Entscheidungsstichwort (Thema)
Divergenzbeschwerde. Zulässigkeitsprüfung
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen an die Begründung einer Divergenzbeschwerde gehört die Darlegung, daß in der anzufechtenden Entscheidung das Landesarbeitsgericht einen fallübergreifenden Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem Rechtssatz abweicht, den zu derselben Rechtsfrage eines der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG genannten Gerichte aufgestellt hat (Bestätigung Senat 14. Februar 2001 – 9 AZN 878/00 – AP ArbGG 1979 § 72 a Divergenz Nr. 42 = EzA ArbGG 1979 § 72 a Nr. 93).
2. Sind die sich widersprechenden Rechtssätze auf der Grundlage unterschiedlicher Rechtsnormen aufgestellt worden, muß der Beschwerdeführer zur Begründung einer rechtserheblichen Divergenz darlegen, daß die unterschiedlichen Rechtsnormen einen identischen Regelungsgegenstand betreffen. Ansonsten kann nicht davon ausgegangen werden, daß die sich widersprechenden Rechtssätze zu derselben Rechtsfrage aufgestellt sind. Ob eine wörtliche Übereinstimmung der Normtexte erforderlich ist, bleibt unentschieden. Die bloße Vergleichbarkeit der Regelungsinhalte genügt jedenfalls nicht (Fortführung Senat 8. Dezember 1994 – 9 AZN 849/94 – BAGE 79, 3).
Normenkette
ArbGG § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 72a Abs. 1, 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 8. November 2001 – 7 Sa 1328/01 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 5.239,03 Euro festgesetzt.
Tatbestand
I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten außerordentlichen Kündigung, nach der das Arbeitsverhältnis mit einer sozialen Auslauffrist zum 31. März 2001 enden soll.
Die Klägerin war seit 1974 als Stationshilfe beschäftigt. Sie wurde zuletzt im Bereich der Speisenversorgung eingesetzt. Nach der vertraglich vereinbarten Anwendung des BMT-G II ist sie seit 1989 nur noch aus wichtigem Grund kündbar. Die Beklagte übertrug die Aufgaben der Speisenversorgung mit Wirkung zum 1. Januar 2000 auf einen Dritten. Die Klägerin widersprach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses.
Das Arbeitsgericht gab ihrer Kündigungsschutzklage statt. Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung der Beklagten zurück, ohne die Revision zuzulassen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der auf Divergenz gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Nach § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 72 a Abs. 1 ArbGG kann die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die Nichtzulassung der Revision mit der Divergenzbeschwerde angefochten werden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erschöpft sich die Zulässigkeitsprüfung des Beschwerdegerichts nicht in der Überprüfung der Einhaltung von Form sowie Frist der Einlegung und Begründung der Beschwerde (§ 72 a Abs. 2 Satz 1, § 72 a Abs. 3 Satz 1 ArbGG). Die Beschwerde muß auch zusätzlich die in § 72 a Abs. 3 Satz 2 ArbGG aufgestellten besonderen Anforderungen an die Beschwerdebegründung erfüllen. Ein Beschwerdeführer genügt diesen Anforderungen nicht schon dadurch, daß er eine Entscheidung benennt, von der seiner Ansicht nach im Berufungsurteil abgewichen worden ist. Er muß vielmehr im einzelnen darlegen, welche sich widersprechenden fallübergreifenden Rechtssätze zu derselben Rechtsfrage das Berufungsgericht in dem anzufechtenden Urteil sowie eines der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG genannten Gerichte in einer divergenzfähigen Entscheidung aufgestellt haben (Senat 14. Februar 2001 – 9 AZN 878/00 – AP ArbGG 1979 § 72 a Divergenz Nr. 42 = EzA ArbGG 1979 § 72 a Nr. 93). Zusätzlich ist von der Beschwerde aufzuzeigen, daß jedenfalls das anzufechtende Urteil auf einer Abweichung von einem Rechtssatz der herangezogenen Entscheidung beruht (BAG 8. August 1997 – 4 AZN 369/97 – AP ArbGG 1979 § 72 a Divergenz Nr. 35 = EzA ArbGG 1979 § 72 a Nr. 80; Senat 6. Dezember 1994 – 9 AZN 337/94 – BAGE 78, 373; 14. Februar 2001 – 9 AZN 878/00 – aaO; 28. Mai 2002 – 9 AZN 108/02 – nv.).
Soweit diese Voraussetzungen einer Divergenz nicht innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist dargelegt worden sind, ist die Beschwerde unzulässig (Senat 28. April 1998 – 9 AZN 227/98 – BAGE 88, 296). Sind die Voraussetzungen zwar fristgerecht dargelegt, liegen sie aber in Wirklichkeit nicht vor, ist die Beschwerde unbegründet.
2. Gemessen daran erweist sich die Beschwerde der Beklagten teils als unzulässig, teils als unbegründet.
a) Soweit die Beklagte Ihre Beschwerde mit einer Abweichung von Rechtssätzen des Bundesarbeitsgerichts aus der Entscheidung vom 25. Mai 2000 (– 8 AZR 406/99 – nv.) begründet, genügen ihre bis zum Schluß der Beschwerdebegründungsfrist eingegangen Darlegungen nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen.
Soweit die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 13. August 2002 ihre Begründung ergänzt, sind ihre Darlegungen unbeachtlich. Sie sind mehrere Monate nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eingegangen.
aa) Die Beklagte entnimmt dem Urteil des Berufungsgerichts folgende zur Anwendung des § 52 BMT-G II aufgestellte Rechtssätze:
(1) „Betriebsstillegung und Ausgliederung eines Bereiches durch Fremdvergabe seien unterschiedlich zu bewerten, da die bisher durch eigene Arbeitnehmer ausgeführten Arbeiten nicht wegfielen, sondern von einer anderen Firma ausgeführt würden.”
(2) „Bei einer Verlagerung von Aufgaben auf eine Drittfirma sei der Arbeitgeber verpflichtet, zur Herstellung einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit zu prüfen, ob eine vollständige Ausgliederung des Aufgabenbereiches zwingend geboten sei.”
(3) „Bei der Bewertung der Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten sei es völlig belanglos, daß der Arbeitnehmer den Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes erst durch seinen Widerspruch ausgelöst habe, da er hiermit lediglich ein ihm zustehendes Recht ausgeübt habe.”
Dem stellt die Beklagte die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Mai 2000 (– 8 AZR 406/99 – nv.) gegenüber, in der folgende Rechtssätze aufgestellt seien:
(1) „§ 55 BAT schließe außerordentliche betriebsbedingte Kündigungen mit Auslauffrist nicht aus.”
(2) „Die Möglichkeit des Arbeitnehmers, seinen bisherigen Arbeitsplatz bei einem anderen Arbeitgeber zu erhalten und dasselbe Arbeitsverhältnis bei diesem fortzuführen, ist bei der Anwendung des tariflichen Kündigungsschutzes zu berücksichtigen.”
(3) „Die Möglichkeit der Abordnung zu dem Übernehmer stehe der außerordentlichen Kündigung nicht entgegen, da dieses letztlich den Sinn und Zweck des Betriebsüberganges vereiteln würde.”
(4) „Bei der Bewertung der Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten sei zu berücksichtigen, daß der Arbeitnehmer den Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes erst durch seinen Widerspruch ausgelöst habe.”
bb) Die Beklagte hat nicht beachtet, daß sie unter (1) und (2) aus dem anzufechtenden Urteil ausschließlich Rechtssätze zur Anwendung einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung nach § 52 BMT-G II und unter (1) bis (3) aus der herangezogenen Entscheidung Rechtssätze gegenübergestellt, die zur Anwendung von § 55 BAT aufgestellt worden sind. Die vermeintlich in Widerspruch stehenden Rechtssätze betreffen somit unterschiedliche Rechtsnormen.
Eine Abweichung in derselben Rechtsfrage kann zwar auch vorliegen, wenn unterschiedliche Rechtsnormen angewandt werden. In der Rechtsprechung ist bislang noch ungeklärt, welches Maß an Übereinstimmung für die Annahme einer identischen Rechtsfrage erforderlich ist. Das Bundesverwaltungsgericht ist der Auffassung, das mit der Divergenzbeschwerde verfolgte Ziel der Vereinheitlichung der Rechtsprechung setze voraus, daß die unterschiedlichen Rechtssätze auf der Grundlage wörtlich übereinstimmender Vorschriften mit einem identischen Regelungsgegenstand aufgestellt sein müssen (BVerwG 28. März 1994 – 6 PB 22/93– AP ArbGG 1979 § 92 a Nr. 8). Nach der Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes liegt eine rechtserhebliche Divergenz auch bei abweichendem Wortlaut vor, wenn die Normen jedenfalls in ihrem Regelungsgehalt übereinstimmen (Beschluß des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes 6. Februar 1973 – GmS-OGB 1/72 – AP RsprEinhG § 4 Nr. 1). Das Bundesarbeitsgericht vertritt die Auffassung, daß eine bloße Vergleichbarkeit der Regelungsinhalte der unterschiedlichen Normen nicht für die Annahme einer rechtserheblichen Divergenz ausreichen kann (Senat 8. Dezember 1994 – 9 AZN 849/94 – BAGE 79, 3).
Vorliegend bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, welcher Maßstab zugrunde zu legen ist. Die Beklagte hat nämlich ihrer Begründungslast nicht genügt. Sie hat nichts dafür dargelegt, daß die vermeintlich abweichenden Rechtssätze des Berufungsgerichts auf der Grundlage von Rechtsnormen des BMT-G II ergangen sind, die zumindest inhaltlich regelungsgleich mit den vom Bundesarbeitsgericht angewandten Normen des BAT sind.
Die unter (3) und (4) gegenübergestellten Rechtssätze betreffen eine Frage, die allgemein für die Interessenabwägung bei Kündigungen von Bedeutung ist: Wie wirkt sich der Widerspruch des Arbeitnehmers auf die Zumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz aus? Hier hat die Beschwerde zwar dargestellt, daß im Widerspruch zu der herangezogenen Auffassung des Bundesarbeitsgerichts das Bundesarbeitsgericht den Widerspruch für „völlig belanglos” hält. Die Beschwerde hat jedoch nicht aufgezeigt, daß das anzufechtende Urteil auf dieser Abweichung beruht.
b) Soweit die Beklagte zur Begründung anführt, das Landesarbeitsgericht sei von dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Januar 2001 (– 2 AZR 668/00 – EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 111) abgewichen, hat die Beschwerde zwar zum Teil Widersprüche dargelegt. Die Überprüfung ergibt jedoch, daß diese Widersprüche nicht auf Rechtssätzen beruhen, die in der anzufechtenden Entscheidung und in der herangezogenen Entscheidung enthalten sind.
aa) Die Beklagte entnimmt dem anzufechtenden Urteil folgende Rechtssätze des Landesarbeitsgerichts:
(1) „Für die Annahme eines gemeinsamen Betriebes sei die Gesellschafterstellung des bisherigen Arbeitgebers mit der Drittfirma ausreichend, weil es ihr möglich sei, die Aufgabenübertragung hinsichtlich einzelner Arbeitnehmer und den diesen obliegenden Tätigkeit zu begrenzen und ihr eine entsprechende Verpflichtung obliege. Die Ausübung der personellen Leitungsmacht durch die institutionelle Leitung, die für das Vorliegen des gemeinsamen Betriebes maßgeblich sei, sei in einem solchen Fall unerheblich.”
(2) „Besteht eine gesellschaftsrechtliche Verknüpfung zwischen Subunternehmer und früherem Arbeitgeber bestehe keine freie nicht nachprüfbare Unternehmerentscheidung, statt die Arbeiten selbst mit eigenen Arbeitnehmern zu erledigen, die Arbeiten an einen gesellschaftsrechtlich verbundenen Subunternehmer zu vergeben.”
Dem stellt sie die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Januar 2001 (– 2 AZR 668/00 – EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 111) gegenüber, in der folgende Rechtssätze aufgestellt seien:
(1) „Ein Gemeinschaftsbetrieb mehrerer rechtlich selbständiger Unternehmen liege vor, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalles ergebe, daß der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt werde.”
(2) „Liege ein gemeinsamer Betrieb nicht vor, müßten Beschäftigungsmöglichkeiten außerhalb des jeweiligen Unternehmens außer Betracht bleiben.”
(3) „Einem Unternehmer stehe es grundsätzlich frei, statt Arbeiten selbst mit eigenen Arbeitnehmern zu erledigen, die Arbeiten an einen Subunternehmer zu vergeben.”
bb) Den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist der von der Beklagten ermittelte Rechtssatz (1) nicht zu entnehmen. Das Landesarbeitsgericht führt nur aus, daß die Beklagte im Hinblick auf zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten verpflichtet gewesen wäre, einen Teil der Arbeiten aus dem Dienstleistungsvertrag mit der Drittfirma herauszunehmen, um die Klägerin mit diesen zu beschäftigen. Die Vertragsgestaltung wäre wegen der Gesellschafterstellung der Beklagten verhältnismäßig einfach durchzusetzen gewesen. Die Erwägungen beziehen sich allein auf die Möglichkeiten einer Vertragsgestaltung. Daß zugleich ein gemeinsamer Betrieb geführt werde, wird damit nicht zum Ausdruck gebracht. Das Landesarbeitsgericht befaßt sich insbesondere nicht mit Fragen der Ausübung der personellen Leitungsmacht.
cc) Das Bundesarbeitsgericht hat entgegen der Darlegung der Beschwerde den Rechtssatz (2) nicht aufgestellt. Die Erwägungen im angezogenen Urteil, „Beschäftigungsmöglichkeiten außerhalb des Unternehmens der Arbeitgeberin müssen dabei außer Betracht bleiben”, stehen in keinem Zusammenhang mit Ausführungen über die Rechtslage im gemeinsamen Betrieb.
dd) Der von der Beschwerde aufgezeigte Rechtssatz (3) ist zur Auslegung des gesetzlichen Merkmals der sozialen Rechtfertigung einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG aufgestellt worden. Die rechtlichen Erwägungen des Landesarbeitsgerichts betreffen demgegenüber die Rechtsfrage, welche Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten ein Arbeitgeber zu prüfen hat, wenn er nach § 53 BMT-G II außerordentlich kündigt. Die Beschwerde hat nichts dafür dargelegt, daß die unterschiedlichen Rechtssätze dieselbe Rechtsfrage betreffen.
c) Die Beklagte hat ihrer Darlegungslast auch nicht mit der Gegenüberstellung von Rechtssätzen aus der anzufechtenden Entscheidung und den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 29. März 1990 (– 2 AZR 369/89 – BAGE 65, 61) und vom 30. August 1995 (– 1 AZR 47/95 – AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14) genügt.
aa) Die Beschwerdeführerin beruft sich auf folgende Ausführungen des Landesarbeitsgerichts in dem anzufechtenden Urteil:
„Die Weiterbeschäftigung der Klägerin mit ihrer bisherigen Vergütung nach Lohngruppe 2 BMT-G II oder auch – nach einem durchaus in Betracht zu ziehenden Statuswechsel nach Vergütungsgruppe KR I BAT führt nicht zu unvertretbaren finanziellen Belastungen der Beklagten etwa zur Zahlungsunfähigkeit.”
Hieraus entnimmt die Beschwerdeführerin folgende Rechtssätze des Landesarbeitsgerichts:
(1) „Bei der Überprüfung von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung seien auch höher vergütete Arbeitsplätze in die Auswahl einzubeziehen.”
(2) „Im Bereich des öffentlichen Tarifrechts sei selbst ein Statuswechsel und die Zuweisung höher vergüteter Tätigkeiten im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers dann möglich.”
(3) „Die Nennung der jeweiligen Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag beschränke das Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht auf alle Tätigkeiten, die die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen, in die der Arbeitnehmer eingestuft ist.”
Dem stellt sie die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 29. März 1990 (– 2 AZR 369/89 – BAGE 65, 61) gegenüber, in der folgende Rechtssätze aufgestellt seien:
(1) „Der Gesetzgeber geht bei der Weiterbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz unter geänderten Arbeitsbedingungen im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 1b KSchG ersichtlich davon aus, daß die Bedingungen auf dem anderen Arbeitsplatz gleichwertig sind bzw. die geänderten Arbeitsbedingungen ungünstiger sind, als die bisherigen.”
(2) „Eine Verpflichtung, den Arbeitnehmer jedenfalls zur Vermeidung einer Beendigungskündigung zu besseren Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen, kann auch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht hergeleitet werden, weil dieser im Gesetz nach dem Verständnis des Senats nur insoweit konkretisiert ist, als das Arbeitsverhältnis in seinem bisherigen Bestand und Inhalt geschützt werden soll.”
(3) „Das ist nicht nur bei der Identität des Arbeitsplatzes, sondern auch dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer auf Grund seiner Fähigkeiten und Ausbildung eine andersartige, aber gleichwertige Tätigkeit ausführen kann.”
(4) „Die gleichen Bedenken bestünden auch dann, wenn Arbeitnehmer auf höherer Ebene der Betriebshirarchie in den auswahlrelevanten Personenkreis einbezogen würden.”
bb) Das Landesarbeitsgericht hat keine abweichenden Rechtssätze zu der angezogenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 29. März 1990 aufgestellt. Während das Bundesarbeitsgericht allgemeine rechtliche Erwägungen über die Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten eines ordentlich gekündigten Arbeitnehmers nach § 1 KSchG anstellt, befaßt sich das Landesarbeitsgericht mit den Weiterbeschäftigungsverpflichtungen gegenüber einer Arbeitnehmerin die nach den Maßstäben des § 1 KSchG nicht gekündigt werden kann. Es fehlen Darlegungen, daß die angeführten Rechtssätze zu derselben Rechtsfrage aufgestellt worden seien.
cc) Die von der Beschwerde aufgezeigten Rechtssätze aus dem anzufechtenden Urteil weichen auch nicht von den Rechtssätzen des Bundesarbeitsgerichts ab, die in der Entscheidung vom 30. August 1995 (– 1 AZR 47/95 – AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14) aufgestellt sind:
(1) „Wird im Bereich des öffentlichen Tarifrechts im Arbeitsvertrag nicht eine bestimmte Tätigkeit umschrieben, sondern erfolgt eine Nennung der jeweiligen Vergütungsgruppe erstreckt sich das Direktionsrecht des Arbeitgebers auf alle Tätigkeiten, die die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen, in die der Arbeitnehmer eingestuft ist.”
(2) „Das allgemeine Direktions- und Weisungsrecht berechtigt den Arbeitgeber grundsätzlich nicht, dem Arbeitnehmer Tätigkeiten einer niedrigeren Vergütungsgruppe zu übertragen.”
(3) „Eine nur wegen Erfüllung der Bewährungszeit gleichbleibenden Zuordnung der Tätigkeit zu einer Vergütungsgruppe rechtfertigt wegen der geringerwertigen Qualifikationsmerkmale der Tätigkeit nicht ihre Übertragung im Rahmen des Direktionsrechts.”
Die Rechtssätze des Bundesarbeitsgerichts betreffen Fragen der wirksamen Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber bei Zuweisung von Tätigkeiten. Die nach Ansicht der Beklagten vom Landesarbeitsgericht aufgestellten Rechtssätze betreffen Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung.
d) Auch mit den weiteren herangezogenen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 26. September 1996 (– 2 AZR 200/96 – BAGE 84, 209) und vom 11. September 1986 (– 2 AZR 564/85 – BB 1987, 1882) hat die Beschwerde keine rechtserhebliche Divergenz dargelegt. Sie hat auch hier verkannt, daß die von ihr aus den Entscheidungsgründen abgeleiteten Rechtssätze sämtlich zur außerordentlichen Kündigung nach §§ 52, 53 BMT-G II aufgestellt sind, während die Rechtssätze in den herangezogenen Entscheidungen sämtlich Rechtsfragen nach § 1 KSchG betreffen.
III. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Beschwerde zu tragen. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 25 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Düwell, Reinecke, Zwanziger, B. Lang, Gosch
Fundstellen
Haufe-Index 1134510 |
BAGE 2004, 205 |
FA 2003, 24 |
FA 2003, 25 |
NJ 2003, 331 |
SGb 2003, 36 |