Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsatzbeschwerde im Beschlußverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Auf grundsätzliche Bedeutung kann eine Nichtzulassungsbeschwerde im Beschlußverfahren nur gestützt werden, wenn die Rechtssache Streitigkeiten über die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung betrifft. Das ist nur der Fall, wenn eine dieser Fragen Streitgegenstand der gerichtlichen Auseinandersetzung ist. Es genügt nicht, daß derartige Fragen als Vorfragen in einem Beschlußverfahren mit einem anderen Streitgegenstand zu klären sind.

 

Normenkette

ArbGG §§ 92a, 72 Abs. 2 Nr. 1, § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Beschluss vom 21.02.1991; Aktenzeichen 12 TaBV 109/90)

ArbG Darmstadt (Beschluss vom 27.11.1989; Aktenzeichen 6 BV 7/89)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluß des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 21. Februar 1991 – 12 TaBV 109/90 – wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

A. Die Beteiligten streiten im Beschlußverfahren über die Zulässigkeit der Bestellung eines Wahlvorstandes auf Antrag der antragstellenden Gewerkschaft zur Durchführung der Wahl eines Betriebsrates bei der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben; das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde der beteiligten Arbeitgeberin zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde gegen seinen Beschluß nicht zugelassen. Mit der vorliegenden Nichtzulassungsbeschwerde begehrt die beteiligte Arbeitgeberin die nachträgliche Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung. Sie meint, die Rechtsbeschwerde sei gemäß § 92a in Verb. mit § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen, weil die Rechtssache Streitigkeiten über die Tariffähigkeit und die Tarifzuständigkeit einer Vereinigung betreffe. Die antragstellende gewerkschaftliche Organisation, nämlich die Verwaltungsstelle Mannheim der antragstellenden Gewerkschaft, sei tarifunzuständig. Die Gewerkschaft selbst sei in ihrem Betrieb auch nicht vertreten.

B. Die Beschwerde ist nicht zulässig. Sie genügt den gesetzlichen Anforderungen an eine Nichtzulassungsbeschwerde im Beschlußverfahren, die – wie hier – ausschließlich auf grundsätzliche Bedeutung gestützt wird, nicht.

I. Im Beschlußverfahren kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nur dann auf grundsätzliche Bedeutung gestützt werden, wenn die Rechtssache Streitigkeiten über die Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit einer Vereinigung betrifft (§ 92a in Verb. mit § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG). Mit Streitigkeiten über die Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit i.S. des § 92a ArbGG sind nur solche nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG gemeint (vgl. Grunsky, ArbGG, 6. Aufl., § 92a Rz 2 in Verb. m. § 2a Rz 33 ff.; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 92a Rz 3). Nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG sind die Arbeitsgerichte für “Entscheidungen über die Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit einer Vereinigung” ausschließlich zuständig; in diesen Streitigkeiten findet das Beschlußverfahren statt. Nach § 97 ArbGG mit seiner gesetzlichen Überschrift “Entscheidungen über die Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit einer Vereinigung” gelten für ein solches Beschlußverfahren besondere Verfahrensvorschriften. Eine Streitigkeit über die Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit liegt nur vor, wenn eine dieser Fragen Streitgegenstand der gerichtlichen Auseinandersetzung ist und gerade dies die arbeitsgerichtliche Zuständigkeit im Beschlußverfahren begründet (vgl. § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG). Es genügt nicht, daß derartige Fragen in einem Verfahren über einen anderen Streitgegenstand als Vorfragen zu klären sind.

Im vorliegenden Verfahren streiten die Beteiligten indessen nicht über die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit der in Frage kommenden Organisationsstelle der antragstellenden Gewerkschaft, sondern um die Frage der Zulässigkeit der Bestellung eines Wahlvorstandes zur Durchführung einer Betriebsratswahl auf Antrag der Organisationseinheit der antragstellenden Gewerkschaft. Dabei stellt sich die Frage der Tariffähigkeit bzw. Tarifzuständigkeit – wenn überhaupt – nur als Vorfrage. Das aber genügt den Voraussetzungen des § 92a ArbGG nicht.

II. Die Beschwerde kann auch nicht darauf gestützt werden, es sei von grundsätzlicher Bedeutung zu klären, unter welchen Voraussetzungen in einem bisher betriebsratslosen Betrieb ein Antrag auf Bestellung eines Wahlvorstandes durch eine Gewerkschaft gestellt werden dürfe. Im Beschlußverfahren ist eine Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung nur vorgesehen, wenn es sich um eine Streitigkeit über die Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit einer Vereinigung handelt (vgl. §§ 92a, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG). In anderen Fällen tatsächlicher oder angeblicher grundsätzlicher Bedeutung ist eine Nichtzulassungsbeschwerde im Beschlußverfahren nicht statthaft.

C. Ansonsten rügt die Nichtzulassungsbeschwerde eine lediglich aus ihrer Sicht unrichtige Rechtsanwendung. Ob das Landesarbeitsgericht das Recht richtig erkannt und angewendet hat, könnte nur im Rahmen einer statthaften und zulässigen Rechtsbeschwerde geklärt werden. Hierauf gerichtete Rügen können indessen den Weg in die Rechtsbeschwerde für sich allein nicht eröffnen.

 

Unterschriften

Dr. Steckhan, Kremhelmer, Schliemann, Wagner, Seiler

 

Fundstellen

BAGE, 389

NZA 1992, 186

RdA 1992, 64

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