Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässige Nichtzulassungsbeschwerde
Orientierungssatz
Bestätigung der Rechtsprechung, daß sich ein divergierender Rechtssatz aus der anzufechtenden Entscheidung unmittelbar und eindeutig ergeben muß und das Berufungsgericht zu einer Rechtsfrage, die es nicht behandelt hat, auch keinen divergierenden Rechtssatz aufgestellt haben kann.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 2; ArbGG § 72a Abs. 1 Fassung: 1979-07-02, § 72 Abs. 2 Nr. 2 Fassung: 1979-07-02
Verfahrensgang
LAG Nürnberg (Entscheidung vom 19.07.1984; Aktenzeichen 8 (7/2) Sa 45/82) |
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 23.12.1981; Aktenzeichen 3 Ca 625/80) |
Gründe
I. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Beklagte die Voraussetzungen einer Divergenz nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form dargelegt hat.
1. Nach § 72 a Abs. 1, § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG ist die Revision auf die Beschwerde einer durch das Urteil des Landesarbeitsgerichts beschwerten Partei gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts außer bei grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache dann durch das Bundesarbeitsgericht zuzulassen, wenn das anzufechtende Urteil von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder eines der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG sonst genannten Gerichte abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Die danach als selbständiger Rechtsbehelf ermöglichte Nichtzulassungsbeschwerde ist nur dann zulässig, wenn der Beschwerdeführer darlegt, daß das Landesarbeitsgericht einen abstrakten, seine Entscheidung tragenden Rechtssatz aufgestellt hat und dieser von einem in einer divergenzfähigen Entscheidung aufgestellten Rechtssatz abweicht (BAG, Beschluß vom 22. November 1979 - 3 AZN 24/79 - AP Nr. 3 zu § 72 a ArbGG 1979, unter II 1 b der Gründe; st. Rechtspr.; Beschluß vom 10. Juli 1984 - 2 AZN 337/84 - unter 1 der Gründe, EzA § 72 a ArbGG 1979 Nr. 44).
Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich aus dem Beschluß des Dritten Senates des Bundesarbeitsgerichts vom 4. August 1981 - 3 AZN 107/81 - (AP Nr. 9 zu § 72 a ArbGG 1979 Divergenz, unter II 2 a der Gründe) nichts anderes. Eine Gleichstellung der vom Landesarbeitsgericht selbst als abstrakter Rechtssatz formulierten Rechtsauffassung mit einem abstrakten Rechtssatz, der in einer scheinbar nur fallbezogenen Formulierung enthalten ist, ist nur ausnahmsweise zulässig. Sie setzt voraus, daß sich der Rechtssatz, auf dem das anzufechtende Urteil beruht, aus seiner Begründung "zwingend", d.h. so unmittelbar und deutlich ergibt, daß kein Raum für Zweifel bleibt, welchen Rechtssatz die Entscheidung aufgestellt hat (BAG, Urteil vom 3. Juli 1963 - 4 AZR 207/62 - AP Nr. 24 zu § 72 ArbGG 1953 Divergenzrevision; Beschluß vom 30. September 1976 - 1 ABR 52/76 - AP Nr. 16 zu § 92 ArbGG 1953, unter II der Gründe; Beschluß vom 16. Dezember 1982 - 2 AZN 337/82 - AP Nr. 11 zu § 72 a ArbGG 1979 Divergenz; st. Rechtspr., zuletzt Beschluß vom 10. Juli 1984, aaO, unter 2 der Gründe). Unmittelbar und eindeutig müssen die divergierenden Rechtssätze auch nach der sonst vom Gutachter vertretenen Auffassung aus den Entscheidungen abgelesen werden können (vgl. Grunsky, ArbGG, 4. Aufl., § 72 Rz 33). Durch den Beschluß des Dritten Senats (aaO) ändert sich auch nichts daran, daß auch nach § 72 a Abs. 1, § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG 1979 eine Divergenz nicht vorliegt, wenn das Landesarbeitsgericht lediglich Rechtssätze fallbezogen unrichtig angewandt hat (Beschlüsse des erkennenden Senats vom 16. Dezember 1982 und vom 10. Juli 1984, aaO). Mit einer Ergänzung des anzufechtenden Urteils durch vom Beschwerdeführer selbst gebildete, von divergenzfähigen Entscheidungen abweichende Rechtssätze können die Voraussetzungen einer Divergenz nicht dargelegt werden (Beschluß des erkennenden Senats vom 10. Juli 1984, aaO).
2. Bei Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten auch in Verbindung mit dem vorgelegten Gutachten als unzulässig. Zum einen unterstellt sie nur dem anzufechtenden Urteil Rechtssätze, die sich nicht in dem oben unter I 1 dargelegten Sinne unmittelbar und eindeutig zweifelsfrei aus den Entscheidungsgründen ergeben. Zum anderen gibt sie, selbst wenn man die von ihr behaupteten Rechtssätze als Teil der Begründung des Urteils des Landesarbeitsgerichts unterstellt, die von ihr herangezogenen Rechtssätze unrichtig wieder oder legt nicht dar, worin die Abweichung der angeblichen Rechtssätze des Landesarbeitsgerichts zu diesen besteht.
a) Den von der Beklagten dem Gutachten entnommenen, behaupteten Rechtssatz
"Bei der Verdachtskündigung ist die Kündigung
schon dann möglich und geboten, wenn der
Arbeitgeber von den Verdachtsmomenten Kennt-
nis erlangt hat,"
enthält das Urteil des Landesarbeitsgerichts nicht. Er ist von der Beklagten selbst gebildet. Inhaltsgleich findet er sich allerdings bereits in einem Aufsatz des Gutachters (Grunsky, Die Verdachtskündigung, ZfA 1977, 167, 172) als seine Meinung, die Anwendung der h.M., die unter bestimmten Voraussetzungen (zusammenfassend BAG 16, 72, 79 f., 82 f. = AP Nr. 13 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung) den Verdacht einer strafbaren Handlung als wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung anerkennt, müsse für den Beginn des Laufs der Ausschlußfrist für den Ausspruch der außerordentlichen Kündigung gemäß § 626 Abs. 2 BGB diese Folge haben. Die Beklagte verkennt dabei aber, daß sich das Landesarbeitsgericht aufgrund der von ihm festgestellten Tatsachen nur für den vorliegenden Fall dazu geäußert hat, wann die Beklagte im Sinne des § 626 Abs. 2 BGB Kenntnis der für sie zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger maßgeblichen Tatsachen hatte. Da das anzufechtende Urteil den von der Beklagten behaupteten Rechtssatz in Form einer fallübergreifenden Würdigung nicht enthält, kann es auch nicht auf ihm beruhen.
Selbst wenn man aber von dem von der Beklagten formulierten Rechtssatz ausgeht, hat die Beklagte jedenfalls nicht ausgeführt, worin dieser von Rechtssätzen in den Urteilen des erkennenden Senats vom 4. Juni 1964 - 2 AZR 310/63 - (BAG 16, 72, 83) und vom 8. August 1968 - 2 AZR 348/67 - (AP Nr. 57 zu § 626 BGB, Leitsatz 2 und unter II 2 der Gründe) abweicht. Die Grundsätze: "Ferner muß der Arbeitgeber alles ihm Zumutbare zur Aufklärung des Sachverhalts getan haben" (Urteil vom 4. Juni 1964, aaO) und "Eine Verdachtskündigung ist im allgemeinen erst dann zulässig, wenn der Arbeitgeber alles ihm Zumutbare getan hat, um eine Aufklärung herbeizuführen" (Urteil vom 8. August 1968, aaO) sagen nichts darüber aus, wann die erforderliche Kenntnis des Kündigenden von den für eine außerordentliche Verdachtskündigung grundlegenden Tatsachen vorhanden ist, die die Frist des § 626 Abs. 2 BGB in Lauf setzt. Sie befassen sich vielmehr mit dem Umfang der Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts als einer Obliegenheit des Kündigenden, wobei in dem Urteil vom 4. Juni 1964 (aaO) noch offengeblieben war, ob deren Verletzung überhaupt zur Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung führt (so aber das Urteil vom 8. August 1968, aaO). Ob die Beklagte dieser Obliegenheit nachgekommen ist, hat das anzufechtende Urteil gerade offengelassen, weil es zu einer Prüfung, ob ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB vorgelegen hat, nicht mehr gelangt ist, nachdem es die Frist des § 626 Abs. 2 BGB als verstrichen angesehen hat. Die angezogenen Grundsätze stehen somit nicht im Widerspruch zu dem von der Beklagten gebildeten Rechtssatz, sondern ergänzen ihn.
b) Auch den weiter angeführten Rechtssatz:
"Die Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1
BGB beginnt bei einer außerordentlichen
Verdachtskündigung in dem Zeitpunkt, in dem
der Kündigungsberechtigte Kenntnis von den
Verdachtsmomenten und Anschuldigungen hat,
die später auch zur Begründung der streit-
gegenständlichen Kündigung herangezogen worden
sind. Der Kündigungsberechtigte darf dann keine
weiteren Ergebnisse eines Ermittlungsverfahrens
der Staatsanwaltschaft oder eines Strafverfahrens
abwarten. Eine Hemmung oder Unterbrechung der
Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 tritt durch weitere
Sachverhaltsaufklärungsversuche des Kündigungsbe-
rechtigten nicht ein,"
hat die Beklagte ohne entsprechende Anhaltspunkte in dem anzufechtenden Urteil nach ihrem eigenen Vortrag selbst gebildet. Er ist dem Gutachten entnommen, hat aber zum Teil einen anderen Inhalt, als der Gutachter ihm gegeben hat. Auch dadurch wird deutlich, daß er sich dem anzufechtenden Urteil nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit und zweifelsfrei entnehmen läßt. Der Grund dafür liegt darin, daß das Landesarbeitsgericht sich auch insoweit inhaltlich ausschließlich mit dem Einzelfall beschäftigt hat, also entgegen der Ansicht der Beklagten seine Entscheidung nur fallbezogen begründet hat. Der angebliche Rechtssatz stimmt noch nicht einmal für den Einzelfall mit den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts überein. Nach der Würdigung des Landesarbeitsgerichts geht es nämlich vorliegend um den besonderen Fall, daß nicht strafrechtliche Ermittlungen zur Aufklärung des Sachverhaltes abgewartet werden sollten, sondern "die Beklagte lediglich zuwartete, um eine (gerichtliche) Bestätigung des bereits bekannten Tatbestandes zu erhalten" (Gründe S. 9).
Es kommt hinzu, daß die Beklagte keine Abweichungen des behaupteten Rechtssatzes von Rechtssätzen angezogener Urteile dargelegt hat.
aa) Der von der Beklagten in der Beschwerdebegründung zitierte Rechtssatz aus dem Urteil des erkennenden Senats vom 11. März 1976 - 2 AZR 29/75 - (AP Nr. 9 zu § 626 BGB Ausschlußfrist, unter 2 c der Gründe) gibt den dortigen Rechtssatz unzutreffend wieder. Die Beklagte hat außerdem in der in Bezug genommenen vollständigeren Wiedergabe in dem Gutachten den für das Verständnis des Rechtssatzes unerläßlichen Zwischensatz: "Zweck des § 626 Abs. 2 BGB ist es zwar, möglichst schnell für den betroffenen Arbeitnehmer Klarheit zu schaffen, ob ihm wegen seines Verhaltens außerordentlich gekündigt wird," weggelassen. In dem Gutachten fehlt auch der wichtige Hinweis auf die Beurteilung des Sachverhalts durch das Strafgericht. Aus ihren Darlegungen ergibt sich darüber hinaus entgegen ihrer Ansicht schon deswegen keine Divergenz, weil die angezogene Entscheidung des Senats keine Kündigung wegen des Verdachts einer strafbaren Handlung, sondern eine außerordentliche Kündigung wegen der unerlaubten Handlung selbst nach rechtskräftiger Verurteilung und die Frage betraf, wann insoweit der Lauf der Frist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt. Die Annahme, die Frist des § 626 Abs. 2 BGB beginne demgegenüber bei der Verdachtskündigung bereits nach einer "ersten Kenntnis" des Arbeitgebers oder "sofort bei Aufkommen des Verdachts" zu laufen, wird nicht einmal in dem von der Beklagten gebildeten Rechtssatz dem anzufechtenden Urteil unterstellt.
bb) Eine Abweichung des behaupteten Rechtssatzes ist auch von folgendem Rechtssatz des Urteils des erkennenden Senats vom 6. Juli 1972 - 2 AZR 386/71 - (BAG 24, 341, 344 f. = AP Nr. 3 zu § 626 BGB Ausschlußfrist, Leitsatz 1 c und unter I 4 der Gründe) nicht erkennbar: "Die Frist beginnt, sobald der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen, des sogenannten Kündigungssachverhalts hat, die ihm die Entscheidung ermöglicht, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht". Auch insoweit hat die Beklagte zunächst die Wiedergabe des Rechtssatzes in dem angezogenen Urteil durch Weglassen eines Satzes ("Zu den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände") verkürzt. Im übrigen läßt sich ihrer Darstellung nicht entnehmen, das Landesarbeitsgericht sei nach seinem angeblichen Rechtssatz von einer anderen als einer zuverlässigen und möglichst vollständigen positiven Kenntnis ausgegangen, indem es - nach Deutung der Beklagten - ausgeführt hat, die Frist des § 626 Abs. 2 BGB beginne in dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte Kenntnis von den Verdachtsmomenten und Anschuldigungen habe, die später auch zur Begründung der streitgegenständlichen Kündigung herangezogen worden seien. Im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht nachzuprüfen, ob die konkrete Würdigung des Landesarbeitsgerichts zutreffend ist.
cc) Entsprechendes gilt für die Rechtssätze: "Im Falle der Arbeitgeberkündigung beginnt die Frist in der Regel erst, nachdem der Arbeitnehmer über den Vorfall angehört ist, der zur Kündigung führen soll. Das gilt insbesondere bei der sogenannten Verdachtskündigung. Welches Ergebnis die Anhörung hat, ist für den Lauf der Frist ohne Bedeutung," und: "Die Grundsätze zu 1 c bis d werden dahin ergänzt, daß die Ausschlußfrist jedenfalls solange gehemmt ist, wie der Kündigungsberechtigte aus verständigen Gründen mit der gebotenen Eile noch Ermittlungen über den Kündigungssachverhalt anstellt und der Kündigungsgegner dies erkennen kann" des genannten Urteils (aaO, Leitsätze 1 d und 2 und unter I 5 der Gründe) und den Rechtssatz des Senatsurteils vom 27. Januar 1972 - 2 AZR 157/71 - (BAG 24, 99 = AP Nr. 2 zu § 626 BGB Ausschlußfrist, Leitsatz 3 und unter 3 der Gründe): "Für den Beginn der Ausschlußfrist bei der Verdachtskündigung gereicht es dem Kündigungsberechtigten nicht zum Nachteil, wenn er zur Aufklärung des Sachverhalts alle ihm nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig erscheinenden Maßnahmen trifft, insbesondere dem Verdächtigen Gelegenheit zur Stellungnahme gibt. Das gilt auch dann, wenn die Maßnahme rückblickend zur Feststellung des Sachverhalts nichts beiträgt oder überflüssig erscheint." Insoweit ist schon fraglich, ob diese Rechtssätze mit den neben der Anhörung des Arbeitnehmers nur am Rande erwähnten Ermittlungen auch die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft gemeint haben, auf dessen Gang und in dessen Rahmen durchgeführten Maßnahmen der kündigende Arbeitgeber nach Art, Ort und Zeit keinerlei Einfluß hat. Ob die Beklagte im konkreten Fall noch Ergebnisse staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen, und gegebenenfalls welche, abwarten durfte, könnte als Frage der richtigen Rechtsanwendung erst im Rahmen eines Revisionsverfahrens geprüft werden. Wenn man mit der Beklagten den behaupteten Rechtssatz über den zitierten Inhalt ("...keine weiteren Ergebnisse... abwarten") hinaus noch entnimmt, die Beklagte sei nicht gehalten gewesen, das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft abzuwarten, war das nicht tragend für seine Entscheidung. Dieses hat die Beklagte gar nicht abgewartet, vielmehr ist aus der Akte nicht ersichtlich, daß das Ermittlungsverfahren bis heute abgeschlossen wäre.
c) Zu der Frage der nachgeschobenen Kündigungsgründe ist nach der von der Beklagten angeregten Überprüfung an der Ansicht des Senats in dem Beschluß vom 10. Juli 1984 (aaO) festzuhalten, daß ein Landesarbeitsgericht zu einer Rechtsfrage, die es - aus welchen Gründen auch immer - nicht behandelt hat, auch keinen Rechtssatz aufgestellt hat, d. h. vorliegend das Berufungsgericht auch nicht den von der Beklagten und dem Gutachter formulierten Rechtssatz. Aus einem Rechtssatz, den ein Landesarbeitsgericht nur möglicherweise aufgestellt hätte, weil es ohne ihn zu einem bestimmten Ergebnis gelangt ist, kann gemäß § 72 a Abs. 1, § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG eine Divergenz nicht hergeleitet werden, zumal das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf ihm nicht beruhen kann (BAG Beschluß vom 30. September 1976, aaO, unter II der Gründe; Grunsky, aaO, § 72 Rz 32). Zweck der Nichtzulassungsbeschwerde wegen Divergenz ist die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (BAG Beschluß vom 10. Februar 1981 - 1 ABN 19/80 - AP Nr. 6 zu § 72 a ArbGG 1979) durch Beseitigung von Abweichungen der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG genannten Art, gleich ob sie bewußt oder "versehentlich" entstanden sind. Wenn das Landesarbeitsgericht sich hingegen zu einer Rechtsfrage gar nicht geäußert hat, kann die Einheitlichkeit der Rechtsprechung durch das Urteil des Landesarbeitsgerichts nicht bedroht sein; ob das Urteil des Landesarbeitsgerichts dadurch fehlerhaft wird, könnte erst Gegenstand der Prüfung in einem Revisionsverfahren sein.
Die Verweisungen auf die Ausführungen von Grunsky (Festschrift Hilger/Stumpf, 1983, S. 261 ff.) sind in diesem Zusammenhang nicht einschlägig, weil sie die andere Frage betreffen, wann eine Entscheidung auf einer Divergenz beruht. Insoweit ist Grunsky darin zuzustimmen, daß die Möglichkeit einer Kausalität zwischen der Abweichung und dem gewonnenen Ergebnis genügt. Daraus kann jedoch nicht hergeleitet werden, bei einer objektiv unvollständigen Begründung reiche bereits die Möglichkeit einer Abweichung aus, und diese sei stets anzunehmen, wenn sich für die Unterlassung einer vollständigen Würdigung (auch) ein fallübergreifender Rechtssatz bilden läßt. Dieses Verständnis von der Bedeutung einer Nichtzulassungsbeschwerde geht über deren Zweck weit hinaus, weil sie dann nicht nur die Rechtseinheit gewährleisten, sondern weitgehend eine inhaltliche Richtigkeitskontrolle bieten würde. Die bloße Möglichkeit einer Abweichung begründet deswegen nach wie vor noch keine Divergenz (Grunsky, aaO, § 72 Rz 36; BAG 2, 231; BAG Urteil vom 4. Mai 1959 - 1 AZR 66/58 - AP Nr. 7 zu § 72 ArbGG 1953 Divergenzrevision und BAG Urteil vom 15. Mai 1957 - 1 AZR 109/57 - AP Nr. 48 zu § 72 ArbGG 1953).
d) Schließlich kann dem Urteil des Landesarbeitsgerichts der von der Beschwerde zu den Voraussetzungen der Umdeutung selbst formulierte Rechtssatz schon deswegen nicht zugrundeliegen, weil es zu den Voraussetzungen der Umdeutung der außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche überhaupt nichts ausgeführt hat (vgl. BAG Urteil vom 15. Mai 1957, aaO), sondern die diesbezügliche Erklärung der Beklagten in dem Termin vom 28. Juni 1984 als verspätet zurückgewiesen hat, ob zu Recht, wäre ebenfalls erst in einem Revisionsverfahren zu untersuchen. Hinzu kommt auch hier, daß die Beklagte aus dem angezogenen Urteil des erkennenden Senats vom 18. September 1975 - 2 AZR 311/74 - (BAG 27, 263 = AP Nr. 10 zu § 626 BGB Druckkündigung) neben dem Leitsatz Nr. 3 zwar noch den in dem Leitsatz 4 enthaltenen Satz: "Allerdings kann das Gericht nicht von Amts wegen umdeuten," inhaltlich angeführt, jedoch folgenden untrennbar dazugehörigen Satz weggelassen hat: "Erforderlich ist vielmehr der Vortrag des Arbeitgebers, er habe für den Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen eine ordentliche Kündigung aussprechen wollen". Selbst der von ihr selbst gebildete Rechtssatz in dem anzufechtenden Urteil stimmt mit dem angezogenen Rechtssatz in seinem vollständigen Inhalt überein. Das in der weiteren Begründung unterstellte Erfordernis eines Antrags statt eines entsprechenden Vortrags, den der Senat in der angezogenen Entscheidung verlangt hat, ist nach der eigenen Formulierung des angeblich widersprechenden Rechtssatzes darin nicht niedergelegt. Auch zu dem weiteren Urteil des erkennenden Senats vom 31. Mai 1979 - 2 AZR 473/77 - (AP Nr. 50 zu § 256 ZPO, unter II 2 a der Gründe) fehlt es an einer Divergenz, weil sich in jenem Fall die Beklagte auf eine Umdeutung berufen hatte, so daß es auf den weiteren Vortrag, ob hier sonstige Tatsachen für eine Umdeutung sprächen, im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht ankommt.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Hillebrecht Dr. Röhsler Dr. Weller
Fundstellen