Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung bei der Arbeitszeit. Personalgestellung. zuständiger Betriebsrat. Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Bindungswirkung
Orientierungssatz
1. Sind Feststellungen des Landesarbeitsgerichts unklar, lückenhaft oder widersprüchlich, ist das Rechtsbeschwerdegericht an diese nicht nach § 559 Abs. 2 ZPO gebunden. Es bedarf keiner Verfahrensrüge; vielmehr ist der Mangel von Amts wegen zu beachten.
2. Im Rahmen einer Personalgestellung ist die Zuständigkeit des beim Gestellungsträger bestehenden Betriebsrats auf die Mitwirkung an dessen Entscheidungen als Vertragsarbeitgeber begrenzt. Aufgrund der Eingliederung gestellter Arbeitnehmer in einen anderen Betrieb ist für die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ein beim Gestellungsnehmer gewählter Betriebsrat zuständig. Die Betriebsparteien können hiervon keine abweichenden Zuständigkeiten vereinbaren.
3. Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG knüpft an die tatsächliche Eingliederung des gestellten Arbeitnehmers in den Betrieb des Gestellungsnehmers und dessen Entscheidung über die zeitliche Lage der Arbeitszeit an. Die betriebsverfassungsrechtliche Zuständigkeit entfällt nicht aufgrund einer etwaigen Unwirksamkeit des Gestellungsvertrags oder der der Gestellung zugrunde liegenden Tarifregelung.
Normenkette
ArbGG § 83 Abs. 3; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 559 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 11. Februar 2016 – 3 TaBV 2/14 – insoweit aufgehoben, als er die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 22. Mai 2014 – 1 BV 1/14 – zurückgewiesen hat.
2. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den genannten Beschluss des Arbeitsgerichts wird dieser teilweise abgeändert:
Der Antrag zu 1. des Betriebsrats wird ebenfalls abgewiesen.
Tatbestand
A.
Die Beteiligten streiten über einen Unterlassungsanspruch des bei der Arbeitgeberin gebildeten Betriebsrats.
Die Arbeitgeberin betreibt eine Einrichtung für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderungen. Auf die Arbeitsverhältnisse der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) Anwendung. Mit Wirkung zum 1. Januar 2012 gliederte sie die zu diesem Betrieb gehörende Zentralküche aus und übertrug den Betriebsteil auf die I GmbH (I), deren Alleingesellschafterin sie ist. Zuvor schloss sie mit dem Betriebsrat am 24. November 2011 eine „Betriebsvereinbarung Ausgliederung Küche und Catering sowie Personalgestellung (zugleich Interessenausgleich und Sozialplan)” (BV Ausgliederung), die ua. folgenden Inhalt hat:
…
Die Parteien dieser Betriebsvereinbarung sind sich darüber einig, dass die Übertragung des Küchenbereichs einschließlich Catering in den Außenstellen einen Teilbetriebsübergang darstellt und der BR bis zur Gründung eines eigenen Betriebsrats bei der Integrationsfirma ein Übergangsmandat im Sinne des § 21 a BetrVG hat.
(1) Mitarbeiter, die dem Teilbetriebsübergang widersprechen, werden der zu gründenden Integrationsfirma durch die L auf der Grundlage von § 4 Abs. (3) TVöD zur Dienstleistung überlassen.
…
(3) Die Mitarbeiter unterliegen während der Personalgestellung dem Direktionsrecht der zu gründenden Integrationsfirma, der auch die Erfüllung der Arbeitgeberpflichten obliegt.
Der Integrationsfirma ist das dienstaufsichtliche Weisungsrecht übertragen, soweit es für den störungsfreien Ablauf erforderlich ist. Das Direktionsrecht für die personalgestellten Mitarbeiter beinhaltet insbesondere die Einhaltung der Arbeitszeit, die Gewährung von Erholungsurlaub und die Entscheidung über Arbeitsbefreiung, während die Personalaktenführung und die abschließende Entscheidung über personalrechtliche Angelegenheiten (z. B. Abmahnung, Kündigung) weiterhin bei der L liegt.
(4) Für die personalgestellten Mitarbeiter gilt im Hinblick auf ihre Arbeitszeit die Betriebsvereinbarung ‚Arbeitszeit Küche und Außenstellen’ vom 24.11.2011.
…
§ 3 |
Rechte des Betriebsrats |
…
(2) Der BR bleibt für die personalgestellten Mitarbeiter weiterhin zuständig.
(3) Für die dem Teilbetriebsübergang nicht widersprechenden Mitarbeiter und die bei der zu gründenden Integrationsfirma neu eingestellten Arbeitnehmer bleibt der Betriebsrat im Rahmen des Übergangsmandats bis zur Wahl eines eigenen Betriebsrats bei der Integrationsfirma zuständig, längstens jedoch bis zum 31.12.2012.”
Am gleichen Tag vereinbarten die Betriebsparteien eine „Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit Küche und Außenstellen” (BV Arbeitszeit), die auszugsweise wie folgt lautet:
Die Vereinbarung findet Anwendung auf alle in der Zentralküche und den Außenstellen tätigen Köche, Beiköche und Küchenhelfer im Sinne des § 5 Abs. (1) BetrVG. Sie gilt nicht für leitende Angestellte.
§ 2 |
Arbeitszeit |
(1) |
Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit richtet sich nach den jeweils gültigen Bestimmungen des TVöD-B. … |
(2) |
Die dienstplanmäßige tägliche Arbeitszeit ergibt sich aus der dem Mitarbeiter für den jeweiligen Arbeitstag durch den Dienstplan zugewiesenen Dienstschicht,wobei für die an den jeweiligen Tagen vollzeitig beschäftigten Mitarbeiter der Zentralküche folgende Arbeitszeitverteilung maßgeblich ist: |
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Helfergruppe |
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montags bis freitags: |
07:15 Uhr bis 16:11 Uhr |
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samstags/sonntags |
08:00 Uhr bis 15:00 Uhr |
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Köche |
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montags bis freitags: |
06:00 Uhr bis 14:56 Uhr |
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oder |
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05:00 Uhr bis 13:56 Uhr |
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samstags/sonntags |
08:00 Uhr bis 15:00 Uhr |
…
(4) Das Zeitausgleichskonto wird mit einer Ampelfunktion mit insgesamt 5 Phasen versehen, die für Mitarbeiter und deren Vorgesetzte unterschiedlich strenge Handlungspflichten zum Abbau einer Zeitschuld oder eines Zeitguthabens auslösen:
Rot: Bereich ab 40 Stunden Zeitguthaben
…
§ 6 Dienstplanerstellung/Personaleinsatzplanung |
(1) |
Dienstpläne werden in der Regel für den Zeitraum eines Kalendermonats erstellt. Diese regulären Dienstpläne werden dem BR spätestens zwei Wochen, Sonderdienstpläne unverzüglich, spätestens aber eine Woche vor Dienstplanbeginn zur Genehmigung vorgelegt. |
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Erhebt der BR innerhalb von einer Woche keine Einwendungen, gilt der Dienstplan als genehmigt.” |
Seit dem 16. Dezember 2011 verfügt die Arbeitgeberin über eine zuletzt unbefristet erteilte Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung.
Dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die I haben acht Arbeitnehmer widersprochen. Sie sind seither im Wege einer Personalgestellung auf Grundlage des § 4 Abs. 3 TVöD in der Zentralküche zusammen mit Arbeitnehmern der I tätig.
Der Einsatz der gestellten Arbeitnehmer erfolgt nach Dienstplänen, die vom Leiter der Zentralküche oder dessen Vertreter erstellt werden. Die Pläne wurden zunächst dem Betriebsrat zur Genehmigung vorgelegt. Nachdem bereits zu Beginn des Jahres 2012 das Zeitausgleichskonto von gestellten Arbeitnehmern die Phase „Rot” erreicht hatte (§ 4 Abs. 4 BV Arbeitszeit), leitete der Betriebsrat gegen die Arbeitgeberin ein Beschlussverfahren ein, weil er sein Mitbestimmungsrecht bei der Anordnung von Überstunden missachtet sah. In einem vor dem Arbeitsgericht Reutlingen zwischen den Beteiligten geschlossenen Vergleich vom 1. März 2012, dem die I beigetreten ist, heißt es ua.:
„1. |
Die Firma I GmbH erklärt, dass sie bei der im Antrag des Betriebsrats im vorliegenden Verfahren genannten Anordnung von Überstunden der Mitarbeiter das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht beachtet hat. |
2. |
Die Arbeitgeberin (L GmbH) verpflichtet sich, auf die Firma I GmbH dahingehend einzuwirken, dass diese künftig bei der Anordnung oder Duldung von Überstunden das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beachtet. |
3. |
Der Betriebsrat erklärt, dass er aufgrund seines Übergangsmandats gegen die Firma I GmbH im Falle weiterer Verstöße … gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats … gerichtliche Verfahren einleiten wird. … er werde künftig keine Dienstpläne mehr genehmigen, sofern diese für Mitarbeiter, die sich im roten Bereich befinden, keine Zeitausgleichsmaßnahmen vorsehen. … |
… |
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5. |
Die Beteiligten sowie die Firma I GmbH sind sichdarüber einig, dass die Firma I GmbH und nicht die Firma L.Eingliederungshilfe GmbH im Falle der Anordnung oder Duldung von Überstunden für die personalgestellten Mitarbeiter die Zustimmung des Betriebsrats des vorliegenden Verfahrens im Rahmen dessen Übergangsmandats einzuholen hat.” |
Am 14. Juni 2013 vereinbarte nunmehr die I mit dem bei ihr im Dezember 2012 gewählten Betriebsrat, dessen Amtszeit im Mai 2014 endete, eine „Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit Küche und Außenstellen” (BV Arbeitszeit I). Dessen ungeachtet legte die Arbeitgeberin dem antragstellenden Betriebsrat weiterhin Dienstpläne betreffend die der I gestellten Arbeitnehmer vor, denen dieser widersprach. Die gestellten Arbeitnehmer wurden bei der I den Dienstplänen entsprechend eingesetzt.
Der Betriebsrat ist der Auffassung, durch das „in Kraft setzen” der Dienstpläne für die gestellten Mitarbeiter werde das ihm nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zustehende Mitbestimmungsrecht verletzt. Die dauerhafte Gestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD sei unwirksam. Deshalb bleibe er für diese Arbeitnehmer weiterhin zuständig. Sein Anspruch folge zudem aus § 6 BV Arbeitszeit, jedenfalls aber aus § 2 Abs. 4 BV Ausgliederung, der die BV Arbeitszeit vollständig in Bezug nehme.
Der Betriebsrat hat – soweit für die Rechtsbeschwerde noch von Bedeutung – beantragt,
- der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, Dienstpläne bezüglich der der I GmbH gestellten Arbeitnehmer, mit Ausnahme leitender Angestellter, einseitig in Kraft zu setzen, obwohl der Betriebsrat innerhalb einer Woche nach Vorlage des Dienstplans Einwendungen erhoben hat,
- ihr für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziffer 1 pro Tag und pro betroffenem Arbeitnehmer ein Ordnungsgeld anzudrohen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, ersatzweise Ordnungshaft.
Die Arbeitgeberin hat die Abweisung der Anträge beantragt. Eine dauerhafte Personalgestellung sei auf Grundlage des § 4 Abs. 3 TVöD zulässig. Ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Dienstpläne gestellter Arbeitnehmer stehe dem Betriebsrat nicht mehr zu.
Das Arbeitsgericht hat den Anträgen des Betriebsrats stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihren Abweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
B.
Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat deren Beschwerde zu Unrecht zurückgewiesen. Der zulässige Antrag zu 1. des Betriebsrats ist unbegründet. Der hierzu ersichtlich hilfsweise gestellte Antrag zu 2. fällt daher nicht zur Entscheidung an.
I. Der Unterlassungsantrag zu 1. ist nach gebotener Auslegung zulässig.
1. Der Betriebsrat will nach seinem Vorbringen in den Tatsacheninstanzen mit seiner Formulierung „Dienstpläne … einseitig in Kraft zu setzen” erreichen, dass es die Arbeitgeberin zukünftig unterlässt, Dienstpläne, denen er nicht zugestimmt hat, durchzuführen, indem sie die darin aufgeführten Arbeitnehmer durch Ausübung ihres Weisungsrechts entsprechend einsetzt. Mit dem einschränkenden Zusatz, „obwohl der Betriebsrat innerhalb einer Woche nach Vorlage des Dienstplans Einwendungen erhoben hat”, kommt der Betriebsrat lediglich der in § 6 Abs. 1 Satz 2 BV Arbeitszeit geregelten Zustimmungsfiktion nach. Soweit der Betriebsrat erstmals in der mündlichen Anhörung vor dem Senat geltend gemacht hat, sein Antrag sei dahingehend zu verstehen, die Arbeitgeberin solle noch bestehende Einflussmöglichkeiten auf das nach § 17 AktG abhängige Unternehmen der I nutzen, handelt es sich um eine unzulässige Antragsänderung in der Rechtsbeschwerdeinstanz, der ein neuer Sachvortrag des Betriebsrats zugrunde liegt.
2. Mit diesem Inhalt ist der Antrag zu 1. hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Arbeitgeberin kann erkennen, welches Verhalten sie zukünftig unterlassen soll.
II. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen war die I nicht nach § 83 Abs. 3 ArbGG am Verfahren zu beteiligen. Die vom Betriebsrat begehrte Entscheidung betrifft allein das betriebsverfassungsrechtliche Verhältnis zwischen der Arbeitgeberin und dem bei ihr gebildeten Betriebsrat. Der Betriebsrat macht keine eigenen Rechte gegenüber der I geltend.
III. Der Antrag zu 1. ist unbegründet. Der Betriebsrat kann sich für sein Unterlassungsbegehren weder auf § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG (unter 1) noch auf § 6 BV Arbeitszeit (unter 2) oder auf § 2 Abs. 4 BV Ausgliederung iVm. § 6 BV Arbeitszeit (unter 3) stützen.
1. Ein Unterlassungsanspruch folgt nicht aus einer Verletzung eines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.
a) Nach ständiger Senatsrechtsprechung kann sich der Betriebsrat gegen zu erwartende weitere Verstöße des Arbeitgebers gegen ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 BetrVG unabhängig von den Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 BetrVG im Wege eines allgemeinen Unterlassungsanspruchs wehren (BAG 30. Juni 2015 – 1 ABR 71/13 – Rn. 16 mwN).
b) Dem Betriebsrat steht ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bei der Aufstellung der Dienstpläne für die der I gestellten Arbeitnehmer nicht zu. aa) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG hat der Betriebsrat bei Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage mitzubestimmen. Dieses Mitbestimmungsrecht umfasst auch die Aufstellung von Dienstplänen (BAG 25. September 2012 – 1 ABR 49/11 – Rn. 19 mwN).
bb) Die gestellten acht Arbeitnehmer sind in Bezug auf die verfahrensgegenständliche Maßnahme – Erstellung und Durchführung von Dienstplänen – betriebsverfassungsrechtlich jedoch nicht dem Betrieb der Arbeitgeberin, sondern dem der I zugeordnet. Aufgrund der Gestellung durch die Arbeitgeberin an die I sind sie in deren Betrieb eingegliedert. Ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG kann nur von einem dort gebildeten Betriebsrat wahrgenommen werden.
(1) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG erstreckt sich auf die Arbeitnehmer „des Betriebs”. Betriebszugehörig ist der Arbeitnehmer, der in den Betrieb eingegliedert ist (BAG 22. März 2000 – 7 ABR 34/98 – zu B II 2 a aa der Gründe mwN, BAGE 94, 144). Ist ein Arbeitnehmer nicht in einen Betrieb seines Vertragsarbeitgebers, sondern in einen „Drittbetrieb” eingegliedert, ist die betriebsverfassungsrechtliche Arbeitgeberstellung aufgespalten. Ob sich in einem solchen Fall das Mitbestimmungsrecht an den Betriebsarbeitgeber oder den Gestellungsarbeitgeber richtet, bestimmt sich nach dem Gegenstand der Mitbestimmung. Dieser ist im Rahmen des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG das Interesse der Arbeitnehmer an der Lage ihrer Arbeitszeit und damit zugleich der freien Zeit für ihre private Lebensgestaltung (BAG 30. Juni 2015 – 1 ABR 71/13 – Rn. 22 mwN). Soweit Arbeitnehmer – wie bei einer Personalgestellung – in einem anderen Betrieb als dem des Vertragsarbeitgebers eingegliedert sind, begründet der Normzweck die Zuständigkeit eines dort bestehenden Betriebsrats. Der Gestellungsnehmer steht für den Regelungsgegenstand des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG das Weisungsrecht in Bezug auf diese Arbeitnehmer zu. Er ist befugt, seinen Betrieb zu organisieren und innerhalb seiner Betriebsorganisation anstelle des Vertragsarbeitgebers Beginn und Ende der Arbeitszeit auch für die gestellten Mitarbeiter festzulegen (zur Arbeitnehmerüberlassung BAG 19. Juni 2001 – 1 ABR 43/00 – zu B II 4 der Gründe, BAGE 98, 60).
(2) Nach diesen Grundsätzen steht dem Betriebsrat gegenüber der Arbeitgeberin für die gestellten Arbeitnehmer kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zu.
(a) An die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, die Arbeitgeberin habe „die betroffenen Küchenmitarbeiter dem Dienstplan entsprechend” eingesetzt, ist der Senat nicht gebunden. Die Bindungswirkung nach § 559 Abs. 2 ZPO entfällt, wenn die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts unklar, lückenhaft oder widersprüchlich sind. Solche Mängel sind auch ohne Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b, § 559 Abs. 1 Satz 2 ZPO von Amts wegen zu berücksichtigen (BAG 2. März 2017 – 2 AZR 546/16 – Rn. 15 mwN). Die Feststellung des Landesarbeitsgerichts in den Gründen widerspricht der im tatbestandlichen Teil wiedergegebenen BV Ausgliederung. Danach unterliegen die gestellten Arbeitnehmer dem Direktionsrecht der I (§ 2 Abs. 3 Unterabs. 1 BV Ausgliederung), welches insbesondere die Einhaltung der Arbeitszeit beinhaltet. Lediglich für bestimmte Maßnahmen, die in § 2 Abs. 3 Unterabs. 2 Satz 2 BV Ausgliederung genannt sind, sind Rechte der Arbeitgeberin vorbehalten. Dazu gehört nicht die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit.
(b) Vielmehr sind die gestellten Arbeitnehmer während der Dauer ihrer Tätigkeit in den Betrieb der I eingegliedert und unterliegen deren Direktionsrecht. Davon gehen auch die Beteiligten aus, wie § 2 Abs. 3 Unterabs. 1 und 2 BV Ausgliederung sowie der Inhalt des von ihnen und der I am 1. März 2012 vor dem Arbeitsgericht Reutlingen geschlossenen Vergleichs, namentlich unter Nr. 5, zeigen. Nach ihrem Vorbringen fehlt es auch an Anhaltspunkten, die Arbeitgeberin lege durch Dienstpläne Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit für die gestellten Arbeitnehmer aufgrund eines ihr zustehenden Weisungsrechts bei der I fest und setze sie bei dieser ein. Soweit der Betriebsrat in seiner Antragsschrift vorgebracht hat, die Arbeitgeberin habe „Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit … einseitig festgesetzt”, steht dies im Widerspruch zu seinen weiteren Ausführungen, wonach ihm Dienstpläne von der I überlassen worden seien. Die Arbeitgeberin hat in der Beschwerdeinstanz unwidersprochen vorgetragen, für die Erstellung der Dienstpläne sei die I zuständig und erfolge durch den von der Arbeitgeberin gestellten Küchenleiter. Allein aus dem Umstand, dass die Arbeitgeberin dem bei ihr bestehenden Betriebsrat diese Dienstpläne übermittelt hat, ergibt sich nicht, dass sie diese erstellt und in Ausübung eines ihr zustehenden Weisungsrechts bei der I durchgeführt hat. Soweit die Arbeitgeberin auf Einwände gestellter Arbeitnehmer gegen die Dienstpläne Abhilfe zugesagt hat, kann ihr das bei der I als abhängigem Unternehmen möglich sein. Für die Zuständigkeit zur Ausübung des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ist dies jedoch ohne Bedeutung.
(c) Eine Zuständigkeit des Betriebsrats folgt auch nicht aus § 3 Abs. 2 BV Ausgliederung. Durch diese Bestimmung haben die Betriebsparteien für den Betriebsrat keine umfassende Befugnis zur Ausübung von Mitbestimmungsrechten unabhängig von der gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung für die gestellten Arbeitnehmer vereinbart. Bereits dem Wortlaut von § 3 Abs. 2 BV Ausgliederung kann ein solches Regelungsziel nicht entnommen werden. Soweit dort festgelegt ist, der Betriebsrat bleibe „weiterhin zuständig”, wird damit lediglich die Zuständigkeit des Betriebsrats für diejenigen betriebsverfassungsrechtlichen Angelegenheiten zum Ausdruck gebracht, die der Gestellungsträger im Rahmen der gespaltenen Arbeitgeberstellung vornimmt. Gegen einen weitergehenden Regelungswillen spricht § 2 Abs. 3 Unterabs. 1 und 2 BV Ausgliederung „Personalgestellung”). Danach unterliegen die gestellten Arbeitnehmer „dem Direktionsrecht der zu gründenden Integrationsfirma” (der I) und dieser obliegt namentlich das „Direktionsrecht für … die Einhaltung der Arbeitszeit”.
Darüber hinaus ist die Zuständigkeit des Betriebsrats im Rahmen einer Personalgestellung auf die Mitwirkung an den Entscheidungen des Vertragsarbeitgebers begrenzt. Sind die gestellten Arbeitnehmer wie vorliegend in einen anderen Betrieb eingegliedert, begründet der Normzweck des Mitbestimmungsrechts die Zuständigkeit eines Betriebsrats im Betrieb des Gestellungsnehmers (oben III 1 b bb [1]). Von dieser gesetzlichen Zuständigkeit können die Betriebsparteien keine abweichenden Vereinbarungen treffen.
(d) Entgegen der Auffassung des Betriebsrats und des Landesarbeitsgerichts ergibt sich ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nicht aus einer etwaigen Unwirksamkeit der hier vorliegenden Personalgestellung mit der Folge, dass es an einer Eingliederung der gestellten Arbeitnehmer bei der I fehlen würde. Deshalb kann es dahinstehen, ob eine auf Dauer angelegte Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD wegen Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG aF (idF vom 28. April 2011) unwirksam ist, wie es das Landesarbeitsgericht angenommen hat, oder ob die Bereichsausnahme des § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG (idF vom 21. Februar 2017, BGBl. I S. 258, in Kraft getreten am 1. April 2017) den Vorgaben des Unionsrechts widerspricht.
Im Rahmen des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG kommt es für die Eingliederung allein auf die tatsächliche Beschäftigung und die damit verbundene Ausübung des Weisungsrechts durch den Gestellungsnehmer in Bezug auf Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage an. Die Wirksamkeit der einer Gestellung zugrunde liegenden individualrechtlichen Zuweisung (hier auf Grundlage des § 4 Abs. 3 TVöD) oder die des vereinbarten Gestellungsvertrags einschließlich der darin geregelten „Übertragung” des Weisungsrechts ist für die betriebsverfassungsrechtliche Zuständigkeit nicht von Bedeutung (zu § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG BAG 15. August 2012 – 7 ABR 24/11 – Rn. 32; vgl. auch BVerwG 21. November 1958 – VII P 3.58 – BVerwGE 7, 331). Es genügt, dass der Gestellungsnehmer die Entscheidung über die zeitliche Lage der Arbeitsleistung aufgrund der Eingliederung tatsächlich ausübt.
2. Der Betriebsrat kann sich für einen Unterlassungsanspruch weiterhin nicht auf eine Verletzung von § 6 BV Arbeitszeit stützen. Die Arbeitgeberin ist nach dieser Betriebsvereinbarung schon nicht verpflichtet worden. Diese zwischen den Betriebsparteien bereits am 24. November 2011 geschlossene Betriebsvereinbarung war nicht darauf gerichtet, im Betrieb der Arbeitgeberin Regelungen zu schaffen. Die BV Arbeitszeit will ersichtlich Regelungen für die Erwerberin in Bezug auf den auf sie zum 1. Januar 2012 übergehenden Betriebsteil treffen. Dementsprechend ist sie nach deren § 8 Abs. 1 Satz 1 erst am 1. Januar 2012 und damit nach dem Teilbetriebsübergang der Zentralküche auf die I in Kraft getreten. Auf diesen Betriebsteil ist ihr Geltungsbereich nach § 1 BV Arbeitszeit beschränkt. Dieser Betriebsteil bestand bei der Arbeitgeberin am 1. Januar 2012 aber nicht mehr.
3. Ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats folgt schließlich nicht aus § 2 Abs. 4 BV Ausgliederung iVm. § 6 BV Arbeitszeit.
a) Entgegen der Auffassung des Betriebsrats werden durch § 2 Abs. 4 BV Ausgliederung nicht die gesamten Bestimmungen der BV Arbeitszeit und damit auch nicht die über die „Dienstplanerstellung/Personaleinsatzplanung” nach § 6 BV Arbeitszeit in Bezug genommen. Gemäß § 2 Abs. 4 BV Ausgliederung „gilt” die BV Arbeitszeit idF vom 24. November 2011 für die gestellten Arbeitnehmer lediglich „im Hinblick auf ihre Arbeitszeit”, die in deren § 2 geregelt wird. Die Betriebsparteien haben gerade nicht vereinbart, die BV Arbeitszeit solle insgesamt zur Anwendung kommen. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch § 2 Abs. 3 BV Ausgliederung, der von einem Weisungsrecht der I für die gestellten Arbeitnehmer auch „für den störungsfreien Ablauf” ausgeht. Dem stünde eine der Arbeitgeberin obliegende Dienstplanerstellung entgegen.
b) Hätten die Betriebsparteien durch § 2 Abs. 4 BV Ausgliederung iVm. § 2 Abs. 2 Unterabs. 1 BV Arbeitszeit den Rahmen für eine „dienstplanmäßige tägliche Arbeitszeit” der personalgestellten Arbeitnehmer durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung verbindlich für die Arbeitgeberin festlegen wollen, folgte daraus nicht der vom Betriebsrat begehrte Unterlassungsanspruch. Er könnte von der Arbeitgeberin allenfalls verlangen, dass sie gegenüber der I darauf hinwirkt, im Rahmen ihrer Dienstplanerstellung diese Arbeitszeitverteilung einzuhalten. Das ist nicht Inhalt seines Unterlassungsbegehrens (oben B I 1).
Unterschriften
Schmidt, K. Schmidt, Treber, Zorn, Pollert
Fundstellen
Haufe-Index 11214598 |
BB 2017, 2291 |