Entscheidungsstichwort (Thema)
Beteiligungsrechte bei Änderungskündigungen nach Dienststellenschließung
Leitsatz (amtlich)
Wenn das Hauptquartier nach Auflösung einer Dienststelle gegenüber den ehemals dort beschäftigten Arbeitnehmern, die noch keiner anderen Dienststelle zugeordnet sind, eine Änderungskündigung ausspricht, ist in entsprechender Anwendung der allgemeinen Zuständigkeitsregelung des § 82 Abs. 1 BPersVG vor Ausspruch der Änderungskündigung die bei dem Hauptquartier gebildete Stufenvertretung zu beteiligen.
Normenkette
ZPO § 256 Abs. 1; ArbGG § 87 Abs. 2, § 81 Abs. 3; BPersVG § 12 Abs. 2, §§ 53, 72 Abs. 4, § 82 Abs. 1, 5; ZA-Nato-Truppenstatut Art. 56 Abs. 9; SoldatenG § 70 Abs. 1; BetrVG § 47 Abs. 2
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Beschluss vom 22.11.1993; Aktenzeichen 19 TaBV 88/93) |
ArbG Mönchengladbach (Beschluss vom 04.08.1993; Aktenzeichen 2 BV 5/93) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. November 1993 – 19 TaBV 88/93 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Hauptbetriebsvertretung ein Mitwirkungsrecht hat, wenn gegenüber einem Arbeitnehmer erst nach Auflösung seiner Beschäftigungsdienststelle eine Änderungskündigung ausgesprochen wird und der Arbeitnehmer noch keiner anderen Dienststelle zugeordnet ist.
Die Antragstellerin ist die bei dem Beteiligten zu 2) gebildete Hauptbetriebsvertretung der 2 Group Royal Air Force. Beteiligter zu 2) ist das Hauptquartier 2 Group Royal Air Force, das als oberste Dienstbehörde der britischen Luftwaffe in der Bundesrepublik Deutschland die Funktionen des früheren Hauptquartiers der Royal Air Force Germany wahrnimmt.
Dem Beteiligten zu 2) unterliegen nachgeordnete Dienststellen, zu denen auch die zum 31. Dezember 1992 geschlossene Dienststelle Royal Air Force (RAF) W… gehört. Dem dort als Kraftfahrer beschäftigten Betriebsvertretungsvorsitzenden, der zugleich freigestelltes Mitglied der Antragstellerin ist, sollte nach Schließung der Dienststelle gekündigt werden verbunden mit dem Angebot, zu geänderten Arbeitsbedingungen in der Dienststelle RAF B… tätig zu sein. Vor Ausspruch der Änderungskündigung hatte der Beteiligte zu 2) mit Schreiben vom 10. Mai 1993 das Mitwirkungsverfahren durchgeführt. Die antragstellende Hauptbetriebsvertretung verweigerte ihre Zustimmung und verwies u.a. auf ihre fehlende Zuständigkeit. Arbeitgeberfunktionen nehme die jeweilige Beschäftigungsdienststelle wahr. Demzufolge sei die dort gebildete Betriebsvertretung beteiligungsberechtigt. Nach Auflösung dieser Dienststelle stehe das Mitwirkungsrecht der Betriebsvertretung einer von den Beteiligten einvernehmlich zu bestimmenden weiteren Dienststelle zu. Dieser Dienststelle sei der betroffene Arbeitnehmer von der übergeordneten Dienststelle im Einvernehmen mit der Stufenvertretung zuzuteilen.
Die Antragstellerin hat zunächst beantragt festzustellen, daß das Hauptquartier als sogenannter Nachlaßverwalter der am 31. Dezember 1992 aufgelösten nachgeordneten Dienststelle RAF W… nicht berechtigt sei, ein Mitwirkungsverfahren bezüglich einer Änderungskündigung des Arbeitnehmers G… gegenüber der Hauptbetriebsvertretung einzuleiten bzw. durchzuführen. Mit Schreiben vom 27. September 1993 hat der Beteiligte zu 2) dem betroffenen Arbeitnehmer gegenüber die Änderungskündigung ausgesprochen. Daraufhin hat die Antragstellerin ihren bisherigen Antrag für erledigt erklärt und vor dem Landesarbeitsgericht beantragt
festzustellen, daß der Antragsgegner nicht berechtigt ist, als sogenannter Nachlaßverwalter einer aufgelösten nachgeordneten Dienststelle ein Mitwirkungsverfahren bezüglich einer Änderungskündigung eines dort früher beschäftigten Arbeitnehmers, der noch bei keiner anderen Dienststelle beschäftigt ist, gegenüber der Antragstellerin einzuleiten und durchzuführen.
Der Beteiligte zu 2) hat beantragt,
den Antrag als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
Er hält den Antrag für unzulässig, weil nach Durchführung des Mitwirkungsverfahrens kein Rechtsschutzinteresse mehr bestehe. Mit Schließung der Dienststelle RAF W… sei auch die örtliche Betriebsvertretung aufgelöst worden. Demzufolge könne das Mitwirkungsverfahren dort nicht durchgeführt werden. Die Mitwirkung einer anderen Betriebsvertretung komme mangels Eingliederung des Arbeitnehmers nicht in Betracht. Statt dessen sei in entsprechender Anwendung des § 82 Abs. 5 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) die Hauptbetriebsvertretung zu beteiligen.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Hinsichtlich des ursprünglich gestellten Antrags hat das Landesarbeitsgericht das Verfahren durch Beschluß eingestellt und die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Hauptbetriebsvertretung ihr Anliegen weiter. Der Beteiligte zu 2) begehrt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
B.I. Der Antrag ist zulässig. Die Hauptbetriebsvertretung begehrt die Feststellung des Bestehens eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses (§ 256 Abs. 1 ZPO).
1. Rechtsverhältnisse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO sind nicht nur die aus einem vorgetragenen Sachverhalt ableitbaren rechtlichen Beziehungen von Personen untereinander, sondern auch deren Folgen (BAG Beschluß vom 9. Februar 1993 – 1 ABR 43/92 – AP Nr. 17 zu Art. 56 ZA-Nato-Truppenstatut, zu B I 2a der Gründe, m.w.N.). Demzufolge kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen von Mitbestimmungsrechten an einer näher zu bezeichnenden Maßnahme Gegenstand von Feststellungsanträgen sein (BAG Beschluß vom 27. Oktober 1992 – 1 ABR 17/92 – AP Nr. 61 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung, zu A II der Gründe). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Hauptbetriebsvertretung macht das Fehlen eines Mitwirkungsrechts bei Änderungskündigungen gegenüber einem bestimmten Beschäftigtenkreis geltend. Streitig ist nicht die Mitbestimmungspflichtigkeit der Maßnahme, sondern die Mitwirkungsberechtigung der Hauptbetriebsvertretung.
2. Mit dem ursprünglich gestellten Antrag begehrte die Antragstellerin die Feststellung, daß ihr an einer bestimmten Änderungskündigung gegenüber einem namentlich bezeichneten Arbeitnehmer kein Mitwirkungsrecht zusteht. Dieses Mitwirkungsverfahren hat sich durch den Ausspruch der Änderungskündigung erledigt. Damit war das erforderliche Feststellungsinteresse entfallen.
Mit ihrem vor dem Landesarbeitsgericht gestellten Antrag erstrebt die Antragstellerin jedoch eine fallübergreifende gerichtliche Klärung ihrer personalvertretungsrechtlichen Mitwirkungsverpflichtung. Sie will nunmehr festgestellt haben, daß ihr in dem Mitwirkungsverfahren vor Ausspruch einer Änderungskündigung gegenüber einem Arbeitnehmer einer aufgelösten Dienststelle, bei dem eine Eingliederung in eine andere Dienststelle unterblieben ist, kein Beteiligungsrecht zusteht. Das Landesarbeitsgericht hat darin eine zulässsige Antragsänderung gesehen. Diese Entscheidung ist nach § 87 Abs. 2 in Verb. mit § 81 Abs. 3 ArbGG für den Senat bindend.
Für den geänderten Antrag genügt zur Begründung des Feststellungsinteresses bereits eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit, daß sich ein gleichartiger Vorgang wie der in der Vergangenheit liegende wiederholen wird (BAGE 51, 151 = AP Nr. 33 zu § 99 BetrVG 1972; BAGE 56, 197 = AP Nr. 24 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit). Der Beteiligte zu 2) hat weitere Umstrukturierungsmaßnahmen und Schließungen von Dienststellen nicht in Abrede gestellt. Im Zusammenhang mit dem damit verbundenen Personalabbau ist zu erwarten, daß die zwischen den Beteiligten streitige Frage erneut an aktueller Bedeutung gewinnt.
II. Im Ergebnis zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß die Antragstellerin in den streitigen Mitwirkungsverfahren zu beteiligen ist. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts folgt die Mitwirkungspflicht der Hauptbetriebsvertretung nicht aus einer analogen Anwendung des § 82 Abs. 5 BPersVG, sondern entsprechend der allgemeinen Zuständigkeitsregelung des § 82 Abs. 1 BPersVG. Die Beteiligung der Betriebsvertretung einer Dienststelle, der die Arbeitnehmer vor Einleitung des Mitwirkungsverfahrens erst noch zuzuteilen wären, liegt fern (§ 12 Abs. 2 BPersVG analog).
1. Nach Art. 56 Abs. 9 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen und zu den Zusatzvereinbarungen vom 3. August 1959 zu diesem Abkommen (BGBl. II 1961, 1183, 1278), geändert durch das Abkommen vom 21. Oktober 1971 (BGBl. II 1973, 1021) in Kraft getreten am 18. Januar 1974 (BGBl. II 1974, 143) – ZA-Nato-Truppenstatut – finden die für die zivilen Bediensteten bei der Bundeswehr maßgebenden Vorschriften des deutschen Rechts über die Personalvertretung für die Betriebsvertretung der zivilen Arbeitskräfte bei einer Truppe und einem zivilen Gefolge Anwendung, soweit in dem auf diesen Artikel bezug nehmenden Abschnitt des Unterzeichnungsprotokolls – UP – (BGBl. II 1961, 1313) nichts anderes bestimmt ist. Damit gilt grundsätzlich das BPersVG für die bei den britischen Streitkräften – vorliegend der britischen Luftwaffe – beschäftigten Arbeitnehmer.
Bei der ordentlichen Kündigung eines Arbeitnehmers ergibt sich ein Mitwirkungsrecht der Betriebsvertretung aus Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 70 Abs. 1 Soldatengesetz und § 79 Abs. 1 BPersVG. Das Mitwirkungsrecht besteht auch bei einer Änderungskündigung, bei der ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zunächst kündigt und im Zusammenhang damit die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen anbietet oder die Kündigung unter der Bedingung ausspricht, daß der Arbeitnehmer nicht mit den angebotenen neuen Arbeitsbedingungen einverstanden ist (Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 79 Rz 10; Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, Stand Oktober 1994, § 79 Rz 15; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 7. Aufl., § 79 Rz 6). Denn wie die ordentliche Kündigung zielt auch die Änderungskündigung auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses, selbst wenn es nicht zu dessen Auflösung kommt, weil der Arbeitnehmer sein Einverständnis mit den vorgeschlagenen neuen Arbeitsbedingungen erklärt oder sich darauf beschränkt hat, die soziale Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen gerichtlich anzuzweifeln (BAGE 38, 106 = AP Nr. 2 zu § 2 KSchG 1969).
2. Für die Mitwirkung an den nach Schließung einer Dienststelle ausgesprochenen Änderungskündigungen gegenüber Arbeitnehmern, die zwischenzeitlich noch keiner anderen Dienststelle zugeordnet sind, ist die Hauptbetriebsvertretung zuständig.
a) Nach dem BPersVG erfolgt die Beteiligung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst durch Stufenvertretungen. Das entspricht dem hierarchischen Aufbau der Verwaltung, wonach nachgeordnete Dienststellen an Weisungen der vorgesetzten Dienststellen gebunden sind oder übergeordnete Dienststellen sich bestimmte Entscheidungen vorbehalten können, die nachfolgende Dienststellen betreffen (BAG Beschluß vom 9. Februar 1993 – 1 ABR 33/92 – AP Nr. 16 zu Art. 56 ZA-Nato-Truppenstatut, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt; Dietz/Richardi, aaO, § 53 Rz 3 ff., § 82 Rz 2 ff.; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/ Widmaier, aaO, § 53 Rz 1 ff.). Demgemäß wählen die zum Geschäftsbereich der Behörde einer Mittelstufe gehörenden Beschäftigten Bezirkspersonalräte und die zum Geschäftsbereich der obersten Dienstbehörde zählenden Beschäftigten einen Hauptpersonalrat (§ 53 Abs. 2 BPersVG). § 53 BPersVG geht von einem dreistufigen Verwaltungsaufbau aus. Eine Stufenvertretung ist aber auch schon dann zu wählen, wenn nur eine oberste Behörde und der dieser nachgeordnete Dienststellen gleicher Stufe bestehen (Lorenzen/ Haas/Schmitt, aaO, § 53 Rz 14). Neben den jeweiligen Stufenvertretungen sind in allen Dienststellen Personalräte zu bilden (§ 12 Abs. 1 BPersVG).
Für die bei den britischen Streitkräften beschäftigten Arbeitnehmer definiert Abs. 1 des UP zu § 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut, geändert durch Art. 2 Nr. 1 des Abkommens vom 21. Oktober 1971, was als Dienststelle, Mittelbehörde und oberste Dienstbehörde im Sinne des BPersVG zu verstehen ist. Danach sind die obersten Dienstbehörden die Hauptquartiere einer Truppe, wie sie von den jeweiligen Entsendestaaten näher bestimmt werden. Dienststellen sind die einzelnen Verwaltungsstellen und Betriebe einer Truppe und eines zivilen Gefolges nach näherer Bestimmung durch die Truppe. Die Beschäftigten einzelner Dienststellen wählen nicht nur die Mitglieder der jeweiligen örtlichen Betriebsvertretung sondern bei zweistufigem Verwaltungsaufbau zusammen mit den bei einem Hauptquartier beschäftigten Arbeitnehmern auch die dort zu bildende Hauptbetriebsvertretung.
b) Durch das System der Stufenvertretung neben den jeweiligen örtlichen Betriebsvertretungen ist sichergestellt, daß in allen Fällen, in denen das BPersVG ein Beteiligungsrecht vorsieht, dessen Ausübung in sämtlichen Teilen der Verwaltung gewährleistet ist (BAG Beschluß vom 9. Februar 1993 – 1 ABR 33/92 –, aaO, zu B II 1b der Gründe). Die nach dem PersVG 1955 noch bestehenden Regelungslücken bei Maßnahmen sogenannter Zwischen- oder Zentraldienststellen hat der Gesetzgeber mit § 82 Abs. 5 BPersVG geschlossen und die Zuständigkeit der Stufenvertretung entsprechend erweitert.
Die Kompetenzverteilung zwischen der für eine Dienststelle gebildeten Betriebsvertretung und der Stufenvertretung bestimmt sich nach der Entscheidungsbefugnis der Dienststelle (§ 82 Abs. 1 BPersVG). Danach ist in Angelegenheiten, in denen die Dienststelle nicht zur Entscheidung befugt ist, anstelle der Betriebsvertretung die bei der zuständigen Dienststelle gebildete Stufenvertretung zu beteiligen. Maßgebend ist demnach nicht, welcher Dienststelle der betroffene Arbeitnehmer angehört, sondern allein, welche Dienststelle zur Entscheidung mit Außenwirkung befugt ist (BAG Urteil vom 23. September 1986, BAGE 53, 97, 104 = AP Nr. 20 zu § 75 BPersVG, zu II 5c der Gründe; BAG Beschlüsse vom 9. Februar 1993, aaO, zu B II der Gründe, und vom 30. März 1994 – 7 ABR 46/93 – AP Nr. 1 zu § 47 BPersVG, zu B 2a der Gründe).
Die Entscheidungskompetenz der Dienststelle ihrerseits ergibt sich aus den Gesetzen, Rechtsverordnungen, Verwaltungsvorschriften und Einzelverfügungen. Trifft danach eine übergeordnete Dienststelle die Entscheidung, ist die bei ihr bestehende Stufenvertretung zu beteiligen. Das gilt auch, wenn die übergeordnete Dienststelle eine Angelegenheit in zulässiger Weise an sich zieht (BVerwG Beschluß vom 23. Juli 1979 – 6 P 28.78 – PersV 1981, 70; Dietz/Richardi, aaO, § 82 Rz 3, 4; Lorenzen/Haas/Schmitt, aaO, § 82 Rz 11; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, aaO, § 82 Rz 5).
c) Arbeitgeber der bei den Stationierungsstreitkräften beschäftigten Arbeitskräfte ist der jeweilige Entsendestaat (BAG Urteile vom 30. November 1984 – 7 AZR 499/83 – AP Nr. 6 zu Art. 56 ZA-Nato-Truppenstatut, zu II 3 der Gründe; 29. Januar 1986, BAGE 51, 104, 111 = AP Nr. 2 zu § 48 TVAL II; 7. Oktober 1987 – 5 AZR 116/86 – AP Nr. 15 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht, zu III 1 der Gründe; BAG Beschluß vom 9. Februar 1993 – 1 ABR 43/93 –, aaO, zu B II 2c der Gründe, m.w.N.). Er delegiert die Arbeitgeberfunktion in aller Regel auf den jeweiligen Dienststellenleiter, der dadurch aber nicht zum Arbeitgeber im Rechtssinne wird (BAG Beschluß vom 9. Februar 1993 – 1 ABR 43/92 – AP Nr. 17 zu Art. 56 ZA-Nato-Truppenstatut, zu B II 2c der Gründe).
Mit der Auflösung einer Dienststelle endet der mit ihr verbundene Zweck. Sofern die in der ehemaligen Dienststelle beschäftigten Arbeitnehmer dort auch sonst keine Arbeitsmöglichkeit mehr haben, kann die dortige Betriebsvertretung ihr Amt nicht mehr fortführen (BAG Beschluß vom 30. März 1994 – 7 ABR 46/93 –, aaO, zu B 1b aa der Gründe; Müller, ZfA 1990, 607, 626). Demgegenüber führt die Auflösung der Dienststelle nicht zur Beendigung der Arbeitsverhältnisse der dort beschäftigten Arbeitnehmer. Hierzu bedarf es einer Kündigung. Zum Ausspruch der Kündigung ist der Arbeitgeber befugt. Das ist bei den Stationierungsstreitkräften der jeweilige Entsendestaat. Als oberste Dienstbehörde nimmt das Hauptquartier dessen Arbeitgeberfunktionen wahr. Bei aufgelösten Dienststellen können die Arbeitgeberbefugnisse nicht mehr auf die dann fehlende Dienststellenleitung delegiert werden. Das Hauptquartier bleibt berechtigt, die Arbeitsverhältnisse der bei einer aufgelösten Dienststelle beschäftigten Arbeitnehmer zu kündigen. Sind diese Arbeitnehmer noch keiner anderen Dienststelle zugewiesen, ist entsprechend nach der allgemeinen Zuständigkeitsregelung des § 82 Abs. 1 BPersVG die beim Hauptquartier gebildete Stufenvertretung zu beteiligen.
d) Das Landesarbeitsgericht kommt zu diesem Ergebnis durch eine analoge Anwendung des § 82 Abs. 5 BPersVG. Es sieht sich an der Anwendung des § 82 Abs. 1 BPersVG gehindert, weil die darin zum Ausdruck kommende Zuständigkeitsverteilung das Bestehen zweier Dienststellen voraussetze, von denen die eine der anderen nachgeordnet sein müsse. Nach dem Wortlaut der Bestimmung kann die Norm zwar nicht unmittelbar angewendet werden. Doch verlangt der in § 82 Abs. 1 BPersVG enthaltene Rechtsgedanke zur Kompetenzverteilung zwischen Stufenvertretung und Betriebsvertretung eine analoge Anwendung. Das der Verwaltungshierarchie entsprechende System der Stufenvertretung wahrt die personalvertretungsrechtlichen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte auch dann, wenn eine übergeordnete Behörde auf Grund ihres allgemeinen Weisungsrechts oder der ihr vorbehaltenen Entscheidungsbefugnis soziale und personelle Maßnahmen durchführt, die Arbeitnehmer betreffen, die bei der obersten Dienstbehörde nicht beschäftigt sind und demzufolge von einer dort gebildeten Betriebsvertretung nicht repräsentiert werden. § 82 Abs. 1 BPersVG stellt seinem Grundgedanken nach eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, daß in allen Angelegenheiten, die eine Dienststelle betreffen, die bei ihr gebildete Betriebsvertretung zu beteiligen ist (vgl. BVerwG Beschluß vom 20. Januar 1993 – BVerwG 6 P 21.90 – Buchholz 250 § 70 BPersVG Nr. 2). In diesen Ausnahmefällen folgt die Beteiligungsbefugnis der Personalvertretung der Entscheidungsbefugnis. An die Stelle der Betriebsvertretung einer Dienststelle, über deren Angelegenheit von einer übergeordneten Dienststelle entschieden wird, tritt die bei dieser Dienststelle gebildete Stufenvertretung (BVerwG Beschluß vom 18. Mai 1994 – BVerwG 6 P 6.92 – PersR 1994, 459 ff.). Fällt eine übergeordnete Dienststelle an Stelle einer bereits aufgelösten Dienststelle die verbleibenden Entscheidungen, ist demnach die Stufenvertretung zu beteiligen. Damit in Einklang steht, daß Entscheidungen der obersten Dienstbehörde – von absoluten Einzelfällen abgesehen – von überregionaler Bedeutung sind und nach einheitlichen Kriterien gefällt sowie personalvertretungsrechtlich behandelt werden sollen (BAG Beschluß vom 14. Juni 1994 – 1 ABR 55/93 –, nicht veröffentlicht). Diese Einheitlichkeit wird – was auch das Landesarbeitsgericht nicht verkannt hat – durch die Beteiligung der Hauptbetriebsvertretung gewahrt. Demgegenüber will § 82 Abs. 5 BPersVG das Entstehen eines personalvertretungsrechtlichen Freiraums verhindern, der aus der besonderen Stellung von Zwischen- oder Zentraldienststellen innerhalb eines hierarchischen Verwaltungsaufbaus resultiert. Eine darüber hinausgehende Bedeutung auch für diejenigen Fälle, in denen die Leitung einer Hauptdienststelle von den ihr zustehenden Entscheidungsbefugnissen Gebrauch macht, kommt ihr nicht zu.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der näheren Ausgestaltung des Mitwirkungsverfahrens bei Beteiligung der Hauptbetriebsvertretung (§ 82 Abs. 2 BPersVG). Danach hat die Hauptbetriebsvertretung der Betriebsvertretung Gelegenheit zur Äußerung zu geben, wenn die Entscheidung der obersten Dienstbehörde einzelne Beschäftigte betrifft. Diese Anhörungsverpflichtung entfällt, wenn es an einer örtlichen Betriebsvertretung fehlt (Dietz/Richardi, aaO, § 82 Rz 22). Das gilt unabhängig davon, ob eine örtliche Betriebsvertretung nicht gewählt worden ist oder nach Auflösung der Dienststelle nicht mehr besteht. § 82 Abs. 2 BPersVG betrifft jedoch nur den internen Vorgang bei der Willensbildung innerhalb der Hauptbetriebsvertretung. Die jeweilige Zuständigkeit bleibt davon unberührt.
Die betroffenen Arbeitnehmer werden durch die Hauptbetriebsvertretung auch unmittelbar repräsentiert. Denn im Gegensatz zu den Regelungen im BetrVG (vgl. § 47 Abs. 2 BetrVG), nach denen der Gesamtbetriebsrat oder der Konzernbetriebsrat durch Entsendung von Mitgliedern der jeweiligen Betriebsräte innerhalb der Unternehmen gebildet wird, erfolgt die Wahl der Hauptbetriebsvertretung durch alle zum Dienstbereich der obersten Dienstbehörde gehörenden Beschäftigten.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde will § 12 Abs. 2 BPersVG lediglich sicherstellen, daß auch die Arbeitnehmer einer Kleinstdienststelle, die aufgrund der geringen Anzahl der dort Beschäftigten keine eigene Dienststellenverfassung haben kann, durch eine Betriebsvertretung repräsentiert werden (Dietz/ Richardi, aaO, § 12 Rz 14; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, aaO, § 12 Rz 12). Ihrem Anwendungsbereich nach will diese Norm nur solche personalvertretungsrechtlichen Lücken schließen, die sich aus den Anforderungen an die Mindestgröße einer betriebsvertretungsfähigen Dienststelle ergeben. Ein darüber hinausgehender Rechtsgedanke läßt sich ihr nicht entnehmen.
Unterschriften
Weller, Steckhan, Schmidt, Dr. Koch, U. Zachert
Fundstellen
Haufe-Index 857056 |
NZA 1996, 222 |