Entscheidungsstichwort (Thema)
Begründete Nichtzulassungsbeschwerde wegen Divergenz
Leitsatz (redaktionell)
Entscheidend für die Frage, ob die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts abweicht, ist jeweils die letzte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu der Rechtsfrage, sofern sie noch vor der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ergangen ist.
Normenkette
ArbGG § 92a Fassung: 1979-07-02, § 72 Abs. 2 Nr. 2 Fassung: 1979-07-02
Verfahrensgang
LAG Hamm (Entscheidung vom 19.02.1986; Aktenzeichen 12 TaBV 137/85) |
ArbG Hamm (Entscheidung vom 01.08.1985; Aktenzeichen 1 BV 8/85) |
Gründe
1. Der Arbeitgeber gewährt seinen Arbeitnehmern auf den tariflich geregelten Zeitlohn eine übertarifliche Zulage in unterschiedlicher Höhe. Anläßlich der letzten Erhöhung der Tariflöhne und -gehälter hat er diese Zulagen zum Teil und in unterschiedlicher Höhe auf die tarifliche Erhöhung angerechnet. Der Betriebsrat hat geltend gemacht, daß ihm bei der Anrechnung der übertariflichen Zulagen auf die Erhöhung der tariflichen Entgelte ein Mitbestimmungsrecht zustehe. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verneint. Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Betriebsrats.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet.
Nach § 92 a ArbGG in Verb. mit § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG kann die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch Beschwerde angefochten werden, wenn der anzufechtende Beschluß des Landesarbeitsgerichts u.a. von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben und von der Beschwerde ordnungsgemäß dargelegt worden. Das Landesarbeitsgericht hat das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unter Berufung auf die Entscheidung des Senats vom 31. Januar 1984 (BAG 46, 182 = AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Tarifvorrang) verneint. Nach dieser Entscheidung hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht, wenn der Arbeitgeber zum tariflich geregelten Entgelt einen übertariflichen Zuschlag zahlt, der an keine weiteren Voraussetzungen gebunden ist, sondern lediglich zur wenn auch unterschiedlichen Erhöhung des tariflichen Entgelts führt. Das Landesarbeitsgericht hat weiter ausgeführt, daß Gesichtspunkte der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit nicht geeignet seien, bei solchen übertariflichen Zulagen ein Mitbestimmungsrecht für den Betriebsrat zu eröffnen.
Mit dieser Entscheidung setzt sich das Landesarbeitsgericht in Widerspruch zur später ergangenen Entscheidung des Senats vom 17. Dezember 1985 (- 1 ABR 6/84 - AP Nr. 5 zu § 87 BetrVG 1972 Tarifvorrang, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung bestimmt). In dieser Entscheidung hat der Senat seine in der Entscheidung vom 31. Januar 1984 vertretene Auffassung aufgegeben und ausgesprochen, daß der Betriebsrat mitzubestimmen habe, wenn der Arbeitgeber zum tariflich geregelten Entgelt allgemein eine betriebliche Zulage gewährt, deren Höhe von ihm aufgrund einer individuellen Entscheidung festgelegt wird. Er hat dabei gerade darauf abgestellt, daß das Mitbestimmungsrecht im übertariflichen Bereich dazu diene, die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit zu gewährleisten.
Von dieser Entscheidung weicht das Landesarbeitsgericht ab. Daß sie mit der Entscheidung vom 31. Januar 1984 übereinstimmt, ist unerheblich. Entscheidend für eine die Zulassung der Rechtsbeschwerde begründende Divergenz ist die jeweils letzte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu der entsprechenden Rechtsfrage (BAG AP Nr. 35 zu § 72 ArbGG 1953 Divergenzrevision), soweit diese Entscheidung noch vor der anzufechtenden Entscheidung ergangen ist. Das ist hier der Fall.
Auf dieser Abweichung beruht auch die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts. Es ist nicht auszuschließen, daß das Landesarbeitsgericht zugunsten des Betriebsrats entschieden hätte, wenn es seiner Entscheidung die Ansicht des Senats aus dem Beschluß vom 17. Dezember 1985 zugrunde gelegt hätte.
3. Rechtsmittelbelehrung:
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Der Betriebsrat kann gegen den im Tenor genannten Be-
schluß innerhalb einer Frist von einem Monat seit Zu-
stellung dieses Beschlusses Rechtsbeschwerde beim
Bundesarbeitsgericht, Graf-Bernadotte-Platz 3, 3500
Kassel-Wilhelmshöhe, einlegen.
Die Rechtsbeschwerde ist gleichzeitig oder innerhalb
eines Monats nach ihrer Einlegung schriftlich zu be-
gründen. Rechtsbeschwerde und Rechtsbeschwerdebegrün-
dung müssen von einem bei einem deutschen Gericht zu-
gelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
Dr. Kissel Dr. Heither Matthes
Kehrmann Rösch
Fundstellen
Haufe-Index 436689 |
NZA 1986, 843-843 (LT1) |
RdA 1986, 406 |
AP § 92a ArbGG 1979 (LT1), Nr 5 |
EzA § 72a ArbGG 1979, Nr 47 (LT) |