Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifauslegung bei Haustarifvertrag
Leitsatz (amtlich)
Schließt ein Arbeitgeber für seine in einem Landesarbeitsgerichtsbezirk liegenden Betriebe einen Haustarifvertrag ab und verweist ein weiterer Tarifvertrag für seine in einem anderen Landesarbeitsgerichtsbezirk liegenden Betriebe auf diesen Haustarifvertrag, so kann eine Nichtzulassungsbeschwerde auf die grundsätzliche Bedeutung der Auslegung dieses Haustarifvertrages gestützt werden.
Normenkette
ArbGG 1979 § 72a Grundsatz
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 24.03.1994; Aktenzeichen 1 Sa 773/93) |
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 28.04.1993; Aktenzeichen 6 Ca 980/92 L) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten wird die Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. März 1994 – 1 Sa 773/93 – zugelassen.
Der Streitwert wird auf 1.330,-- DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Beklagte betreibt in den Bundesländern Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg, Hessen und Bayern Einrichtungen zur Betreuung alter Menschen. Für ihre in Rheinland-Pfalz gelegenen Einrichtungen hat sie am 1. April 1987 mit der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz, einen Haustarifvertrag geschlossen, an dessen Stelle später der ebenfalls mit der ÖTV, Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz, geschlossene Haustarifvertrag vom 13. August 1990 getreten ist. In dem Haustarifvertrag heißt es u.a.:
§ 2 Anwendung des BAT
Auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer nach § 1 finden zur Regelung ihrer Arbeitsbedingungen grundsätzlich die Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Angestellte bei Bund und Ländern (BAT) in seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung.
§ 3 Ausnahmeregelungen
(hier werden Sonderbestimmungen zur Anwendung der §§ 27, 29, 36, 37, 66 und 67 BAT getroffen).
§ 4 Eingruppierungsregelungen
(hier ist bestimmt, daß die Anlagen 1 a) und 1 b) zum BAT Anwendung finden).
§ 5 Sonstige Tarifverträge
- Die nachfolgend aufgeführten Tarifverträge zum BAT
- Vergütungstarifvertrag
- Tarifvertrag über allgemeine Zulagen
- Tarifvertrag über vermögenswirksame Leistungen
- Tarifvertrag Urlaubsgeld
- Tarifvertrag über eine Zuwendung
- Tarifvertrag Rationalisierungsschutz
- finden in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.
Für ihre in Nürnberg gelegenen Einrichtungen hat die Beklagte mit der ÖTV, Kreisverwaltung Nürnberg, am 15. April 1988 einen Ortstarifvertrag geschlossen. In dessen § 2 heißt es:
“Auf das Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmer findet der zwischen der D… gGmbH in Rheinland-Pfalz, vertreten durch die Geschäftsführerin Frau W… sowie der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz vereinbarte Haustarifvertrag vom 1. April 1987 sowie die ihn ergänzenden und ändernden Tarifverträge Anwendung, soweit nachstehend nichts anderes vereinbart ist.
…”
In den von der Beklagten verwendeten Formulararbeitsverträgen heißt es in § 14:
“Soweit dieser Arbeitsvertrag ausdrückliche Regelungen nicht enthält, gelten die Bestimmungen des Tarifvertrages zwischen der D… gGmbH in Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz, in Kraft seit 1. Juli 1990, längstens jedoch bis zum Zustandekommen eines Tarifvertrages für das jeweilige Tarifgebiet oder die jeweilige Einrichtung.
…”
In einem 1991 anhängig gewordenen Rechtsstreit hat ein Angestellter der Beklagten diese auf Zahlung einer Schichtzulage in Anspruch genommen. Als Anspruchsgrundlage dieser Schichtzulage kam für die Zeit bis zum 31. März 1991 die Sonderregelung (SR) 2a zum BAT Nr. 1 und 8, und für die Zeit ab dem 1. April 1991 § 33a BAT in Betracht. In diesem Verfahren hat der Senat mit Urteil vom 1. September 1993 (10 AZR 259/92 – AP Nr. 1 zu § 33a BAT) der Klage insoweit stattgegeben, als die Schichtzulage für die Zeit ab dem 1. April 1991 auf der Grundlage von § 33a BAT verlangt wurde. Hinsichtlich der Zeit vor dem 1. April 1991 hat der Senat den Rechtsstreit zurückverwiesen. Er hat dabei darauf abgestellt, daß vom Landesarbeitsgericht festgestellt werden müsse, ob es sich bei der Einrichtung, in der der Kläger beschäftigt ist, um ein “Alters- oder Pflegeheim mit überwiegend krankenpflegebedürftigen Insassen” handelt – so SR 2a – oder um ein Heim, das der Fürsorge oder Betreuung von “Alten, Gebrechlichen, erwerbsbeschränkten oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen dient” – so SR 2b –.
Nach Abschluß dieses Verfahrens hat das Landesarbeitsgericht in dem zurückverwiesenen Verfahren und in einer Vielzahl weiterer bei ihm anhängiger Verfahren, in denen Angestellte der Beklagten die fragliche Schichtzulage verlangten, am 24. März 1994 entschieden. Es hat in den Verfahren, in denen die Schichtzulage für die Zeit ab 1. April 1991 begehrt wurde, den Klagen in gleichlautenden Urteilen stattgegeben, wobei es in den Entscheidungsgründen den Gründen der Entscheidung des Senats vom 1. September 1993 gefolgt ist. Es hat in diesen Verfahren die Revision nicht zugelassen.
In den Verfahren, in denen die Schichtzulage für die Zeit bis zum 1. April 1991 auf der Grundlage der SR 2a geltend gemacht wurde, hat es die Klagen in gleichlautenden Urteilen abgewiesen mit der Begründung, die Kläger hätten nicht dargetan, daß es sich bei ihren Beschäftigungseinrichtungen um Heime “mit überwiegend krankenpflegebedürftigen Insassen” handele. Es hat in diesen Verfahren die Revision für die Kläger zugelassen und diese Zulassung damit begründet, es bedürfe einer höchstrichterlichen Entscheidung der Frage, wie zu verfahren sei, wenn die Kläger objektiv nicht in der Lage seien darzutun, ob in der Beschäftigungseinrichtung überwiegend krankenpflegebedürftige Insassen betreut würden oder Personen, die alt, gebrechlich, erwerbsbeschränkt oder in sonstiger Weise hilfsbedürftig seien und daher der Pflege bedürften. Sämtliche Kläger haben die zugelassene Revision gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts eingelegt.
2. Im vorliegenden Verfahren hat das Landesarbeitsgericht der Klage der Klägerin auf Zahlung einer Schichtzulage für die Zeit nach dem 1. April 1991 mit der dargelegten Begründung stattgegeben. Gegen die Nichtzulassung der Revision gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde. Sie hat die Nichtzulassungsbeschwerde auch in sämtlichen anderen Verfahren eingelegt, in denen das Landesarbeitsgericht den Klagen auf eine Schichtzulage für eine Zeit nach dem 1. April 1991 stattgegeben hat.
a) Zur Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Beklagte in erster Linie eine fehlerhafte Auslegung ihres Haustarifvertrages vom 13. August 1990 durch das Landesarbeitsgericht geltend. Das Landesarbeitsgericht sei davon ausgegangen, daß die Verweisung in § 2 des Haustarifvertrages auf die “Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Angestellte bei Bund und Ländern (BAT)” auch die Regelung der Schichtzulage in § 33a BAT erfasse. Bei Abschluß des Haustarifvertrages habe es diese Vorschrift noch nicht gegeben. Die Schichtzulage sei vielmehr nur in der SR 2a geregelt gewesen. Die Sonderregelungen zum BAT seien aber im Haustarifvertrag nicht in Bezug genommen. Vielmehr sei deren Anwendung ausgeschlossen worden, wie sich aus der Gesamtheit der Regelungen im Haustarifvertrag ergebe. Die Übernahme der Regelungen über eine Schichtzulage aus der SR 2a in die Bestimmungen des § 33a BAT sei überraschend gekommen. Damit habe sie bei Abschluß des Haustarifvertrages nicht rechnen müssen. Die Verweisung auf die Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Angestellte in § 2 des Haustarifvertrages erstrecke sich nicht auf solche überraschenden Änderungen, so daß § 33a BAT auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Angestellten keine Anwendung finde.
Auf diese Zusammenhänge habe sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht ausdrücklich hingewiesen. Das Landesarbeitsgericht sei in seinen Entscheidungsgründen darauf jedoch nicht eingegangen.
Es gehe damit um die Auslegung der Verweisungsbestimmung in § 2 des Haustarifvertrages. Diese habe für sie grundsätzliche Bedeutung, wie schon die Vielzahl der anhängigen Verfahren (ca. 80) ausweise, die Klärung dieser Rechtsfrage habe darüber hinaus für die Arbeitsverhältnisse aller bei ihr beschäftigten Angestellten (rund 1000) Bedeutung.
b) Die Beklagte stützt ihre Nichtzulassungsbeschwerde darüber hinaus auf eine Reihe von Divergenzen zwischen der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts und verschiedenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Das Landesarbeitsgericht habe das Gebot der prozessualen Waffengleichheit verletzt, indem es die Revision für die unterlegenen Kläger, nicht aber für sie zugelassen habe. Diese unterschiedliche Entscheidung verletze auch den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz und stelle einen Verstoß gegen das Willkürverbot dar. Schließlich habe das Landesarbeitsgericht gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs verstoßen, indem es ihre Hinweise zur Reichweite der Verweisungsbestimmung in § 2 des Haustarifvertrages nicht zur Kenntnis genommen und auch im Urteil nicht erwähnt habe. Sie habe insoweit einen Tatbestandsberichtigungsantrag gestellt.
Diesen Tatbestandsberichtigungsantrag hat das Landesarbeitsgericht mit Beschluß vom 25. August 1994 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, daß der Antrag einmal unzulässig sei, weil er erst nach Ablauf von drei Monaten nach der Verkündung des Urteils gestellt worden sei, und zum anderen auch unbegründet, weil das Vorbringen der Beklagten keine tatsächlichen Behauptungen enthalte, sondern nur eine Rechtsmeinung zum Ausdruck bringe, die im Tatbestand eines Urteils keine Aufnahme finden müsse.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist begründet.
1. Nach § 72a Abs. 1 ArbGG ist auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin die Zulassung der Revision u.a. dann auszusprechen, wenn einmal die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und zum anderen diese eine Rechtsstreitigkeit betrifft über die Auslegung eines Tarifvertrages, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des Landesarbeitsgerichts hinaus erstreckt.
2. Der vorliegende Rechtsstreit betrifft – ebenso wie die anderen anhängigen Verfahren – zunächst die Auslegung eines Tarifvertrages. Es geht darum, ob die Verweisung in § 2 des Haustarifvertrages auf die Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Angestellte bei Bund und Ländern sich auch auf den erst nach Abschluß des Haustarifvertrages in den BAT eingefügten § 33a erstreckt oder ob dessen Inbezugnahme deswegen ausgeschlossen ist, weil der Haustarifvertrag schon die SR 2a und die SR 2b nicht in Bezug genommen hat. Es geht damit um die Ermittlung des konkreten Inhaltes einer tariflichen Bestimmung und damit um deren Auslegung, nicht aber um die Subsumtion von Tatsachen unter einen Tarifbegriff.
Das Landesarbeitsgericht ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, daß die Inbezugnahme des Bundesmanteltarifvertrages für Angestellte in § 2 des Haustarifvertrages sich auch auf § 33a BAT erstreckt. In seinem Urteil heißt es, “der Klägerseite steht … der geltend gemachte Anspruch auf die Schichtzulage … gemäß § 33a … BAT in Verbindung mit § 2 des Haustarifvertrages zu”.
Allerdings hat das Landesarbeitsgericht dieses sein Verständnis der Verweisungsbestimmung in § 2 des Haustarifvertrages nicht näher begründet. Es ist insbesondere nicht auf die von der Beklagten insoweit vorgetragenen rechtlichen Überlegungen eingegangen. Darauf kommt es jedoch nicht an. Auslegung eines Tarifvertrages ist die fallübergreifende abstrakte Interpretation eines tariflichen Rechtsbegriffes. Auf welchen Wegen und unter Berücksichtigung welcher tatsächlichen Umstände und rechtlichen Erwägungen das Landesarbeitsgericht zu dieser Interpretation des tariflichen Rechtsbegriffs gekommen ist, ist unerheblich, sofern sich nur das Ergebnis dieser Interpretation der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts eindeutig entnehmen läßt und das Urteil auf dieser Interpretation beruht. Beides ist vorliegend der Fall.
b) Der tarifliche Rechtsbegriff, dessen Auslegung grundsätzliche Bedeutung zukommen soll, muß sich in einem Tarifvertrag finden, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des Landesarbeitsgerichts hinaus erstreckt, § 72a Abs. 1 Nr. 2 ArbGG. Das ist hinsichtlich des Haustarifvertrages vom 13. August 1990 zunächst nicht der Fall. In dessen § 1 – Geltungsbereich – heißt es in Abs. 1 ausdrücklich:
Dieser Tarifvertrag gilt für die tarifgebundenen Arbeitnehmer in den Einrichtungen der D… gGmbH in “Rheinland-Pfalz”.
Allerdings hat auch der Ortstarifvertrag Nürnberg den von der Beklagten für das Land Rheinland-Pfalz abgeschlossenen Haustarifvertrag vollinhaltlich in Bezug genommen. Zwar bezieht sich dieser ausdrücklich nur auf den Haustarifvertrag vom 1. April 1987, er nimmt aber auch die diesen Haustarifvertrag ergänzenden und ändernden Tarifverträge in Bezug und damit auch den Haustarifvertrag vom 13. August 1990. Damit gilt dessen Verweisung auf die Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Angestellte bei Bund und Ländern in § 2 auch für Arbeitsverhältnisse in den Einrichtungen der Beklagten in Nürnberg und damit im Bezirk eines anderen Landesarbeitsgerichts. Das genügt, um die Nichtzulassungsbeschwerde auf die grundsätzliche Bedeutung der Auslegung des § 2 des Haustarifvertrages zu stützen.
Allerdings hat der Senat in seiner Entscheidung vom 3. März 1993 (10 AZN 381/92 – nicht veröffentlicht) ausgesprochen, daß eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf die grundsätzliche Bedeutung der Auslegung eines Tarifvertrages gestützt werden kann, wenn dieser Tarifvertrag sich nach seinem räumlichen Geltungsbereich nur auf den Bezirk eines Landesarbeitsgerichtes erstreckt und seine Bestimmungen außerhalb dieses Bezirks nur kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme ebenfalls gelten sollen. Im vorliegenden Falle gilt aber der Haustarifvertrag im Bezirk des Landesarbeitsgerichts Nürnberg nicht – nur – kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme, sondern aufgrund der Übernahme seiner Bestimmungen durch den Ortstarifvertrag Nürnberg vom 15. April 1988. Damit gilt die Verweisungsbestimmung in § 2 des Haustarifvertrages, um deren Auslegung es geht, aufgrund zweier insoweit wortgleich und inhaltlich übereinstimmender Tarifverträge im Bezirk mehrerer Landesarbeitsgerichte. Für eine solche Fallgestaltung hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 24. März 1993 (– 4 AZN 5/93 – AP Nr. 21 zu § 72 ArbGG 1979 – auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung bestimmt) ausgesprochen, daß zwei Tarifverträge, die jeweils im Bezirk eines anderen Landesarbeitsgerichts gelten, einem Tarifvertrag gleichgestellt werden können, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Landesarbeitsgerichts hinaus erstreckt, wenn diese Tarifverträge in einem Regelungsbereich wörtlich übereinstimmen und auch im übrigen keine für eine Auslegung unter Berücksichtigung des jeweiligen Regelungszusammenhangs erheblichen Unterschiede aufweisen. Dem schließt sich der Senat an.
Der Gesetzgeber hat der Auslegung von Tarifverträgen einen hohen Stellenwert eingeräumt. In Rechtsstreitigkeiten, die die Auslegung eines Tarifvertrages betreffen, soll diese Auslegung durch das Bundesarbeitsgericht auch dann ermöglicht werden, wenn das Landesarbeitsgericht die Revision nicht zugelassen hat. Das gilt allerdings nur dann, wenn ohne eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts die Auslegung der fraglichen Tarifbestimmung durch mehrere Landesarbeitsgerichte zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann, was in der Regel nur dann der Fall sein kann, wenn sich der Geltungsbereich des fraglichen Tarifvertrages über den Bezirk eines Landesarbeitsgerichts hinaus erstreckt. Zu unterschiedlichen Auslegungsergebnissen eines bestimmten Tarifvertrages durch mehrere Landesarbeitsgerichte kann es aber auch dann kommen, wenn der fragliche Tarifbegriff im gleichen Regelungszusammenhang in mehreren Tarifverträgen enthalten ist. Kommt hinzu, daß die mehreren Tarifverträge von denselben Tarifvertragsparteien abgeschlossen worden sind, so daß davon ausgegangen werden kann, daß sie demselben Begriff auch denselben Inhalt geben wollten, würde eine unterschiedliche Auslegung dieses Tarifbegriffs durch verschiedene Landesarbeitsgerichte dem Sinn der gesetzlichen Regelung widersprechen, wenn in solchen Fällen eine Nichtzulassungsbeschwerde nur deswegen nicht zulässig wäre, weil sich die einzelnen Tarifverträge jeweils in ihrem Geltungsbereich nicht über den Bezirk eines Landesarbeitsgerichts hinaus erstrekken.
c) Die Rechtssache hat auch grundsätzliche Bedeutung. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt von einer klärungsfähigen und klärungsbedürftigen Rechtsfrage ab, die von allgemeiner Bedeutung, jedenfalls für alle bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer und für die Beklagte selbst ist. Abgesehen von der wirtschaftlichen Bedeutung der Entscheidung für die Beklagte kann dabei nicht außer acht gelassen werden, daß es auf Unverständnis stoßen müßte, wenn die Arbeitnehmer in Einrichtungen der Beklagten im Bezirk eines Landesarbeitsgerichts aufgrund dessen Rechtsprechung und Auslegung der Verweisungsbestimmung in § 2 des Haustarifvertrages die Schichtzulage beanspruchen könnten, während Arbeitnehmer in Einrichtungen im Bezirk eines anderen Landesarbeitsgerichts diesen Anspruch nicht durchsetzen könnten, weil das Landesarbeitsgericht eine andere Auslegung der Verweisungsbestimmung für zutreffend hält.
Damit ist die Nichtzulassungsbeschwerde begründet. Auf die weiteren Begründungen der Beklagten kommt es nicht an.
Unterschriften
Matthes, Hauck, Böck, Hromadka, Hannig
Fundstellen
Haufe-Index 857020 |
NZA 1995, 438 |