Entscheidungsstichwort (Thema)

Fachliteratur für Betriebsvertretung

 

Normenkette

BPersVG § 44 Abs. 2; BetrVG § 40 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Beschluss vom 21.02.1990; Aktenzeichen 3 TaBV 103/89)

ArbG Hamm (Beschluss vom 18.07.1989; Aktenzeichen 2 BV 11/89)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Betriebsvertretung gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 21. Februar 1990 – 3 TaBV 103/89 – wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten darüber, in welchem Umfange die beteiligte Dienststelle (Antragsgegnerin) ihrer Betriebsvertretung (Antragstellerin) Fachliteratur zur Verfügung stellen muß.

Die Antragsgegnerin ist eine Armeedienststelle mit Sitz in S. der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten britischen Truppen und beschäftigt u.a. in mehreren Werkstätten und für Bewachungsaufgaben etwa 240 zivile Arbeitnehmer. Die Antragstellerin ist die bei dieser Dienststelle gebildete und regelmäßig aus sieben Mitgliedern (derzeit aber nur aus fünf Mitgliedern) bestehende Betriebsvertretung. Ihr steht ein Kommentar zum Bundespersonalvertretungsgesetz und die laufend aktualisierte Textsammlung mit Kommentierung von F. Rechenberg „Arbeitsbedingungen bei den Stationierungsstreitkräften” zur Verfügung.

Im ersten Rechtszuge hat die Betriebsvertretung beantragt,

die Antragsgegnerin zu verurteilen, an sie 1.437,80 DM zu zahlen, hilfsweise der Antragsgegnerin aufzugeben, ihr je 7 Exemplare der in nachfolgender Literaturliste aufgeführten Werke in neuester Auflage zur Verfügung zu stellen:

Altvater/Bacher/Sabottig/Schneider/Thiel, Bundespersonalvertretungsgesetz, Kommentar für die Praxis. BUND-Verlag,

Arbeitsgesetze, Textausgabe mit Einführung von Dr. jur. Gerhard Etzel, Luchterhand-Verlag,

Der erfolgreiche Betriebsrat, Praktischer Ratgeber für den Schriftverkehr, BUND-Verlag,

Michael Kittner, Arbeits- und Sozialordnung, BUND-Verlag,

Beck'sche Textausgabe BGB, C. H. Beck-Verlag.

Die Dienststelle hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat unter Abweisung des Antrags im übrigen der Dienststelle aufgegeben, der Betriebsvertretung sieben Exemplare des Taschenbuches von Kittner „Arbeits- und Sozialordnung” sowie drei Exemplare des Kommentars von Altvater u.a. in neuester Auflage zur Verfügung zu stellen. Gegen diesen Beschluß haben sowohl die Betriebsvertretung als auch die Dienststelle Beschwerde eingelegt.

Die Betriebsvertretung hat im Beschwerdeverfahren beantragt,

den Beschluß des Arbeitsgerichts Hamm abzuändern, soweit der Antrag zurückgewiesen worden ist und wie folgt zu erkennen: Der Dienststelle wird weiter aufgegeben, der Betriebsvertretung

  1. ein weiteres Exemplar des Kommentars von Altvater/Bacher/Sabottig/Schneider/Thiel zum Bundespersonalvertretungsgesetz, BUND-Verlag,
  2. vier Exemplare der Beck'schen Textausgabe BGB, C.H. Beck-Verlag,
  3. vier Exemplare „Das Arbeitsrecht Teil 1 und 2” von Wolfgang Däubler, rororo Aktuell,
  4. ein Abonnement der Fachzeitschrift „Der Personalrat”

zur Verfügung zu stellen.

Die Dienststelle hat im Beschwerdeverfahren beantragt

  1. die gegnerische Beschwerde zurückzuweisen,
  2. in teilweiser Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen, soweit der Antragsgegnerin aufgegeben worden ist, mehr als 3 Exemplare Kittner „Arbeits- und Sozialordnung” und mehr als einen Kommentar zum BPersVG von Altvater pp. für die Antragstellerin zu beschaffen.

Die Betriebsvertretung hat ferner beantragt,

die Beschwerde der Dienststelle zu verwerfen.

Das Landesarbeitsgericht hat auf die Beschwerde der Dienststelle den Beschluß des Arbeitsgerichts dahin abgeändert, daß der Betriebsvertretung nur drei Exemplare des Werkes von Kittner „Arbeits- und Sozialordnung” und nur ein Exemplar des Kommentars zum BPersVG von Altvater u.a. zur Verfügung zu stellen sind. Auf die Beschwerde der Betriebsvertretung hin hat es die Dienststelle verpflichtet, der Betriebsvertretung ein Abonnement der Fachzeitschrift „Der Personalrat” zur Verfügung zu stellen. Im übrigen hat es die Beschwerden zurückgewiesen.

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Betriebsvertretung die Zuerkennung von drei weiteren (insgesamt also von vier) Exemplaren des Kommentars von Altvater u.a., von vier weiteren (insgesamt also von sieben) Exemplaren des Werkes von Kittner „Arbeits- und Sozialordnung” sowie von vier Exemplaren „Das Arbeitsrecht Teil 1 und 2” von Wolfgang Däubler, rororo Aktuell. Die Dienststelle beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

1. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß als Rechtsgrundlage für das Begehren der Betriebsvertretung nur die gemäß Art. 56 Abs. 9 des Zusatzabkommens zum Nato-Truppenstatut anzuwendende Vorschrift des § 44 Abs. 2 BPersVG in Betracht kommt. Hiernach hat die Dienststelle für die Sitzungen, die Sprechstunden und die lautende Geschäftsführung der Betriebsvertretung den Geschäftsbedarf im erforderlichen Umfang zur Verfügung zu stellen. Dazu zählt auch Fachliteratur, soweit sie für die Wahrnehmung der Aufgaben der Betriebsvertretung erforderlich ist (vgl. z.B. BVerwG Beschlüsse von 29. Juni 1988, BVerwGE 79, 361, und vom 12. September 1989 – 6 P 15.87 – AP Nr. 3 zu § 44 BPersVG, sowie zur entsprechenden Vorschrift des § 40 Abs. 2 BetrVG BAG Beschlüsse vom 21. April 1983 – 6 ABR 70/82 – und vom 29. November 1989 – 7 ABR 42/89 – AP Nr. 20 und 32 zu § 40 BetrVG 1972).

2. Die einzelfallbezogene Anwendung des mithin hier entscheidenden Gesetzesbegriffs „erforderlich” durch das Beschwerdegericht unterliegt in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur einer eingeschränkten Nachprüfung. Sowohl Art und Umfang der jeweils erforderlichen Fachliteratur als auch die Verfahrensweise, in der sie zur Verfügung zu stellen ist, richten sich nach den konkreten Verhältnissen der jeweiligen Dienststelle und den von der Betriebsvertretung zu erfüllenden Aufgaben, so daß es sich bei der Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Erforderlichkeit im wesentlichen um die tatrichterliche Gesamtwürdigung einer Vielzahl von tatsächlichen Einzelumständen handelt. Das Rechtsbeschwerdegericht kann daher grundsätzlich nur prüfen, ob das Beschwerdegericht den Rechtsbegriff selbst verkannt oder bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BAG Beschlüsse vom 21. April 1983 und vom 29. November 1989, a.a.O., m.w.N.).

3. Derartige Rechtsfehler des angefochtenen Beschlusses sind weder von der Rechtsbeschwerde aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich.

a) Soweit das Landesarbeitsgericht nur ein Exemplar des Kommentars von Altvater u.a. für erforderlich angesehen hat, vertritt die Rechtsbeschwerde die Ansicht, das Landesarbeitsgericht habe dabei die besonderen Verhältnisse einer Betriebsvertretung, die in drei weiträumig auseinander liegenden Standorten zu arbeiten habe, nicht hinreichend gewürdigt. Gerade diesen Gesichtspunkt aber hat das Landesarbeitsgericht ausdrücklich berücksichtigt und dazu nähere Ausführungen gemacht. Mit ihrer Ansicht, der vom Landesarbeitsgericht aufgezeigte Weg der Einsichtnahme im Betriebsvertretungsraum sei unzumutbar, versucht die Rechtsbeschwerde lediglich, ihre Bewertung des Sachverhalts an die Stelle der Würdigung des Beschwerdegerichts zu setzen. Einen Rechtsfehler zeigt sie damit nicht auf.

b) Auch hinsichtlich der Würdigung des Landesarbeitsgerichts, drei Exemplare des Werkes von Kittner „Arbeits- und Sozialordnung” seien im Entscheidungsfalle ausreichend, ist ein Rechtsfehler nicht ersichtlich. Ein solcher liegt nicht schon darin, daß sich das Beschwerdegericht nicht mit der angeführten Entscheidung eines anderen Landesarbeitsgerichts auseinander gesetzt habe; das Beschwerdegericht hat den ihm vorliegenden Sachverhalt zu würdigen. Dafür, daß es den zutreffenden Gesichtspunkt der Notwendigkeit einer sorgfältigen Vorbereitung der Betriebsvertretungsmitglieder auf Sitzungen und Verhandlungen außer Betracht gelassen hätte, geben die Gründe des angefochtenen Beschlusses keinen Anhalt. Soweit das Beschwerdegericht überdies darauf hingewiesen hat, daß das Werk von Rechenberg „Arbeitsbedingungen bei den Stationierungsstreitkräften” in der Dienststelle vorhanden sei und nicht einmal dieses von der Betriebsvertretung bisher genutzt werde, hat das Beschwerdegericht ersichtlich nicht in eine Auswahlbefugnis der Betriebsvertretung eingegriffen, sondern festgestellt, daß dieses Werk bereits alle für die Betriebsvertretung benötigten Vorschriften enthält, so daß eine weitere allgemeine Vorschriftensammlung überflüssig sei. Eine Auswahlbefugnis der Betriebsvertretung aber kommt erst dann in Betracht, wenn die Anschaffung weiterer Literatur überhaupt erforderlich ist.

c) An jeder Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses fehlt es in Bezug auf die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Betriebsvertretung habe nicht dargelegt, sondern nur pauschal behauptet, daß sie für ihre Arbeit das Werk von Däubler „Das Arbeitsrecht Teil 1 und 2” benötige. Soweit die Rechtsbeschwerde insoweit auf ihren zweitinstanzlichen Vortrag verweist, läßt sie außer Acht, daß das Landesarbeitsgericht diesen Vortrag erkennbar dahin gewürdigt hat, daß das Werk von Däubler zwar auch für eine Betriebsvertretung nützliches Wissen enthalte, aber die Notwendigkeit seiner Zurverfügungstellung damit nicht aufgezeigt worden sei. Gegen diese Würdigung hat die Rechtsbeschwerde keinen Angriff erhoben.

 

Unterschriften

Dr. Steckhan, Schliemann, Krerohelmer, Dr. Sponer, Schmalz

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1081304

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