der Vergütung ohne Rücksicht auf eine vom Einigungsstellenmitglied vorgenommene Bestimmung der Vergütungshöhe nach eigenem Ermessen selbst festzusetzen.
Vor dem Inkrafttreten des § 76 a BetrVG ergab sich der Umfang des Vergütungsanspruchs der Einigungsstellenmitglieder beim Fehlen einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber entweder aus einer entsprechenden Honorarzusage des Betriebsrates, die dieser im Rahmen der Erforderlichkeit und Angemessenheit abgeben durfte (vgl. Senatsbeschluß vom 14. Dezember 1988 – 7 ABR 73/87 – AP Nr. 30 zu § 76 BetrVG 1972, zu C II 1 der Gründe; ständige Rechtsprechung seit dem Beschluß vom 11. Mai 1976 – 1 ABR 37/75 – AP Nr. 3 zu § 76 BetrVG 1972, zu II 3 der Gründe; vgl. dazu die Beschlüsse vom 15. Dezember 1978 – 6 ABR 93/77 – AP Nr. 6 zu § 76 BetrVG 1972, zu III 2 b der Gründe; vom 14. Januar 1983 – 6 ABR 67/79 – AP Nr. 12 zu § 76 BetrVG 1972, zu 2 der Gründe; vom 3. Mai 1984 – 6 ABR 60/80 – AP Nr. 15 zu § 76 BetrVG 1972, zu 1 der Gründe) oder aus der rechtsgestaltenden Leistungsbestimmung des Honorarberechtigten (§§ 315, 316 BGB – ständige Rechtsprechung des BAG seit dem Beschluß vom 15. Dezember 1978 – 6 ABR 64/77 – AP Nr. 5 zu § 76 BetrVG 1972, zu III 3 b der Gründe; vgl. auch die Beschlüsse vom 13. Januar 1981 – 6 ABR 106/78 – AP Nr. 8 zu § 76 BetrVG 1972, zu II 2 b ee der Gründe; vom 3. Mai 1984 – 6 ABR 60/80 – AP Nr. 15 zu § 76 BetrVG 1972, zu 2 der Gründe; vom 31. Juli 1986 – 6 ABR 79/83 – AP Nr. 19 zu § 76 BetrVG 1972, zu III 3 der Gründe).
c) Diese Rechtslage, nach der die Festlegung der Höhe der geschuldeten Vergütung privatautonomer Gestaltung unterliegt, hat sich, jedenfalls solange es an der Rechtsverordnung nach § 76 a Abs. 4 BetrVG fehlt, durch die gesetzliche Neuregelung nicht wesentlich geändert. Die Vorschrift des § 76 a Abs. 3 Satz 2 BetrVG bestimmt durch ihre Verweisung auf die in Abs. 4 Sätze 3 bis 5 derselben Vorschrift niedergelegten Grundsätze nicht anstelle privatautonomer Regelung die Höhe der Vergütung. Dies wollte der Gesetzgeber gerade einer Rechtsverordnung überlassen. Vielmehr legt das Gesetz nur Grundsätze fest, die bei der Bemessung der Vergütung zu beachten sind. Das Gesetz entzieht die Vergütungsbemessung nicht privatautonomer Gestaltung, sondern setzt diese bis zum Erlaß der Rechtsverordnung voraus.
d) Allerdings kommt einer Honorarzusage des Betriebsrats keine eigenständige Bedeutung mehr zu. Der Vergütungsanspruch der betriebsfremden Einigungsstellenmitglieder ergibt sich nunmehr dem Grunde nach unmittelbar aus § 76 a Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Kommt es über die Höhe der Vergütung nicht zu einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber, so ist es Sache des Einigungsstellenmitglieds, den Umfang der Vergütung zu bestimmen, was durch Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber geschieht (§§ 316, 315 BGB). Diese Bestimmung hat das Einigungsstellenmitglied gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu treffen. Dabei hat es die Bemessungsgrundsätze des § 76 a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG zu beachten, nach denen insbesondere der erforderliche Zeitaufwand, die Schwierigkeit der Streitigkeit sowie ein Verdienstausfall zu berücksichtigen sind, die Vergütung der Beisitzer niedriger als die des Vorsitzenden zu bemessen und den berechtigten Interessen der Mitglieder der Einigungsstelle und des Arbeitgebers Rechnung zu tragen ist. Für eine gerichtliche Festsetzung der Höhe der Vergütung ist gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB nur Raum, wenn sich ergibt, daß die vom Einigungsstellenmitglied getroffene Bestimmung billigem Ermessen nicht entspricht.
3. Im Entscheidungsfalle liegt eine Leistungsbestimmung durch den Antragsteller vor: Er hat sein Honorar in Höhe von 7/10 des dem Vorsitzenden gezahlten Honorars festgesetzt. Das Landesarbeitsgericht hätte daher zunächst lediglich prüfen dürfen, ob diese Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht und insbesondere mit den gemäß § 76 a Abs. 3 Satz 2 BetrVG unmittelbar geltenden Grundsätzen des Abs. 4 Sätze 3 bis 5 dieser Vorschrift vereinbar ist. Dies ist, wie der Senat aufgrund des festgestellten Sachverhalts selbst beurteilen kann, hier der Fall. Denn die Arbeitgeberin hat weder vorgetragen, daß das dem Vorsitzenden gezahlte Honorar seinerseits den Grundsätzen des § 76 a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG nicht entsprochen hätte und daher als Anknüpfungspunkt für die Beisitzervergütung nicht in Betracht käme, noch hat sie Umstände dargetan, nach denen es im Entscheidungsfalle billigem Ermessen oder den Grundsätzen des § 76 a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG widerspräche, die Beisitzervergütung in Höhe von 7/10 des Vorsitzendenhonorars zu bemessen.
a) Zur Rechtslage vor Inkrafttreten des § 76 a BetrVG ist das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, daß ein um 3/10 niedriger bemessenes Honorar des Beisitzers als das des Vorsitzenden jedenfalls im Regelfalle nicht unbillig oder unangemessen ist (vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 20. Februar 1991 – 7 ABR 6/90 – EzA § 76 BetrVG 1972 Nr. 56, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, m.w.N.). Entgegen der Würdigung des Landesarbeitsgerichts läßt sich dem neu eingefügten § 76 a BetrVG kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, daß es künftig nicht mehr zulässig sein solle, die Beisitzervergütung auf der Grundlage des Vorsitzendenhonorars zu bemessen, sofern dieses seinerseits billigem Ermessen, insbesondere den Grundsätzen des § 76 a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG entspricht und keine Besonderheiten des Einzelfalles vorliegen, die die Eignung des Vorsitzendenhonorars als Bezugsgröße für die Bemessung der Beisitzervergütung ausschließen oder zumindest in Frage stellen. Haben Arbeitgeber und Einigungsstellenvorsitzender sich über die Höhe des Vorsitzendenhonorars geeinigt oder hat der Arbeitgeber die vom Einigungsstellenvorsitzenden nach § 315 Abs. 1 BGB getroffene Bestimmung der Höhe seiner Vergütung nicht als unbillig beanstandet, so kann in der Regel davon ausgegangen werden, daß sie billigem Ermessen entspricht. Wird die Höhe der Vergütung des Vorsitzenden nicht wesentlich von besonderen, nur bei ihm gegebenen individuellen Umständen, namentlich von der Höhe seines nach § 76 a Abs. 4 Satz 3 BetrVG bei der Honorarbemessung ebenfalls zu berücksichtigenden Verdienstausfalls beeinflußt, so bestehen keine Bedenken, bei der Bestimmung der Höhe der Beisitzervergütung an das Vorsitzendenhonorar anzuknüpfen und sich hieran zu orientieren. Durch einen Abschlag von drei Zehnteln gegenüber der Vorsitzendenvergütung wird im allgemeinen dem Unterschied in den Aufgaben und der Beanspruchung des Vorsitzenden und der Beisitzer der Einigungsstelle ausreichend Rechnung getragen. Eine solche Bestimmung der Beisitzer Vergütung hält sich deshalb beim Fehlen besonders zu berücksichtigender individueller Umstände im Rahmen billigen Ermessens.
b) Im Entscheidungsfalle hat die Arbeitgeberin keine Umstände dafür vorgetragen, daß das dem Vorsitzenden gezahlte Honorar nicht den Grundsätzen des § 76 a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG entsprochen hätte. Der Senat kann daher davon ausgehen, daß dieses Honorar als Bemessungsgrundlage für das vom Antragsteller geforderte Honorar geeignet ist. Die beteiligte Arbeitgeberin hat auch keine Umstände dafür vorgetragen, daß unter den nach § 76 a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 BetrVG erheblichen Gesichtspunkten die Verhältnisse des Vorsitzenden und des Antragstellers so unterschiedlich gelagert wären, daß durch einen Abschlag von 3/10 vom Vorsitzendenhonorar der Vorschrift des § 76 a Abs. 4 Satz 4 BetrVG, nach der die Vergütung der Beisitzer niedriger zu bemessen ist als die des Vorsitzenden, nicht ausreichend Rechnung getragen sei.
III. Hinsichtlich der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die zugesprochenen Fahrtkosten in Höhe von 188,– DM ist die Rechtsbeschwerde der beteiligten Arbeitgeberin unzulässig. Sie richtet sich zwar gegen die gesamte Entscheidung des Landesarbeitsgerichts. In ihrer Begründung enthält sie jedoch keinerlei Angriffe gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts in bezug auf den Fahrtkostenersatz. Bei dem Fahrtkostenersatz handelt es sich um eine gegenüber dem Honoraranspruch eigenständige Forderung. Beide Forderungen sind im Wege der objektiven Antragshäufung (§ 260 ZPO) lediglich gemeinsam geltend gemacht worden.
Nach § 554 ZPO setzt eine zulässige Revision bzw. Rechtsbeschwerde die Angabe der Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdegründe unter Angabe der verletzten Rechtsnorm voraus. Die Rechtsbeschwerdeführerin hat nicht vorgetragen, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts hinsichtlich der zuerkannten Fahrtkosten rechtsfehlerhaft sei; dementsprechend fehlen Ausführungen zu möglicherweise verletzten Rechtsnormen.
Unterschriften
Dr. Seidensticker, Kremhelmer, Dr. Steckhan, Nottelmann, Die ehrenamtliche Richterin Lappe ist wegen Ablaufs ihrer Amtszeit verhindert zu unterschreiben. Dr. Seidensticker
Fundstellen