Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung des Betriebsrats bei Umgruppierung. Redakteur als Leiter einer Lokalredaktion
Normenkette
BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
LAG Hamm (Beschluss vom 05.08.1992; Aktenzeichen 1 TaBV 24/92) |
ArbG Dortmund (Beschluss vom 10.10.1991; Aktenzeichen 7 BV 40/91) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 5. August 1992 – 1 TaBV 24/92 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten über die tarifgerechte Eingruppierung eines beim Arbeitgeber beschäftigten Redakteurs.
Der Arbeitgeber ist eine Zeitungsverlagsgesellschaft und gibt die Tageszeitung „W” heraus. Die Druckauflage beträgt ca. 240.000 Stück. Das Verbreitungsgebiet der „W” entspricht in etwa dem südlichen Teil Westfalens, dem Regierungsbezirk Arnsberg. Um den Wünschen der Leserschaft nach örtlichen Nachrichten gerecht zu werden, hat der Arbeitgeber in etwa 40 Städten bzw. Stadtteilen dieses Gebietes sog. Lokalredaktionen eingerichtet, welche mit jeweils mehreren Redakteuren besetzt sind. Diese Lokalredaktionen liefern ihren Beitrag an die Zentrale des Arbeitgebers, wo er in den Drucksatz des jeweiligen Lokalteils aufgenommen wird. Die Lokalredaktionen sind der Chefredaktion unterstellt, und zwar disziplinarisch und hinsichtlich der Redaktionsarbeiten im lokalen Bereich der Chefredaktion direkt, in fachlicher Hinsicht sonst – bezogen auf die jeweilige Sparte – den in der Chefredaktion bestellten Ressortleitern für die Bereiche Politik, Kultur, Wirtschaft, Sportnachrichten sowie technische Leitung.
Eine solche Lokalredaktion unterhält der Arbeitgeber auch in N. Die Druckauflage der entsprechenden Lokalausgabe beläuft sich auf ca. 5.400 gedruckte bzw. ca. 5.200 verkaufte Exemplare. Leiter der Lokalredaktion N ist der Angestellte S. Ihm sind drei weitere Redakteure unterstellt, und zwar zwei sog. Textredakteure und ein Sportredakteur. S ist seit dem 1. August 1979 beim Arbeitgeber beschäftigt, seit dem 1. Mai 1985 arbeitet er in der Lokalredaktion N. Seit seiner Bestellung zum Leiter der Lokalredaktion zahlte ihm der Arbeitgeber eine Zulage zur Vergütung nach Gehaltsgruppe III des Gehaltstarifvertrages für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen (GTV Redakteure), der im Betrieb des Arbeitgebers Anwendung findet.
Nachdem der Betriebsrat ein entsprechendes Verfahren eingeleitet hatte, wurde dem Arbeitgeber durch Beschluß des Arbeitsgerichts Essen vom 18. Oktober 1990 (1 BV 61/90) aufgegeben, die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung des Arbeitnehmers S einzuholen. Mit Schreiben vom 28. November 1990, dem Betriebsrat zugegangen am 30. November 1990, beantragte der Arbeitgeber beim Betriebsrat die Zustimmung zur Umgruppierung S von Gehaltsgruppe III a GTV Redakteure in Gehaltsgruppe IV d GTV Redakteure. Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung mit Schreiben vom 5. Dezember 1990 mit der Begründung, die vorgesehene Eingruppierung sei falsch, zutreffend sei vielmehr die Gehaltsgruppe VI.
Mit seinem am 21. Dezember 1990 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat der Arbeitgeber die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, die Eingruppierung des Arbeitnehmers S in Gehaltsgruppe IV d GTV Redakteure sei tarifgerecht. S sei kein „Ressortleiter” oder Chef eines „Ressort Lokales”. Die Ressortleitung werde von den in der Chefredaktion bestellten Ressortleitern wahrgenommen. Prägende Aufgabe S – wie auch aller anderen Leiter der Lokalredaktionen, die mit Zustimmung des Betriebsrats überwiegend gleichfalls in Gehaltsgruppe IV d GTV Redakteure eingruppiert seien – sei die Wahrnehmung von Aufgaben eines Redakteurs. Die Unterstellung der drei weiteren Redakteure in der Lokalredaktion N entspreche der in Gehaltsgruppe IV d GTV Redakteure erfaßten Unterstellung von Redakteuren. Die Lokalausgabe N sei auch keine selbständige Zeitung im Sinne der Gehaltsgruppe VI GTV Redakteure.
Der Arbeitgeber hat beantragt, die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung des Herrn Udo S in die Tarifgruppe IV d des Gehaltstarifvertrages für Redakteure an Tageszeitungen zu ersetzen.
Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, die Tätigkeit S entspreche der Gehaltsgruppe VI GTV Redakteure. Gehaltsgruppe IV d GTV Redakteure erfasse nicht das Kriterium der Leitungsfunktion. Diese Funktion sei nicht erwähnt und decke sich auch nicht mit der Unterstellung von Mitarbeitern. Entsprechendes gelte für die Gehaltsgruppe V GTV Redakteure. S erfülle das dort geforderte Kriterium der besonderen Leistung; hinzu komme aber noch die Wahrnehmung der Leitungsfunktionen. Als Leiter der Lokalredaktion sei S als Ressortleiter im Sinne der Gehaltsgruppe VI GTV Redakteure anzusehen.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Arbeitgebers stattgegeben, das Landesarbeitsgericht die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Betriebsrats.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde ist zurückzuweisen.
Das Landesarbeitsgericht hat die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats zu Recht als unbegründet angesehen. Die vom Arbeitgeber beabsichtigte Umgruppierung des Arbeitnehmers S in Gehaltsgruppe IV d des Gehaltstarifvertrags für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen vom 28. Mai 1990 (GTV Redakteure) verstößt nicht gegen tarifliche Bestimmungen.
I. Das Verfahren zur Einholung der Zustimmung des Betriebsrats ist form- und fristgerecht durchgeführt worden. Der Betriebsrat hat die Mitteilung des Arbeitgebers vom 28. November 1990 ausdrücklich als „ordnungsgemäßen Antrag gemäß § 99 BetrVG” angesehen. Er hat gegenüber dem Arbeitgeber keinen weiteren Aufklärungsbedarf angemeldet (vgl. dazu BAGE 60, 330 = AP Nr. 62 zu § 99 BetrVG 1972). Die Frage der tarifgerechten Eingruppierung des Arbeitnehmers S war bereits im Frühjahr 1990 Gegenstand entsprechenden Schriftwechsels. Die Beteiligten haben im Rahmen eines Beschlußverfahrens über das Begehren des Betriebsrats gestritten, dem Arbeitgeber die Durchführung des Beteiligungsverfahrens aufzugeben. Der Sachverhalt war also hinlänglich bekannt.
Der Betriebsrat hat dem ihm am 30. November 1990 zugegangenen Antrag mit Schreiben vom 5. Dezember 1990, welches dem Arbeitgeber unstreitig innerhalb Wochenfrist – gerechnet vom 30. November 1990 – zuging, seine Zustimmung verweigert. Er hat die Verweigerung damit begründet, die vom Arbeitgeber vorgesehene Eingruppierung S sei falsch; Ressortleiter wie S gehörten entsprechend den Erläuterungen im Gehaltstarifvertrag eindeutig in die Gruppe VI. Diese Begründung ist beachtlich im Sinne des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Sie ist ohne weiteres dem Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG zuzuordnen (vgl. BAGE 57, 242 = AP Nr. 50 zu § 99 BetrVG 1972).
II. Die Zustimmungsverweigerung ist aber unbegründet, wie das Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht zu Recht angenommen hat. Die Eingruppierung S in Tarifgruppe IV d GTV Redakteure ist tarifgerecht, die Voraussetzungen des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG liegen nicht vor.
1. Der Arbeitgeber wendet auf die Arbeitsverhältnisse der in seinem Betrieb beschäftigten Redakteure den Gehaltstarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen an, zum hier maßgeblichen Zeitpunkt den Tarifvertrag in der Fassung vom 28. Mai 1990. Die Eingruppierung der Redakteure richtet sich nach § 2 GTV Redakteure. Danach sind für die hier streitige Eingruppierung folgende Gehaltsgruppen heranzuziehen:
IV. Alleinredakteurinnen/Alleinredakteure an selbständigen Zeitungen und an Bezirksausgaben sowie Redakteurinnen/Redakteure an Bezirksausgaben, die nicht einer Redakteurin/einem Redakteur dieser Bezirksausgabe unterstellt sind
ab 3. Berufsjahr
bis 30 000 Auflage …
über 30 000 Auflage …
ab 5. Berufsjahr
…
nach vollendetem 10. Berufsjahr
…
nach vollendetem 15. Berufsjahr oder nach zehnjähriger Tätigkeit entsprechend den Merkmalen der Gruppe IV. Ihnen stehen ohne Rücksicht auf Berufsjahre Redakteurinnen/Redakteure an Bezirksausgaben gleich, denen mindestens eine/ein Redakteurin/Redakteur unterstellt ist
bis 30 000 Auflage …
über 30 000 Auflage …
- Für Redakteurinnen/Redakteure an Bezirksausgaben, denen mindestens eine/ein Redakteurin/ Redakteur unterstellt ist, gelten nach zehnjähriger Tätigkeit in dieser Funktion die Gehaltssätze der Gruppe V b bzw. V bb. Redakteurin/Redakteur an Bezirksausgaben im Sinne der Ziffer IV dieses Gehaltstarifes ist nicht, wer lediglich mit der Berichterstattung und mit der Sammlung redaktionellen Materials beauftragt ist.
V. Redakteurinnen/Redakteure in besonderer Stellung an selbständigen Zeitungen
a) Redakteurinnen/Redakteure, von denen aufgrund besonderer Kenntnisse oder Fähigkeiten regelmäßig redaktionelle Aufgaben erfüllt werden, die selbständige Entscheidungen und erhöhte Verantwortung verlangen
bis 30 000 Auflage …
über 30 000 Auflage …
aa) ab vollendetem 15. Berufsjahr
…
b) Redakteurinnen/Redakteure, die die Voraussetzungen nach V a erfüllen und denen mindestens eine/ein Redakteurin/Redakteur unterstellt ist
bis 30 000 Auflage …
über 30 000 Auflage …
bb) ab vollendetem 15. Berufsjahr
…
VI. Gehälter nach freier Vereinbarung
Die Gehälter der Ressortleiterinnen/ Ressortleiter von selbständigen Zeitungen mit verkauften Auflagen über 30 000 Exemplare sowie Gehälter der Chefinnen/Chefs vom Dienst, der stellvertretenden Chefredakteurinnen/Chefredakteure und Chefredakteurinnen/ Chefredakteure müssen angemessen über den Gehaltssätzen der Ziffer V c bzw. V bb dieses Tarifvertrages liegen und sind frei zu vereinbaren. Im Falle von Änderungen der Tarifgehälter ist die Angemessenheit der frei zu vereinbarenden Gehälter in Relation zu den Gehaltssätzen der Ziffer V b bzw. V bb zu überprüfen.
Ressorts im Sinne des Absatzes 1 sind die Sachgebiete Politik, Kultur, Lokales. Bei Wirtschaft, Sport und Provinz ist der Begriff Ressort im Sinne dieser Ziffer gegeben, wenn für diese Sachgebiete mindestens eine/ein Redakteurin/Redakteur überwiegend und bestimmungsgemäß tätig ist. Die Einrichtung weiterer Ressorts steht im Ermessen des Verlags.
Weiter sind die mit tariflicher Wirkung gleichfalls am 28. Mai 1990 vereinbarten Durchführungsbestimmungen zum Gehaltstarifvertrag zu beachten.
2. Der Arbeitnehmer S ist als Redakteur im tariflichen Sinne tätig (vgl. dazu Protokollnotiz zu § 1 GTV Redakteure (Persönlicher Geltungsbereich) sowie BAG Urteil vom 13. Februar 1985 – 4 AZR 295/83 – AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Presse).
Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, daß S kein Alleinredakteur ist im Sinne der Gehaltsgruppe IV. Gemäß Nr. 3 der Durchführungsbestimmungen zu § 2 Ziff. IV zum GTV Redakteure (Durchführungsbestimmungen) ist Alleinredakteur derjenige, der als einziger Redakteur einer selbständigen Zeitung bzw. einer Bezirksausgabe tätig ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Das Landesarbeitsgericht hat aber zu Recht angenommen, S erfülle die Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe IV d GTV Redakteure als Redakteur an einer Bezirksausgabe, dem mindestens ein Redakteur – hier sind es drei – unterstellt ist.
a) Bei der von der Lokalredaktion N betreuten Ausgabe handelt es sich um eine Bezirksausgabe im tariflichen Sinne. Gemäß Nr. 2 (2) der Durchführungsbestimmungen ist Bezirksausgabe jede Teilauflage einer selbständigen Zeitung, die von dieser inhaltlich abweicht, um die regionalen Besonderheiten eines bestimmten Verbreitungsgebietes zu berücksichtigen. Dies trifft für die Lokalausgabe N zu und wird auch vom Betriebsrat nicht in Zweifel gezogen.
S ist Redakteur und auch als solcher tätig. Auch dies haben die Beteiligten klargestellt. Sie haben im Termin zur Anhörung vor dem Arbeitsgericht übereinstimmend erklärt, er habe „nur daneben die Aufgaben eines Redaktionsleiters”.
Die Voraussetzungen der Gehaltsgruppe IV d GTV Redakteure sind auch insoweit erfüllt, als S drei Redakteure unterstellt sind. Nach Nr. 5 der Durchführungsbestimmungen setzt die Unterstellung ein vom Verlag oder Chefredakteur ausdrücklich angeordnetes oder gebilligtes Über- oder Unterordnungsverhältnis voraus, vermöge dessen der übergeordnete Redakteur verbindliche Weisungen geben kann. Diese Voraussetzungen sind in der Person des Redakteurs S in bezug auf die ihm unterstellten drei weiteren Redakteure gegeben.
Das Landesarbeitsgericht stellt insoweit zutreffend fest, die Aufgabenstellung S sei in Gehaltsgruppe IV d GTV Redakteure erfaßt.
b) Demgegenüber wendet die Rechtsbeschwerde zu Unrecht ein, Gehaltsgruppe IV d GTV Redakteure berücksichtige nicht die Funktion S als „Leiter der Lokalredaktion”; diese Funktion trete zu der Redakteurstätigkeit hinzu und werde erst von Gehaltsgruppe VI GTV Redakteure erfaßt; der Arbeitnehmer S sei Ressortleiter im Sinne dieser Gehaltsgruppe.
Dem ist nicht zu folgen.
aa) Die Tätigkeit eines „Leiters der Lokalredaktion” ist als solche in keiner der tariflichen Gehaltsgruppen ausdrücklich erwähnt. Das bedeutet aber nicht, daß Gehaltsgruppe IV d GTV Redakteure nicht auch Leitungsfunktionen erfaßt. Wie dargelegt, sind hier eingruppiert Redakteure, denen mindestens ein Redakteur unterstellt ist. Der Begriff der Unterstellung zeigt schon nach allgemeinem Sprachgebrauch eine Vorgesetzten- und damit Leitungsfunktion an (vgl. dazu auch BAG Urteil vom 13. Februar 1985 – 4 AZR 292/83 –, n.v.). Die Tarifvertragsparteien haben das verdeutlicht, indem sie in Nr. 5 der Durchführungsbestimmungen die Unterstellung als Über- oder Unterordnungsverhältnis definiert haben, vermöge dessen der übergeordnete Redakteur verbindliche Weisungen geben kann. Damit ist aber eine typische Leitungsfunktion umschrieben. Es kann nicht gesagt werden, Gehaltsgruppe IV d GTV Redakteure erfasse nur die gegenüber der normalen Redakteurstätigkeit gemäß Gehaltsgruppe III anspruchsvollere Tätigkeit als Redakteur, nicht aber die einem Leiter der Lokalredaktion abverlangten zusätzlichen Tätigkeiten. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, den vom Arbeitgeber hier unterhaltenen Lokalredaktionen sei die Aufgabe zugewiesen, für ihren räumlichen Zuständigkeitsbereich Beiträge für die Lokalausgabe vorzubereiten, die an die Zentrale zu leiten seien; weitergehende Aufgaben hätten die in den Lokalredaktionen beschäftigten Redakteure nicht. Demzufolge obliege auch dem Leiter der Lokalredaktion – hier also dem Arbeitnehmer S – lediglich die Aufgabe, die Arbeit der übrigen Redakteure zu koordinieren und ihnen verbindliche Weisungen zu geben.
Diese tatsächlichen Feststellungen sind von der Rechtsbeschwerde mit Verfahrensrügen nicht angegriffen worden, sie binden daher den Senat.
Hiervon ausgehend hat das Landesarbeitsgericht aber zu Recht angenommen, diese Aufgabe finde ihren Niederschlag in Gehaltsgruppe IV d Satz 2 GTV Redakteure und in Nr. 5 der Durchführungsbestimmungen, nämlich der Unterstellung im Sinne einer verbindlichen Weisungsbefugnis im redaktionellen Bereich. Da die Tarifvertragsparteien ersichtlich die Möglichkeit der Unterstellung mehrerer Redakteure – mindestens eines – erfassen wollten, beinhaltet dies notwendigerweise auch gewisse Koordinierungsfunktionen des übergeordneten Redakteurs an der Bezirksausgabe.
Der Betriebsrat hat denn auch keine sonstigen Tätigkeiten genannt, die dem Leiter der Lokalredaktion neben der sich in der verbindlichen Weisung an die unterstellten Redakteure dokumentierenden Leitungsfunktion sonst noch zustehen. Auch die Rechtsbeschwerde spricht insoweit nur von den „außerhalb des redaktionellen Bereichs” liegenden Tätigkeiten, ohne diese zu präzisieren, unbeschadet des Umstandes, daß ein entsprechender Vortrag nicht mehr zu berücksichtigen wäre. Im übrigen haben die Beteiligten schon in der Anhörung vor dem Arbeitsgericht klargestellt, daß S die Stellung eines Redakteurs einnimmt; er habe nur daneben die Aufgabe eines Redaktionsleiters. Auch dies macht deutlich, daß das Schwergewicht der Tätigkeit S in der Tätigkeit als Redakteur liegt.
Es kann danach nicht die Rede davon sein, Gehaltsgruppe IV d GTV Redakteure erfasse die herausgehobenen Funktionen des Leiters einer Lokalredaktion weder nach ihrem Wortlaut noch nach der Systematik des Tarifvertrags, wie die Rechtsbeschwerde meint.
bb) Das Landesarbeitsgericht hat vor diesem Hintergrund zu Recht auch angenommen, S sei nicht Ressortleiter im Sinne der Gehaltsgruppe VI GTV Redakteure. Erfaßt sind dort Ressortleiter von selbständigen Zeitungen mit verkauften Auflagen von über 30.000 Exemplaren. Nach Nr. 2 (1) der Durchführungsbestimmungen ist eine Zeitung selbständig in diesem Sinne, wenn sie von einem rechtlich selbständigen Verlagsunternehmen herausgegeben wird. Dies trifft für die „W” zu.
Die Bezirksausgabe ist keine selbständige Zeitung in diesem Sinne; sie ist Teilauflage einer selbständigen Zeitung, Nr. 2 (2) der Durchführungsbestimmungen.
Der Leiter der Lokalredaktion, die eine Bezirksausgabe betreut, ist schon dem Wortlaut nach nicht Ressortleiter einer selbständigen Tageszeitung. Dies macht auch der tarifliche Gesamtzusammenhang deutlich. Die Tarifvertragsparteien haben die Tätigkeit an einer Bezirksausgabe grundsätzlich der Gehaltsgruppe IV GTV Redakteure zugeordnet, und zwar auch für den qualifizierten Fall der Unterstellung mehrerer Redakteure. Dies wird deutlich auch aus Nr. 4 der Durchführungsbestimmungen, wonach Redakteure an Bezirksausgaben einschließlich der Redakteure der Gehaltsgruppe IV d keinen Anspruch auf Eingruppierung in die Gehaltsgruppe V haben. Der Tarifvertrag sieht insoweit nur eine angemessene Leistungszulage vor für den Fall, daß Art und Umfang der Bezirksausgabe eine überdurchschnittliche Leistung bedingen. Der herausgehobenen Funktion eines Redakteurs an Bezirksausgaben mit Weisungsberechtigung gegenüber anderen Redakteuren wird insoweit Rechnung getragen, als er sofort und nicht erst nach vollendetem 15. Berufsjahr in die Gehaltsgruppe IV d eingestuft ist und nach zehnjähriger Tätigkeit in dieser Funktion gemäß Gehaltsgruppe IV e für ihn die Gehaltssätze der Gehaltsgruppe V b bzw. V bb gelten.
Aus diesem Gesamtzusammenhang wird deutlich, daß der an einer Bezirksausgabe tätige „Leiter einer Lokalredaktion”, dessen Aufgaben sich wie vorliegend in eigener redaktioneller Tätigkeit und der redaktionellen Weisungserteilung an die ihm unterstellten Redakteure erschöpfen, nicht „Ressortleiter einer selbständigen Zeitung” im Sinne der Gehaltsgruppe VI GTV Redakteure ist. Der Arbeitgeber hat also vorliegend nicht allein 40 Ressortleiter für den Bereich Lokales – eine auch schwer nachvollziehbare Vorstellung.
cc) Der Umstand, daß im Impressum der Bezirksausgabe der Redakteur S als „Ressortleiter” genannt worden ist – so der unwidersprochen gebliebene Vortrag des Betriebsrats –, ist unerheblich. Zum einen kann die Bezeichnung als Ressortleiter in einer Bezirksausgabe nicht ohne weiteres dem tariflichen Begriff des „Ressortleiters von selbständigen Zeitungen” gleichgestellt werden. Zum anderen ist gemäß Nr. 9 Satz 2 der Durchführungsbestimmungen in allen Fällen, in denen die Bezeichnung im Impressum sich nicht mit dem Tatbestand der Tätigkeit des betreffenden Redakteurs deckt, nicht das Impressum, sondern die Art der Beschäftigung für die Einstufung maßgebend. Nach der Art der Beschäftigung ist aber der Arbeitnehmer S Redakteur an einer Bezirksausgabe mit unterstellten Redakteuren im Sinne der Gehaltsgruppe IV d GTV Redakteure.
3. Aus den vorstehenden Darlegungen folgt ohne weiteres, daß S als die Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe IV d GTV Redakteure erfüllender Redakteur mit Weisungsbefugnis an einer Bezirksausgabe auch nicht die Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe V GTV Redakteure erfüllt. Dem steht schon die ausdrückliche Regelung in Nr. 4 der Durchführungsbestimmungen entgegen, wonach Redakteure an Bezirksausgaben – mit Ausnahme der Redakteure der Gruppe IV e – keinen Anspruch auf Eingruppierung in die Gehaltsgruppen der Ziff. V haben. Gehaltsgruppe IV d GTV Redakteure ist insoweit gerade nicht ausgenommen.
III. Der angegriffene Beschluß hält nach allem der rechtlichen Überprüfung stand. Die Rechtsbeschwerde ist demnach zurückzuweisen.
Unterschriften
Dr. Kissel, Dr. Weller, Dr. Rost, Schneider, Dr. Bartelt
Fundstellen
Haufe-Index 915956 |
AfP 1994, 170 |