Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschlussverfahren. Zulässigkeit von Unterlassungs- und Feststellungsbegehren
Orientierungssatz
1. Ein Antrag, mit dem nach seinem Wortlaut die künftige Unterlassung von Entgeltkürzungen begehrt wird, ist in der Regel auf die künftig ungekürzte Zahlung von Entgelt gerichtet (Rn. 12). Die Zulässigkeit eines solchen Begehrens richtet sich nach § 259 ZPO. Diese Vorschrift ermöglicht nicht die Verfolgung von erst in der Zukunft entstehenden Ansprüchen (Rn. 15).
2. § 37 Abs. 2 BetrVG begründet keinen eigenständigen Vergütungsanspruch, sondern sichert den Entgeltanspruch des Betriebsratsmitglieds aus § 611a Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag. Daher entsteht der Anspruch auf Vergütung eines Betriebsratsmitglieds (erst) mit Erbringung der Arbeitsleistung oder bei Vorliegen der Voraussetzungen, unter denen es Anspruch auf Vergütung ohne Arbeitsleistung hat (Rn. 16).
3. Der Antrag auf Feststellung, dass der Arbeitgeber nicht berechtigt ist, einen näher beschriebenen Sachverhalt einer bestimmten rechtlichen Bewertung zu unterziehen, betrifft kein Rechtsverhältnis iSd. § 256 Abs. 1 ZPO (Rn. 34).
Normenkette
ArbGG § 94 Abs. 2 S. 2; BetrVG § 30 Abs. 2, § 37 Abs. 2, § 87 Abs. 1 Nr. 10; BGB § 611a Abs. 2; GewO § 108 Abs. 1 S. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256 Abs. 1, §§ 259, 308 Abs. 1 S. 1, § 551 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 20. Januar 2023 - 9 TaBV 33/22 - wird zurückgewiesen.
Gründe
Rz. 1
A. Die Beteiligten streiten über eine vom Betriebsrat geltend gemachte Störung und Behinderung seiner Gremienarbeit durch die Arbeitgeberin und in diesem Zusammenhang über mehrere Unterlassungs- und Feststellungsansprüche.
Rz. 2
Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der Textileinzelhandelsbranche mit deutschlandweit zahlreichen Filialen. Antragsteller ist der in ihrer Filiale K gewählte Betriebsrat mit sieben Mitgliedern. Dieser hatte während der Covid-19-Pandemie entschieden, Betriebsratssitzungen mittels Videokonferenz durchzuführen und so seinen - mit einer täglichen Arbeitszeit von fünf bzw. sechs Stunden beschäftigten - Mitgliedern die Sitzungsteilnahme von zu Hause aus zu ermöglichen; hierzu hatte er sich eine entsprechende Geschäftsordnung gegeben.
Rz. 3
Zwischen August 2021 und Mai 2022 wies die Arbeitgeberin bei mehreren Betriebsratsmitgliedern auf deren Abrechnungen des Arbeitsentgelts unter „Bezeichnung“ und „Lohnart“ eine „unbez. Fehlzeit“ sowie „520“ aus und stellte in Abrede, dass diese während der von ihr angenommenen Fehlzeiten an Betriebsratssitzungen von zu Hause aus mittels Videokonferenz teilgenommen oder zu Hause (vor bzw. nach den virtuellen Sitzungen) Betriebsratsaufgaben wahrgenommen haben.
Rz. 4
Hiergegen hat sich der Betriebsrat mit seinem Anfang Februar 2022 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Verfahren gewandt und von der Arbeitgeberin das Unterlassen von Gehaltsabzügen bei Betriebsrats- und Ersatzmitgliedern - für näher angeführte Zeiten - geltend gemacht. Er hat die Ansicht vertreten, in der Verfahrensweise der Arbeitgeberin liege eine gremienbezogene Behinderung seiner Arbeit, eine Benachteiligung seiner Mitglieder sowie ein Verstoß gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Mit späteren Antragserweiterungen hat er hierzu hilfsweise Feststellungsbegehren angebracht.
Rz. 5
Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt,
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1. |
die Arbeitgeberin zu verpflichten, es zu unterlassen, Gehaltsabzüge bei Betriebsratsmitgliedern/Ersatzmitgliedern für Zeiten durchzuführen, zu denen sie von zu Hause aus als geladene Teilnehmer an Betriebsratssitzungen nach § 30 Abs. 2 BetrVG iVm. der Geschäftsordnung des Betriebsrats per Video- oder Telefonkonferenz teilgenommen haben; |
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2. |
die Arbeitgeberin zu verpflichten, es zu unterlassen, Gehaltsabzüge bei Betriebsratsmitgliedern/Ersatzmitgliedern für Zeiten durchzuführen, zu denen sie von zu Hause aus vor oder nach einer Betriebsratssitzung, an der sie als geladene Teilnehmer nach § 30 Abs. 2 BetrVG iVm. der Geschäftsordnung des Betriebsrats per Video- oder Telefonkonferenz teilgenommen haben, erforderliche Betriebsratstätigkeit iSv. § 37 Abs. 2 BetrVG ausgeübt haben; |
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3. |
der Arbeitgeberin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Verpflichtung aus den Anträgen 1., 2. und 4. ein Ordnungsgeld bis zu einer Höhe von 10.000,00 Euro anzudrohen; |
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hilfsweise für den Fall der Zurückweisung des Antrags zu 1. |
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4. |
die Arbeitgeberin zu verpflichten, es zu unterlassen, Gehaltsabzüge bei Betriebsratsmitgliedern/Ersatzmitgliedern für Zeiten durchzuführen, zu denen sie von zu Hause aus als geladene Teilnehmer an erforderlichen Betriebsratssitzungen nach § 30 Abs. 2 BetrVG iVm. der Geschäftsordnung des Betriebsrats per Video- oder Telefonkonferenz teilgenommen haben; |
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hilfsweise für den Fall der Zurückweisung des Antrags zu 4. |
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5. |
festzustellen, dass die Arbeitgeberin nicht berechtigt ist, Zeiten, zu denen Betriebsratsmitglieder/Ersatzmitglieder von zu Hause aus als geladene Teilnehmer an Betriebsratssitzungen nach § 30 Abs. 2 BetrVG iVm. der Geschäftsordnung des Betriebsrats per Video-oder Telefonkonferenz teilgenommen haben, als unentschuldigte Fehlzeiten zu behandeln; |
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hilfsweise für den Fall der Zurückweisung des Antrags zu 5. |
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6. |
festzustellen, dass die Arbeitgeberin nicht berechtigt ist, Zeiten, zu denen Betriebsratsmitglieder/Ersatzmitglieder von zu Hause aus als geladene Teilnehmer an erforderlichen Betriebsratssitzungen nach § 30 Abs. 2 BetrVG iVm. der Geschäftsordnung des Betriebsrats per Video- oder Telefonkonferenz teilgenommen haben, als unentschuldigte Fehlzeiten zu behandeln; |
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hilfsweise für den Fall der Zurückweisung des Antrags zu 2. |
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7. |
festzustellen, dass die Arbeitgeberin nicht berechtigt ist, Zeiten, zu denen Betriebsratsmitglieder/Ersatzmitglieder von zu Hause aus vor oder nach einer Betriebsratssitzung, an der sie als geladene Teilnehmer nach § 30 Abs. 2 BetrVG iVm. der Geschäftsordnung des Betriebsrats per Video- oder Telefonkonferenz teilgenommen haben, erforderliche Betriebsratstätigkeiten iSv. § 37 Abs. 2 BetrVG ausgeübt haben, als unentschuldigte Fehlzeiten zu behandeln; |
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hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 6. |
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8. |
festzustellen, dass die Arbeitgeberin nicht berechtigt ist, Zeiten, zu denen erforderliche Betriebsratssitzungen nach § 30 Abs. 2 BetrVG iVm. der Geschäftsordnung des Betriebsrats per Video- oder Telefonkonferenz angesetzt werden, als unentschuldigte Fehlzeiten derjenigen geladenen Betriebsratsmitglieder zu behandeln, die laut Protokoll der Betriebsratssitzungen nebst Teilnahmebestätigungen an dieser Sitzung teilgenommen haben, es sei denn, es bestehen konkrete Anhaltspunkte, dass tatsächlich keine dauerhafte Teilnahme vorliegt. |
Rz. 6
Die Arbeitgeberin hat die Abweisung der Anträge beantragt und den Standpunkt eingenommen, zu der beanstandeten Verfahrensweise berechtigt gewesen zu sein. Es sei für sie schon mangels Ab- und Anmeldung der Betriebsratsmitglieder nicht erkennbar gewesen, ob diese während der betrieblichen Abwesenheitszeiten an virtuellen Betriebsratssitzungen teilgenommen hätten und einer Betriebsratstätigkeit nachgegangen oder schlicht unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben seien. Daher habe sie in den Tatsacheninstanzen eine Teilnahme der Mitglieder des Betriebsrats an dessen Sitzungen von zu Hause aus ebenso wie die Wahrnehmung erforderlicher Betriebsratstätigkeit vor bzw. nach den Sitzungen zulässigerweise mit Nichtwissen bestreiten können. Im Übrigen scheiterten die erstrebten Unterlassungen und Feststellungen daran, dass der Betriebsrat in unzulässiger Weise versuche, höchstpersönliche Rechte seiner Mitglieder durchzusetzen.
Rz. 7
Das Arbeitsgericht hat die - bei ihm anhängigen - Unterlassungsbegehren abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen erhobene und die Feststellungsbegehren umfassende Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seine zuletzt gestellten Anträge weiter.
Rz. 8
B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts - einschließlich der mit ihr weiter angebrachten Begehren - zu Recht zurückgewiesen.
Rz. 9
I. Das gilt zunächst hinsichtlich der Haupt- und Hilfsanträge zu 1. und 4., des Hauptantrags zu 2. sowie des Antrags zu 3. Diese Begehren sind allerdings - anders als vom Beschwerdegericht angenommen - bereits unzulässig. Der Antrag auf Androhung eines Ordnungsgeldes fällt nicht zur Entscheidung an.
Rz. 10
1. Die hauptsächlichen Anträge zu 1. und 2. bedürfen zur Bestimmung ihrer jeweiligen Verfahrensgegenstände der Auslegung. Mit ihnen macht der Betriebsrat - anders als es die Antragsformulierungen nahelegen - keine Unterlassungen geltend, sondern die Vornahme künftiger Handlungen. Das folgt aus einer anlassfallbezogenen Antragsauslegung (vgl. dazu zB BAG 17. Oktober 2023 - 1 ABR 24/22 - Rn. 11) und gilt auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes einer rechtsschutzgewährenden Antragsinterpretation (vgl. dazu BAG 28. Juli 2020 - 1 ABR 41/18 - Rn. 11 mwN, BAGE 171, 340). Die für ein solches Begehren notwendige Voraussetzung von § 259 ZPO ist nicht erfüllt. Soweit der Betriebsrat demgegenüber betont, es ginge ihm nicht um ein Tun, sondern um ein Unterlassen, verkennt er im Übrigen, dass die erstrebten Verbotsaussprüche in einem solchen Verständnis - anders als vom Landesarbeitsgericht angenommen - nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügen würden.
Rz. 11
a) Mit dem Antrag zu 1. soll der Arbeitgeberin untersagt werden, „Gehaltsabzüge“ bei Betriebsrats- und Ersatzmitgliedern für näher beschriebene, deren Teilnahme an Betriebsratssitzungen mittels Video- oder Telefonkonferenz von zu Hause aus betreffende Zeiten „durchzuführen“. Der Antrag zu 2. bezieht die erstrebte Unterlassungsverpflichtung darüberhinausgehend auf Zeiten vor und nach einer virtuellen Betriebsratssitzung, in denen Betriebsratsmitglieder von zu Hause aus erforderliche Betriebsratstätigkeit ausgeübt haben. Wie die Anlassfälle zeigen, ist mit (der zu unterlassenden) „Durchführung von Gehaltsabzügen“ der Umstand beschrieben, dass bei Entgeltabrechnungen von Betriebsratsmitgliedern, welche - nach dem Vorbringen des Betriebsrats - an Betriebsratssitzungen mittels Videokonferenz „von zu Hause aus“ teilgenommen und dort auch (vor und nach den Sitzungen) erforderliche Betriebsratsaufgaben erledigt haben, unbezahlte Fehlzeiten ausgewiesen sind und die Arbeitgeberin den Betroffenen in diesem Sinn eine „gekürzte Vergütung“ gezahlt hat.
Rz. 12
aa) Das Unterlassen der Kürzung von Entgelt - ausgewiesen in der Entgeltabrechnung und umgesetzt in einer abrechnungsgemäßen Entgeltzahlung - bedeutet inhaltlich die Forderung nach einer künftig anderen Abrechnung des Arbeitsentgelts und dessen ungekürzter Zahlung (zu letzterem Verständnis eines auf das Unterlassen der Kürzung des Entgelts bezogenen Klageantrags im Urteilsverfahren vgl. BAG 21. Januar 2020 - 3 AZR 225/19 - Rn. 21). Wie der Betriebsrat in der mündlichen Anhörung vor dem Senat bestätigt hat, würde die Arbeitgeberin den dem Wortlaut der Anträge zu 1. und 2. nach erstrebten Unterlassungen allein durch die Abrechnung des Arbeitsentgelts der Betriebsrats- und Ersatzmitglieder ohne Berücksichtigung von Fehlzeiten (für die näher beschriebenen Zeiten) und durch die Zahlung der Vergütung an diese (ohne Abzug für Fehlzeiten) nachkommen können.
Rz. 13
bb) Damit richtet sich das Begehren des Betriebsrats der Sache nach aber auf künftige Handlungen. Zwar braucht sich eine geltend gemachte Unterlassungsverpflichtung nicht in einem bloßen Nichtstun zu erschöpfen, sondern kann die Pflicht zur Vornahme von Handlungen umfassen. Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn dem Unterlassungsgebot vollumfänglich nur mit einer Handlung entsprochen werden kann und bspw. die Nichtbeseitigung des Verletzungszustands gleichbedeutend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung ist (vgl. - für die Unterlassung der Duldung von Überstunden - BAG 28. Juli 2020 - 1 ABR 18/19 - Rn. 24 mwN, BAGE 171, 378 und - für die Konstellation einer Markenverletzung - BGH 11. Oktober 2017 - I ZB 96/16 - Rn. 20 mwN). Hingegen ist die Frage, ob mit einer erstrebten Titulierung Handlungs- oder Unterlassungspflichten auferlegt sind, grundsätzlich mit Blick auf den Schwerpunkt der jeweils in Rede stehenden Verpflichtung zu beurteilen. Das gilt schon im Hinblick auf unterschiedliche zwangsvollstreckungsrechtliche Maßgaben (vgl. dazu zB BGH 17. Juni 2021 - I ZB 68/20 - Rn. 11 mwN). Mit den Anträgen zu 1. und 2. - in deren anlassfallbezogener Interpretation - erhebt der Betriebsrat nicht nur schwerpunktmäßig, sondern letztlich ausschließlich die Verpflichtung der Arbeitgeberin zu künftigen Handlungen („Gehaltsberechnungen“/„Gehaltszahlungen“ gegenüber Betriebsrats- und Ersatzmitgliedern ohne Fehltagsbewertungen in den von den Anträgen umfassten Konstellationen).
Rz. 14
cc) Mit diesem Inhalt sind die Anträge zu 1. und 2. unzulässig.
Rz. 15
(1) Ein auf die Vornahme einer künftigen Handlung gerichteter Antrag ist zwar nach dem auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren § 259 ZPO zulässig, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung entziehen. Die Vorschrift ermöglicht jedoch nicht die Verfolgung von erst in der Zukunft entstehenden Ansprüchen (BAG 12. Dezember 2023 - 7 ABR 23/22 - Rn. 11 mwN).
Rz. 16
(2) Die von den Anträgen zu 1. und 2. umfassten Rechtsschutzziele betreffen solche erst künftig entstehenden Ansprüche. Für die Betriebsrats- und Ersatzmitglieder entsteht der Anspruch auf Abrechnung von Arbeitsentgelt nach § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO (erst) bei dessen Zahlung (vgl. auch BAG 7. September 2009 - 3 AZB 19/09 - Rn. 17) und der Anspruch auf Vergütung (erst) mit Erbringung der Arbeitsleistung oder bei Vorliegen der Voraussetzungen, unter denen sie Anspruch auf Vergütung ohne Arbeitsleistung haben. Für die Entstehung des Anspruchs reicht weder der Abschluss des Arbeitsvertrags aus (vgl. BAG 19. Februar 2020 - 5 AZR 180/18 - Rn. 11) noch der Umstand, dass Betriebsratsmitglieder (im Vertretungsfall: Ersatzmitglieder) nach § 37 Abs. 2 BetrVG von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien sind, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Insoweit begründet § 37 Abs. 2 BetrVG keinen eigenständigen Vergütungsanspruch, sondern sichert den Entgeltanspruch des Betriebsratsmitglieds aus § 611a Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag, indem er dem Arbeitgeber den Einwand des nicht erfüllten Vertrags nimmt (vgl. BAG 29. August 2018 - 7 AZR 206/17 - Rn. 31). Entsprechend vermag sich auch die vom Betriebsrat beanspruchte - auf eine Störung und Behinderung seiner Tätigkeit gestützte - kollektiv-rechtliche Position auf keine künftig erst entstehenden Abrechnungs- und Zahlungspflichten der Arbeitgeberin zu richten. Die Arbeitgeberin „kürzt“ keinen (noch nicht entstandenen) Vergütungsanspruch, sondern bestreitet dessen Entstehen für die von ihr angenommenen Fehlzeiten.
Rz. 17
(3) Einer rechtsschutzgewährenden Auslegung im Sinn des Verweises des Betriebsrats auf die Entscheidung des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Februar 2006 (- 1 ABR 4/05 - BAGE 117, 130) verschließen sich die hauptsächlichen Begehren. In dem vom Betriebsrat herangezogenen Verfahren haben die Betriebsparteien über die - mitbestimmungswidrige - Änderung bestehender Entlohnungsgrundsätze durch den Arbeitgeber gestritten. Mit dem - dort zulässigen - Verlangen, dass eine Vergütung der Arbeitnehmer unterbleibt, die nicht auch bestimmte und näher angeführte Vergütungsbestandteile enthält, waren die geänderten Entlohnungsgrundsätze beschrieben und damit das Begehren nicht auf ein positives Tun, sondern auf das Unterlassen der Anwendung der entgegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG eingeführten Entgeltordnung gerichtet.
Rz. 18
b) Die Argumentation der Rechtsbeschwerde, es gehe um keine Handlungspflichten, sondern, wie schon der Antragswortlaut eindeutig zeige, in zulässiger Weise um Unterlassungsverpflichtungen, geht fehl. Mit ihr wird verkannt, dass die Hauptanträge zu 1. und 2. auch in diesem Verständnis unzulässig wären. Sie wären nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Rz. 19
aa) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sind Anträge, mit denen die Unterlassung von Handlungen verlangt wird, so genau zu bezeichnen, dass der Inanspruchgenommene im Fall einer dem Antrag entsprechenden gerichtlichen Entscheidung eindeutig erkennen kann, unter welchen Voraussetzungen was von ihm verlangt wird. Für ihn muss - bereits aus rechtsstaatlichen Gründen - aufgrund des Unterlassungstitels erkennbar sein, welche Handlungen er künftig zu unterlassen hat, um sich rechtmäßig verhalten zu können (vgl. BAG 22. Januar 2020 - 7 ABR 18/18 - Rn. 14 mwN, BAGE 169, 267). Die Prüfung, welche Verhaltensweisen der Schuldner unterlassen soll, darf nicht durch eine ungenaue Antragsformulierung und einen dementsprechenden gerichtlichen Titel aus dem Erkenntnis- in das Zwangsvollstreckungsverfahren verlagert werden. Allerdings dürfen die Anforderungen insoweit auch nicht überspannt werden, weil andernfalls effektiver Rechtsschutz vereitelt würde. Dementsprechend sind die Gerichte auch verpflichtet, Anträge nach Möglichkeit so auszulegen, dass eine Sachentscheidung ergehen kann. Zukunftsgerichtete Verbote lassen sich häufig nur generalisierend formulieren. Die Notwendigkeit gewisser Subsumtionsprozesse im Rahmen einer etwa erforderlich werdenden Zwangsvollstreckung steht daher der Verwendung ausfüllungsbedürftiger Begriffe in einem Unterlassungstitel und dem darauf gerichteten Antrag nicht generell entgegen (BAG 18. November 2014 - 1 AZR 257/13 - Rn. 43 mwN, BAGE 150, 50).
Rz. 20
bb) Vorliegend bliebe im Fall einer Titulierung der Unterlassungsbegehren - auch unter Einbeziehung rechtsschutzgewährender Auslegungsaspekte - zwangsläufig unklar, was mit (zu unterbleibender) „Durchführung von Gehaltsabzügen“ gemeint ist. Für die Arbeitgeberin erschlösse sich nicht, welche konkrete Handlung sie zu unterlassen hat. Ungeachtet dessen wäre mit den formulierten Verbotsbegehren der Einwand der Arbeitgeberin, sie vermöge nicht zu wissen, ob die Betriebsrats- und Ersatzmitglieder „von zu Hause aus“ an den Sitzungen „teilgenommen“ und ggf. davor oder danach erforderliche Betriebsratstätigkeit ausgeführt haben und könne dies zulässig mit Nichtwissen bestreiten, keiner Klärung im Erkenntnisverfahren zugeführt und damit in das Vollstreckungsverfahren verlagert.
Rz. 21
2. Auch der hilfsweise Unterlassungsantrag zu 4. ist unzulässig. Er enthält nur hinsichtlich des beschriebenen Sachverhalts, auf den er sich bezieht, eine Modifikation (Teilnahme an „erforderlichen“ Betriebsratssitzungen). Angesichts der erstrebten Verpflichtung entspricht er ebenso wie die Begehren zu 1. und 2. als Antrag auf künftige Leistung nicht der Zulässigkeitsanforderung von § 259 ZPO bzw. genügte - im Verständnis der Rechtsbeschwerde - nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Seine Unbestimmtheit rührte darüberhinausgehend noch aus der Verwendung des Ausdrucks „erforderlicher“ Betriebsratssitzungen als Rechtsbegriff, der als solcher und isoliert keine konkrete Konstellation bezeichnet. Die Prüfung, bei welchen Sachlagen welche Handlungen der in Anspruch genommene Unterlassungsverpflichtete unterlassen soll, darf aber grundsätzlich nicht durch eine ungenaue Antragsformulierung und einen entsprechend ungenauen gerichtlichen Titel aus dem Erkenntnis- in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden.
Rz. 22
3. Der auf die Androhung eines Ordnungsgeldes gerichtete Antrag zu 3. ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Er ist erkennbar nur für den Fall des Obsiegens mit einem der Unterlassungsbegehren gestellt. Soweit das Landesarbeitsgericht ihn trotz Abweisung sämtlicher Unterlassungsanträge - und damit entgegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO - abschlägig beschieden hat, ist seine Entscheidung gegenstandslos, ohne dass es eines förmlichen Entscheidungsausspruchs hierzu bedurfte (vgl. BAG 15. November 2022 - 1 ABR 5/22 - Rn. 49 und 17. November 2021 - 7 ABR 18/20 - Rn. 28).
Rz. 23
4. Ein Verständnis der unzulässigen Unterlassungsbegehren als Feststellungsanträge verbietet sich (vgl. zu solch einer - auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz möglichen - Umdeutung von Leistungsanträgen zuletzt BAG 12. Dezember 2023 - 7 ABR 23/22 - Rn. 11 mwN). Der Betriebsrat hat selbst - hilfsweise angebrachte - Feststellungsanträge formuliert. Eine Antragsumdeutung setzte sich über das darin liegende ausdrückliche Festhalten an den Unterlassungsanträgen hinweg.
Rz. 24
II. Bezüglich der Abweisung der (Hilfs-)Feststellungsanträge hat die Rechtsbeschwerde gleichfalls keinen Erfolg.
Rz. 25
1. Sie ist allerdings auch hinsichtlich dieser Verfahrensgegenstände zulässig; insbesondere genügt ihre - insoweit aber nähere Ausführungen bedingende - Begründung den gesetzlichen Anforderungen.
Rz. 26
a) Nach § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG muss die Rechtsbeschwerdebegründung angeben, inwieweit die Abänderung des angefochtenen Beschlusses beantragt wird, welche Bestimmungen verletzt sein sollen und worin die Verletzung bestehen soll. Bei einer Sachrüge sind nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Dabei muss die Rechtsbeschwerdebegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des rechtsbeschwerderechtlichen Angriffs erkennbar sind. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Der Rechtsbeschwerdeführer muss darlegen, warum er die Begründung des Beschwerdegerichts für unrichtig hält (BAG 24. Mai 2023 - 7 ABR 21/21 - Rn. 39 mwN). Ist die Entscheidung des Beschwerdegerichts über einen Verfahrensgegenstand auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Rechtsbeschwerdebegründung alle Erwägungen angreifen, denn sie muss im Fall ihrer Berechtigung geeignet sein, die Entscheidung insgesamt infrage zu stellen. Setzt sie sich nur mit einer der Begründungen auseinander, ist die Rechtsbeschwerde in Bezug auf diesen Streitgegenstand unzulässig (BAG 24. Mai 2023 - 7 ABR 8/22 - Rn. 10; 23. Februar 2016 - 1 ABR 82/13 - Rn. 19).
Rz. 27
b) Diesen Anforderungen wird die Rechtsbeschwerdebegründung auch im Hinblick auf die Feststellungsanträge gerecht. Deren Abweisung als unzulässig hat das Landesarbeitsgericht zwar auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, indem es einerseits - mit knapp gehaltener Begründung - die Annahme feststellungsfähiger Rechtsverhältnisse und andererseits das notwendige besondere Feststellungsinteresse verneint hat. Auch geht die Rechtsbeschwerdebegründung ausführlich nur auf die Frage des Feststellungsinteresses ein und verweist im Übrigen lediglich auf Rechtsprechung, wonach einzelne Beziehungen und Folgen Gegenstand eines Feststellungsantrags sein können. Damit zeigt der Betriebsrat aber jedenfalls auf, dass er die zitierte Rechtsprechung für einschlägig und aus diesem Grund die Entscheidung auch hinsichtlich des letztgenannten Aspektes für unrichtig hält. Gegenstand und Richtung seines Angriffs sind erkennbar. Vom Rechtsmittelführer kann insoweit nicht mehr an Begründung verlangt werden als vom Gericht seinerseits aufgewendet worden ist (vgl. zur Revision BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 11, BAGE 126, 237).
Rz. 28
2. Die die Abweisung der (Hilfs-)Feststellungsanträge umfassende Rechtsbeschwerde ist aber gleichfalls unbegründet.
Rz. 29
a) Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag zu 5. zu Recht als unzulässig angesehen.
Rz. 30
aa) Der Antrag genügt zum einen nicht dem Bestimmtheitserfordernis von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. An die Bestimmtheit eines Feststellungsantrags sind keine geringeren Anforderungen zu stellen als an die eines Leistungsantrags. Wenn das Bestehen oder der Umfang eines Rechtsverhältnisses oder eines Anspruchs zur gerichtlichen Entscheidung gestellt wird, muss zuverlässig erkennbar sein, worüber das Gericht eine Sachentscheidung treffen soll (BAG 18. Mai 2016 - 7 ABR 41/14 - Rn. 20 mwN). Vorliegend bleibt auch unter Heranziehung der Antragsbegründung und Berücksichtigung der Anlassfallgestaltungen unklar, was darunter zu verstehen ist, Zeiten der Teilnahme an den bezeichneten Betriebsratssitzungen nicht als „unentschuldigte Fehlzeiten zu behandeln“.
Rz. 31
bb) Der Antrag genügt außerdem nicht den Anforderungen des § 256 Abs. 1 ZPO.
Rz. 32
(1) Sein Gegenstand ist kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis.
Rz. 33
(a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann sich eine gerichtliche Feststellung nur auf ein Rechtsverhältnis richten. Durch diese Beschränkung wird der Bezug einer begehrten Entscheidung zu einem konkreten Rechtsschutzbegehren sichergestellt. Ein Rechtsverhältnis ist die aus einem konkreten Lebenssachverhalt resultierende Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder Sache, die ein subjektives Recht enthält oder aus der ein solches Recht entspringen kann. Nur das Rechtsverhältnis selbst kann Gegenstand der Feststellung sein. Diese muss sich nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken, sondern kann auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis oder auf bestimmte Verpflichtungen aus ihm beschränkt sein (BAG 8. März 2022 - 1 ABR 19/21 - Rn. 52; 17. November 2021 - 7 ABR 40/19 - Rn. 30). Kein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO sind dagegen abstrakte Rechtsfragen, bloße Elemente eines Rechtsverhältnisses oder rechtliche Vorfragen. Die Klärung solcher Fragen liefe darauf hinaus, ein Rechtsgutachten zu erstellen. Das ist den Gerichten verwehrt (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 ABR 73/10 - Rn. 35, BAGE 140, 277).
Rz. 34
(b) Danach ist der Antrag zu 5. nicht auf ein Rechtsverhältnis gerichtet. Die vom Betriebsrat beanspruchte Feststellung zielt auf eine „Nichtberechtigung“ der Arbeitgeberin, eine näher beschriebene Konstellation („Zeiten, zu denen Betriebsratsmitglieder/Ersatzmitglieder von zu Hause aus als geladene Teilnehmer an Betriebsratssitzungen nach § 30 Abs. 2 BetrVG iVm. der Geschäftsordnung des Betriebsrats per Video- oder Telefonkonferenz teilgenommen haben“) einer bestimmten rechtlichen Bewertung zu unterziehen („als unentschuldigte Fehlzeiten zu behandeln“). Das betrifft kein rechtliches Verhältnis eines Beteiligten zum jeweils anderen oder zu einer Sache. Vielmehr erstrebt der Betriebsrat die rechtliche Begutachtung einer Verfahrensweise - in einem engeren Sinn sogar „nur“: einer rechtlichen Bewertung - der Arbeitgeberin. Die Erstattung von Rechtsgutachten entspricht jedoch nicht der von der Verfahrensordnung vorgesehenen Funktion der Gerichte. Ebenso wenig wie die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Kündigung (vgl. dazu BAG 30. Juni 1988 - 2 AZR 797/87 - zu II 2 a der Gründe; Assmann in Wieczorek/Schütze ZPO 5. Aufl. § 256 ZPO Rn. 41; aA Stein/Jonas/Roth ZPO 23. Aufl. § 256 Rn. 28) oder einer Abmahnung (auch eines Betriebsratsmitglieds vgl. dazu BAG 9. September 2015 - 7 ABR 69/13 - Rn. 20 mwN) zulässiger Gegenstand eines Feststellungsbegehrens sein können, ist die Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit der Behandlung bestimmter Zeiten als „unentschuldigtes Fehlen“ feststellungsfähig iSv. § 256 Abs. 1 ZPO.
Rz. 35
(2) Ungeachtet dessen mangelt es an dem erforderlichen besonderen Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO.
Rz. 36
(a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO ist für die Zulässigkeit eines Feststellungsantrags ein besonderes rechtliches Interesse daran erforderlich, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses durch eine gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Das stellt sicher, dass die Gerichte das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses tatsächlich klären können und nicht im Sinn einer gutachterlichen Tätigkeit über bloße Meinungsverschiedenheiten der Betroffenen befinden (vgl. BAG 17. März 2015 - 1 ABR 49/13 - Rn. 13 mwN). Demzufolge muss die erstrebte Feststellung geeignet sein, den zwischen den Beteiligten bestehenden Streit zu beenden und die Rechtsunsicherheit über die Rechtsstellung des Antragstellers zu beseitigen (vgl. - zum Urteilsverfahren - BAG 20. Februar 2018 - 1 AZR 361/16 - Rn. 9 mwN) sowie weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Beteiligten strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex auszuschließen (vgl. BAG 24. August 2016 - 7 ABR 2/15 - Rn. 17). Das besondere Feststellungsinteresse des § 256 Abs. 1 ZPO ist nicht gegeben, wenn durch eine Feststellung des begehrten Inhalts eine sachgemäße oder erschöpfende Streitlösung nicht erzielt würde und die Rechtsunsicherheit weiterhin bestehen bliebe.
Rz. 37
(b) Vorliegend kommt der verlangten Feststellung keine Befriedungsfunktion zu. Der Betriebsrat bezieht diese auf Zeiten einer „Teilnahme“ von Betriebsrats- und Ersatzmitgliedern an (virtuellen) Betriebsratssitzungen; die Arbeitgeberin hat eine solche „Teilnahme“ gerade (mit Nichtwissen) in Abrede gestellt. Damit wäre die Streitfrage der Beteiligten aber auch bei einer Entscheidung über den Antrag nicht abschließend geklärt.
Rz. 38
b) Entsprechendes gilt für die weiteren abgestuften Hilfsanträge zu 6. und 7. Beim Antrag zu 6. ist lediglich der Begriff „erforderlichen“ vor dem Begriff „Betriebsratssitzungen“ eingefügt. Der Antrag zu 7. betrifft Zeiten erforderlicher Betriebsratsstätigkeit vor und nach einer Betriebsratssitzung. Auch diese Anträge richten sich auf die Feststellung einer (näher beschriebenen) „Nichtberechtigung“ der Arbeitgeberin und betreffen damit weder ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO noch hat der Betriebsrat das notwendige besondere Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Es kann daher offenbleiben, ob sie bereits wegen ihres Bezugs zu „erforderlichen“ Sitzungen und Betriebsratstätigkeiten hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sind.
Rz. 39
c) Schließlich ist der hilfsweise angebrachte - und zur Entscheidung anfallende - Antrag zu 8. unzulässig. Zwar erfasst er mit seinem Inhalt zumindest einen der Streitpunkte der Beteiligten, nämlich die Frage, ob sich die Arbeitgeberin bei einer Betriebsratssitzung mittels Video- oder Telefonkonferenz und einer im Sitzungsprotokoll vermerkten Teilnahmebestätigung derjenigen Betriebsratsmitglieder, die nicht in der Filiale „ortsanwesend“ waren, auf ein bloßes Bestreiten deren Sitzungsteilnahme mit Nichtwissen beschränken kann. Der Betriebsrat hat aber von der Feststellung die Fallgestaltung ausgenommen, dass „konkrete Anhaltspunkte“ bestehen, „dass tatsächlich keine dauerhafte Teilnahme vorliegt“. Jedenfalls insoweit genügt das Begehren - ungeachtet seines Bezugs auf „erforderliche“ Betriebsratssitzungen - nicht der verfahrensrechtlichen Bestimmtheitsanforderung des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die den Antrag einschränkende Bedingung („…, es sei denn, dass …“) ist nicht ausreichend klar. Die Problematik, in welchen Konstellationen - nicht von der erstrebten Feststellung umfasste - „konkrete Anhaltspunkte für eine nicht dauerhafte Teilnahme an einer Betriebsratssitzung mittels Video- oder Telefonkonferenz“ bestehen, kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Ungeachtet dessen steht der Zulässigkeit des Antrags zu 8. aber auch - wie bei den vorangegangenen Feststellungsbegehren - der Umstand entgegen, dass er sich auf eine „Nichtberechtigung“ der Arbeitgeberin und damit auf kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO bezieht.
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Schmidt |
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Klose |
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Hamacher |
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Homburg |
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Sprenger |
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Fundstellen
Haufe-Index 16494368 |
BB 2024, 1843 |
DB 2024, 2032 |
DB 2024, 2767 |