Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg. Rückabwicklung irrtümlich erbrachter Leistungen
Leitsatz (amtlich)
Die Deutsche Bahn AG ist nach Art. 2 § 14 Abs. 2 des Gesetzes zur Neuregelung des Eisenbahnwesens nur in die zur Zeit ihrer Eintragung in das Handelsregister (5. Januar 1994) bestehenden Arbeitsverhältnisse eingetreten. Hat sie gleichwohl an bereits vorher ausgeschiedene ehemalige Arbeitnehmer der Deutschen Reichsbahn Leistungen nach Maßgabe der §§ 267, 268 AGB-DDR erbracht, ist für eine Klage auf Rückzahlung der gewährten Leistungen der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben.
Normenkette
ArbGG §§ 2-3; ENeuOG Art. 2 § 14
Verfahrensgang
LAG Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 14.08.1997; Aktenzeichen 5 Ta 168/97) |
ArbG Naumburg (Beschluss vom 29.05.1997; Aktenzeichen 3 Ca 747/97) |
Tenor
Die weitere sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 14. August 1997 – 5 Ta 168/97 – wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Beschwerde zu tragen.
Tatbestand
I. Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Rückzahlung von 24.569,82 DM.
Der Beklagte war bis 1984 Arbeitnehmer der Deutschen Reichsbahn. Aufgrund eines 1973 erlittenen Arbeitsunfalls erhielt er von der Deutschen Reichsbahn eine monatliche Ausgleichsleistung nach Maßgabe der §§ 267, 268 AGB-DDR. Im Zuge der Wiedervereinigung wurden die Sondervermögen der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn in ein einheitliches Bundeseisenbahnvermögen zusammengeführt. Durch Gesetz zur Neuordnung des Eisenbahnwesens vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378) wurde die Klägerin gegründet und am 5. Januar 1994 in das Handelsregister eingetragen. Nach Art. 2 § 14 des Eisenbahn-Neuordnungsgesetzes ist sie im Wege der Rechtsnachfolge nur in die zur Zeit der Eintragung bestehenden Arbeitsverhältnisse eingetreten. Die Klägerin zahlte gleichwohl an den bereits aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Beklagten bis einschließlich März 1996 die monatlichen Ausgleichszahlungen. Diese verlangt sie nunmehr von dem Beklagten zurück.
Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Halle verwiesen. Auf die sofortige Beschwerde hat das Landesarbeitsgericht den Beschluß des Arbeitsgerichts abgeändert und den Rechtsweg für zulässig erklärt. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen weiteren sofortigen Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde des Beklagten ist zulässig.
1. Nach § 48 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG ist in Abweichung von § 78 Abs. 2 ArbGG eine weitere Beschwerde statthaft, wenn sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen worden ist. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die weitere sofortige Beschwerde ist auch frist- und formgerecht eingelegt worden. Die zweiwöchige Notfrist (§ 78 Abs. 1 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 577 Abs. 2 ZPO) ist gewahrt.
2. Die Beschwerde des Beklagten ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landesarbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt.
Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen ergibt sich aus § 3 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG. Danach ist die Zuständigkeit für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus den Nachwirkungen eines Arbeitsverhältnisses auch dann gegeben, wenn der Rechtsstreit auf seiten des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers durch einen Rechtsnachfolger geführt wird. Das ist hier der Fall.
Die Klägerin ist zwar nicht Rechtsnachfolgerin des Bundeseisenbahnvermögens geworden. Dem Beklagten standen auch keine Leistungen nach §§ 267, 268 AGB-DDR zu. Denn nach der Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1g zum Einigungsvertrag galten die §§ 267 bis 269a AGB-DDR nur bis zum 31. Dezember 1990. Mit Wirkung zum 1. Januar 1991 sind sie durch die Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung abgelöst worden (BAG Urteil vom 14. Dezember 1995 – 8 AZR 878/94 – AP Nr. 1 zu § 267 AGB-DDR). Hierauf kommt es für die Bestimmung des Rechtswegs aber nicht an.
Entscheidend für die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ist, daß die Klägerin ihre Leistungen an den Beklagten in der Annahme erbracht hat, sie sei in die Rechtsstellung des Bundeseisenbahnvermögens auch für die ehemaligen Arbeitnehmer der Deutschen Reichsbahn gerückt, die Ansprüche aus §§ 267, 268 AGB-DDR erworben hatten. Die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien beruhen damit allein auf dem früheren Arbeitsverhältnis. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht insoweit auf die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte auch für Rechtsstreitigkeiten aus dem sog. faktischen Arbeitsverhältnis verwiesen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Unterschriften
Leinemann, Düwell, Reinecke
Fundstellen
Haufe-Index 884873 |
BB 1998, 56 |
NZA 1998, 165 |
RdA 1998, 127 |