Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschäftigung von Wachmännern
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird das Betriebsgelände von Arbeitnehmern einer Bewachungsunternehmens überwacht, so liegt darin regelmäßig keine gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung an den Inhaber des Betriebes.
2. Die Arbeitnehmer des Bewachungsunternehmens werden auch dann nicht im Sinne von § 99 Abs 1 BetrVG für den Betrieb "eingestellt", wenn die Bewachung des Betriebsgeländes zu anderen Zeiten von Arbeitnehmern des Betriebes durchgeführt wird.
Orientierungssatz
Die Beweiswürdigung ist Sache des Richters der Tatsacheninstanz. Nach § 286 Abs 1 ZPO muß das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung entscheiden, ob die behaupteten Tatsachen wahr sind. Das Revisions- bzw Rechtsbeschwerdegericht kann dabei lediglich nachprüfen, ob die Beweiswürdigung vollständig ist, ob wesentliche Beweisantritte übergegangen sind oder ob die Beweiswürdigung gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt.
Verfahrensgang
Gründe
A. Der Arbeitgeber unterhält in G bei M das M -Institut für P (im folgenden: IPP). Die dort beschäftigten Arbeitnehmer haben einen Betriebsrat gewählt, den Antragsteller im vorliegenden Verfahren.
Bis zum 31. August 1986 wurde der Wach- und Pfortendienst im IPP in vier Schichten von Arbeitnehmern des IPP versehen. Um die Stellen anderweit besetzen zu können, hat der Arbeitgeber zunächst eine Schicht der W B mbH (im folgenden: B) übertragen, die er aus Sachmitteln bezahlen kann. Die B übernimmt gegen Entgelt den Personen- und/oder Objektschutz durch besonders ausgebildete Werkschutzfachkräfte. Die B führt die Bewachung für eine Vielzahl von Personen und Firmen durch. Sie beschäftigt rund vierhundert Arbeitnehmer. Der Bewachungsvertrag mit der B vom 25. August 1986 lautet auszugsweise:
§ 1
Vertragsgegenstand
Der AN verpflichtet sich zur Bewachung des Geländes des
M -Instituts für P ...
§ 2
Umfang der Leistungen des AN
1. Die vom AN zu erbringenden Leistungen sind bestimmt
durch
a) Die Wach- und Zugangsordnung des M -Instituts
für P in der jeweils gültigen Fassung
(Anlage 1).
b) Soweit objektbezogene Besonderheiten und Notwendig-
keiten nicht in Anlage 1 enthalten sind, sind ent-
sprechende Anweisungen und Alarmpläne direkt vor Ort
ausgehängt.
2. Der AN wird die Überwachung des Geländes durch einen
Wachleiter und 2 Werkschutz-Männer durchführen. Während
der Nachtschicht wird zusätzlich ein Wachbegleithund
mit Schutzhundeprüfung eingesetzt.
3. Die Schichteinteilung des Personals des AN erfolgt durch
den vom AN benannten Wach- oder Schichtleiter. Er ist
verantwortlich für den reibungslosen Dienstablauf in der
Wache bzw. Schicht und ist zugleich der Ansprechpartner
für das IPP vor Ort.
4. Der AN übernimmt turnusmäßig die Überwachung des Ge-
ländes im Zeitraum von 4 Wochen jeweils 1 Woche in der
Zeit von 8 bis 20 Uhr und eine Woche in der Zeit von
20 bis 8 Uhr. ...
5. Der gleichzeitige Dienst von Wachpersonal des AN und
des IPP in einer Wache bzw. Schicht ist ausgeschlossen.
6. Der AN verpflichtet sich, soweit nicht unabweisbare
Gründe dies unmöglich machen (Krankheit, Urlaub, Kündi-
gung des Personals beim AN) zum Wachdienst jeweils das
gleiche Personal einzusetzen.
7. Die Wachmannschaft des AN ist einheitlich uniformiert.
§ 3
Bewachungskosten ...
An den ersten vier Tagen wurden die Wachleute der B von einem Mitarbeiter des IPP eingewiesen. Seither verrichten sie ihre Schicht ohne Beteiligung von Mitarbeitern des IPP. Am Ende jeder Schicht hat der Wachleiter dem Leiter der Hausverwaltung des IPP ein Protokoll zu übergeben, in welchem alle besonderen Vorkommnisse während des Wachdienstes festgehalten sind.
In der Übertragung der Aufgabe, das Gelände des IPP zu überwachen, sieht der Betriebsrat eine Eingliederung des Wachpersonals der B in den Betrieb des IPP und damit eine mitbestimmungspflichtige Einstellung i.S. von § 99 BetrVG. Da die B keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung besitze, sei zwischen den von der B überlassenen Wachmännern und dem Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis gemäß Art. 1 §§ 9, 10 AÜG zustande gekommen. Auch unabhängig davon bestehe ein Beteiligungsrecht nach § 99 BetrVG bei der Beschäftigung des Wachpersonals. Die von der B überlassenen Wachmänner arbeiteten nämlich zusammen mit dem übrigen Personal des IPP, seien Weisungen der Institutsleitung unterworfen, in den Betrieb eingegliedert und dienten in gleicher Weise wie alle anderen Arbeitnehmer des IPP dem arbeitstechnischen Zweck des Instituts. Der Wachvertrag enthalte umfangreiche Weisungen an die Wachleute der B.
Da der Arbeitgeber bei der Beschäftigung der Wachmänner der B Beteiligungsrechte des Betriebsrats nicht beachtet habe, hat dieser das vorliegende Verfahren anhängig gemacht und zuletzt beantragt:
1. Die Einstellung der von der B abgeord-
neten Mitarbeiter M., B. u. O. zum 1.9.1986
im Pforten- und Wachdienst des IPP in G. wird
aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, daß die Abordnung von
weiteren Mitarbeitern der B zum Einsatz
im Pforten- und Wachdienst des IPP der Zustim-
mung des Betriebsrats bedarf.
Der Arbeitgeber hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Die Beschäftigung des Wachpersonals der B erfolge im Rahmen eines mit dieser Firma abgeschlossenen Dienst- bzw. Werkvertrages. Das Personal der B sei nicht in den Betrieb des IPP eingegliedert. Das Wachpersonal verrichte seine Aufgaben selbständig und sei an Weisungen des IPP nicht gebunden.
Die Anträge sind in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat den Antrag zu 1) weiter, während der Arbeitgeber um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bittet.
B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet.
Nach § 101 BetrVG kann der Betriebsrat beantragen, daß dem Arbeitgeber aufgegeben wird, eine personelle Maßnahme aufzuheben, die er ohne die erforderliche Zustimmung des Betriebsrates durchgeführt hat. Der Betriebsrat hat damit einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf "Aufhebung der Maßnahme", d.h. auf Beseitigung des betriebsverfassungswidrigen Zustandes (Beschluß des Senats vom 22. März 1983, BAGE 42, 121 = AP Nr. 6 zu § 101 BetrVG 1972 für die Aufhebung einer Eingruppierung).
Die Beschäftigung der Wachmänner der B im Pforten- und Wachdienst des IPP bedurfte nicht der Zustimmung des Betriebsrats. Diese Beschäftigung ist keine Einstellung im Sinne von § 99 BetrVG. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.
1. In der Beschäftigung von Wachmännern der B liegt keine Übernahme von Leiharbeitnehmern zur Arbeitsleistung.
a) Für Arbeitnehmer, die aufgrund eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages im Betrieb des Entleihers beschäftigt werden, ist nach Art. 1 § 14 Abs. 3 AÜG "vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung" der Betriebsrat des Entleiherbetriebes nach § 99 BetrVG zu beteiligen. Diese Vorschrift bezieht sich unmittelbar nur auf die erlaubte gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung, sie ist aber wegen der gleichen Interessenlage, der Betroffenheit der Belegschaft des aufnehmenden Betriebes, auch auf die nicht gewerbsmäßige und die unerlaubte gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung entsprechend anzuwenden (Beschluß des Senats vom 28. September 1988 - 1 ABR 85/87 - AP Nr. 60 zu § 99 BetrVG 1972, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; Beschluß des Siebten Senats vom 18. Januar 1989 - 7 ABR 62/87 - und Beschluß des Senats vom 18. April 1989 - 1 ABR 97/87 -, beide zur Veröffentlichung vorgesehen).
b) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die überwiegenden und wesentlichen Merkmale der Vertragsgestaltung zwischen der IPP und der B sowie die tatsächliche Durchführung sprächen im vorliegenden Fall gegen eine Arbeitnehmerüberlassung. Die Mitarbeiter der B seien Erfüllungsgehilfen der B bei der Erfüllung des Bewachungsvertrages und keine Leiharbeitnehmer. Die B sei ein großes, selbständiges Unternehmen, welches sich auf den Personen- und Objektschutz spezialisiert habe. Sie habe das nötige Know-how, um die Aufgaben zu bewältigen, das nötige Organisationspotential, um die Aufgabe zu organisieren und die Mitarbeiter anzuleiten, und das notwendige Eigenkapital, um für die Schlechterfüllung des Vertrages zu haften und mit Erfolg in Anspruch genommen werden zu können. Dem Arbeitgeber sei nicht das Recht eingeräumt, Mitarbeiter, welche die B einsetzt, zurückzuweisen. Er habe auch niemals eine solche Zurückweisung versucht. Die Mitarbeiter seien für ihre Aufgabe besonders ausgebildet. Anders als die Mitarbeiter des Arbeitgebers besäßen sie einen Waffenschein, sie arbeiteten mit Schutzhunden, und sie seien sowohl praktisch als auch psychologisch für die Überwachungsaufgaben gut geschult. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme seien die Mitarbeiter des Arbeitgebers nicht berechtigt, den Mitarbeitern der B Weisungen zu erteilen, und sowohl die Mitarbeiter der B als die Institutsmitarbeiter seien sich dessen bewußt.
Unerheblich sei, daß B und Arbeitgeber ihre Rechtsbeziehungen detailliert niedergelegt und die einzelnen Rechte und Pflichten der B verhältnismäßig konkret im Vertrag umschrieben hätten. B und Arbeitgeber könnten die einzelnen Bedingungen für die Ausführung des Objektschutzes vereinbaren. Es verbleibe der B gleichwohl ein erheblicher Gestaltungsspielraum. Wachpersonal des Arbeitgebers und der B arbeiteten nicht in derselben Schicht.
c) Das Landesarbeitsgericht ist bei diesen Ausführungen von den Grundsätzen ausgegangen, nach denen Dienst- oder Werkverträge einerseits und Arbeitnehmerüberlassungsverträge andererseits abzugrenzen sind.
Der Siebte Senat hat zuletzt in den Entscheidungen vom 18. Januar 1989 (- 7 ABR 62/87 - AP Nr. 2 zu § 14 AÜG und - 7 ABR 21/88 - AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972, beide auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) grundlegend zur Abgrenzung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung gegenüber einem Einsatz von Arbeitnehmern auf werk- oder dienstvertraglicher Basis Stellung genommen. Die Abgrenzung dieser verschiedenen Erscheinungsformen des drittbezogenen Personaleinsatzes richtet sich danach nach den folgenden Kriterien: Bei der Arbeitnehmerüberlassung werden dem Entleiher die Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt. Der Entleiher setzt sie nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie seine eigenen Arbeitnehmer ein. Die Arbeitskräfte sind voll in den Betrieb des Entleihers eingegliedert und führen ihre Arbeit allein nach dessen Weisungen aus. Die Vertragspflicht des Verleihers gegenüber dem Entleiher endet, wenn er den Arbeitnehmer ausgewählt und dem Entleiher zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt hat. Er haftet nur für Verschulden bei der Auswahl der verliehenen Arbeitnehmer. Gewerbsmäßig handelt der Arbeitgeber, der die Arbeitnehmerüberlassung nicht nur gelegentlich betreibt, sondern auf gewisse Dauer anlegt und damit unmittelbare oder mittelbare wirtschaftliche Vorteile erzielen will.
Von der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung ist die Tätigkeit eines Unternehmers aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrages zu unterscheiden. In diesen Fällen wird der Unternehmer für einen anderen tätig. Er organisiert die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolges notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und bleibt für die Erfüllung der im Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werkes gegenüber dem Drittunternehmen verantwortlich. Die zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrages eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen weiterhin der Weisung des Unternehmens und sind dessen Erfüllungsgehilfen. Solche Dienst- oder Werkverträge werden vom AÜG nicht erfaßt (vgl. BAGE 29, 7, 11, 12 = AP Nr. 9 zu § 103 BetrVG 1972 = EzAÜG Nr. 32, zu II 2 und 2 a der Gründe; BAGE 31, 135, 141 ff. = AP Nr. 2 zu § 1 AÜG = EzAÜG Nr. 50, zu II 1 c der Gründe; BAGE 43, 102, 105 = AP Nr. 5 zu § 10 AÜG = EzAÜG Nr. 130, zu I 1 a der Gründe; vgl. weiter Becker/Wulfgramm, AÜG, 3. Aufl., Einl. Rz 30, 30 a, Art. 1 § 1 Rz 35, 39, Art. 1 § 12 Rz 32 ff.; Becker, DB 1988, 2561, 2565 ff.; Sandmann/Marschall, AÜG, Stand Dezember 1988, Art. 1 § 1 Anm. 12 ff.).
Über die danach gebotene Zurechnung des jeweils zwischen den beteiligten Unternehmen vereinbarten Vertrages zu einer dieser beiden Fallgruppen entscheidet der Geschäftsinhalt. Dieser kann sich sowohl aus den schriftlichen Vereinbarungen als auch aus der praktischen Durchführung der Verträge ergeben. Widersprechen sich beide, so ist die tatsächliche Durchführung maßgebend (BAGE 43, 102, 105 = AP Nr. 5 zu § 10 AÜG, zu I 1 b der Gründe).
d) Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Rechtsnatur der zwischen dem Arbeitgeber und der B bestehenden Rechtsbeziehungen sind frei von Rechtsfehlern.
Für die rechtlichen Folgen unerheblich ist es, daß das Landesarbeitsgericht in dem zwischen Arbeitgeber und B abgeschlossenen Bewachungsvertrag vom 25. August 1986 einen Werkvertrag und nicht einen Dienstvertrag erblickt hat. Es hätte nähergelegen, in dem Bewachungsvertrag einen Dienstvertrag zu sehen. "Bewachung" (vgl. § 1 des Vertrages) ist nämlich eine typische Dienstleistung (BAGE 31, 135, 141 = AP Nr. 2 zu § 1 AÜG, zu II 1 b der Gründe; Urteil des Fünften Senats vom 8. September 1982 - 5 AZR 10/80 - EzAÜG Nr. 117; Urteil des Zweiten Senats vom 29. September 1988 - 2 AZR 107/88 - NZA 1989, 799, 800; LAG Frankfurt am Main vom 4. Dezember 1979 - 4 TaBV 63/79 - EzAÜG Nr. 79; Becker/Wulfgramm, AÜG, 3. Aufl., Art. 1 § 1 Rz 39 b und Art. 1 § 12 Rz 37 a; Becker, DB 1988, 2561, 2566 f.).
Die von der Rechtsbeschwerde gegen die tatsächlichen Feststellungen erhobenen Rügen greifen nicht durch. Die Rechtsbeschwerde meint, das Beschwerdegericht habe seine Feststellungen aufgrund der Beweisaufnahme nicht treffen dürfen. Das Beschwerdegericht habe sich zu wenig mit den schriftlich fixierten Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und B beschäftigt; dies gelte auch für den Aufgabenkatalog "Kontrolldienst der Hauptpforte" , der Bestandteil des Bewachungsvertrages sei, und die "Vorläufige Dienstanweisung für Wache IPP" der B. Bei hinreichender Berücksichtigung aller Einzelheiten hätte sich ergeben, daß der Gestaltungsspielraum der B bei der Bewachung des Geländes des IPP in einem solchen Umfang eingeengt sei, daß das Vorliegen eines Dienst- oder Werkvertrages zu verneinen sei. Damit greift die Rechtsbeschwerde unzulässigerweise die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts an. Die Beweiswürdigung ist Sache des Richters der Tatsacheninstanz. Nach § 286 Abs. 1 ZPO muß das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung entscheiden, ob die behaupteten Tatsachen wahr sind. Das Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdegericht kann dabei lediglich nachprüfen, ob die Beweiswürdigung vollständig ist, ob wesentliche Beweisantritte übergangen sind oder ob die Beweiswürdigung gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BAGE 14, 206, 210 = AP Nr. 4 zu § 276 BGB Verschulden bei Vertragsabschluß, zu II der Gründe).
Der Beschluß des Landesarbeitsgerichts läßt solche Fehler nicht erkennen. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit ausdrücklich berücksichtigt, daß die einzelnen Rechte und Pflichten der B verhältnismäßig konkret im Vertrag umschrieben sind. Gleichwohl hat das Landesarbeitsgericht im einzelnen einen erheblichen Gestaltungsspielraum der B und der von ihr eingesetzten Wachmänner festgestellt.
2.a) Der Regelung in Art. 1 § 14 AÜG ist nicht zu entnehmen, daß damit gleichzeitig Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Einstellung von Personen, die weder Arbeitnehmer des Betriebes werden sollen noch Leiharbeitnehmer i.S. des AÜG sind, ausgeschlossen sind (Entscheidung des Senats vom 15. April 1986 - 1 ABR 44/84 - BAGE 51, 337 = AP Nr. 35 zu § 99 BetrVG 1972). Nach dieser Entscheidung, von der im Ergebnis auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist, liegt vielmehr eine nach § 99 BetrVG zustimmungspflichtige Einstellung immer dann vor, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Auf das Rechtsverhältnis, in dem diese Personen zum Arbeitgeber als Betriebsinhaber stehen, kommt es nicht an. An dieser Rechtsprechung hat der Senat in späteren Entscheidungen festgehalten (Beschluß vom 16. Dezember 1986 - 1 ABR 52/85 - AP Nr. 40 zu § 99 BetrVG 1972; Beschluß vom 18. April 1989 - 1 ABR 97/87 -, zur Veröffentlichung vorgesehen) und diese in dem Beschluß vom 1. August 1989 (- 1 ABR 54/88 -, zur Veröffentlichung vorgesehen) dahingehend präzisiert, daß maßgebend ist, ob die von diesen Personen zu verrichtende Tätigkeit ihrer Art nach eine weisungsgebundene Tätigkeit ist, die der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebes zu dienen bestimmt ist und daher vom Arbeitgeber organisiert werden muß. Darauf, ob und gegebenenfalls von wem diesen Personen tatsächlich Weisungen hinsichtlich dieser Tätigkeit gegeben werden, kommt es nicht an.
b) Die hier zu beurteilenden Bewachungsarbeiten sind nicht unmittelbar mit der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebes des Arbeitgebers verknüpft, der nach der Satzung des IPP in der Durchführung von Forschungen auf dem Gebiet der Plasmaphysik und den angrenzenden Gebieten sowie der Entwicklung der für die einschlägigen Forschungen erforderlichen Methoden und Hilfsmittel besteht. Eine Überwachungstätigkeit wird im wesentlichen in vielen Betrieben - unabhängig von dem eigentlichen arbeitstechnischen Zweck des Betriebs - in vergleichbarer Weise durchgeführt (vgl. dazu LAG Düsseldorf Beschluß vom 24. Juni 1987 - 14 TaBV 39/87 - DB 1987, 2159 und LAG Frankfurt am Main Beschluß vom 19. April 1988 - 5 TaBV Ga 52/88 - AiB 1988, 313; weitergehend hinsichtlich der (Mit-)Verwirklichung des Betriebszwecks aber LAG Baden-Württemberg Beschluß vom 28. Februar 1989 - 14 TaBV 14/88 - AiB 1989, 319). Entsprechend hat der Senat hinsichtlich von Reinigungsarbeiten in einer Druckerei ausgesprochen, daß die Reinigungsabteilung kein Betriebsteil ist, der für den Gesamtbetrieb und für die Erfüllung von dessen arbeitstechnischem Zweck, Druckerzeugnisse herzustellen, von erheblicher Bedeutung ist (Beschluß vom 6. Dezember 1988 - 1 ABR 47/87 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Die von den Wachmännern der B zu verrichtenden Dienste sind absonderbare Arbeiten, die geeignet sind, auf Fremdfirmen und deren Arbeitnehmer übertragen zu werden. Bei der Übertragung bestimmter absonderbarer Arbeiten auf Fremdfirmen und deren Arbeitnehmer müssen die im Betrieb bereits beschäftigten Arbeitnehmer mit den Arbeitnehmern der Fremdfirmen nicht unmittelbar zusammenarbeiten (vgl. dazu Beschluß vom 15. April 1986, aaO). Die Interessen der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer werden deshalb nicht berührt, wenn die Arbeitnehmer der Fremdfirmen nicht wie die Arbeitnehmer im Betrieb und eingegliedert in die betriebliche Organisation arbeiten. Die Wachmänner der B werden nicht beschäftigt, um den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes des Arbeitgebers zusammen mit den anderen dort beschäftigten Arbeitnehmern zu verwirklichen. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit festgestellt, daß die Mitarbeiter der B nicht mit Wachleuten des Arbeitgebers zusammen in einer Schicht arbeiten und auch Weisungen des Arbeitgebers nicht unterworfen sind.
In der Beschäftigung von Wachmännern der B liegt daher keine Einstellung im Sinne von § 99 BetrVG, die der Zustimmung des Betriebsrats bedarf. Der Betriebsrat kann deshalb auch nicht die "Aufhebung" dieser Beschäftigung verlangen.
Dr. Kissel Matthes Dr. Weller
Weinmann Lappe
Fundstellen
Haufe-Index 437104 |
BB 1990, 1343 |
BB 1990, 1343-1345 (LT1-2) |
DB 1990, 1139-1140 (LT1-2) |
AiB 1990, 260-262 (LT1-2) |
BetrVG, (10) (LT1-2) |
BR/Meuer AÜG Art 1 § 14, 28-11-89, 1 ABR 90/88 (LT1) |
NZA 1990, 364-366 (LT1-2) |
RdA 1990, 127 |
AP § 14 AÜG (LT1-2), Nr 5 |
AR-Blattei, ES 1840 Nr 21 (LT1-2) |
AR-Blattei, Zeitarbeit Entsch 21 (LT1-2) |
DBlR 3694a, Art 1/§ 14 (ST) |
EzAÜG, Nr 358 (LT1-2) |
EzA § 14 AÜG, Nr 2 (LT1-2) |