Entscheidungsstichwort (Thema)
Stationierungsstreitkräfte. Mitbestimmung bei der Einstellung ziviler US-Staatsbürger. Feststellungsinteresse. Personalvertretungsrecht. Prozeßrecht
Leitsatz (amtlich)
Ein US-Staatsbürger, der in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, kann durch eine Einstellung von Seiten der Stationierungsstreitkräfte nicht zum Mitglied des zivilen Gefolges nach Art. I Abs. 1b Nato-Truppenstatut werden. Das bedeutet nicht, daß er nur örtliche zivile Arbeitskraft iSd. Art. IX Abs. 4 Nato-Truppenstatut sein kann.
Orientierungssatz
- Die Einstellung eines Arbeitnehmers ist personalvertretungsrechtlich beendet, wenn er zwar tatsächlich weiterhin in der Dienststelle beschäftigt wird, aber auf eine Stelle gewechselt hat, deren Besetzung nicht beteiligungspflichtig ist. An der Feststellung, daß die ursprüngliche Einstellung dieses Arbeitnehmers beteiligungspflichtig war, besteht dann kein rechtliches Interesse mehr.
- Ein Anspruch der Betriebsvertretung/des Personalrats auf Unterlassung der tatsächlichen Beschäftigung eines Arbeitnehmers setzt jedenfalls voraus, daß dieser auf einer Stelle beschäftigt wird, deren Besetzung beteiligungspflichtig ist.
- Ein ziviler Beschäftigter der Stationierungsstreitkräfte kann nicht nur entweder Mitglied des zivilen Gefolges iSd. Art. I Abs. 1b Nato-Truppenstatut oder örtliche zivile Arbeitkraft iSd. Art. IX Abs. 4 Nato-Truppenstatut, Art. 56 Abs. 9 Zusatzabkommen-Nato-Truppenstatut sein. Er kann vielmehr eine sonstige die Truppe begleitende Zivilperson nach Art. I Abs. 1b Nato-Truppenstatut sein, auf deren Beschäftigungsverhältnis deutsches Arbeits- und Personalvertretungsrecht keine Anwendung findet. Darauf, ob die betreffende Position im Stellenplan der Dienststelle ursprünglich für örtliche zivile Arbeitskräfte vorgesehen war, kommt es nicht an.
Normenkette
ZPO § 256; Nato-Truppenstatut Art. I Abs. 1; Nato-Truppenstatut Art. III Abs. 5; Nato-Truppenstatut Art. IX Abs. 4; Zusatzabkommen-Nato-Truppenstatut Art. 56 Abs. 9; Unterzeichnungsprotokoll zu Art. 56 Abs. 9 Zusatzabkommen-Nato-Truppenstatut
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Betriebsvertretung gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Juni 2001 – 5 TaBV 24/99 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten über Mitwirkungsrechte bei der Einstellung von zivilen Arbeitskräften.
Die Antragstellerin ist die Betriebsvertretung der Dienststelle AAFES (Army and Air Force Exchange Service) Depot G… der US-Stationierungsstreitkräfte. Sie vertritt etwa 320 zivile Arbeitnehmer. Weitere Beteiligte ist – für die US-Dienstelle – die Bundesrepublik Deutschland (Abs. 9 Unterzeichnungsprotokoll (UP) zu Art. 56 Abs. 9 Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut (ZA-NTS)).
Zu Beginn des Jahres 1999 wurden in der Dienststelle zwei sog. LN-(Local Nationals) Positionen für “Accounting Clerk/KontoristIn” ausgeschrieben. Die Stellen waren auf sechs Monate befristet. Die Dienststelle teilte der Betriebsvertretung mit, sie beabsichtige, eine der Stellen mit Herrn E… M… zu besetzen. Dem stimmte die Betriebsvertretung nicht zu. Herr M… wurde gleichwohl eingestellt.
Anfang März 1999 wurde die Position eines “Accounting Clerk Food Plants/Kontoristln” unbefristet ausgeschrieben. Neben anderen bewarb sich Herr M…. Mit Schreiben vom 9. April 1999 teilte die Dienststelle der Betriebsvertretung mit, sie werde Herrn M… übernehmen. Da er ein Mitglied des zivilen Gefolges sei und “auf der US Payroll in Dollar bezahlt” werde, sei eine Mitwirkung der Betriebsvertretung nicht erforderlich.
Seit dem 17. Februar 2001 hat Herr M… die Stelle eines Service Program Manager für die C… Home Delivery G… inne. Dies ist nach dem Vorbringen der Beteiligten “eine reine US Position (PB 3/2)”.
Herr M… ist US-amerikanischer Staatsbürger. Er war bis 1995 Soldat bei den amerikanischen Stationierungsstreitkräften in Deutschland. Er ist mit einer deutschen Staatsbürgerin verheiratet und lebt seit geraumer Zeit in der Nähe von G…. Nach Beendigung seiner Soldatenlaufbahn war er bereits zuvor bei einer anderen Dienststelle der amerikanischen Stationierungsstreitkräfte beschäftigt und leistete dort im September 1997 den Eid nach amerikanischem Dienstrecht.
Mit Schriftsatz vom 15. April 1999 hat die Betriebsvertretung das vorliegende Beschlußverfahren anhängig gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, ihr stehe hinsichtlich der Einstellung von Herrn M… ein Beteiligungsrecht zu. Herr M… sei nicht Mitglied des zivilen Gefolges. Der Umstand, daß er seit dem 17. Februar 2001 innerhalb der Dienststelle auf einer anderen Position beschäftigt werde, sei ohne Bedeutung.
Die Betriebsvertretung hat zuletzt beantragt
- festzustellen, daß die Einstellung des Arbeitnehmers E… M… ihrer personalvertretungsrechtlichen Beteiligung bedarf;
- festzustellen, daß ihr ein personalvertretungsrechtliches Beteiligungsrecht zusteht, wenn auf eine stellenplanmäßig für zivile Arbeitnehmer vorgesehene Position (LN-Position) ein nicht zum zivilen Gefolge der US-Stationierungsstreitkräfte gehörender US-Staatsbürger eingestellt wird;
- der Antragsgegnerin zu untersagen, den Arbeitnehmer E… M… bis zum Abschluß des personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens tatsächlich zu beschäftigen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, Herr M… gehöre nicht zu den zivilen Arbeitskräften bei einer Truppe oder einem zivilen Gefolge, sondern werde als Mitglied des zivilen Gefolges beschäftigt. Das mit ihm begründete Rechtsverhältnis sei nach amerikanischem Recht zustande gekommen. Das Verfahren unterliege nicht der deutschen Gerichtsbarkeit, zumindest sei deutsches Personalvertretungsrecht auf die Beschäftigung von Herrn M… nicht anwendbar.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nicht eröffnet sei. Auf die Beschwerde der Betriebsvertretung hat das Landesarbeitsgericht mit Zwischenbeschluß vom 26. Oktober 1999 die deutsche Gerichtsbarkeit für gegeben erachtet. Die dagegen von der Bundesrepublik eingelegte Rechtsbeschwerde hat der Senat mit Beschluß vom 7. November 2000 (– 1 ABR 55/99 – BAGE 96, 200) zurückgewiesen. Im Anschluß daran hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerde der Betriebsvertretung gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Betriebsvertretung ihre Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Anträge der Betriebsvertretung zu Recht abgewiesen. Der Antrag zu 1. ist unzulässig, die Anträge zu 2. und 3. sind unbegründet.
Der Feststellungsantrag zu 1. ist unzulässig. Zwar unterfallen die Beteiligten der deutschen Gerichtsbarkeit (Senat 7. November 2000 – 1 ABR 55/99 – BAGE 96, 200). Es liegt jedoch eine weitere Prozeßvoraussetzung nicht vor.
Der Feststellungsantrag zu 2. ist zulässig, aber unbegründet.
Das für den Antrag erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO ist gegeben. Im Beschlußverfahren kann das Bestehen, der Inhalt oder der Umfang eines Mitbestimmungsrechts losgelöst von einem konkreten Ausgangsfall geklärt werden, wenn die Maßnahme, für die ein Mitbestimmungsrecht in Anspruch genommen wird, häufiger im Betrieb auftritt und sich auch zukünftig jederzeit wiederholen kann (BAG 29. Februar 2000 – 1 ABR 5/99 – AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 36 = EzA BetrVG 1972 § 95 Nr. 31). Eine gerichtliche Entscheidung ist in der Lage, das betreffende Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten umfassend zu klären und seinen Inhalt auch für die Zukunft hinreichend konkret festzustellen. Voraussetzung ist, daß ein Antrag, der mehrere mögliche Einzelfälle erfaßt (Globalantrag), inhaltlich hinreichend bestimmt ist und keine Zweifel darüber entstehen läßt, für welche Maßnahmen im einzelnen ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats oder der Betriebsvertretung bestehen soll. Ob das Mitbestimmungsrecht tatsächlich gegeben ist oder nicht, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Antrags.
Die Betriebsvertretung möchte festgestellt wissen, daß ihr ein Mitwirkungsrecht immer dann zusteht, wenn auf einer laut Stellenplan für zivile Arbeitnehmer vorgesehenen Position (LN-Position) ein nicht zum zivilen Gefolge der US-Stationierungsstreitkräfte gehörender US-amerikanischer Staatsbürger eingestellt wird. Der Antrag ist dahin zu verstehen, daß er sich nur auf Einstellungen in der Dienststelle bezieht, für die die Betriebsvertretung gebildet ist. Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt. Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Die Einstellung eines US-Staatsbürgers auf eine für zivile Arbeitskräfte vorgesehene Position in der Dienststelle AAFES Depot G… kann sich jederzeit wiederholen. Die Dienststellenleitung hat nicht erklärt, daß sie in einem solchen Fall künftig das personalvertretungsrechtliche Beteiligungsverfahren durchführen werde.
Der Antrag ist nicht begründet. Der Betriebsvertretung steht nicht in allen Fällen ein personalvertretungsrechtliches Beteiligungsrecht zu, in denen auf eine nach dem Stellenplan für zivile Arbeitnehmer vorgesehene LN-Position ein nicht zum zivilen Gefolge der US-Stationierungsstreitkräfte gehörender US-Staatsbürger eingestellt wird. Ein Beteiligungsrecht besteht nicht, wenn ein solcher US-Staatsbürger nicht als zivile Arbeitskraft nach Art. IX Abs. 4 NTS, sondern – ohne Mitglied des zivilen Gefolges zu werden – als eine die Truppe begleitende Zivilperson iSd. Art. I Nr. 1b NTS beschäftigt wird. Daß dies rechtlich möglich ist, hat das Landesarbeitsgericht im Anschluß an die bisherige Rechtsprechung des Senats zutreffend entschieden. Der auch diese Konstellation erfassende globale Feststellungsantrag zu 2. ist deshalb insgesamt unbegründet.
- Gemäß Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS gelten die für die zivilen Bediensteten bei der Bundeswehr maßgebenden Vorschriften des deutschen Rechts auch für die Betriebsvertretung der zivilen Arbeitskräfte bei einer Truppe oder einem zivilen Gefolge, soweit nicht im UP zu dieser Vorschrift etwas anderes bestimmt ist. In Abs. 6a (vii), b des UP zu Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS wird das nach § 70 Soldatengesetz iVm. § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG gegebene Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei Einstellungen von zivilen Arbeitnehmern bei der Bundeswehr durch ein bloßes Mitwirkungsrecht für die Betriebsvertretung der zivilen Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften ersetzt. Ob es von der Dienststelle zu beachten ist, hängt davon ab, ob auf die Einstellung des betreffenden Beschäftigten deutsches Personalvertretungsrecht anwendbar ist. Wie ausgeführt, muß dazu der Beschäftigte als zivile Arbeitskraft nach Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS anzusehen sein.
Ein Mitglied des zivilen Gefolges kann nicht zugleich zivile Arbeitskraft iSv. Art. IX Abs. 4 NTS, Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS sein. Beides schließt einander aus (BAG 12. Februar 1985 – 1 ABR 3/83 – BAGE 48, 81). Auf die Einstellung eines Mitglieds des zivilen Gefolges findet deutsches Personalvertretungsrecht deshalb keine Anwendung.
Wer Mitglied des zivilen Gefolges ist, bestimmt Art. I Abs. 1b NTS. Danach ist “ziviles Gefolge” das die Truppe einer Vertragspartei begleitende Zivilpersonal, das bei den Streitkräften dieser Vertragspartei beschäftigt ist, soweit es sich nicht entweder um Staatenlose handelt oder um Staatsangehörige eines Staates, der nicht Partei des Nordatlantikvertrags ist, oder um Staatsangehörige des Staates, in welchem die Truppe stationiert ist, oder um Personen, die dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Nach dieser Bestimmung ist es demnach möglich, daß ein bei den US-Stationierungsstreitkräften beschäftigter und die Truppe begleitender amerikanischer Staatsangehöriger deshalb nicht Mitglied des zivilen Gefolges im Sinne des Vertragswerks ist, weil er in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Nach Auffassung der Betriebsvertretung ist ein solcher US-Bürger, der nicht als Mitglied des zivilen Gefolges in Frage kommt, stets als zivile Arbeitskraft iSd. Art. IX Abs. 4 NTS, Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS anzusehen, wenn er auf eine Position eingestellt wird, die im Stellenplan der Dienststelle für zivile Arbeitnehmer vorgesehen ist. Dem kann nicht gefolgt werden.
Wie der Senat mit Beschluß vom 12. Februar 1985 (– 1 ABR 3/83 – aaO) im Hinblick auf sog. Service Dependants bei den britischen Stationierungsstreitkräften entschieden hat, ist es unzutreffend, allein zwischen Mitgliedern des zivilen Gefolges und örtlichen zivilen Arbeitskräften iSv. Art. IX Abs. 4 NTS zu unterscheiden. Art. I Abs. 1b NTS weist aus, daß nicht alle die Truppe begleitenden und bei ihr beschäftigten Zivilpersonen den Status eines Mitglieds des zivilen Gefolges haben. Wird etwa in den Vereinigten Staaten ein Staatenloser innerhalb der Organisation der Truppe als Zivilperson beschäftigt und später auf Grund seines Beschäftigungsverhältnisses mit der Truppe nach Deutschland verlegt, so ist er zwar weiterhin eine bei der Truppe beschäftigte und diese begleitende Zivilperson, genießt aber in Deutschland nicht die Rechte, die an den Status eines Mitglieds des zivilen Gefolges geknüpft sind. Er ist nicht Mitglied des zivilen Gefolges iSd. des Vertragswerks.
Er wird dadurch in Deutschland nicht zum zivilen Arbeitnehmer iSv. Art. IX Abs. 4 NTS mit der Folge, daß sein Beschäftigungsverhältnis nun auf Grund dieser Vorschrift und Art. 56 ZA-NTS dem deutschen Arbeits- und Personalvertretungsrecht unterläge. Für die Frage, ob eine bei der Truppe beschäftigte Zivilperson als zivile Arbeitskraft iSd. Art. IX Abs. 4 NTS anzusehen ist, ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht entscheidend, ob diese Person Mitglied des zivilen Gefolges ist oder nicht. Maßgeblich ist, ob sie zu dem bei der Truppe beschäftigten und die Truppe begleitenden Zivilpersonal gehört oder nicht. Das zivile Gefolge ist nur ein Teil des die Truppe begleitenden Zivilpersonals. Dieses Zivilpersonal wird regelmäßig in einer engen organisatorischen Verbindung zur Truppe stehen und gleichsam Teil der Truppe selbst sein. Das Vertragswerk selbst bestimmt nicht, bei welchen Bediensteten oder Dienstposten eine so enge Bindung zur Truppe anzunehmen ist, daß sie zur Truppe gehören und diese begleiten. Es geht vielmehr davon aus, daß diese Bestimmung vom Entsendestaat auf Grund seines eigenen Organisationsrechts getroffen wird und regelmäßig schon vor Entsenden der Truppe im Entsendestaat erfolgt ist. Der Entsendestaat kann auf Grund seiner Organisationsgewalt verbindlich die Abgrenzung zwischen dem die Truppe begleitenden und dort beschäftigten Zivilpersonal und den örtlichen Arbeitskräften iSv. Art. IX Abs. 4 NTS festlegen. Da jede bei der Truppe beschäftigte Zivilperson nur entweder zu dem die Truppe begleitenden Zivilpersonal oder zu den örtlichen Arbeitskräften iSv. Art. IX Abs. 4 NTS gehören kann, ergibt sich aus der Befugnis zu bestimmen, wer zu dem die Truppe begleitenden Zivilpersonal gehört, zwangsläufig die Entscheidung, daß diese Person nicht zu den örtlichen Arbeitskräften zählt.
Es kann nicht angenommen werden, daß diese Befugnis lediglich auf die Zeit vor Entsendung der Truppe in den Aufnahmestaat beschränkt ist, mit der Folge, daß alle im Aufnahmestaat eingestellten Personen zwangsläufig örtliche Arbeitskräfte sind. Dies folgt schon aus Art. III Abs. 5 NTS, der den Fall regelt, daß Personen in den Aufnahmestaat einreisen, “um Mitglied einer Truppe oder eines zivilen Gefolges zu werden”. Zu den bei der Truppe beschäftigten und diese begleitenden Zivilpersonen gehören deshalb nicht nur Personen, die bei der Truppe schon beschäftigt waren, als diese in den Aufnahmestaat entsandt wurde. Solche Personen können auch nach der Entsendung neu eingestellt werden. Nichts im Vertragswerk spricht dafür, daß der Entsendestaat gehindert ist, auch einen eigenen Staatsangehörigen, der im Aufnahmestaat schon lange seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, als Zivilbediensteten auf einen Dienstposten einzustellen, für dessen Inhaber nicht in Frage steht, daß er zu dem die Truppe begleitenden Zivilpersonal gehört.
Dieser Bedienstete kann dadurch zwar nicht den Status eines Mitglieds des zivilen Gefolges erlangen. Daraus folgt aber nicht, daß er nur zu den örtlichen Arbeitskräften iSv. Art. IX Abs. 4 NTS gehören kann. Die Organisation einer Truppe, von der die Bestimmungen des Vertragswerks ausgehen, kann keine statische sein. Sie muß an veränderte Verhältnisse oder bessere Erkenntnisse angepaßt werden können. Schon deshalb muß es dem Entsendestaat freistehen, die Organisation zu ändern und etwa zu bestimmen, daß Tätigkeiten künftig nur noch von Zivilpersonen ausgeübt werden sollen, die in einem so engen Verhältnis zur Truppe stehen, daß sie zu dem die Truppe begleitenden Zivilpersonal gehören, auch wenn diese Tätigkeiten bislang von örtlichen Arbeitskräften verrichtet wurden.
Dies gilt auch dann, wenn der Entsendestaat damit gegen eine Verpflichtung aus Art. IX Abs. 4 NTS verstoßen sollte, von seiner Organisationsgewalt nicht in vollem Umfange Gebrauch zu machen und seinen Bedarf an Zivilbediensteten in möglichst großem Umfang durch örtliche zivile Arbeitskräfte zu decken. Ein Vertragsverstoß kann unter Umständen zu einer Streitigkeit zwischen den Vertragsparteien in Bezug auf die Auslegung oder Anwendung des Vertragswerks iSv. Art. XVI NTS führen. Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS begründet aber kein Recht der jeweiligen Betriebsvertretung darauf, daß die Dienststelle für Tätigkeiten, für die sie nach dem Vertragswerk auf örtliche Arbeitskräfte iSd. Art. IX Abs. 4 NTS zurückgreifen müßte, tatsächlich örtliche Arbeitskräfte im Sinne dieser Vorschrift einstellt. Deutsches Personalvertretungsrecht findet nach Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS vielmehr nur Anwendung, soweit die Streitkräfte selbst entschieden haben, daß ein bestimmter Dienstleistungsbedarf durch örtliche Arbeitskräfte iSv. Art. IX Abs. 4 NTS zu befriedigen ist. Ob diese Entscheidung in Übereinstimmung mit dem Vertragswerk und den darin eingegangenen Verpflichtungen des Entsendestaates steht, ist insoweit ohne Bedeutung. Auf die Beschäftigung einer Zivilperson bei den Stationierungsstreitkräften findet deutsches Personalvertretungsrecht nur Anwendung, wenn diese Person nach dem Willen der zuständigen Behörde des Entsendestaates tatsächlich als örtliche Arbeitskraft beschäftigt wird.
An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.
- Die Vorschriften des NTS und des ZA-NTS, auf denen sie beruht, sind in der Zwischenzeit nicht geändert worden. Geändert worden ist zwar das UP zu Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS (vgl. Abkommen vom 18. März 1993 und 16. Mai 1994, BGBl. 1994 II S 2, 594, 3710 ff. – in Kraft getreten am 29. März 1998 bzw. 5 Juni 1998, BGBl. II S 1691, 1568). Dabei sind die Beteiligungsrechte der Betriebsvertretung inhaltlich erheblich erweitert worden. Für die Frage, auf welche Zivilpersonen deutsches Personalvertretungsrecht überhaupt Anwendung findet, sind aber weiterhin allein die schon 1985 geltenden Vorschriften des NTS und des ZA-NTS maßgeblich.
Gegen die Auslegung, die diese Vorschriften in der Entscheidung vom 12. Februar 1985 (– 1 ABR 3/83 – aaO) erfahren haben, hat die Rechtsbeschwerde keine erheblichen Einwände vorgebracht. Sie vertritt den Standpunkt, es könne nur zwei Gruppen von zivilen Arbeitnehmern bei den Stationierungsstreitkräften geben: Mitglieder des zivilen Gefolges und zivile Arbeitskräfte. Die vom Senat für möglich gehaltene dritte Gruppe, deren Angehörige weder Mitglieder des zivilen Gefolges noch örtliche Arbeitskräfte seien, beruhe auf freier Rechtsschöpfung. Die Ausnahmen vom Begriff des zivilen Gefolges in Art. I Abs. 1b NTS würden vollständig entwertet und jeglichen Regelungsgehalts beraubt, wenn es den Stationierungsstreitkräften möglich wäre, auch solche Arbeitnehmer dem Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereich der Betriebsvertretungen zu entziehen, die diesen Ausnahmen zufolge gerade nicht Mitglieder des zivilen Gefolges sein könnten. Wenn die Ausnahmeregelung einen Sinn haben solle, dann den, daß dieser Personenkreis, weil er nicht zum zivilen Gefolge gehöre, als zivile Arbeitskräfte mit den entsprechenden personalvertretungsrechtlichen Folgen anzusehen sei. Im übrigen habe auch der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinem Beschluß vom 23. Juli 1981 (– 6 ABR 74/78 – BAGE 35, 370) ausgeführt, daß alle nicht zum zivilen Gefolge gehörenden Zivilbeschäftigten örtliche zivile Arbeitnehmer seien, auf deren Rechtsverhältnisse deutsches Personalvertretungsrecht Anwendung finde.
Die Rechtsbeschwerde verkennt den Sinn der Ausnahmeregelung in Art. I Abs. 1b NTS. Zweck der Bestimmung, daß Staatenlose, Staatsangehörige eines nicht am Nordatlantikvertrag beteiligten Staates, Staatsangehörige des Aufnahmestaates und Personen, die in diesem ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, nicht zum zivilen Gefolge zählen, ist nicht, den Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereich der Betriebsvertretungen auf diesen Personenkreis zu erstrecken. Ihr Zweck besteht darin, die rechtlichen Vergünstigungen, die den Mitgliedern der Truppe und des zivilen Gefolges durch das NTS und das ZA-NTS gewährt werden, dem genannten Personenkreis vorzuenthalten. So sollen etwa deutsche Staatsangehörige oder Staatsangehörige eines Entsendestaates, die in Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort haben, durch eine Beschäftigung als die Truppe begleitendes Zivilpersonal gegenüber deutschen Behörden keinen bevorzugten Status genießen (Senat 12. Februar 1985 – 1 ABR 3/83 – BAGE 48, 81, 91). Personalvertretungsrechtliche Ziele verfolgt die Regelung nicht.
Die Senatsrechtsprechung steht nicht in Widerspruch zu der Entscheidung des Sechsten Senats vom 23. Juli 1981 (– 6 ABR 74/78 – aaO). Diese ist zu einem Beteiligungsrecht der Betriebsvertretung bei der Einstellung einer amerikanischen Staatsangehörigen nach amerikanischem Recht ergangen, die keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland begründet hatte. Der Sechste Senat hat in der Einstellung die Beschäftigung als Mitglied des zivilen Gefolges und nicht als zivile Arbeitskraft bei einem zivilen Gefolge gesehen. Mit der Frage, ob eine Beschäftigung als die Truppe begleitendes Zivilpersonal möglich ist, ohne Mitglied des zivilen Gefolges zu werden, mußte er sich nicht auseinandersetzen. Die Formulierung, daß “alle anderen bei der Antragsgegnerin tätigen zivilen Beschäftigten (örtliche) zivile Arbeitnehmer” seien, schließt vor diesem Hintergrund die genannte Möglichkeit nicht aus.
Im übrigen hat der Sechste Senat weiter ausgeführt, die Stationierungsstreitkräfte hätten nach dem NTS die Möglichkeit, ihren Arbeitskräftebedarf auf verschiedene Weise zu decken. Nur soweit sie dies durch den Abschluß von Arbeitsverträgen mit den in Art. I Abs. 1 Buchstabe b des NATO-Truppenstatuts von der Zugehörigkeit zum zivilen Gefolge ausgeschlossenen Personen täten, komme die Anwendbarkeit deutschen Rechts und Mitwirkung der Betriebsvertretung der zivilen Arbeitskräfte bei einer Truppe oder einem zivilen Gefolge in Betracht. Auch danach ist nicht ausgeschlossen, daß die Stationierungsstreitkräfte mit dem betreffenden Personenkreis gerade keine Arbeitsverträge schließen, sondern ein anders geartetes Beschäftigungsverhältnis eingehen, durch welches die Beschäftigten weder zu Mitgliedern des zivilen Gefolges noch zu örtlichen zivilen Arbeitskräften werden.
- Für ein Beteiligungsrecht der Betriebsvertretung bei der Einstellung von nicht zum zivilen Gefolge gehörenden US-Staatsbürgern kommt es folglich darauf an, ob die Stationierungsstreitkräfte mit diesen ein Arbeitsverhältnis nach deutschem Recht begründen oder das Beschäftigungsverhältnis auf eine andere – vom amerikanischen Recht geprägte – Grundlage stützen. Diese Entscheidung unterliegt ihrer Hoheitsgewalt. Sie sind dabei auch nicht an den selbst errichteten Stellenplan gebunden. Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS läßt sich nicht entnehmen, daß es für die Anwendung des deutschen Personalvertretungsrechts auf die Behandlung des betreffenden Arbeitsplatzes in einem Stellenplan ankäme. Auch wenn sich die Stationierungsstreitkräfte mit der Begründung eines bestimmten Beschäftigungsverhältnisses über die Festlegungen eines Stellenplans hinwegsetzen sollten, kommt eine Mitwirkungsbefugnis der Betriebsvertretung nicht in Betracht, wenn der Stelleninhaber nicht als zivile Arbeitskraft iSd. Art. IX Abs. 4 NTS eingestellt wird (BAG 23. Juli 1981 – 6 ABR 74/78 – aaO). Gemäß Art. 56 Abs. 7a ZA-NTS bestimmen allein die Behörden einer Truppe und eines zivilen Gefolges über “die Zahl und Art der benötigten Arbeitsplätze gemäß der Einreihung der Tätigkeitsarten im Sinne des Absatzes (5) Buchstabe (a)”. Das schließt die Befugnis ein, von den getroffenen Festlegungen des eigenen Stellenplans jederzeit abzuweichen. Sollten die Stationierungsstreitkräfte dabei gegen eine Verpflichtung aus Art. IX Abs. 4 NTS verstoßen, wäre ein solcher Verstoß gleichwohl nicht geeignet, ein Mitwirkungsrecht der Betriebsvertretung bei der Einstellung anderer als ziviler Arbeitskräfte zu begründen (BAG 23. Juli 1981 – 6 ABR 74/78 – aaO).
Der zulässige Antrag zu 3. ist ebenfalls nicht begründet.
- Mit ihrem Antrag möchte die Betriebsvertretung der Bundesrepublik die tatsächliche Beschäftigung von Herrn E… M… “bis zum Abschluß des personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens” untersagen lassen. Es handelt sich um einen Leistungsantrag, für den ein Rechtsschutzbedürfnis grundsätzlich zu bejahen ist. Es fehlt nicht deshalb, weil es jedenfalls für die Beschäftigung, die Herr M… seit dem 17. Februar 2001 ausübt, einer Beteiligung der Betriebsvertretung nicht bedurfte. Die Betriebsvertretung vertritt die Auffassung, es sei noch für die Ersteinstellung ein Beteiligungsverfahren durchzuführen und bis dahin dürfe Herr M… selbst auf der neuen Stelle als Service Program Manager nicht tatsächlich beschäftigt werden. Ein so begründeter und auf Untersagung auch der jetzigen Beschäftigung gerichteter Antrag ist zulässig.
Der Antrag ist unbegründet. Fraglich ist bereits, ob es einen entsprechenden Untersagungs- oder Unterlassungsanspruch im Rahmen des Bundespersonalvertretungsgesetzes im Verhältnis von Personalrat bzw. Betriebsvertretung zur Beschäftigungsbehörde überhaupt gibt. Das Bundesverwaltungsgericht hat einen materiellrechtlichen Anspruch dieses Inhalts bisher mit der Begründung verneint, im Personalvertretungsrecht fehle es an § 23 Abs. 3 BetrVG und § 101 BetrVG entsprechenden Regelungen, deren es für die staatliche Verwaltung wegen deren Bindung an Recht und Gesetz nach Art. 20 Abs. 3 GG und der Möglichkeiten der Dienstaufsicht auch nicht bedürfe (vgl. grundlegend BVerwG 15. Dezember 1978 – 6 P 13/78 – ZBR 1980, 59 = PersV 1980, 145; zur Kritik an dieser Rechtsprechung neuerdings Edenfeld PersV 2001, 298 mwN).
Ob den Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere für den Bereich der Stationierungsstreitkräfte zu folgen ist und ob dort andernfalls völkerrechtliche Besonderheiten einem solchen Anspruch entgegenstehen, braucht nicht entschieden zu werden. Der Antrag der Betriebsvertretung ist jedenfalls deshalb unbegründet, weil die tatsächliche Beschäftigung von Herrn M… spätestens seit dem 17. Februar 2001 keinen Verstoß gegen Abs. 6a (vii), b UP zu Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS iVm. § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG mehr darstellen kann. Seit dieser Zeit wird Herr M, wie ausgeführt, auf einer Stelle beschäftigt, die als reine US-Position nicht durch örtliche zivile Arbeitskräfte nach Art. IX Abs. 4 NTS, Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS besetzt wird. Seine derzeitige tatsächliche Beschäftigung ist deshalb nicht mitbestimmungspflichtig. Ein auf einen Mitbestimmungsverstoß gestützter Unterlassungsanspruch kommt schon deshalb nicht in Betracht.
Hinzu kommt, daß sich das Begehren der Betriebsvertretung objektiv erledigt hat. Ein personalvertretungsrechtliches Beteiligungsverfahren für die ursprüngliche Einstellung von Herrn M… ist auch dann nicht mehr durchzuführen, wenn die Betriebsvertretung seinerzeit hätte beteiligt werden müssen. Die Einstellung des Herrn M… ist seit dem 17. Februar 2001 beendet. Ein nicht mehr durchzuführendes Beteiligungsverfahren ist im Sinne des Untersagungsantrags bereits abgeschlossen. Länger als bis zum Abschluß des Beteiligungsverfahrens wiederum sollte die Untersagung nicht andauern.
Unterschriften
Wißmann, Schmidt, Kreft, Kehrmann, Brocker
Fundstellen
BAGE 2003, 232 |
BB 2003, 160 |
ARST 2003, 116 |
FA 2003, 63 |
NZA 2003, 1101 |
ZTR 2003, 103 |
AP, 0 |
RiA 2003, 116 |
ZfPR 2003, 112 |
AUR 2003, 38 |
IPRspr. 2002, 57 |