Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg; Klage eines Beamten auf Abschluß eines Arbeitsvertrages
Leitsatz (amtlich)
Für Klagen der Beamten der Deutsche Post AG auf Abschluß eines Arbeitsvertrages unter gleichzeitiger Beurlaubung gem. § 4 Abs. 3 Postpersonalrechtsgesetz sind die Gerichte für Arbeitssachen nicht zuständig.
Normenkette
BeamtVG § 126; BBG § 172; Postpersonalrechtsgesetz vom 14. September 1994 (BGBl. I S. 2325, 2353) § 2 Abs. 3; Postpersonalrechtsgesetz vom 14. September 1994 (BGBl. I S. 2325, 2353) § 3 Abs. 1; Postpersonalrechtsgesetz vom 14. September 1994 (BGBl. I S. 2325, 2353) § 4 Abs. 3; Verwaltungsgerichtsordnung § 52
Verfahrensgang
Tenor
I. Auf die weitere sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Köln vom 25. März 1999 – 6 Ta 53/99 – aufgehoben.
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Bonn vom 6. Januar 1999 – 4 Ca 2916/98 – zum Teil abgeändert und auch zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:
- 1. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist unzulässig.
- 2. Der Rechtsstreit wird an das Verwaltungsgericht Regensburg verwiesen.
II. Im übrigen werden die sofortige Beschwerde des Klägers und die weitere sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen.
III. Die Kosten der sofortigen Beschwerde und der weiteren sofortigen Beschwerde haben der Kläger zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5 zu tragen.
IV. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 12.000,00 DM festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten den Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages unter gleichzeitiger Beurlaubung als Beamter und Nachzahlung der Differenz zwischen den Bezügen eines Beamten und der Vergütung eines Angestellten.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Abteilungsleiter für Personal und Recht in der Niederlassung P eingesetzt. Als Beamter des höheren Dienstes bezieht er Besoldung nach Besoldungsgruppe A 14. Auf vergleichbaren Posten beschäftigt die Beklagte Beamte des gehobenen Dienstes, die gem. § 4 Abs. 3 Postpersonalrechtsgesetz beurlaubt sind und privatrechtliche Anstellungsverträge geschlossen haben. Da die Grundvergütung nach dem Tarifvertrag höher ist und aufgrund der gegebenen gesetzlichen Regelungen keine Sozialversicherungsbeiträge abzuführen sind, liegt das Einkommen eines solchen Stelleninhabers um ca. 1.000,00 DM im Monat über den Bezügen eines entsprechenden Beamten.
Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte sei verpflichtet, ihn als Beamten zu beurlauben und mit ihm einen privatrechtlichen Anstellungsvertrag zu schließen. Mit der am 29. Oktober 1998 beim Arbeitsgericht Bonn eingereichten Klage verfolgt der Kläger folgende Anträge:
- Die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger im Wege der Insichbeurlaubung einen Anstellungsvertrag als Abteilungsleiter der Wertebene 3 nach dem Tarifvertrag Angestellte DBP mit einem Monatsgehalt von 8.773,08 DM brutto anzubieten,
- hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger monatlich, beginnend mit dem 1. Oktober 1998, 8.772,86 DM brutto zu zahlen,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 37.249,78 DM nebst 4 % Zinsen seit Klageerhebung zu zahlen.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluß vom 6. Januar 1999 den „Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten” für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Köln verwiesen. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers hat das Landesarbeitsgericht Köln mit Beschluß vom 25. März 1999 den Beschluß des Arbeitsgerichts abgeändert und den „Rechtsweg zum Arbeitsgericht” für zulässig erklärt. Mit der zugelassenen weiteren sofortigen Beschwerde begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
II. Die weitere sofortige Beschwerde der Beklagten ist im wesentlichen begründet. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist unzulässig. Zuständig ist das Verwaltungsgericht Regensburg, denn der Rechtsstreit betrifft eine Streitigkeit aus dem Beamtenverhältnis des Klägers, für die nach § 172 Bundesbeamtengesetz i.V.m. § 126 Abs. 1 Beamtenrechtsrahmengesetz der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.
1. Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen folgt nicht aus § 2 Abs. 1 ArbGG. Danach sind die Gerichte für Arbeitssachen allein zuständig für „bürgerliche Rechtsstreitigkeiten”. Eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit ist dann gegeben, wenn der Streitgegenstand eine unmittelbare Rechtsfolge des Zivilrechts darstellt. Dagegen handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, wenn der Streitgegenstand eine unmittelbare Folge des öffentlichen Rechts ist. Ob ein Rechtsstreit dem bürgerlichen oder dem öffentlichen Recht zuzuweisen ist, richtet sich, wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Dafür kommt es in der Regel darauf an, ob die an der Streitigkeit Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung oder gleichgeordnet einander gegenüberstehen (vgl. nur Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes in BGHZ 97, 312, 313 f. = AP Nr. 3 zu § 13 GVG). Entscheidend ist deshalb, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des Arbeitsrechts oder des öffentlichen Rechts geprägt wird.
2. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Abschluß eines privatrechtlichen Arbeitsvertrages unter gleichzeitiger Beurlaubung gem. § 4 Abs. 3 Postpersonalrechtsgesetz ist öffentlich-rechtlicher Natur. Nach dem vorgetragenen Sachverhalt und den maßgeblichen Rechtsnormen kann der Anspruch allein aufgrund des bestehenden Beamtenverhältnisses der Parteien begründet sein. Würde das Beamtenverhältnis des Klägers hinweg gedacht, bestünde für die streitgegenständlichen Ansprüche kein rechtlicher Anknüpfungspunkt mehr. Insbesondere kann aus dem „arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz” kein Nichtbeschäftigter einen Anspruch auf Abschluß eines Arbeitsvertrages mit einem bestimmten Vertragsinhalt herleiten. Maßgebend ist vielmehr das Bestehen eines Beamtenverhältnisses, das durch Verwaltungsakt zum Ruhen gebracht werden soll, um zugleich ein privatrechtliches Dienstverhältnis begründen zu können. Der vom Kläger reklamierte Anspruch auf Gleichbehandlung mit Beamten des gehobenen Dienstes ist damit keine Forderung nach arbeitsrechtlicher, sondern nach beamtenrechtlicher Gleichbehandlung.
3. Für die Ansprüche auf Schadensersatz wegen Fürsorgepflichtverletzung sind gleichfalls die Verwaltungsgerichte zuständig (vgl. nur BVerwG Urteil vom 23. November 1995 – 2 A 1/94 – ZfPR 1996, 197).
4. Örtlich zuständig ist das Verwaltungsgericht Regensburg. Gem. § 52 Verwaltungsgerichtsordnung bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach dem dienstlichen Wohnsitz des Klägers. Dienstlicher Wohnsitz des Beamten ist der Sitz der Behörde. Die in der Anordnung des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation über dienstrechtliche Zuständigkeiten der den Unternehmen der Deutschen Bundespost nachfolgenden Aktiengesellschaften vom 23. Juni 1995 (BGBl. I S. 1043) bezeichneten Organisationseinheiten „Direktionen” und „Niederlassungen” sind als Behörden i.S.v. § 52 Verwaltungsgerichtsordnung anzusehen. Denn diese Anordnung bestimmt auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 Postpersonalrechtsgesetz, welche Organisationseinheiten unterhalb des Vorstands die Befugnisse einer Dienstbehörde wahrnehmen. Die für den Kläger zuständige Niederlassung hat ihren Sitz in P und damit im Bezirk des Verwaltungsgerichts Regensburg.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Unterschriften
Griebeling, Müller-Glöge, Kreft
Fundstellen
BB 1999, 1822 |
DB 1999, 2172 |
NVwZ 1999, 1259 |
ARST 1999, 285 |
FA 1999, 332 |
FA 1999, 366 |
NZA 1999, 1008 |
ZTR 1999, 477 |
AP, 0 |
ZfPR 2000, 211 |
www.judicialis.de 1999 |