Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang bei Klinik
Normenkette
BGB §§ 611, 613a
Verfahrensgang
LAG Hamm (Urteil vom 12.01.1988; Aktenzeichen 6 Sa 940/87) |
ArbG Detmold (Urteil vom 25.03.1987; Aktenzeichen 1 Ca 90/87) |
Tenor
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.
Tatbestand
I. Die Parteien haben darüber gestritten, ob die Gemeinschuldnerin, zu der vertragliche Beziehungen durch eine Vereinbarung vom 8. September 1988 jedenfalls inzwischen beendet worden sind, als Übernehmerin des Betriebes des früheren Arbeitgebers des Klägers, der Asthma- und Allergieklinik Bad Salzuflen GmbH (AAK), verpflichtet gewesen ist, den Kläger ab Anfang 1987 weiterzubeschäftigen.
Beide Parteien haben im Termin am 31. Mai 1990 die Hauptsache für erledigt erklärt und wechselseitig beantragt, dem Gegner die Kosten des Rechtsstreites aufzuerlegen.
Dem Streit über die Weiterbeschäftigung hat folgender Sachverhalt zugrundegelegen:
Die Klinik am Kurpark Vetter KG errichtete zu Beginn der 80er Jahre in Bad Salzuflen die Obernbergklinik, die von der KG mit der für den Klinikbetrieb erforderlichen Einrichtung ausgestattet wurde. Mieterin der Klinik ist die AAK gewesen, die am 1. Januar 1983 ihre Tätigkeit in dem neu errichteten Klinikbau aufnahm.
Die AAK wurde von dem Kläger und dem Kaufmann S. durch notariellen Vertrag vom 8. Oktober 1980 gegründet. Gegenstand der Klinik bildete Betrieb, Bewirtschaftung und Unterhaltung der A. klinik mit medizinisch-therapeutischen und diagnostischen Leistungen für Versicherungsträger und Berufsgenossenschaften sowie private Krankenversicherer und Dritte, wobei ihre Leistungen alle unspezifischen Erkrankungen der Atemwege und allergische Krankheitsbilder anderer Organe umfaßte. Von dem Stammkapital von 500.000,– DM haben der Kläger 125.000,– DM und der Gesellschafter S. 375.000,– DM übernommen.
Nach § 5 des Gesellschaftervertrages war der Kläger verpflichtet, innerhalb einer Frist von sechs Monaten seinen Gesellschaftsanteil zu veräußern, wenn er nicht mehr ärztlicher Leiter der AAK sein sollte.
Am 2. Dezember 1981 schlossen die AAK und der am 11. Juni 1924 geborene Kläger einen Chefarztvertrag, nach dem der Kläger zum ärztlichen Leiter der AAK mit den Indikationsbereichen Asthma und Allergie bestellt wurde. Der Chefarztvertrag wurde bis zum 31. Dezember 1993 befristet abgeschlossen und war danach mit einer Frist von 12 Monaten kündbar. Das unter der Leitung des Klägers stehende und ausschließlich in seine rechtliche und wirtschaftliche Verantwortlichkeit fallende Institut für arbeits- und sozialmedizinische Allergiediagnostik im E.-Forschungs-Institut wurde vertragsgemäß räumlich und fachlich in der AAK untergebracht.
Der Kläger nahm seine Tätigkeit als Chefarzt und ärztlicher Direktor am 1. Januar 1983 auf und erhielt nach § 6 des Chefarztvertrages ein Honorar von monatlich 6.000,– DM zuzüglich eines 13. Monatsgehaltes, womit sämtliche anfallenden überstunden abgegolten sein sollten. Die Parteien vereinbarten eine Erhöhung des Chefarzthonorars entsprechend der Entwicklung der Besoldungsstufe I a BAT, Sozialversicherungsabgaben und Lohnsteuern wurden von der AAK für den Kläger nicht abgeführt. Im Krankheitsfall sollte das Gehalt sechs Monate ungekürzt fortgezahlt werden. Der Urlaubsanspruch sollte sich nach dem BAT richten.
Neben seiner Tätigkeit als Leiter der AAK und seiner wissenschaftlichen Gutachtertätigkeit wurde dem Kläger gestattet, im Rahmen von Aufnahmeverträgen als Belegarzt mit Liquidationsbefugnis gegenüber den von ihm behandelten Privatpatienten und selbst zahlenden Patienten tätig zu werden. Einschließlich der aus der zuletzt genannten Tätigkeit erzielten Honorare erreichte der Kläger im Jahre 1986 ein Jahreseinkommen in Höhe von insgesamt 260.000,– DM.
Wegen nicht ausreichender Belegung der Klinik vermietete die Klinik … V. KG ab 1984 Teile der Räumlichkeiten und Einrichtungen der O. klinik zusätzlich an die Klinische B. GmbH, die frühere Beklagte und jetzige Gemeinschuldnerin, die eine Behandlung wegen weiterer Indikationen (Dermatologie, Kardiologie und Psychosomatik) durchführte. Der Mietvertrag mit der AAK wurde entsprechend sukzessive zurückgeführt. Die Behandlungskapazität der AAK in der O. klinik beschränkte sich Ende 1986 nach den Angaben des Klägers auf 80 und nach denen der Beklagten auf 70 Betten.
Da die Mietrückstände der AAK gleichwohl laufend anstiegen, kündigte die Klinik … V. KG im Juni 1986 den Mietvertrag mit der AAK. Im Dezember 1986 verlangte die Vermieterin die Räumung bis zum 31. Dezember 1986. Die AAK bat daraufhin den Kläger, das Grundstück bis zum Jahresende 1986 zu räumen. Mit Fernschreiben vom 30. Dezember 1986 teilte sie dem Kläger u.a. mit, sie habe zur Kenntnis genommen, daß er seinen Funktionsbereich zwischenzeitlich geräumt habe und deswegen die O. klinik ab 1. Januar 1987 die Versorgung der noch im Hause befindlichen Patienten in dem bislang von ihm vertretenen Indikationsbereich übernehmen könne. Er werde weiter gebeten, das ärztliche Direktorat der A. klinik für die Übergangsphase in der Patientenversorgung dem ärztlichen Direktor der klinik, Professor Dr. G., persönlich zu übergeben.
Ende Dezember 1986 hat der Kläger beim Arbeitsgericht Klage gegen die AAK mit dem Antrag erhoben, festzustellen, daß sein Arbeitsverhältnis weder durch das Schreiben vom 10. Dezember 1986 noch durch das vorgenannte Fernschreiben beendet worden sei. Das Arbeitsgericht Detmold hat durch Urteil vom 17. Februar 1987, das rechtskräftig geworden ist, die Klage als unbegründet abgewiesen, weil die AAK in beiden Schreiben keine Kündigung ausgesprochen habe.
Den Bereich, der bislang von der AAK abgedeckt wurde, hat die frühere Beklagte und Gemeinschuldnerin ab 1. Januar 1987 zusätzlich von der Klinik … V. KG gemietet. Er wird jetzt unter der Indikation Pneumologie von ihr zusätzlich mit fortgeführt. Geleitet wird dieser Bereich von dem Chefarzt Professor Dr. L., der von der früheren Beklagten durch Vertrag vom 2. September 1986 eingestellt worden ist und der seine Tätigkeit zum 1. Januar 1987 aufgenommen hat.
Der Kläger stellte seine Tätigkeit in der O. klinik Ende 1986 ein. Er leitet jetzt nur noch das Institut für arbeits- und sozialmedizinische Allergiediagnostik im E.-Forschungs-Institut des Staatsbades B., das nicht mehr in der O. klinik untergebracht ist. Von den acht Arbeitnehmern, die der Kläger bis zum 31. Dezember 1986 auf eigene Rechnung in der AAK beschäftigt hatte, sind jetzt noch fünf in dem von ihm geleiteten Institut tätig.
Der Kläger hat im Rahmen einer Leistungsklage seine Weiterbeschäftigung als Chefarzt in dem von ihm bis Ende 1986 geleiteten Bereich erstrebt. Er hat vorgetragen, die frühere Beklagte habe den Klinikbetrieb der AAK übernommen. Die wesentlichen Betriebsmittel und das Inventar, das sich in den Klinikräumen befunden habe, würden von ihr weiter genutzt. Die Patienten, die sich Ende 1986 in der Klinik zur Behandlung aufgehalten hätten, seien von der früheren Beklagten weiter betreut worden, die auch die von der AAK für Anfang 1987 einberufenen Patienten aufgenommen habe.
Die frühere Beklagte hat Klagabweisung beantragt. Sie hat bestritten, den Betrieb der Klinik von der AAK übernommen zu haben. Die Vermieterin habe ihr nur die früher von der AAK genutzten Räume überlassen. Die für den Klinikbetrieb erforderlichen Betriebsmittel seien im wesentlichen von der Vermieterin gestellt worden. Einrichtungsgegenstände, die im Eigentum der AAK gewesen seien, habe die Vermieterin aufgrund ihres Vermieterpfandrechts beim Auszug zurückbehalten. Sie würden jetzt ebenso wie die der Vermieterin gehörenden Einrichtungen von der jetzigen Mieterin genutzt.
Zur Weiterbeschäftigung des Klägers sei sie zudem schon deswegen nicht verpflichtet, weil der Kläger als Mitgesellschafter bei der AAK nicht in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe, sondern als selbständiger Gesellschafter tätig gewesen sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht dem Beschäftigungsanspruch des Klägers stattgegeben. Dagegen hat sich die frühere Beklagte mit ihrer Revision gewandt, mit der sie die Bestätigung des arbeitsgerichtlichen Urteils begehrt hat.
Über das Vermögen der früheren Beklagten ist während des Revisionsverfahrens am 16. Juni 1988 das Konkursverfahren eröffnet worden. Zur Konkursverwalterin ist die jetzige Beklagte bestellt worden.
Der Senat hat in dem zur Verhandlung über die Revision bestimmten Termin am 29. September 1988, in dem die Parteien nicht vertreten waren, festgestellt, daß das durch das Konkursverfahren unterbrochene Revisionsverfahren bislang von keiner Partei wirksam aufgenommen worden sei.
Die jetzige Beklagte hat durch Schriftsatz vom 3. Januar 1990 den Rechtsstreit wieder aufgenommen. Sie hat durch Schreiben vom 16. August 1988 ein etwa mit dem Kläger bestehendes Arbeitsverhältnis zum 30. September 1988 aufgekündigt.
Entscheidungsgründe
II. Nachdem beide Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war nach § 91 a ZPO nur noch über die Kosten des Rechtsstreites zu entscheiden. Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes waren nach billigem Ermessen die Kosten des Rechtsstreites insgesamt der Beklagten aufzuerlegen.
Der Senat sieht davon ab, zu allen Revisionsrügen erschöpfend Stellung zu nehmen und beschränkt sich auf folgende Hinweise, die für die zu treffende Billigkeitsentscheidung von Bedeutung sind, weil sie dafür sprechen, daß die Beklagte bei einer streitigen Entscheidung voraussichtlich unterlegen wäre.
1. Die Würdigung des Berufungsgerichts, der Klinikbetrieb der AAK sei durch Rechtsgeschäfte auf die Gemeinschuldnerin übergegangen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Das Landesarbeitsgericht hat die vom Bundesarbeitsgericht zu § 613 a BGB aufgestellten Grundsätze berücksichtigt. Die Anwendung des § 613 a BGB setzt danach den rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebes oder Betriebsteiles voraus. Zum Betrieb gehören nur die sächlichen und immateriellen Betriebsmittel, die einen Betrieb dann ausmachen, wenn der neue Inhaber mit ihnen und mit Hilfe der Arbeitnehmer bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgen kann. Die Übertragung eines Betriebes setzt nicht die Übernahme aller Betriebsmittel voraus (vgl. nur BAGE 35, 104, 106; 48, 345, 348 f.; 48, 365, 371; 53, 267, 273 = AP Nr. 24, 41, 42 und 58 zu § 613 a BGB).
Bei einem Krankenhausbetrieb sind für die sächlichen und immateriellen Betriebsmittel zunächst die Räumlichkeiten und die technische Ausstattung von wesentlicher Bedeutung. Weiter wird ein Klinikbetrieb erheblich durch die in seinem Bereich behandelten Indikationen bestimmt. Von diesen Betriebsmitteln müssen, damit der neue Inhaber den Klinikbetrieb im wesentlichen unverändert fortführen kann, regelmäßig zumindest die technischen Einrichtungen und der Bereich der behandelten Indikationen bestehen bleiben. Bereits dadurch erhält der Erwerber die Möglichkeit, von den Erfahrungen und dem Ruf des bisherigen Trägers insoweit zu profitieren, als er mit weiteren Einweisungen durch die niedergelassenen Ärzte rechnen kann.
b) Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Berufungsgericht hat festgestellt, die Gemeinschuldnerin habe nicht nur die zuvor von der AAK genutzten Räume, sondern auch die technischen Einrichtungen der Klinik ab 1. Januar 1987 nutzen können und auch tatsächlich genutzt. Eine zeitlich begrenzte Nutzungsgestattung aufgrund eines mit einem Dritten geschlossenen Vertrages genügt als Rechtsgeschäft i.S. von § 613 a BGB (BAGE 35, 104, 106; 48, 376, 382 = AP Nr. 24 und 43 zu § 613 a BGB).
Ein wesentliches Indiz für den Übergang der vorhandenen Betriebsmittel ist bei einer Klinik auch die kontinuierliche Fortsetzung des Krankenhausbetriebes hinsichtlich der Versorgung und Behandlung der Patienten, die sich zum Zeitpunkt des Betriebsüberganges in der Klinik befunden haben (BAG Urteil vom 14. Oktober 1982 – 2 AZR 811/79 – AP Nr. 36 zu § 613 a BGB). Da auch vorliegend der Krankenhausbetrieb von der Gemeinschuldnerin insoweit kontinuierlich fortgesetzt worden ist, greift bereits dieser Umstand als tragendes Indiz für die Würdigung ein, daß auf die Gemeinschuldnerin alle erforderlichen Betriebsmittel übergegangen sind, um die früher von der AAK betriebene Klinik fortführen zu können. Es ist unerheblich, ob die Fortsetzung der Behandlung der bereits von der AAK aufgenommenen Patienten einer entsprechenden Vertragspflicht oder nur einer „auf den Anstand abstellenden Rücksicht” (so die frühere Beklagte) entsprochen hat. Die tatsächliche Handhabung bestätigt jedenfalls die Möglichkeit der Gemeinschuldnerin, von Anfang an in dem früher von der AAK abgedeckten Indikationsbereich die Patienten weiterhin fachgerecht zu betreuen. Ihr Einwand, sie decke andere Indikationsbereiche ab als die AAK, ist bereits nach ihrem eigenen Vorbringen nicht schlüssig. Der Begriff „Pneumologie” bezeichnet die Wissenschaft und Lehre von den Erkrankungen der Lunge (vgl. Duden, Das Wörterbuch medizinischer Fachausdrücke, 3. Aufl., 1979, S. 558). Eine Fachklinik für Pneumologie ist somit eine Fachklinik für Lungenheilkunde, und auch diesen Bereich deckte der frühere Klinikbetrieb der AAK ab.
2. Das Berufungsgericht ist auch ohne Rechtsfehler vom Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der AAK ausgegangen.
a) Das Berufungsgericht hat insoweit ausgeführt, entscheidendes Merkmal der Arbeitnehmereigenschaft sei die persönliche Abhängigkeit des Mitarbeiters. Das Vertragsverhältnis zwischen der AAK und dem Kläger habe zu einem nicht unerheblichen Teil Elemente eines Arbeitsverhältnisses enthalten.
§ 6 des Chefarztvertrages spreche zwar isoliert betrachtet gegen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses, weil die zu zahlende Vergütung als Honorar und nicht als Gehalt bezeichnet werde, kein Abzug von Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträgen vorgesehen sei und der Kläger habe schon vor seiner Einstellung durch die AAK die Klinik teilweise mit Privatpersonen und selbst zahlenden Patienten belegen und wie ein Belegarzt Verträge im eigenen Namen und für eigene Rechnung abschließen können. Trotz dieser für einen selbständigen Dienstvertrag sprechenden Umstände sei der Kläger jedoch hinsichtlich eines bedeutenden Teils seiner Tätigkeit als Arbeitnehmer einzuordnen. Nach dem im Chefarztvertrag zum Ausdruck gekommenen Willen der Parteien und der tatsächlichen Handhabung habe der Kläger nämlich weisungsgebunden für die AAK gearbeitet, soweit er seine Aufgaben als Chefarzt für die von der AAK aufgrund von Verträgen mit Rentenversicherungsträgern aufgenommenen Patienten erfüllt habe. Das seien etwa 80 % der Patienten der Klinik gewesen.
Die tatsächliche Ausgestaltung des auf langfristige Dauer angelegten Vertragsverhältnisses habe der Vereinbarung entsprochen, indem der Kläger mit seiner ganzen Arbeitskraft in der Klinik tätig gewesen sei, um seine Aufgaben als Chefarzt und Belegarzt zu erfüllen. Der weisungsgebundenen Tätigkeit des Klägers als Chefarzt komme gegenüber seiner selbständigen Tätigkeit als Belegarzt eine so wesentliche Bedeutung zu, daß in Wirklichkeit von den Parteien zwei rechtlich voneinander zu unterscheidende und verschieden zu behandelnde Rechtsverhältnisse begründet worden seien, nämlich ein Arbeitsverhältnis hinsichtlich der Funktion als Chefarzt und ein freies Dienstverhältnis hinsichtlich der Belegarztfunktion.
b) Diese Würdigung wäre im Falle einer streitigen Verhandlung im Ergebnis zu bestätigen gewesen, wobei es unerheblich ist, ob es sich um einen in seiner Rechtsnatur teilbaren Vertrag oder einen einheitlich zu bewertenden Anstellungsvertrag handelt, weil im Falle der Teilbarkeit Streitgegenstand jedenfalls nur der arbeitsrechtliche Bereich (Tätigkeit als Chefarzt) und nicht die Dienstleistungen des Klägers im Rahmen seines Selbstliquidationsrechtes gewesen wäre. Im einzelnen gelten für die Billigkeitsentscheidung nach § 91 a ZPO insoweit folgende Erwägungen:
aa) Das Berufungsgericht hat die Arbeitnehmereigenschaft in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 41, 247, 253 ff. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit) aufgrund des Merkmals der persönlichen Abhängigkeit geprüft. Die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis oder ein sonstiges Rechtsverhältnis vorliegt, ist unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit zu bestimmen (BAGE 30, 163; 41, 247, 254 f. = AP Nr. 26 und 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Dabei müssen nicht in jedem Einzelfall alle für die Arbeitnehmereigenschaft sprechenden Anhaltspunkte vorliegen.
bb) Das Berufungsgericht hat den Vertragsteil, der die Tätigkeit des Klägers als Chefarzt betrifft, zu Recht schon aus folgenden Gründen als Arbeitsvertrag gewertet:
Die Weisungsfreiheit eines Chefarztes bei Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit im engeren Sinne steht der Annahme eines abhängigen Arbeitsverhältnisses nicht entgegen (BAGE 11, 225, 228 = AP Nr. 24 zu § 611 BGB Ärzte, Gehaltsansprüche).
Nach dem Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages war der Kläger außerhalb der eigentlichen ärztlichen Tätigkeit als ärztlicher Direktor persönlich abhängig. Die Gemeinschuldnerin hatte nach § 1 letzter Absatz des Anstellungsvertrages das Haftungsrisiko für die Tätigkeit des Klägers als Chefarzt zu tragen. Die Übernahme eines derartigen Haftungsrisikos ist für ein freies Dienstverhältnis untypisch.
In § 2 Abs. 3 des Anstellungsvertrages wurde der Geschäftsführung der Klinik ein Mitspracherecht bei der medizinischen Leitung der Klinik eingeräumt. Der Kläger war zudem an das Gebot der wirtschaftlichen Betriebsführung gebunden und trug die Verantwortung für die Ordnungsmäßigkeit der Führung und Archivierung aller den ärztlichen Bereich betreffenden Unterlagen. Er war zudem verpflichtet, alle Maßnahmen, die das Verhältnis zu Belegungsträgern oder sonstigen Kostenträgern betrafen, mit der Geschäftsführung abzustimmen.
cc) Wie sich aus dieser Vertragsgestaltung ergibt, hat der Kläger, soweit er als Chefarzt der AAK tätig war, fremdbestimmte Arbeit geleistet.
Bei einem Chefarzt spricht auch entgegen der Auffassung der Beklagten nicht das Fehlen genau vorgegebener Arbeitszeiten gegen seine Arbeitnehmereigenschaft (vgl. BSGE 24, 29, 33).
Die wirtschaftliche Beteiligung des Klägers an der Gemeinschuldnerin steht der Annahme eines Arbeitsverhältnisses nicht entgegen (BSGE 25, 51). Der Kläger hat lediglich eine Minderheitsbeteiligung gehalten, die zudem nach § 5 des Gesellschaftsvertrages an seine Chefarztposition gebunden war. Wie das Vorkaufsrecht des Mehrheitsgesellschafters und die Übernahmeregelung für einen evtl. Nachfolger des Klägers in seiner Stellung als Chefarzt zeigen, diente die Minderheitsbeteiligung nur der wirtschaftlichen Einbindung eines für die Klinik besonders wichtigen Mitarbeiters.
Auch die erheblichen sonstigen Einnahmen des Klägers haben ihn nicht zum selbständigen Mitarbeiter gemacht. Sie könnten allenfalls seine wirtschaftliche Abhängigkeit ausgeschlossen haben, die aber für die Arbeitnehmereigenschaft weder erforderlich noch ausreichend ist (BAGE 19, 324, 329 f. = AP Nr. 6 zu § 611 BGB Abhängigkeit; 39, 329, 332 = AP Nr. 32 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten).
dd) Unerheblich ist es auch, wieviel Zeit der Kläger für seine eigentliche Chefarzttätigkeit aufwenden mußte. Die zeitliche Beanspruchung ist nur ein schwaches Indiz für das Ausmaß der persönlichen Abhängigkeit. Ein Arbeitsverhältnis kann auch bei einer Teilzeitarbeit oder bei nebenberuflicher Tätigkeit vorliegen (BAG Urteil vom 16. März 1972 – 5 AZR 460/71 – AP Nr. 10 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten). Grundsätzlich reicht die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers für eine gegenüber dem üblichen Maß beschränkte Arbeitszeit (BAGE 25, 505, 510 f. = AP Nr. 12 zu § 611 BGB Abhängigkeit).
Schließlich kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht auf eine soziale Schutzbedürftigkeit des Klägers an. Wie sich aus § 12 a TVG ergibt, ist dieses Erfordernis für eine Arbeitnehmereigenschaft nicht wesentlich.
3. Das Landesarbeitsgericht hat aus dem Betriebsübergang nach § 613 a BGB von der AAK auf die Gemeinschuldnerin im Ergebnis zutreffend auch einen Beschäftigungsanspruch des Klägers abgeleitet.
a) Bei einem unangefochten fortbestehenden Arbeitsverhältnis ergibt sich ein Beschäftigungsanspruch bereits aus dem Arbeitsvertrag (BAGE 2, 221, 224 ff.; BAGE – GS – 48, 122, 133 ff. = AP Nr. 2 und 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht).
b) Diese Grundsätze sind allerdings auf den vorliegenden Fall nicht unmittelbar anzuwenden, weil zwischen den Parteien streitig ist, ob der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zum früheren Betriebsinhaber gestanden hat und ob der Klinikbetrieb nach § 613 a BGB auf die Gemeinschuldnerin übergegangen ist.
c) Bei einer streitigen Kündigung besteht ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung für die Dauer des Bestandsstreites nur dann von Anfang an, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam ist. Im Übrigen entsteht der Weiterbeschäftigungsanspruch erst dann, wenn ein Gericht – zumindest inzidenter – den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses festgestellt hat.
Das gilt nach dem Urteil des Senates vom 13. Juni 1985 (– 2 AZR 410/84 – AP Nr. 19 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis wegen einer zwischen den Parteien vereinbarten Befristung oder auflösenden Bedingung streitig ist. Der Senat hält es für interessengerecht und sachlich geboten, diesen Maßstab auch dann anzuwenden, wenn der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses aus anderen Rechtsgründen vom Arbeitgeber bezweifelt wird. Auch dann entsteht ein Weiterbeschäftigungsanspruch nicht erst dann, wenn ein Gericht zumindest inzidenter den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses festgestellt hat, sondern dann, wenn die Gründe, aus denen der Arbeitgeber die Beendigung des Arbeitsverhältnisses herleitet, schon nach der objektiven Rechtslage unerheblich sind, bereits mit der unbegründeten Ablehnung der Weiterbeschäftigung.
d) Das ist vorliegend anzunehmen, weil dem Tatbestand einer offensichtlich unwirksamen Kündigung oder Befristung das offensichtlich unrichtige Bestreiten der Arbeitnehmereigenschaft des Klägers und der Voraussetzungen des Betriebsüberganges nach § 613 a BGB durch die Gemeinschuldnerin und die Beklagte gleichzustellen ist.
III. Da der inzwischen erledigte Beschäftigungsanspruch des Klägers demgemäß nicht erst von einem späteren Zeitpunkt ab, sondern für die gesamte Dauer des Rechtsstreites bestanden hat, waren der Beklagten nach § 91 a ZPO die gesamten Kosten des Rechtsstreites aufzuerlegen, wobei es für die Kostenentscheidung mit Rücksicht auf die übereinstimmende Erledigungserklärung unerheblich ist, daß die Beklagte für die Vergangenheit nicht mehr zur Weiterbeschäftigung hätte verurteilt werden können (vgl. Senatsurteil vom 13. Juni 1985, a.a.O.).
Unterschriften
Hillebrecht – zugleich für den durch Urlaub an der Unterschrift verhinderten Richter Dr. Ascheid, Triebfürst, Walter, Dr. Kirchner
Fundstellen