Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerüberlassung. Zivildienstschulen

 

Leitsatz (redaktionell)

Parallelsache zu 7 AZR 7/93 vom 1. Juni 1994.

 

Normenkette

AÜG Art. 1 § 13; AÜG § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1 Nr. 6; AFG §§ 4, 13; ZDG § 25a Abs. 2; 2. AÜG Art. 1 § 10 Abs. 1 S. 4; BAT § 4

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 11.08.1993; Aktenzeichen 9 Sa 338/92)

ArbG Minden (Urteil vom 21.01.1992; Aktenzeichen 1 Ca 899/91)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. August 1993 – 9 Sa 338/92 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen kraft gesetzlicher Vermutung infolge nichtgewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis als zustande gekommen gilt.

Der Kläger arbeitete seit dem 1. September 1981 als pädagogischer Mitarbeiter in der Zivildienstschule B.. Dort werden Einführungslehrgänge für Zivildienstleistende abgehalten. Hierfür wie für die Durchführung des Zivildienstes insgesamt ist die Beklagte verantwortlich (§ 2 Abs. 1 ZDG). Für sie wird das dem Bundesministerium für Familie und Jugend unterstellte Bundesamt für den Zivildienst tätig. Die Lehrgänge an den Zivildienstschulen führt die Beklagte entweder in eigener Verantwortung mit eigenem Personal durch oder sie beauftragt Beschäftigungsstellen der Zivildienstleistenden bzw. deren Verbände mit der Durchführung der Lehrgänge (§ 25 a Abs. 2 ZDG). Neben diesen als A- bzw. B-Modell bezeichneten Organisationsformen gibt es ein sog. C-Modell: Von der Beklagten sind lediglich der Schulleiter und das Verwaltungspersonal (sog. staatliches Schulpersonal) angestellt, während die pädagogischen Mitarbeiter (Lehrpersonal und Freizeitbetreuer) von einem sog. Anstellungsträger zur Verfügung gestellt werden. Die Zivildienstschule B. wird nach dem sog. C-Modell betrieben. Neben dem Eingang der Zivildienstschule hängt ein Schild mit dem Bundesadler sowie der Aufschrift „Bundesamt für den Zivildienst” „Zivildienstschule B.”. Nach der Schulordnung ist sie „Teil des Bundesamtes für den Zivildienst”. Ab 1. Januar 1982 unterstand die Schule einem Bediensteten der Beklagten als dem Schulleiter. Das Personal zur Unterrichtung und pädagogischen Betreuung der Lehrgangsteilnehmer wurde der Beklagten zunächst von der Europäischen Staatsbürgerakademie (ESTA) Verwaltungs- und Bewirtschaftungs-GmbH gemäß deren Verträgen mit der Beklagten vom 1. Juli/19. September 1980 und vom 14. April/24. Mai 1982 zur Verfügung gestellt.

Die Verantwortlichkeit für die personelle Durchführung der Einführungslehrgänge im pädagogischen Bereich ging mit Wirkung vom 1. Januar 1987 von der ESTA-GmbH auf den Verein zur Förderung katholisch-sozialer Bildungswerke in der Bundesrepublik Deutschland e. V. über. Dieser Verein ist Rechts- und Vermögensträger der Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke in der Bundesrepublik Deutschland (AKSB). Nach dem zwischen der Beklagten und dem Verein geschlossenen Vertrag über die Bereitstellung von Personal für die Durchführung des Einführungsdienstes für Zivildienstleistende in der Fassung vom 18. Juli/17. Oktober 1990 arbeiten die Beklagte und der AKSB „bei der Durchführung des Einführungsdienstes nach § 25 a ZDG in der Weise zusammen, daß die Auftraggeberin (Beklagte) sich des Personals und der Lehr-, Lern- und Freizeitmittel des Auftragnehmers (AKSB) bedient (§ 1)”. In § 2 des Vertrags verpflichtet sich der AKSB, von der Beklagten „benötigte pädagogische Mitarbeiter anzustellen und ihr zur Dienstleistung zur Verfügung zu stellen” und diesen gegenüber „die Arbeitgeberpflichten wahrzunehmen, die nicht von der Auftraggeberin zu erfüllen sind”. Nach § 3 Absatz 2 a.a.O. bedarf „die Anstellung der pädagogischen Mitarbeiter der vorherigen Zustimmung der Auftraggeberin”. Der AKSB „unterstellt die pädagogischen Mitarbeiter den fachlichen Weisungen der Auftraggeberin” (§ 3 Absatz 3 des Vertrags). Diese „kann aus wichtigem Grund verlangen, daß der Auftragnehmer einen pädagogischen Mitarbeiter nicht weiter bei ihr einsetzt” (§ 3 Absatz 5 des Vertrags). Der AKSB ist nach § 3 Absatz 7 a.a.O. „nicht berechtigt, das zur Vertragserfüllung eingesetzte Personal mit Aufgaben zu beschäftigen, die nicht dem Vertragszweck entsprechen”. Die Kosten, die dem AKSB durch seine Verpflichtungen aus dem Gestellungsvertrag entstehen, werden dem Verein von der Beklagten erstattet (§ 7 des Vertrags). Bei „Meinungsverschiedenheiten zwischen dem jeweils weisungsbefugten Vertreter der Auftraggeberin und den pädagogischen Mitarbeitern des Auftragnehmers über Fragen der Auslegung und Ausführung dieses Vertrages ist innerhalb einer angemessenen Zeit zwischen den Beteiligten eine Einigung anzustreben”; ist dies nicht möglich, sind die Geschäftsführung des AKSB und das Bundesamt für den Zivildienst einzuschalten (§ 8 des Vertrags). Dieser Bereitstellungsvertrag war bis zum 31. Dezember 1992 befristet (§ 9 a.a.O.).

Entsprechend ihrer vertraglichen Verpflichtung gegenüber der Beklagten stellte die ESTA-GmbH den Kläger mit schriftlichen Arbeitsverträgen ab 1. September 1981 als pädagogischen Mitarbeiter für die Zivildienstschule B. ein. Die zeitweise Versetzung an eine andere Zivildienstschule war arbeitsvertraglich vorbehalten. Als „Sonderregelung” war in § 8 der Arbeitsverträge folgendes bestimmt:

„Schon heute vereinbaren die Vertragspartner: Das Arbeitsverhältnis endet entsprechend der Kündigungsregelung nach dem BAT-MTL, wenn die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit, dieses vertreten durch das Bundesamt für Zivildienst, die Zusammenarbeit mit der ESTA-GmbH beendet.”

Der Kläger wurde ausschließlich in der Zivildienstschule B eingesetzt.

Ab 2. Dezember 1986/17. März 1987 trafen der Kläger, die ESTA-GmbH und der AKSB eine „Übernahme Vereinbarung” nach der der AKSB anstelle der ESTA-GmbH in den Arbeitsvertrag mit dem Kläger eintrat und der Arbeitsvertrag dahingehend ergänzt wurde, daß ein „anderweitiger Einsatz des Klägers als in den Zivildienstschulen ausgeschlossen” war.

Mit Wirkung vom 1. Juli 1988 erließ der Verein für die bei ihm angestellten Dozenten an der Zivildienstschule B eine Arbeitsordnung. Darin ist u.a. folgendes bestimmt:

„4. Der Verein unterstellt die pädagogischen Mitarbeiter den fachlichen Weisungen des Bundesamtes für Zivildienst, vertreten durch den jeweiligen Schulleiter. Bei Entscheidungen im Rahmen des Dienstverhältnisses beteiligt der Verein das Bundesamt für den Zivildienst, wenn die Entscheidungen für die Durchführung der Lehrgänge von Bedeutung sind (z.B. Urlaubsgewährung, Dienstbefreiung, Arbeitszeitänderung).”

Zwischen den Parteien ist streitig, inwieweit der in der Zivildienstschule B. tätige Schulleiter, ein Bediensteter der Beklagten, in den Dienstablauf der pädagogischen Mitarbeiter eingegriffen hat. Unter dem Datum vom 31. August 1992 erließ der Schulleiter eine „Dienstanweisung” darüber, wie bei der Anfertigung von Fotokopien zu verfahren war. Mit Schreiben vom 22. September 1992 teilte der Schulleiter den pädagogischen Mitarbeitern der Zivildienstschule u.a. wörtlich mit:

„In der Anlage überreiche ich Ihnen die Referatsanordnung 3/92 des Referates I 3 des Bundesamtes für den Zivildienst zur Kenntnisnahme.

Gleichzeitig ordne ich in Ausführung dieser Anordnung an, daß ab sofort alle Aktivitäten im Rahmen des Einführungslehrganges so gestaltet werden, daß ein Schadensereignis, das eine Haftung des Bundesamtes für den Zivildienst nach sich ziehen könnte, nach menschlichem Ermessen auszuschließen ist. Dies gilt insbesondere für die Rollstuhlexkursionen, das Blindenexperiment, die Praktika in fremden Einrichtungen, Befragungen der Bevölkerung in der Stadt, Exkursionen im Zusammenhang mit dem Fachunterricht bzw. des staatsbürgerlichen Unterrichts sowie Ausflüge, Veranstaltungsbesuche und Veranstaltungen außerhalb der Zivildienstschule im Rahmen der Freizeitbetreuung.”

Unter dem Datum vom 29. Oktober 1992 teilte der Schulleiter dem Verein für freie Sozialfürsorge „O.” u.a. mit:

„… leider können bis auf weiteres Praktika der Zivildienstleistenden während des Einführungslehrganges nicht stattfinden. Der Grund dafür liegt in organisatorischen Problemen, die in unserer Schule aufgetreten sind. Sobald die damit zusammenhängenden Fragen ausgeräumt sind, werde ich mich wieder an Sie wenden oder eine Kollegin bzw. einen Kollegen bitten, um die Fortführung unseres Vorhabens zu besprechen.

Ich darf mich für die bisher von Ihnen erbrachten Leistungen für unsere Lehrgangsteilnehmer sehr herzlich bedanken und hoffe, daß dieses Werk möglichst bald in bewährter Form wieder aufgenommen werden kann.”

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Bereitstellung von Dozenten für die Zivildienstschule B. stelle eine unerlaubte Arbeitsvermittlung dar, so daß zwischen der Beklagten als Betreiberin der Schule und dem Kläger kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei. Als Folge dessen habe die Beklagte dem Kläger die geltenden Arbeitsbedingungen schriftlich zu bestätigen.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

  1. festzustellen, daß er seit dem 1. September 1981 als pädagogischer Mitarbeiter der Zivildienstschule B. im Angestelltenverhältnis zu der Beklagten steht,
  2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine schriftliche Bestätigung der geltenden Arbeitsbedingungen zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, ihre Zusammenarbeit mit der ESTA-GmbH bzw. dem AKSB stelle weder Arbeitnehmerüberlassung noch Arbeitsvermittlung dar. Vielmehr handele es sich um eine andersartige Kooperation des Staates mit einem Privaten, um diesem eine verfassungsrechtlich geforderte Beteiligung an der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben zu ermöglichen. § 25 a ZDG schließe die Organisation der Einführungslehrgänge nach dem sog. C-Modell nicht aus. Dieses stehe zudem unter ständiger parlamentarischer Kontrolle, da der Deutsche Bundestag die hierfür erforderlichen Mittel jährlich durch Haushaltsgesetz bewillige.

Die Annahme einer Arbeitnehmerüberlassung scheide aus, weil es an einer hierfür erforderlichen Eingliederung des Klägers in den Betrieb der Beklagten fehle. Indem der AKSB Dozenten für den Einführungsdienst der Zivildienstleistenden bereitstelle, nehme er eine eigene satzungsmäßige Aufgabe, die Förderung der außerschulischen Bildung, wahr. Demnach erfülle der Kläger nicht nur Aufgaben der Beklagten, sondern auch solche des AKSB. Ein Weisungsrecht der Beklagten gegenüber dem Kläger könne nicht angenommen werden; ansonsten wäre das besondere Einigungsverfahren nach § 8 des Gestellungsvertrages entbehrlich.

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, daß der Kläger seit 1. September 1981 pädagogischer Mitarbeiter der Beklagten sei, die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß der Kläger erst seit 1. Januar 1982 als pädagogischer Mitarbeiter der Zivildienstschule B. im Angestelltenverhältnis zur Beklagten steht. Ferner hat es die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine schriftliche Bestätigung der geltenden Arbeitsbedingungen zu erteilen und die Klage im übrigen abgewiesen. Es hat die Revision zugelassen. Gegen das Urteil hat nur die Beklagte Revision eingelegt. Sie möchte erreichen, daß die Klage insgesamt abgewiesen wird. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

I. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht ebenso wie das Arbeitsgericht dem Feststellungsantrag stattgegeben und angenommen, der Kläger stehe kraft gesetzlicher Fiktion infolge unerlaubter, nichtgewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung (Art. 1 § 13 AÜG in Verbindung mit Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG) in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten.

1. Das Landesarbeitsgericht hat seinen Ausführungen die Rechtsprechung des erkennenden Senats zu den Rechtsfolgen nichtgewerbsmäßiger, unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung unter dem Gesichtspunkt unerlaubter Arbeitsvermittlung zugrunde gelegt, wie der Senat sie zuletzt in seinem Urteil vom 21. März 1990, BAGE 65, 43 ff. = AP Nr. 15 zu § 1 AÜG, zusammengefaßt hat. Danach gilt zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher ein Arbeitsverhältnis als zustande gekommen, wenn mit der Überlassung des Leiharbeitnehmers der Tatbestand der unerlaubten Arbeitsvermittlung i. S. des Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG erfüllt ist. Gemäß Art. 1 § 13 AÜG können, wenn ein Arbeitsverhältnis auf einer entgegen § 4 AFG ausgeübten Arbeitsvermittlung beruht, die arbeitsrechtlichen Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber dieses Arbeitsverhältnisses nicht durch Vereinbarung ausgeschlossen werden. Diese Regelung ist im Zusammenhang mit Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG zu betrachten. Hiernach wird vermutet, daß derjenige, der Arbeitnehmer Dritten zur Arbeitsleistung überläßt, Arbeitsvermittlung betreibt, wenn er nicht die üblichen Arbeitgeberpflichten oder das Arbeitgeberrisiko übernimmt (Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 1–5 AÜG) oder wenn die Dauer der Überlassung im Einzelfall drei bzw. ab 1. Mai 1985 sechs bzw. nunmehr neun Monate (Art. 2 des 1. Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms – 1. SKWPG – vom 21. Dezember 1993, BGBl. I S. 2353, 2362) übersteigt (Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG). Übersteigt die Überlassungsdauer diese Zeiträume, so wird vermutet, daß die Überlassung des Arbeitnehmers an den Dritten eine Zusammenführung eines Arbeitnehmers mit dem Dritten zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses (Arbeitsvermittlung i. S. der Legaldefinition des § 13 Abs. 1 AFG) ist und deshalb ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Dritten als zustande gekommen gilt. Diese Vermutung, die im Bereich der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung unwiderleglich ist (BAG Urteil vom 23. November 1988, BAGE 60, 205 = AP Nr. 14 zu § 1 AÜG), ist allerdings im Bereich der nichtgewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung als widerlegbar anzusehen (Senatsurteil vom 21. März 1990, a.a.O.).

2. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß der Kläger der Beklagten zur Arbeitsleistung überlassen worden ist.

a) Eine Überlassung zur Arbeitsleistung i. S. des Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG liegt vor, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung im Betriebe eines Dritten erbringt und dieser (Entleiher) den Arbeitnehmer nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie einen eigenen Arbeitnehmer einsetzt. Die Arbeitskräfte müssen voll in den Betrieb des Dritten eingegliedert sein (BAG Beschluß vom 28. November 1989 – 1 ABR 90/88 – AP Nr. 5 zu § 14 AÜG, zu B 1 c der Gründe; Senatsurteil vom 30. Januar 1991, BAGE 67, 124 = AP Nr. 8 zu § 10 AÜG). Außerdem muß der Arbeitnehmer den Weisungen des Dritten oder dessen Repräsentanten hinsichtlich der Arbeitsausführung unterliegen. Diese Grundsätze gelten auch für den Fall nichtgewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung (BAG Urteil vom 21. März 1990, a.a.O.), wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat.

b) Entgegen der Ansicht der Revision erbringt der Kläger seine Arbeitsleistung nicht etwa im Betrieb seines vertraglichen Arbeitgebers, sondern in der von der Beklagten betriebenen Zivildienstschule B.. Auch dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt.

Nach § 25 a ZDG ist die Durchführung der Einführungslehrgänge für Zivildienstleistende eine originäre Aufgabe der Beklagten, die diese über das Bundesamt für den Zivildienst ausführt. Von der Möglichkeit, die Lehrgänge gem. § 25 a Abs. 2 ZDG auf Beschäftigungsstellen oder Verbände zu delegieren, denen Beschäftigungsstellen angehören, hat die Beklagte mit dem Modell C in der Zivildienstschule B. en keinen Gebrauch gemacht. Sie betreibt die Schule als eigenen Betrieb mit fremden pädagogischen Mitarbeitern. Dementsprechend stellt die Beklagte seit Anfang 1982 durch das Bundesamt für den Zivildienst den Leiter der Zivildienstschule und das Verwaltungspersonal. Sie selbst bezeichnet die Schule in ihrer Schulordnung als „Teil des Bundesamtes für den Zivildienst”. Zumindest dadurch, daß die Beklagte seit 1. Januar 1982 an die Spitze der Zivildienstschule einen Schulleiter gestellt hat, der die vom Landesarbeitsgericht im einzelnen festgestellten Befugnisse auch gegenüber dem Kläger hat, wird deutlich, daß die Beklagte die Zivildienstschule als eigenen „Betrieb”, nämlich wie eine eigene Verwaltungsstelle, betreibt und behandelt. Dementsprechend zeigt sie durch Eingangsschild, Briefkopf und Stempel, daß es sich bei der Zivildienstschule B. um eine Verwaltungsstelle des Bundesamtes für den Zivildienst handelt. Die Beklagte und nicht etwa der AKSB bzw. zuvor die ESTA-GmbH ist es, die die sächlichen und personellen Mittel zur Erreichung des arbeitstechnischen Zwecks, nämlich der Durchführung von Zivildienst-Einführungslehrgängen, organisierend zusammenfaßt. Unerheblich ist für das Vorliegen eines Betriebes, inwieweit die Beklagte zur Durchführung der einzelnen Lehrgänge eigene pädagogische Bedienstete einsetzt oder ob sie sich insoweit der Mitarbeiter Dritter bedient. Auch das vom Landesarbeitsgericht festgestellte Verhalten des Schulleiters der Zivildienstschule B. besonders im Zusammenhang mit der Untersagung der Rollstuhlexkursionen oder der Besprechung einer pädagogischen Mitarbeiterin mit einer städtischen Einrichtung zeigt, daß die Beklagte die Zivildienstschule als ihre eigene Dienststelle führt, auch wenn dort als eigenes Personal nur der Schulleiter und Verwaltungskräfte tätig sind.

Entscheidend ist, daß der AKSB wie zuvor die ESTA-GmbH nach den eindeutigen Regelungen ihrer Verträge mit der Beklagten nur verpflichtet sind, von der Auftraggeberin (Beklagten) benötigte pädagogische Mitarbeiter (Lehrpersonal und Freizeitbetreuer) anzustellen und ihr zur Dienstleistung zur Verfügung zu stellen (§ 2 des Gestellungsvertrags). Noch deutlicher kommt dies in § 1 (a.a.O.) zum Ausdruck, wonach die Vertragspartner bei der Durchführung des Einführungsdienstes nach § 25 a ZDG in der Weise zusammenarbeiten, „daß die Auftraggeberin (s.c. die Beklagte) sich im vereinbarten Umfang des Personals und der Lehr-, Lern- und Freizeitmittel der Auftragnehmerin bedient”. Insbesondere diese Formulierungen zeigen, daß der AKSB es gerade nicht übernommen hat, Lehrgänge bzw. Lehrgangsunterricht und -betreuung als eigenständig übernommene Aufgabe (möglicherweise im Rahmen gesetzlicher Vorgaben) auszuführen, sondern daß sich die Beklagte – umgekehrt – gerade der Mitarbeiter des AKSB (bzw. zuvor der ESTA-GmbH) und damit auch des Klägers bedient, um eine eigene Aufgabe durchzuführen.

Darin besteht auch der Unterschied zu den Schwestern-Gestellungsverträgen, bei denen keine Arbeitnehmerüberlassung angenommen wird. In diesen Verträgen verpflichtet sich eine Schwesternschaft zur Leistung von Pflegediensten in einem Krankenhaus oder Altenheim, wobei die Schwesternschaft selbst den Einsatz der Schwestern organisiert und für die fachlich korrekte Erbringung der Pflegeleistung verantwortlich ist (BAG Urteil vom 4. Juli 1979 – 5 AZR 8/78 – EzAÜG Nr. 58). Im Gegensatz dazu organisiert der AKSB (bzw. zuvor die ESTA-GmbH) gerade nicht die Einführungslehrgänge, er ist auch nicht für den Erfolg der Lehrgänge oder auch nur die Arbeitsleistung der pädagogischen Mitarbeiter verantwortlich. Vielmehr erschöpfen sich seine Pflichten in dem Zurverfügungstellen des pädagogischen Personals.

Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht auch keine Parallele zu gewerblichen Arbeitsgemeinschaften. Nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG stellt die Abordnung von Arbeitnehmern zu einer zur Herstellung eines Werkes gebildeten Arbeitsgemeinschaft dann keine Arbeitnehmerüberlassung dar, wenn der Arbeitgeber Mitglied der Arbeitsgemeinschaft ist, für alle Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Tarifverträge desselben Wirtschaftszweiges gelten und alle Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft zur selbständigen Erbringung von Vertragsleistungen verpflichtet sind. Vorliegend sind die Voraussetzungen des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht erfüllt. Zwischen der Beklagten und dem AKSB bzw. vorher der ESTA-GmbH besteht bzw. bestand schon keine Arbeitsgemeinschaft zur Herstellung eines Werks. Abgesehen davon wären weder die ESTA-GmbH noch der AKSB zur selbständigen Erbringung von Vertragsleistungen verpflichtet, denn Voraussetzung hierfür wäre, daß sie in eigener Verantwortung Teilleistungen erbringen und sich diese Verpflichtung gegenüber der Arbeitsgemeinschaft nicht im Überlassen von Arbeitnehmern erschöpft (so zutreffend OLG Karlsruhe Urteil vom 7. März 1990 – 3 Ss 172/89 – BB 1990, 1561, 1562).

c) Rechtlich unerheblich ist in diesem Zusammenhang, inwieweit die Durchführung der Einführungslehrgänge nach dem Modell C mit § 25 a Abs. 2 ZDG vereinbar ist oder inwieweit sie haushaltsrechtlichen Vorgaben entspricht. Derartige verwaltungs- bzw. haushaltsrechtliche Gesichtspunkte haben auf die arbeitsrechtliche Beurteilung keinen Einfluß.

3. Ebenso zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß auch die übrigen Voraussetzungen des Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG vorliegen. Bereits die Überlassungsdauer von mehreren Jahren ergibt, daß die widerlegbare Vermutung unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung gemäß Art. 1 § 1 Abs. 2 Alternative 2 AÜG ausgelöst ist.

4. Das Landesarbeitsgericht hat weiterhin ohne Rechtsfehler angenommen, die Vermutung des Vorliegens unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung nach Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG sei nicht von der Beklagten widerlegt worden. Mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat das Landesarbeitsgericht die Auffassung vertreten, eine Vermutung der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung sei widerlegt, wenn nach der gesamten Gestaltung und Durchführung der vertraglichen Beziehungen mittels wertender Gesamtbetrachtung davon auszugehen sei, der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses liege auch noch nach Ablauf der Überlassungsdauer im Verhältnis zum überlassenden Arbeitgeber (BAG Urteil vom 21. März 1990, a.a.O.).

a) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, die Gesamtbetrachtung der vorliegenden Umstände ergebe, daß der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses des Klägers nicht im Verhältnis zum AKSB (zuvor zur ESTA-GmbH) liege. Bereits die Einstellung des Klägers ist von der Zustimmung der Beklagten abhängig gewesen. Sein Arbeitsort war ausschließlich die von der Beklagten betriebene Zivildienstschule B., an der der Kläger von Anfang an gearbeitet hat. Die Beklagte konnte und kann aus wichtigem Grund verlangen, daß der AKSB bzw. die ESTA-GmbH den Kläger nicht weiter einsetzt, während umgekehrt diese nicht berechtigt sind, den Kläger mit anderen Aufgaben als der Lehrtätigkeit bei der Beklagten zu betrauen. Sogar der Bestand des Arbeitsverhältnisses des Klägers zur ESTA-GmbH bzw. zum AKSB war und ist unmittelbar von dessen Beschäftigung in einer Zivildienstschule der Beklagten abhängig. Zudem nimmt der Kläger in der Zivildienstschule der Beklagten nach deren eigener Einschätzung Daueraufgaben wahr, die im Falle seiner direkten Anstellung bei der Beklagten eine Befristung eines Arbeitsvertrages sachlich nicht rechtfertigen können. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die von der Beklagten dagegengehaltenen Gesichtspunkte seien nicht entscheidend. Dies gilt insbesondere für die verwaltungsmäßige Durchführung des Arbeitsverhältnisses. Unerheblich ist auch, wenn der AKSB bzw. die ESTA-GmbH mit der Gestellung der Arbeitnehmer zugleich eigene satzungsgemäße Aufgaben erfüllen sollten. Auch die Ratio des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erfordert keine andere Betrachtung.

b) Zu Unrecht bemüht die Revision in diesem Zusammenhang das Urteil des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Februar 1991 (– 2 AZR 363/90 –). In dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, der Einsatz kirchlicher Arbeitnehmer als Religionslehrer an staatlichen Schulen begründe kein Arbeitsverhältnis mit dem Staat. Auf diese Entscheidung kann sich die Beklagte aber nicht stützen. Sie verkennt insoweit die wesentlich unterschiedliche verfassungsrechtliche und staatskirchenrechtliche Lage: Kirchen stehen auf der Grundlage des Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV und entsprechenden Konkordatsverträgen bzw. Verträgen zwischen dem Land und der evangelischen Kirche hinsichtlich der Erteilung von Religionsunterricht an öffentlichen Schulen in einem grundlegend anderen – nämlich staatskirchenrechtlichen – Rechtsverhältnis, als es hier zwischen dem AKSB bzw. der ESTA-GmbH und der Beklagten für die Durchführung von Grundlehrgängen für Zivildienstleistende angenommen werden kann. Die Notwendigkeit, Verträge zwischen den Ländern und den Kirchen über die Wahrnehmung des Religionsunterrichts durch kirchliche Arbeitnehmer zu schließen, ergibt sich mittelbar aus Art. 7 Abs. 3 GG, wonach der Religionsunterricht in den öffentlichen Schulen … ordentliches Lehrfach ist, andererseits aber kein Lehrer gegen seinen Willen verpflichtet werden darf, Religionsunterricht zu erteilen (Art. 7 Abs. 3 Satz 3 GG). Zwischen dem AKSB bzw. der ESTA-GmbH und der Beklagten bestehen dagegen hinsichtlich der hier in Rede stehenden Bereitstellung von pädagogischen Mitarbeitern nur privatrechtliche Rechtsbeziehungen.

5. Insgesamt hat daher das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, daß der Kläger kraft gesetzlicher Fiktion als Angestellter seit Beginn der Tätigkeit des Schulleiters der Beklagten an der Zivildienstschule B. zur Beklagten in einem Arbeitsverhältnis steht.

II. Auch dem Antrag auf „Erteilung der schriftlichen Arbeitsbedingungen” hat das Landesarbeitsgericht zu Recht stattgegeben.

Der Anspruch des Klägers auf eine schriftliche Fixierung seiner Arbeitsbedingungen mit der Beklagten ergibt sich aus Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 4 AÜG in Verb. mit § 4 Abs. 1 BAT. Nach Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 4 AÜG, dessen Bestimmungen auch für den Fall der Fiktion eines Arbeitsverhältnisses infolge nichtgewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung gelten, richten sich Inhalt und Dauer des fingierten Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Bestimmungen, soweit nicht einzelne Bedingungen des Arbeitsvertrags mit dem Verleiher vorgehen. Zu den für den Betrieb des Entleihers geltenden Bestimmungen zählen auch die vom Entleiher in dem Betrieb üblicherweise angewendeten Normen, vor allem solche aus Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen (Becker/Wulfgramm, AÜG, 3. Aufl., Art. 1 § 10 Rz 31). Dies sind für Angestellte der Beklagten unter anderem die Regelungen des BAT. Nach § 4 Abs. 1 BAT wird der Arbeitsvertrag „schriftlich abgeschlossen”. Die Vorschrift ist auch dann unmittelbar anzuwenden, wenn das Arbeitsverhältnis nicht durch Willenseinigung der Parteien begründet worden ist, sondern durch eine die Willenseinigung ersetzende gesetzliche Fiktion. Bei § 4 Abs. 1 BAT handelt es sich nicht um eine Abschlußnorm, sondern um eine Inhaltsnorm (Crisolli/Ramdohr/Sieber/Meid, Das Tarifrecht der Angestellten im öffentlichen Dienst, § 4 BAT Anm. 4), nämlich um eine deklaratorische Formvorschrift (Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, § 4 Rz 72; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, § 4 Erl. 6; Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann, BAT, § 4 Erl. 2, jeweils m.w.N.). Die Vorschrift gibt den Parteien nur Anspruch auf eine schriftliche Festlegung des Inhaltes des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses. Dafür aber ist der Entstehungsgrund des Arbeitsverhältnisses ohne Bedeutung.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 97 Abs. 1 und 91 a Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Weller, Dr. Steckhan, Schliemann, Niehues, Güner

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1093298

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